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HORRIB. Ich? Ich will dir keine Furcht einjagen, sondern dich in zwei und siebentzigmal hundert tausend Stcke zersplittern, dass du in einer See von deinem eigenen Blut ersticken sollest. Io ho vinto l'inferno e tutti i diavoli.[10]
DARADIR. Ich will mehr Stcker von dir hauen, als Sternen itzund an dem Himmel stehen, und wil dich also tractiren, dass das Blut von dir fliessen sol, biss die oberste Spitze des Kirchthurms darinnen versunken.
HORRIB. Per non lasciar piu altre passar questa superba arroganza,[11] wil ich die ganze Belgerung von Troja mit dir spielen.
DARADIR. Und ich die Zerstrung von Constantinopel.
HORRIB. Io spiro morte e furore,[12] doch lasse ich dir noch so viel Zeit: befihle deine Seele Gott und bete ein Vaterunser!
DARADIR. Sprich einen englischen Gruss[13] und hiermit stirb.
HORRIB. Du wirst zum wenigsten die reputation in deinem Tode haben, dass du von dessen unberwindlichen Faust gestorben, der den Knig in Schweden niedergeschossen.
DARADIR. Trste dich mit dem, dass du durch dessen Hand hingerichtet wirst, der dem Tilly und Pappenheim den Rest gegeben.
HORRIB. So hab ich mein Schwerd ausgezogen in der Schlacht vor Ltzen.
DARADIR. Morbleu, me voila en colre! Mort de ma vie! je suis fch par ma foi.[14] So hab ich zur Wehre gegriffen in dem Treffen vor Nrdlingen.
HORRIB. Eine solche Positur machte ich in der letzten Niederlage vor Leipzig.
DARADIR. So lief ich in den Wallgraben, als man Glogau hat einbekommen.
HORRIB. Ha! ha! ist er nicht questo capitano,[15] mit dem ich Kugeln wechselte bei der Gula?
DARADIR. O! Ist er nicht derjenige Signeur, mit dem ich Brderschaft machte zu Schlichtigheim?
HORRIB. Ha! mon signeur, mon frre![16]
DARADIR. Ha! Fratello mio illustrissimo![17]
HORRIB. Behte Gott, welch ein Unglck htte bald geschehen sollen!
DARADIR. Welch ein Blutvergiessen, massacre et strage,[18] wenn wir einander nicht erkennet htten!
HORRIB. Magnifici et cortesi heroi[19] knnen leicht unwissend zusammen gerathen.
DARADIR. Les beaux esprits[20] lernen einander durch dergleichen rencontre[21] erkennen.
[Dionysius[22] tritt auf.]
DIONYS. Welche Brenhuter rasen hier fr unsern Thren? Wisset ihr Holunken nicht, dass man des Herren Statthalters Pallast anders zu respectiren pfleget? Trollet euch von hier, oder ich lege euch beiden einen frischen Prgel um die Ohren!
HORRIB. Io rimango petrificato dalla meraviglia.[23] Sol Capitain Horribilicribrifax diss leiden?
DARADIR. Sol Capitain von Donnerkeil sich also despectiren lassen?
HORRIB. Io mi levo il pugnale dal lato,[24] der Herr Bruder leide es nicht!
DARADIR. Me voila,[25] der Herr Bruder greiffe zu der Wehre, ich folge.
HORRIB. Comminciate di gratia.[26] Ich lasse dem Herren Bruder die Ehre des ersten Angriffs.
DARADIR. Mein Herr Bruder, ich verdiene die Ehre nicht, et gehe voran. C'est trop discourir. Commencez.[27]
HORRIB. Ei, der Herr Bruder fahre fort, er lasse sich nicht auffhalten. La necessit vuole.[28]
DIONYS. Heran, ihr Ertzberenhuter, ich will euch die Haut sonder Seiffen und Balsam einschmieren.
HORRIB. Ha! Patrone mio, questa supercheria molta ingiusta.[29]
DARADIR. O monsieur, bey dem Element, er sihet mich vor einen Unrechten an.
HORRIB. Ei, signore mio gratioso,[30] ich bin Signor Horribilicribrifax. 75
DIONYS. (Nimmt beiden die Degen und schlgt sie darmit um die Kpfe.) Auffschneider, Lgner, Brenhuter, Bengel, Baurenschinder, Erznarren, Cujonen![31]
DARADIR. Ei, ei, monsieur, basta questo pour istesso,[32] es ist genung, der Kopf blutet mir. 80
HORRIB. Ei, ei, signor, ich wuste nicht, dass der Statthalter hier wohnete.
DIONYS. Packet euch, oder ich will euch also zurichten, dass man euch mit Mistwagen sol von dem Platze fhren.
[Notes: 9: Gardez-vous(-en), folltreau (from foltre) 'take care, nincompoop.' 10: Io ho ... diavoli, 'I have vanquished hell and all the devils.' 11: Per ... arroganza, 'to prevent this arrogant conceit from going further.' 12: Io ... furore, 'I breathe death and fury.' 13: Sprich ... Gruss, 'pray an Angelus' (angel's greeting, Luke i, 28), i.e. 'attend to your devotions.' 14: Morbleu ... foi, 'Zounds! Behold me in a rage! Death and destruction! Faith, but I am angry.' 15: Questo capitano, 'that captain.' 16: Mon ... frre, 'my dear sir, my brother.' 17: Fratello ... illustrissimo, 'most renowned brother.' 18: Massacre et strage, 'slaughter and carnage.' 19: Magnifici ... heroi, 'magnificent and gentlemanly heroes.' 20: Les beaux esprits, 'fine spirits.' 21: Rencontre, 'meeting(s).' 22: Dionysius is the servant of the governor, Cleander, before whose palace the captains have been brawling. 23: Io ... meraviglia, 'I am petrified with amazement.' 24: Io ... lato, 'I take my sword from my side.' 25: Me voila, 'here I am.' 26: Comminciate di gratia, 'begin, please.' 27: C'est ... commencez, 'there's too much talking; begin!' 28: La ... vuole, 'necessity commands.' 29: Patrone ... ingiusta, 'my good sir, this violence is very unjust.' 30: Signore ... gratioso, 'my gracious sir.' 31: Cujonen, 'scallywags.' 32: Basta ... istesso, 'enough of that.']
LIV. SIMON DACH
1605-1659. Dach was a Knigsberg schoolmaster who won considerable repute as a writer of religious and occasional verse. He is the earliest Prussian poet of any importance. The second selection shows what he thought of Opitz. His Anke van Tharau, though a wedding-song written by request (like many of Dach's productions), is so fresh and hearty that Herder gave it a place among his folksongs. The text follows Oesterley's edition in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 30.
1
Abendlied.
Der Tag hat auch sein Ende, Die Nacht ist wieder hier; Drum heb ich Herz und Hnde, O Vater, auff zu dir Und dancke deiner Treu, 5 Die mich gantz berschttet, Und fr der Tiranney Der Hllen mich behtet.
Dein Wort hat auch daneben Mein kranckes Herz geheilt, 10 Mir reichlich Trost und Leben In aller Noth ertheilt. Fr solche Liebesthat Was soll ich dir erzeigen? Was Erd und Himmel hat, 15 Das ist vorhin dein eigen.
Mein Herz sey dir geschencket, Das richt, o Gott, dir zu, Dass, was es nur gedencket, Sey nichts, als einig du. 20 Entzeuch es dieser Welt, Dass es aus diesen Trnen In deiner Freuden Feld Sich mg ohn Ablass sehnen.
Und da ich heut verbet, 25 Was gegen dein Geboth Und deinen Geist betrbet, Das sey vertilgt und todt Durch Christi theures Blut, Das mildiglich geflossen, 30 Als er es, mir zu guth, Aus Liebe hat vergossen.
Und weil ich jetzt sol schlafen, So lass mich sicher seyn Durch deiner Aufsicht Waffen, 35 Schleuss deiner Huth mich ein! Des Teufels Mord und List, Der bsen Menschen Tcke Und was sonst schdlich ist, Treib, Herr, von mir zurcke! 40
Lass mich kein bses Ende Betreten allermeist, Denn ich in deine Hnde Befehle meinen Geist. Ich bin zu aller Zeit 45 Dein Eigenthum und Erbe, Es sey lieb oder leid, Ich leb, Herr, oder sterbe.
2
Opitz in Knigsberg.[1]
Ist es unsrer Seiten Werck' Je einmahl so wol gelungen, Dass wir dir, o Knigsbergk, Etwas Gutes vorgesungen, So vernimm auch diess dabey, 5 Wer desselben Stiffter sey.
Dieser Mann, durch welchen dir Jetzt die Ehre wiederfhret, Dass der Deutschen Preiss und Zier Smptlich bey dir eingekehret, 10 Opitz, den die gantze Welt Fr der Deutschen Wunder hlt.
Ach, der Aussbund und Begriff Aller hohen Kunst und Gaben, Die der Alten Weissheit tieff 15 Ihrem Ertz hat eingegraben, Und der lieben Vorfahrt[2] Handt Uns so treulich zugesandt!
Man erschricket, wenn er nun Seiner tieff-erforschten Sachen 20 Abgrund anhebt auffzuthun, Und sein Geist beginnt zu wachen; Wer alsdan ihn los sieht gehn, Der sieht Welschlandt und Athen.
Orpheus giebt schon besser Kauff,[3] 25 Hrt er dieses Mannes Seiten, Unser Maro horchet auff, Sagt: Was sol mir das bedeuten? Wird der Weisen Lieder-Ruhm Nun der Deutschen Eigenthum? 30
Ja, Herr Opitz, eurer Kunst Mages Deutschland einig dancken, Dass der fremden Sprachen Gunst Mercklich schon beginnt zu wancken, Und man nunmehr ins gemein 35 Lieber deutsch begehrt zu sein.
Wer hat eurer sssen Handt Diesen Nachdruck mitgegeben, Dass das gantze Norden-Landt, Wenn ihr schlagt, sich muss erheben, 40 Und so mancher edler Geist Euch zu folgen sich befleist?
Last den stoltzen Thracer-Fluss Nicht so trotzig sich ergiessen, Und den edlen Mincius 45 Was bescheidentlicher fliessen: Eures Bobers kleine Fluth Nimmt doch allen nun den Muth.
Wol euch, Herr! Was fr ein Lohn Hat sich hie mit eingedinget, 50 Dass von hie ab euer Ton Bis in jenes Leben dringet, Dessen Nachklangk aller Zeit Und Vergngnss sich befreyt?
Hie kunt' eure Jugend zwar 55 Schon den Lorbeer-Krantz erjagen, Aber dort wird euer Haar Erst der Ehren Krohne tragen, Die euch David gern gesteht, Weil ihr seinen Fusspfad geht. 60
Doch wird auch des Pregels Randt, Weil er ist, von euch nicht schweigen; Was von uns hie wird bekant, Was wir singen oder geigen, Unser Nahme, Lust und Ruh' 65 Stehet euch, Herr Opitz, zu.
[Notes: 1: The full title runs: Gesang bey des edlen und hochberhmten Herren Martin Opitzen u.s.w. hocherfreulichen Gegenwart zu Knigsberg in Preussen 1638. 29 Heumonat gesungen. 2: Vorfahrt = Vorfahren. 3: Giebt .... Kauff = wird billiger.]
3
Anke van Tharau.
Anke van Tharau ss, de my gefllt, Se ss mihn Lewen, mihn Goet on mihn Glt.
Anke van Tharau heft wedder eer Hart Op my gerchtet n Lw' on n Schmart.
Anke van Tharau, mihn Rihkdom, mihn Goet, 5 Du mihne Seele, mihn Fleesch on mihn Bloet.
Qum' allet Wedder glihk n ons tho schlahn, Wy syn gesnnt by een anger tho stahn.
Kranckheit, Verflgung, Bedrfns on Pihn Sal unsrer Lwe Vernttinge syn. 10
Recht as een Palmen-Bohm ver sck stcht, Je mehr en Hagel on Regen anfcht,
So wardt de Lw' n ons mchtig on groht, Drch Kryhtz, drch Lyden, drch allerley Noht.
Wrdest du glihk een mahl van my getrennt, 15 Leewdest dar, wor n dee Snne kuhm kennt,
Eck wll dy flgen drch Wler, durch Mr, Drch Yhss, drch Ihsen, drch fihndlcket Hhr.
Anke van Tharau, mihn Licht, mihne Snn, Mihn Lewen schluht ck n dihnet hennn. 20
Wat ck gebde, wart van dy gedahn, Wat ck verbde, dat ltstu my stahn.
Wat heft de Lwe dch ver een Bestand, Wor nicht een Hart ss, een Mund, eene Hand,
Wor m sck hartaget, kabbelt on schleyht 25 On glihk den Hungen on Katten begeyht?
Anke van Tharau, dat war wy nich dohn, Du bst mihn Dyhfken, mihn Schahpken, mihn Hohn.
Wat ck begehre, begehrest du ohck, Eck laht den Rock dy, du ltst my de Brohk. 30
Dit ss dat, Anke, du steste Ruh, Een Lihf on Seele wart uht ck on du.
Dit mahckt dat Lewen tom hmmlischen Rihk, Drch Zancken wart et der Hellen gelihk.
4
The same in Herder's High German translation.
Annchen von Tharau ist, die mir gefllt; Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld.
Annchen von Tharau hat wieder ihr Herz Auf mich gerichtet in Lieb' und in Schmerz.
Annchen von Tharau, mein Reichtum, mein Gut, 5 Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut!
Km' alles Wetter gleich auf uns zu schlahn, Wir sind gesinnt bei einander zu stahn.
Krankheit, Verfolgung, Betrbnis und Pein, Soll unsrer Liebe Verknotigung sein. 10
Recht als ein Palmenbaum ber sich steigt, Je mehr ihn Hagel und Regen anficht;
So wird die Lieb' in uns mchtig und gross Durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Noth.
Wrdest du gleich einmal von mir getrennt, 15 Lebtest, da wo man die Sonne kaum kennt;
Ich will dir folgen durch Wlder, durch Meer, Durch Eis, durch Eisen, durch feindliches Heer.
Annchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn', Mein Leben schliess' ich um deines herum. 20
Was ich gebiete, wird von dir gethan, Was ich verbiete, das lsst du mir stahn.
Was hat die Liebe doch fr ein Bestand, Wo nicht ein Herz ist, ein Mund, eine Hand?
Wo man sich peiniget, zanket und schlgt, 25 Und gleich den Hunden und Katzen betrgt?
Annchen von Tharau, das woll'n wir nicht thun; Du bist mein Tubchen, mein Schfchen, mein Huhn.
Was ich begehre, ist lieb dir und gut; Ich lasse den Rock dir, du lsst mir den Hut. 30
Dies ist uns, Annchen, die ssseste Ruh', Ein Leib und Seele wird aus Ich und Du.
Dies macht das Leben zum himmlischen Reich, Durch Zanken wird es der Hlle gleich.
LV. PAUL GERHARDT
1607-1676. Gerhardt was a Lutheran pastor who is preminent as a writer of hymns for worship. His psalmody has less of the militant spirit than Luther's, his voice being the voice of German Protestantism as chastened by the terrible sufferings of the great war. The selections follow Wolff's edition in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 31.
1
Befiehl dem Herrn deine Wege.
Befiehl du deine Wege, Und was dein Herze krnkt, Der allertreusten Pflege Des, der den Himmel lenkt: Der Wolken, Luft und Winden 5 Giebt Wege, Lauf und Bahn, Der wird auch Wege finden, Da dein Fuss gehen kann.
Dem Herren musst du trauen, Wann dirs soll wohlergehn; 10 Auf sein Werk musst du schauen, Wann dein Werk soll bestehn. Mit Sorgen und mit Grmen Und mit selbsteigner Pein Lsst Gott ihm gar nichts nehmen, 15 Es muss erbeten sein.
Dein ewge Treu und Gnade, O Vater, weiss und sieht, Was gut sei oder schade Dem sterblichen Geblt: 20 Und was du denn erlesen, Das treibst du, starker Held, Und bringst zum Stand und Wesen, Was deinem Rat gefllt.
Weg hast du allerwegen, 25 An Mitteln fehlt dirs nicht; Dein Thun ist lauter Segen, Dein Gang ist lauter Licht, Dein Werk kann niemand hindern, Dein Arbeit darf nicht ruhn, 30 Wann du, was deinen Kindern Erspriesslich ist, willst thun.
Und ob gleich alle Teufel Hie wollten widerstehn, So wird doch ohne Zweifel 35 Gott nicht zurcke gehn: Was er ihm frgenommen Und was er haben will, Das muss doch endlich kommen Zu seinem Zweck und Ziel. 40
Hoff, o du arme Seele, Hoff und sei unverzagt! Gott wird dich aus der Hhle, Da dich der Kummer plagt, Mit grossen Gnaden rcken: 45 Erwarte nur der Zeit, So wirst du schon erblicken Die Sonn der schnsten Freud.
Auf, auf, gieb deinem Schmerze Und Sorgen gute Nacht! 50 Lass fahren, was das Herze Betrbt und traurig macht! Bist du doch nicht Regente, Der alles fhren soll; Gott sitzt im Regimente 55 Und fhret alles wohl.
Ihn, ihn lass thun und walten, Er ist ein weiser Frst Und wird sich so verhalten, Dass du dich wundern wirst, 60 Wann er, wie ihm gebhret, Mit wunderbarem Rat Das Werk hinausgefhret, Das dich bekmmert hat.
Er wird zwar eine Weile 65 Mit seinem Trost verziehn Und thun an seinem Teile, Als htt in seinem Sinn Er deiner sich begeben; Und solltst du fr und fr 70 In Angst und Nten schweben, So frag er nichts nach dir.
Wirds aber sich befinden, Dass du ihm treu verbleibst, So wird er dich entbinden, 75 Da dus am wengsten glubst: Er wird dein Herze lsen Von der so schweren Last, Die du zu keinem Bsen Bisher getragen hast. 80
Wohl dir, du Kind der Treue, Du hast und trgst davon Mit Ruhm und Dankgeschreie Den Sieg und Ehrenkron. Gott giebt dir selbst die Palmen 85 In deine rechte Hand, Und du singst Freudenpsalmen Dem, der dein Leid gewandt.
Mach End, o Herr, mach Ende An aller unser Not! 90 Strk unser Fss und Hnde Und lass bis in den Tod Uns allzeit deiner Pflege Und Treu empfohlen sein, So gehen unsre Wege 95 Gewiss zum Himmel ein.
2
Abendlied.
Nun ruhen alle Wlder, Vieh, Menschen, Stadt und Felder, Es schlft die ganze Welt: Ihr aber, meine Sinnen, Auf, auf, ihr sollt beginnen, 5 Was eurem Schpfer wohlgefllt.
Wo bist du, Sonne, blieben? Die Nacht hat dich vertrieben, Die Nacht, des Tages Feind; Fahr hin, ein ander Sonne, 10 Mein Jesus, meine Wonne, Gar hell in meinem Herzen scheint.
Der Tag ist nun vergangen, Die gldnen Sternen prangen Am blauen Himmels Saal: 15 Also werd ich auch stehen, Wenn mich wird heissen gehen Mein Gott aus diesem Jammerthal.
Der Leib eilt nun zur Ruhe, Legt ab das Kleid und Schuhe, 20 Das Bild der Sterblichkeit, Die ich zieh aus: dagegen Wird Christus mir anlegen Den Rock der Ehr und Herrlichkeit.
Das Hupt, die Fss und Hnde 25 Sind froh, dass nu zum Ende Die Arbeit kommen sei: Herz, freu dich, du sollt werden Vom Elend dieser Erden Und von der Snden Arbeit frei. 30
Nun geht, ihr matten Glieder, Geht hin und legt euch nieder, Der Betten ihr begehrt: Es kommen Stund und Zeiten, Da man euch wird bereiten 35 Zur Ruh ein Bettlein in der Erd.
Mein Augen stehn verdrossen, Im Hui sind sie geschlossen; Wo bleibt denn Leib und Seel? Nimm sie zu deinen Gnaden, 40 Sei gut fr allem Schaden, Du Aug und Wchter Israel.
Breit aus die Flgel beide, O Jesu, meine Freude, Und nimm dein Kchlein ein. 45 Will Satan mich verschlingen, So lass die Englein singen: Dies Kind soll unverletzet sein.
Auch euch, ihr meine Lieben, Soll heinte nicht betrben 50 Ein Unfall noch Gefahr. Gott lass euch selig schlafen, Stell euch die gldne Waffen Ums Bett und seiner Engel Schar.
LVI. FRIEDRICH SPE
1591-1635. Spe was a Jesuit father who won distinction as a poet and also as an opponent of the witch-burning mania. His collection of lyric poems called Trutz-Nachtigall, or Match-Nightingale, is interesting for its singular blend of erotic imagery with sincere religious feeling. The poems indicate a genuine delight in certain aspects of nature. The selections follow Wolff's edition, in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 31.
1
Ein Liebgesang der Gespons Jesu.
Die reine Stirn der Morgenrt War nie so fast gezieret, Der Frhling, nach dem Winter d, War nie so schn muntieret, Die weiche Brust der Schwanen weiss 5 War nie so wohl gebleichet, Die glden Pfeil der Sonnen heiss Nie so mit Glanz bereichet:
Als Jesu Wangen, Stirn und Mund Mit Gnad seind bergossen. 10 Lieb hat aus seinen uglein rund Fast tausend Pfeil verschossen: Hat mir mein Herz verwundet sehr, O weh der sssen Peine! Fr Lieb ich kaum kann rasten mehr, 15 Ohn Unterlass ich weine.
Wie Perlen klar aus Orient Mir Zhr von Augen schiessen: Wie Rosenwsser wohlgebrennt Mir Thrnen berfliessen. 20 O keusche Lieb, Cupido rein, Allda dein Hitz erkhle, Da dunk dein heisse Flttig ein, Dass dich so stark nit fhle.
Zu scharf ist mir dein heisser Brand, 25 Zu schnell seind deine Flgel; Drumb nur aus Thrnen mit Verstand Dir flechte Zaum und Zgel. Komm nit zu streng, mich nit verseng, Nit brenn mich gar zu Kohlen, 30 Dich weisen lass, halt Ziel und Mass, Dich brauch der linden Strohlen.
O Arm und Hnde Jesu weiss, Ihr Schwesterlein der Schwanen, Umbfasset mich nit lind noch leis, 35 Darf euch der Griff ermahnen. Stark heftet mich an seine Brust Und satt mich lasset weinen: Ich ihn erweich, ist mir bewusst, Und wr das Herz von Steinen. 40
O Jesu mein, du schner Held, Lang warten macht verdriessen: Gross Lieb mir nach dem Leben stellt, Wann soll ich dein geniessen? O ssse Brust! O Freud und Lust! 45 Hast endlich mich gezogen: O miltes Herz! All Pein und Schmerz Ist nun in Wind geflogen.
Allhie nun will ich rasten lind, Auf Jesu Brust gebunden: 50 Allhie mich mag Cupido blind Bis gar zu Tod verwunden. Am Herzen Jesu sterben hin Ist nur in Lusten leben, Ist nur verlieren mit Gewinn, 55 Ist tot im Leben schweben.
2
Anders Liebgesang der Gespons Jesu, darin eine Nachtigall mit der Echo oder Wiederschall spielet.
Ach, wann doch Jesu, liebster mein, Wann wirst dich mein erbarmen? Wann wieder zu mir kehren ein, Wann fassen mich in Armen? Was birgest dich, 5 Was krnkest mich? Wann werd ich dich umfangen? Wann reissest ein All meine Pein? Wann schlichtest mein Verlangen? 10
O willkomm, ssse Nachtigall, Kombst gleich zu rechter Stunde! Erfrisch den Luft mit bestem Schall, Erschpf die Kunst von Grunde; Ruf meinem Lieb, 15 Er nit verschieb, "O Jesu!" ruf mit Krften, Ruf tausend mal, Ruf ohne Zahl, Wer weiss, es je mcht heften![1] 20
Ach, ruf und ruf, o Schwester zart, Mein Jesum zu mir lade, Mir treulich hilf zu dieser Fahrt, Dann ich in Zhren bade. O Schwester mein, 25 Sing sss und rein, Ruf meinem Schatz mit Namen; Dann kurz, dann lang Zieh deinen Klang, All Noten greif zusammen! 30
Wohlan, scheint, mich verstanden hat Die Meisterin in Wlden; Ihrs allbereit geht wohl von Statt, Die Frblein schon sich melden. In starker Zahl, 35 Nun manches Mal Den Ton sie schon erhebet, Weil auch der Schall Aus grnem Thal Ihr deutlich widerstrebet.[2] 40
Da recht, du fromme Nachtigall, Du jenem Schall nit weiche! Da recht, du treuer Wiederschall, Du stets dich ihr vergleiche! Zur schnen Wett 45 Nun beide trett, Mein Jesum lasst erklingen, Obschon im Streit Der schwchsten Seit Am Leben sollt misslingen. 50
Die Nachtigall den Schall nit kennt Und hlts fr ihr Gespielin, Verwundert sich, wies mg behend So gleichen Ton erzielen; Bleibt wenig stumm, 55 Schlgt wiederumb, Denkt ihr bald obzusiegen; Doch Widerpart Machts gleicher Art, Kein Pnktlein bleibt verschwiegen. 60
Bald steiget auf die Nachtigall Je mehr und mehr und mehre; Gleich folget auch der Wiederschall, Wanns je noch hher wre. Drumb zierlich fecht 65 Und strker schlegt Das Frulein reich von Stimmen, Steigt auf und auf Ganz ohn Verschnauf; Doch thuts der Schall erklimmen. 70
Alsdann gehts ber Ziel und Schnur, Das Herz mcht sich zerspalten, Sie sucht es in B Moll, B Dur, Auf allerhand Gestalten, Thut hundertfalt 75 Den Bss und Alt, Tenor und Cant durchstreichen; Doch Stimm doch Kunst Ist gar umbsonst, Der Schall thuts auch erreichen. 80
Da kitzlet sie dann Ehr und Preis Mit gar zu scharfen Sporen, Erdenkt noch schn und schner Weis, Meint, sei noch nicht verloren. All Mut und Blut 85 Und Atem gut. Versammelt sie mit Haufen, Will noch zum Sieg In schnem Krieg Mit letzten Krften laufen. 90
Ei, da kracht ihr so mtigs Herz, Gleich Ton und Seel verschwinden, Da leschet sich die glden Kerz, Entzuckt von starken Winden. O mtigs Herz, 95 O schne Kerz, O wohl, bist wohl gestorben! Die Lorbeerkron Im letzten Ton Du doch noch hast erworben. 100
Dann zwar ein Seufzerlein gar zart Im Tod hast lan erklingen, Das so subtil dein Widerpart Mit nichten mcht erschwingen; Drumb ja nit lieg, 105 Dein ist der Sieg, Das Krnzlein dir gebhret, Welchs dir allein Von Blmlein fein Ich schon hab eingeschnret. 110
Ade dann, falbe Nachtigall, Von falbem Tod entfrbet, Weil du nun liegst in grnem Thal. Sag, wer dein Stimmlein erbet; Knnts je nit sein, 115 Es wurde mein? O Gott, knnt ichs erwerben! Wollts brauchen stt So frh, so spt, Bis auch im Sang tht sterben. 120
Nun doch will ich in diesem Wald Bei deinem Grab verbleiben, Hoff, mich mit ihren Pfeilen bald Begierd und Lieb entleiben. Will rufen stark 125 Zum Totensarg, Bis mein Geliebter komme, Will rufen laut Meins Herzen Traut, Bis letzt ich gar erstumme. 130
[Notes: 1: Heften = haften bleiben, 'stick fast' (in his ear), and so win him over. 2: Widerstrebet = widerhallt.]
LVII. HOFMANN VON HOFMANNSWALDAU
A Silesian scholar (1617-1679) who, after extensive foreign travel, spent his life at Breslau as an exemplary and highly esteemed official of the town. Incidentally he poetized in the inflated and ornate style which has given the so-called second Silesian school its evil reputation. His work is decidedly vacuous as poetry, but has its interest as indicating the literary drift of the age of puffs, powder, and pedantry. The selections follow Bobertag's edition in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 36.
1
Die Welt.
Was ist die Welt, und ihr berhmtes Glntzen? Was ist die Welt und ihre gantze Pracht? Ein schnder Schein in kurtzgefasten Grentzen, Ein schneller Blitz, bey schwarzgewlckter Nacht; Ein bundtes Feld, da Kummerdisteln grnen; 5 Ein schn Spital, so voller Kranckheit steckt. Ein Sclavenhauss, da alle Menschen dienen, Ein faules Grab, so Alabaster deckt. Das ist der Grund, darauff wir Menschen bauen, Und was das Fleisch fr einen Abgott hlt. 10 Komm, Seele, komm, und lerne weiter schauen, Als sich erstreckt der Zirckel dieser Welt. Streich ab von dir derselben kurtzes Prangen, Halt ihre Lust fr eine schwere Last. So wirst du leicht in diesen Port gelangen, 15 Da Ewigkeit und Schnheit sich umbfast.
2
Die Wollust.
Die Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit, Was kan uns mehr, denn sie, den Lebenslauf versssen? Sie lsset trinckbar Gold in unsre Kehle fliessen, Und ffnet uns den Schatz beperlter Liebligkeit, In Tuberosen kan sie Schnee und Eiss verkehren, 5 Und durch das gantze Jahr die Frhlings-Zeit gewehren.
Es schaut uns die Natur als rechte Kinder an, Sie schenckt uns ungespart den Reichthum ihrer Brste, Sie ffnet einen Saal voll zimmetreicher Lste, Wo aus des Menschen Wunsch Erfllung quellen kan. 10 Sie legt als Mutter uns die Wollust in die Armen, Und lsst durch Lieb und Wein den kalten Geist erwarmen.
Nur das Gesetze wil allzu tyrannisch seyn, Es zeiget iederzeit ein widriges Gesichte, Es macht des Menschen Lust und Freyheit gantz zunichte, 15 Und flst fr sssen Most uns Wermuthtropffen ein; Es untersteht sich uns die Augen zu verbinden, Und alle Liebligkeit aus unser Hand zu winden.
Die Ros' entblsset nicht vergebens ihre Pracht, Jessmin will nicht umsonst uns in die Augen lachen, 20 Sie wollen unser Lust sich dienst- und zinsbar machen, Der ist sein eigen Feind, der sich zu Plagen tracht; Wer vor die Schwanenbrust ihm Dornen will erwehlen, Dem muss es an Verstand und reinen Sinnen fehlen.
Was nutzet endlich uns doch Jugend, Krafft und Muth, 25 Wenn man den Kern der Welt nicht reichlich will genssen, Und dessen Zucker-Strom lsst unbeschifft verschssen?[1] Die Wollust bleibet doch der Menschen hchstes Gut, Wer hier zu Seegel geht, dem wehet das Gelcke Und ist verschwenderisch mit seinem Liebesblicke. 30
Wer Epicuren nicht fr seinen Lehrer hlt, Der hat den Welt-Geschmack und allen Witz verloren, Es hat ihr die Natur als Stiefsohn ihn erkoren, Er mus ein Unmensch seyn und Scheusal dieser Welt; Der meisten Lehrer Wahn erregte Zwang und Schmertzen, 35 Was Epicur gelehrt, das kitzelt noch die Hertzen.
[Notes: 1: Verschssen = verfliessen.]
3
Die Tugend.
Die Tugend pflastert uns die rechte Freudenbahn, Sie kan den Nesselstrauch zu Lilgenblttern machen, Sie lehrt uns auf dem Eiss und in dem Feuer lachen, Sie zeiget, wie man auch in Banden herrschen kan; Sie heisset unsern Geist im Sturme ruhig stehen, 5 Und wenn die Erde weicht, uns im Gewichte gehen.
Es giebt uns die Natur Gesundheit, Krafft und Mut, Doch wo die Tugend nicht wil unser Ruder fhren, Da wird man Klippen, Sand und endlich Schiffbruch spren. Die Tugend bleibet doch der Menschen hchstes Gutt; 10 Wer ohne Tugend sich zu leben hat vermessen, Ist einem Schiffer gleich, so den Compass vergessen.
Gesetze mssen ja der Menschen Richtschnur seyn. Wer diesen Pharus ihm nicht zeitlich will erwehlen, Der wird, wie klug er ist, des Hafens leicht verfehlen, 15 Und luffet in den Schlund von vielen Jammer ein; Wem Lust und ppigkeit ist Fhrerin gewesen, Der hat fr Leitstern ihm ein Irrlicht auserlesen.
Diss, was man Wollust heisst, verfhrt und liebt uns nicht, Die Ksse, so sie giebt, die triffen von Verderben, 20 Sie lst uns durch den Strang der zrtsten Seide sterben, Man fhlet, wie Zibeth das matte Herze bricht, Vergifter Hypocras[2] will uns die Lippen rhren, Und ein ambrirte[3] Lust zu Schimpf und Grabe fhren.
Die Tugend drckt uns doch, als Mutter, an die Brust, 25 Ihr Gold und edler Schmuck hlt Farb und auch Gewichte, Es leitet ihre Hand uns zu dem grossen Lichte, Wo sich die Ewigkeit vermhlet mit der Lust; Sie reicht uns eine Kost, so nach dem Himmel schmecket, Und giebt uns einen Rock, den nicht die Welt beflecket. 30
Die Wollust aber ist, als wie ein Unschlichtlicht, So helle Flammen giebt, doch mit Gestanck vergehet. Wer bey dem Epicur und seinem Huften stehet, Der lernt, wie diese Waar als dnnes Glas zerbricht; Es kan die Drachen-Milch uns nicht Artzney gewehren, 35 Noch gelbes Schlangengift in Labsal sich verkehren.
[Notes: 2: Hypocras, a sweet spiced wine. 3: Ambrirte, 'resinated' (perfumed with ambra).]
LVIII. DANIEL CASPER VON LOHENSTEIN
The other leading light of the second Silesian school (1635-1683). Like his friend Hofmannswaldau, he was an exemplary Breslau official. He wrote half a dozen impossible tragedies in alexandrine verse and a huge erudite romance Arminius. The selection from Arminius follows an edition of 1731, which contains 2868 pages in four quarto volumes.
From 'Arminius,' Book I: The temple of the Ancient Germans and its wonderful inscription.
Es war ein Thal, welches ungefhr eine Meilweges im Umkreise hatte, rings herum mit steilen Felsen umbgeben, welche allein von einem abschssenden Wasser zertheilet waren. An dieser Gegend hatte die andchtige Vorwelt dem Anfange aller Dinge, nehmlich dem Schpfer der Welt, zu Ehren auf ieder Seiten eine dreyfache Reihe beraus hoch und gerade empor wachsender Eich-Bume gepflantzet, und wie dieses gantze Thal, also auch insonderheit den in der Mitte gelegenen Hgel, und die in selbtem von der Natur gemachte Hle, als auch den daraus entspringenden Brunnen fr eines der grssesten Heiligthmer Deutschlands verehret, auch den Glauben, dass in selbtem die Andacht der Opfernden durch einen gttlichen Trieb geflgelt, und das Gebet von den Gttern ehe als anderwerts erhret wrde, von mehr als tausend Jahren her auf ihre Nachkommen fortgepflantzet. Denn die alten andchtigen Deutschen waren bekmmerter Gott recht zu verehren, als durch Erbauung kstlicher Tempel die Gebrge ihres Marmels zu berauben und ihre Ertzt-Adern arm zu machen. Diesemnach sie fr eine der grsten Thorheiten hielten, Affen, Katzen und Crocodilen, ja Knobloch und Zwibeln mit Weyrauch zu ruchern; welche bey den Egyptiern mehr die aus Iaspis und Porphyr erbaueten, oder aus einem gantzen Felsen gehauene Wundertempel verstellten, als durch derselben Pracht einiges Ansehen ihrer schnden Hesslichkeit erlangeten.
Nichts minder verlachten sie die zu Rom angebetete Furcht und das Fieber, als welche Kranckheiten wohl unvergttert, ja abscheulich bleiben, wenn gleich zu berfirnsung ihrer Bilder und Heiligthmer alle Meere ihr Schnecken-Blut, und gantz Morgenland seine Perlen und Edelgesteine dahin zinset. Da hingegen eine wahre Gottheit[1] eben so ein aus schlechtem Rasen erhhetes Altar, und ein mehr einem finstern Grabe als einem Tempel hnliches, aber von dem Feuer andchtiger Seelen erleuchtetes Heiligthum; wie die Sonne alle dstere Wohnungen mit ihrem eigenen Glantze erleuchtet und herrlich macht, also dass ohne die Gegenwart des grossen Auges der Welt alle gestirnte Himmels-Kreise dstern, in Abwesenheit einer wesentlichen Gottheit all von Rubin und loderndem Weyrauch schimmernde Tempel irrdisch sind. Denn ob wohl Gott in und ausser aller Dinge ist, seine Macht und Herrschafft sonder einige Beunruhigung sich ber all Geschpfe erstrecket, seine Liebe ohne Ermdung allen durch ihre Erhaltung die Hnde unterlegt; ob er gleich ohne Ausdehnung alles auswendig umbschleust, alles inwendig ohne seine Verkleinerung durchdringet; und er also in, ber, unter und neben allen Sachen, iedoch an keinen Ort angebunden, noch nach einigem Maasse der Hhe, Tieffe und Breite zu messen, seine Grsse nirgends ein-, sein Wesen nirgends auszuschlssen ist: So ist doch unwidersprechlich, dass Gott seiner Offenbarung nach, und wegen der von denen Sterblichen erfoderten Andacht, einen Ort fr dem andern, nicht etwan wegen seiner absonderlichen Herrligkeit, sondern aus einer unerforschlicher Zuneigung, ihm belieben lasse, ja mehrmahls selbst erkieset habe. ber dem Eingange nun dieser ebenfals fr andern erwehlten Hle waren nachfolgende Reimen in einen lebendigen Steinfels gegraben, iedoch gar schwer zu lesen; weil sie nicht allein mit denen vom Tuisco erfundenen Buchstaben geschrieben, sondern auch vom Regen abgewaschen und vom Mooss verstellet waren:
Ihr Eiteln, weicht von hier! der Anfang aller Dinge, Der eh als dieser Fels und dieser Brunnquell war, Hat hier sein Heiligthum, sein Wohnhaus, sein Altar; Der will, dass man ihm nur zum Opfer Andacht bringe. Die ist das Eigenthum der Menschen. Weyrauch, Blut, 5 Gold, Weitzen, Oel, und Vieh ist sein selbsteigen Gut.
Die Opfer, die ihr ihm auf tausend Tischen schlachtet, Die machen ihn nicht feist, und keine Gabe reich. Ihr selbst gensset es, wenn ihr den Schpfer gleich Durch eure Erstlingen hier zu beschencken trachtet. 10 Euch scheint der Fackeln Licht, ihr rcht des Zimmets Brand; Ja, was ihr gebt, bleibt euch mit Wucher in der Hand.
Gott heischt diss zwar, doch nicht aus lsterner Begierde. Denn was ergeitzt das Meer ihm an der armen Flut Des Thaues? welcher Stern wnscht ihm der Wrmer Glut, 15 Die bey den Nachten scheint, und der Rubinen Zierde? Ihr weiht Gott nur das Hertz zum Zeichen euer Pflicht; Euch selbst zu eurem Nutz, ihm zur Vergngung nicht.
Ja auch die Andacht Selbst weiss Gott nichts zuzufrmen; Denn eignet sie uns zu gleich seine Gnad und Heil, 20 So hat sein Wohlstand doch nicht an dem unsern Theil, Wie unsre Freude rinnt aus seinen Wohlthats-Strmen. Hingegen wie kein Dunst versehrt der Sonnen Licht, So verunehrt auch ihn kein Aberglaube nicht.
Der Lsterer ihr Fluch thut ihm geringern Schaden, 25 Als wenn ein toller Hund den vollen Mond anbillt. Es rhmt als Richter ihn, was in der Hlle brllt; Wie's Lob der Seligen preist seine Vater-Gnaden. Den grossen Gott bewehrt die Kohle, die dort glht, So wohl als die, die man wie Sterne glntzen sieht. 30
So ist's nun bermaass, unsglich grosse Gtte, Dass Gott die Betenden hier wrdigt zu erhrn. Weicht, Eitele! um nicht diss Heil' ge zu versehrn! Denn dass Gott in diss Thal nur einen Blick ausschtte, Ist grss're Gnad, als wenn das Auge dieser Welt 35 Den schlechtsten Sonnen-Staub mit seinem Glantz erhlt.
[Notes: 1: Gottheit, subject of erleuchtet und herrlich macht understood.]
LIX. HANS JAKOB CHRISTOFFEL VON GRIMMELSHAUSEN
The most important writer of prose fiction in the 17th century (ca. 1625-1676). He spent his early years as a roving soldier. After the war he published anonymously a number of tales, which are known collectively as Simplicianische Schriften. The best of them is Der abentheuerliche Simplicissimus, which is largely autobiographic. The book parodies the fashionable romances of adventure and takes hints from the picaresque tales which had begun to come in from Spain. It is particularly interesting for its truthful pictures of German life in the time of the great war. The selection follows Braune's Neudrucke, Nos. 19-25.
From 'Simplicissimus,' Book I, Chapter 4: The hero's childhood; brutal soldiers plunder his foster-father's house and outrage the inmates.
Wiewol ich nicht bin gesinnet gewesen, den friedliebenden Leser, mit diesen Reutern, in meines Knns[1] Hauss und Hof zufhren, weil es schlim genug darin hergehen wird: So erfodert jedoch die Folge meiner Histori, dass ich der lieben posteritt hinterlasse, was vor Grausamkeiten in diesem unserm Teutschen Krieg hin und wieder verbet worden, zumalen mit meinem eigenen Exempel zubezeugen, dass alle solche bel von der Gte dess Allerhchsten, zu unserm Nutz, offt notwendig haben verhngt werden mssen: Dan lieber Leser, wer htte mir gesagt, dass ein Gott im Himmel wre, wan keine Krieger meines Knns Hauss zernichtet, und mich durch solche Fahung unter die Leute gezwungen htten, von denen ich gnugsamen Bericht empfangen? Kurtz zuvor konte ich nichts anders wissen noch mir einbilden, als dass mein Knn, Meuder, ich und das brige Haussgesind, allein auff Erden sey, weil mir sonst kein Mensch, noch einzige andre menschliche Wohnung bekant war, als diejenige, darin ich tglich auss und einging: Aber bald hernach erfuhr ich die Herkunfft der Menschen in diese Welt, und dass sie wieder darauss msten; ich war nur mit der Gestalt ein Mensch, und mit dem Namen ein Christen-Kind, im brigen aber nur eine Bestia! Aber der Allerhchste sahe meine Unschuld mit barmhertzigen Augen an, und wolte mich beydes zu seiner und meiner Erkantnus bringen: Und wiewol er tausenderley Wege hierzu hatte, wolte er sich doch ohn zweiffel nur dessjenigen bedienen, in welchem mein Knn und Meuder, andern zum Exempel, wegen ihrer liederlichen Aufferziehung gestrafft wrden.
Das Erste, das diese Reuter thten, war, dass sie ihre Pferde einstlleten, hernach hatte jeglicher seine sonderbare Arbeit zuverrichten, deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte, dan obzwar etliche anfingen zumetzgen, zusieden und zubraten, dass es sahe, als solte ein lustig Panquet gehalten werden, so waren hingegen andere, die durchstrmten das Hauss unten und oben, ja das heimliche Gemach war nicht sicher, gleichsam ob wre das golden Fell von Colchis darin verborgen; Andere machten von Tuch, Kleidungen und allerley Haussrath, grosse Pck zusammen, als ob sie irgends einen Krempelmarkt[2] anrichten wolten, was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, ward zerschlagen, etliche durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen, als ob sie nicht Schafe und Schweine genug zustechen gehabt htten, etliche schtteten die Federn auss den Betten, und flleten hingegen Speck, andere drr Fleisch und sonst Gerth hinein, als ob alsdan besser darauff zuschlaffen wre; Andere schlugen Ofen und Fenster ein, gleichsam als htten sie einen ewigen Sommer zuverkndigen, Kupffer und Zingeschirr schlugen sie zusammen, und packten die gebogene und verderbte Stcken ein, Bettladen, Tische, Stle und Bncke verbranten sie, da doch viel Claffter drr Holtz im Hof lag, Hfen und Schsseln muste endlich alles entzwey, entweder weil sie lieber Gebraten assen, oder weil sie bedacht waren, nur eine einzige Mahlzeit allda zuhalten, unsre Magd ward im Stall dermassen tractirt, dass sie nicht mehr darauss gehen konte, welches zwar eine Schande ist zumelden! den Knecht legten sie gebunden auff die Erde, steckten ihm ein Sperrholtz ins Maul, und schtteten ihm einen Melckkbel voll garstig Mistlachen-wasser in Leib, das nanten sie einen Schwedischen Trunck, wodurch sie ihn zwungen, eine Parthey anderwerts zufhren, allda sie Menschen und Viehe hinweg namen, und in unsern Hof brachten, unter welchen mein Knn, meine Meuder, und unsre Ursele auch waren.
Da fing man erst an, die Steine[3] von den Pistolen, und hingegen anstat deren der Bauren Daumen auffzuschrauben, und die armen Schelmen so zufoltern, als wan man htte Hexen brennen wollen, massen[4] sie auch einen von den gefangenen Bauren bereits in Backofen steckten, und mit Feuer hinter ihm her waren, unangesehen er noch nichts bekant hatte, einem andern machten sie ein Sail um den Kopff, und raitelten[5] es mit einem Bengel zusammen, dass ihm das Blut zu Mund, Nas und Ohren herauss sprang. In Summa, es hatte jeder sein eigne invention, die Bauren zupeinigen, und also auch jeder Bauer seine sonderbare Marter: Allein mein Knn war meinem damaligen Bedncken nach der glckligste, weil er mit lachendem Munde bekante, was andere mit Schmertzen und jmmerlicher Weheklage sagen musten, und solche Ehre wiederfuhr ihm ohn Zweiffel darum, weil er der Haussvater war, dan sie satzten ihn zu einem Feur, banden ihn, dass er weder Hnde noch Fsse regen konte, und rieben seine Fusssolen mit angefeuchtem Saltz, welches ihm unsre alte Geiss wieder ablecken, und dadurch also ktzeln muste, dass er vor Lachen htte zerbersten mgen; das kam so artlich, dass ich Gesellschafft halber, oder weil ichs nicht besser verstund, von Hertzen mit lachen muste: In solchem Gelchter bekante er seine Schuldigkeit, und ffnete den verborgenen Schatz, welcher von Gold, Perlen und Cleinodien viel reicher war, als man hinter den Bauren htte suchen mgen. Von den gefangenen Weibern, Mgden und Tchtern weiss ich sonderlich nichts zusagen, weil mich die Krieger nicht zusehen liessen, wie sie mit ihnen umgingen: Das weiss ich noch wol, dass man theils hin und wieder in den Winckeln erbrmlich schreyen hrte, schtze wol, es sey meiner Meuder und unserm Ursele nit besser gangen, als den andern. Mitten in diesem Elend wante ich Braten, und halff Nachmittag die Pferde trncken, durch welches Mittel ich zu unsrer Magd in Stall kam, welche wunderwercklich zerstrobelt[6] ausssahe, ich kante sie nicht, sie aber sprach zu mir mit krncklicher Stimme: O Bub lauff weg, sonst werden dich die Reuter mit nemen, guck dass du davon kommst, du siehst wol, wie es so ubel: mehrers konte sie nicht sagen.
[Notes: 1: Knns = Vaters; Spessart dialect, like Meuder = Mutter below. 2: Krempelmarkt = Trdelmarkt. 3: Steine, i.e. Feuersteine, 'gun-flints.' They were held in by a screw. 4: Massen = wie denn. 5: Raitelten, 'twisted.' 6: Zerstrobelt = zerschlagen.]
LX. BENJAMIN NEUKIRCH
A trenchant satirist and the father of German literary criticism (1665-1729). He was by birth a Silesian and in his early years an admirer of Hofmannswaldau and Lohenstein. Later he turned against them and against the whole tribe of insincere occasional rimesters, who were bringing the poetic art into contempt. His lyric poems are of small account, but his satires are vigorous and illuminative. The text follows Fulda's edition in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 39.
Auf unverstndige Poeten.
Lass doch, Lysander, ab, mit Reimen dich zu plagen Und einer Bettelkunst halb rasend nachzujagen, Die zwar die Phantasei durch ssse Trume rhrt, Dich aber auf den Weg der Hungerwiesen fhrt Und endlich, wo du dich lsst ihre Grillen treiben, 5 Mit Meistersngern wird in eine Rolle schreiben. Die eben ist das Gift, das wie die Missethat Gleich mit der Muttermilch mir ins Geblte trat. Wie glcklich wr' ich doch, wenn mich zu rechter Stunden Ein kluger Arzt davon durch Krutersaft entbunden 10 Und alles, was ich nur von Versen angeblickt, Durch hebend Antimon htt' in die Luft geschickt; So drft' ich nicht wie jetzt in Kummerwinckeln sitzen, Und bei geborgter Lust von langen Sorgen schwitzen, So htt' ich auch vielleicht den Wuchergriff erlernt, 15 Wie man durch Rnke sich von der Vernunft entfernt, Den Trieb der Redlichkeit mit Silberzumen lenket, Den Geist der Gottesfurcht in klugen Schlaf versenket, Ein reiches Lasterweib zu seinem Willen beugt, Durch hflichen Betrug auf Ehrenbnke steigt 20 Und endlich, wenn die Kraft der Jugend uns verlassen, Bei voller Tafel kann von fremdem Gute prassen. So hab' ich manchen Tag und manche Nacht verreimt Und oft ein grosses Lied von Zwergen hergetrumt, Verliebten ihre Lust in Zucker zugemessen, 25 Betrger reich gemacht, mich aber gar vergessen; Und ob mich endlich gleich mit der verjhrten Zeit Ein kurzer Sonnenblick bei Hofe noch erfreut Und Preussens Salomo,[1] den ich mit Recht gepriesen, Mir zu der Ehrenburg den Vorhof angewiesen, 30 Ward doch durch seinen Tod, der alles umgekehrt, Mein Glck und auch zugleich mein ganzer Ruhm verzehrt Nun lacht die Wucherschar bei ihren Judengriffen, Dass ich der Tugend Lob auf Hoffnung hergepfiffen, Die Zungendrescherei den Musen nachgesetzt, 35 Und wahre Weisheit mehr als Geld und Gut geschtzt, Und dass ich, da der Hof zum Laufen mich gezwungen, Nicht noch zu rechter Zeit in Schulenstaub gesprungen, Die matte Drftigkeit in Mntel eingehllt, Mit leerer Wissenschaft die Jugend angefllt, 40 Die Kinder gegen Lohn den Toten[2] vorgetrieben Und wchentlich ein Lied fr Thaler hingeschrieben.
Hiebei verbleibt es nicht. Die schwrmende Vernunft Der von der Hungersucht bethrten Dichterzunft, Die sich durch falsche Kunst auf den Parnass geschlichen, 45 Von der gesetzten Bahn der Alten abgewichen, Mit frecher Hurtigkeit gefllte Bogen schmiert Und alle Messen fast ein totes Werk gebiert, Wird so verwegen schon, dass sie Gesetze stellet, Der Griechen Zrtlichkeit das Todesurteil fllet, 50 Des Maro klugen Witz in Kinderklassen weist, Horazens Dichterbuch verrauchte Grillen heisst, Und alles, was sich nur nach alter Kraft beweget, Auf lsterndem[3] Papier mit Tinte niederschlget. Da nun das Wespenheer von Tag zu Tage wchst, 55 Und jeder Knabe schon nach Narrenwasser lechzt, Was Wunder ist es denn, wenn Ruhm und Ehre stirbet, Die Kunst zu Grabe geht, die Tugend gar verdirbet? ... So viel als Reimer sind, so viel und mancherlei Wirkt in der Poesie nun auch die Phantasei. 60 Ein halb mit Pickelscherz[4] vermengtes Operettchen, Ein stinkender Roman vom rasenden Chrysettchen, Ein geiles Myrtenlied und ein nach dem Adon Des ppigen Marin[5] erbauter Venusthron, Der der Geliebten Schoss bis auf den Grund entdecket 65 Und Bsch' und Brunnen draus und Vogelnester hecket, Ein lgenvolles Lob, das uns ins Angesicht Den lastervollen Ruf der Toten widerspricht, Ein rohes Trauerspiel, in dem die Regeln fehlen, Und so viel Schnitzer fast als Silben sind zu zhlen, 70 Ein Brief,[6] den Adam schon der Eva zugesandt, Da beide dazumal doch keine Schrift gekannt, Ein kreissendes Sonett, das mit dem Tode ringet Und der Gedanken Rad so wie die Reime zwinget, Und ein nach Pbelart gepriesner Buhlerblick 75 Ist oft bei dieser Zeit das grsste Meisterstck. So lang ich meinen Vers nach gleicher Art gewogen, Dem Bilde der Natur die Schminke vorgezogen, Der Reime drren Leib mit Purpur ausgeschmckt Und abgeborgte Kraft den Wrtern angeflickt, 80 So war ich auch ein Mann von hohen Dichtergaben; Allein sobald ich nur der Spure nachgegraben, Auf der man zur Vernunft beschmt zurcke kreucht Und endlich nach und nach nur den Parnass erreicht, So ist es aus mit mir, so kommt von seinem Suschen 85 Ein mit Ebrerwitz gespicktes Philomuschen,[7] Klaubt ihm ein Jugendwort in meinen Schriften aus Und untergrbt damit mein ganzes Ehrenhaus.
Was soll ich rmster thun? Soll ich noch einmal rasen Und durch mein Haberrohr zum Federsturme blasen? 90 Nein, nein, Lysander, nein! Ich will zurcke stehn Und der erlauchten Schar nur aus den Augen gehn, Sonst wirft der Schwindelgeist der klugen Weisianer[8] Mich endlich auf die Bank der reimenden Quintaner Und jagt mich, ob ich gleich halb notenmssig bin, 95 Ins re, mi, fa, sol, la der Hbneristen[9] hin, Die sich doch ohnedem an Odermusen[10] reiben, Sudetenzungen[10] nur zu Mamelucken schreiben Und alles, was durch Kunst der Pleisse[11] nicht geschehn, Fr Eigenliebe kaum mit halben Augen sehn. 100 Zwar weich' ich darum nicht, als ob ich, wenn es brennte,[12] Nicht auch ein Jammerlied im Tanze drechseln knnte, Und ob der Trippeltakt der leichten Reimerei In Dedekindens[13] Schoss allein zu Hause sei. Mir ist ja wohl bekannt, wie man den Schdel seifen 105 Und solche Sptter kann mit Lauge wiedertufen, Wie mancher ohne Bart in Phbus' Auen springt, Und wie ein kollernd Pferd sich auf den Pindus schwingt; Allein ich hab' einmal die Thorheit aufgegeben. Es reime, wer da will; ich will in Friede leben. 110
[Notes: 1: Friedrich I, who died in 1713. 2: Den Toten, i.e. den alten (Schriftstellern) 3: Lsterndem, 'wanton,' 'lubricious.' 4: Pickelscherz (Pickelhringscherz), 'clownish jokes.' 5: The Italian poet Marino, known for his sensuality and affectation, was in high favor with the later Silesians. 6: Brief, in allusion to the sensual Heldenbriefe of Hofmannswaldau. 7: Philomuschen, 'poetaster' (lover of the Muses). 8: Weisianer, partisans of the dull and trivial schoolmaster-poet, Christian Weise. 9: Hbneristen, mechanical rimesters; Hbner was the author of a dictionary of rimes. 10: Odermusen; 'muses of the Oder' and 'tongues of the Sudeti' are both names for the later Silesian poets. 11: Kunst der Pleisse, Leipzig's art. 12: Wenn es brennte = wenn es drauf ankme. 13: Dedekindens; C. C. Dedekind was a facile but vacuous rimester.]
LXI. JOHANN CHRISTIAN GNTHER
A gifted lyric poet whose life was short and full of trouble (1695-1723). In an age of poetic artificiality and pretense his verse is generally simple, sincere, and passionate. His work is mainly a record of suffering, the note of joy being relatively infrequent. He is a forerunner of those modern poets of whom one may say with Goethe's Tasso: Mir gab ein Gott zu sagen, wie ich leide. The text follows Fulda's edition in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 38.
1
Studentenlied.
Brder, lasst uns lustig sein, Weil der Frhling whret Und der Jugend Sonnenschein Unser Laub verklret; Grab und Bahre warten nicht; 5 Wer die Rosen jetzo bricht, Dem ist der Kranz bescheret.
Unsers Lebens schnelle Flucht Leidet keinen Zgel, Und des Schicksals Eifersucht 10 Macht ihr stetig Flgel; Zeit und Jahre fliehn davon, Und vielleichte schnitzt man schon An unsers Grabes Riegel.
Wo sind diese, sagt es mir, 15 Die vor wenig Jahren Eben also, gleich wie wir, Jung und frhlich waren? Ihre Leiber deckt der Sand, Sie sind in ein ander Land 20 Aus dieser Welt gefahren.
Wer nach unsern Vtern forscht, Mag den Kirchhof fragen; Ihr Gebein, so lngst vermorscht, Wird ihm Antwort sagen. 25 Kann uns doch der Himmel bald, Eh die Morgenglocke schallt, In unsre Grber tragen.
Unterdessen seid vergngt, Lasst den Himmel walten, 30 Trinkt, bis euch das Bier besiegt, Nach Manier der Alten. Fort! Mir wssert schon das Maul, Und, ihr andern, seid nicht faul, Die Mode zu erhalten. 35
Dieses Glschen bring' ich dir, Dass die Liebste lebe Und der Nachwelt bald von dir Einen Abriss gebe! Setzt ihr andern gleichfalls an, 40 Und wenn dieses ist gethan, So lebt der edle Rebe.
2
An Leonoren.
Als er sich mit ihr wieder zu vershnen suchte.
Kluge Schnheit, nimm die Busse Eines armen Snders an, Welcher dir mit einem Kusse Gestern Abends weh gethan, Und auf deinen Rosenwangen 5 Einen schnen Raub begangen.
Ich gesteh' es, mein Verbrechen Ist der schrfsten Strafe wert, Und du magst ein Urteil sprechen, Wie dein Wille nur begehrt; 10 Dennoch wrd' ich zu den Fssen Deiner Gnade danken mssen.
Aber weil ihr Himmelskinder Eurem Vater hnlich seid, Welcher auch die grbsten Snder 15 Seines Eifers oft befreit, Ach, so werden meine Zhren Deinen Zorn in Liebe kehren.
Gnne mir nur dieses Glcke, Bald mit dir vershnt zu sein, 20 Bis nach manchem kalten Blicke Deiner Augen Sonnenschein Mir und meiner Hoffnung lache Und mich endlich khner mache.
3
Die verworfene Liebe.
Ich habe genug! Lust, Flammen und Ksse Sind giftig und ssse Und machen nicht klug; Komm, selige Freiheit, und dmpfe den Brand, 5 Der meinem Gemte die Weisheit entwandt.
Was hab' ich gethan! Jetzt seh' ich die Triebe Der thrichten Liebe Vernnftiger an; 10 Ich breche die Fessel, ich lse mein Herz Und hasse mit Vorsatz den zrtlichen Schmerz.
Was qult mich vor Reu'? Was strt mir vor Kummer Den nchtlichen Schlummer? 15 Die Zeit ist vorbei. O kstliches Kleinod, o teurer Verlust! O htt' ich die Falschheit nur eher gewusst!
Geh, Schnheit, und fleuch! Die artigsten Blicke 20 Sind schmerzliche Stricke. Ich merke den Streich, Es lodern die Briefe, der Ring bricht entzwei Und zeigt meiner Schnen: Nun leb' ich recht frei.
Nun leb' ich recht frei 25 Und schwre von Herzen, Dass Kssen und Scherzen Ein Narrenspiel sei; Denn wer sich verliebet, der ist wohl nicht klug; Geh, falsche Sirene, ich habe genug! 30
4
An Leonoren.
Als er sie einer bestndigen Liebe versicherte.
Treuer Sinn, Wirf den falschen Kummer hin. Lass den Zweifel der Gedanken Nicht mit meiner Liebe zanken, Da ich lngst dein Opfer bin. 5
Glck und Zeit Hasset die Bestndigkeit; Doch das Feuer, so ich fhle, Hat die Ewigkeit zum Ziele Und verblendet selbst den Neid. 10
Meine Glut Leidet keinen Wankelmut; Eher soll die Sonn' erfrieren, Als die Falschheit mich verfhren, Eher lscht mein eigen Blut. 15
Grab und Stein Adeln selbst mein Redlichsein. Bricht mir gleich der Tod das Herze, So behlt die Liebeskerze In der Asche doch den Schein. 20
5
An Leonoren.
Gedenk an mich und meine Liebe, Du mit Gewalt entrissnes Kind, Und glaube, dass die reinen Triebe Dir jetzt und allzeit dienstbar sind, Und dass ich ewig auf der Erde 5 Sonst nichts als dich verehren werde.
Gedenk an mich in allem Leiden Und trste dich mit meiner Treu! Die Luft mag jetzt empfindlich schneiden, Die Wetter gehn doch all vorbei, 10 Und nach dem ungeheuren Knallen Wird auch ein fruchtbar Regen fallen.
Gedenk an mich in deinem Glcke, Und wenn es dir nach Wunsche geht, So setze nie den Freund zurcke, 15 Der bloss um dich in Sorgen steht! Auch mir kann bei dem besten Leben Nichts mehr als du Entzckung geben.
Gedenk an mich in deinem Sterben; Der Himmel halte dies noch auf; 20 Doch sollen wir uns nicht erwerben, Und zrnt der Sterne bser Lauf, So soll mir auch das Sterbekissen Die Hinfahrt durch dein Bild versssen.
Gedenk an mich und meine Thrnen, 25 Die dir so oft das Herz gerhrt Und die dich durch mein krftig Sehnen Zum ersten auf die Bahn gefhrt, Wo Kuss und Liebe treuer Herzen Des Lebens Ungemach verschmerzen. 30
Gedenk auch, endlich an die Stunde, Die mir das Herz vor Wehmut brach, Als ich, wie du, mit schwachem Munde Die letzten Abschiedsworte sprach; Gedenk an mich und meine Plagen! 35 Mehr will und kann ich jetzt nicht sagen.
6
An seine Leonore.
Bist du denn noch Leonore, Der so manch verliebter Schwur (Sinne nach, bei welchem Thore!) Unter Kuss und Schmerz entfuhr, Ach, so nimm die stummen Lieder 5 Eben noch mit dieser Hand, Die mir ehmals Herz und Glieder Mit der strksten Reizung band.
Durch dein sehnliches Entbehren Werd' ich vor den Jahren grau, 10 Und der Zufluss meiner Zhren Mehrt schon lange Reif und Tau; Meine Schwachheit, mein Verbleichen Und die Brust, so stndlich lechzt, Wird des Kummers Siegeszeichen, 15 Der aus unsrer Trennung wchst.
Lust und Mut und Geist zum Dichten, Feuer, Jugend, Ruhm und Fleiss Suchen mit Gewalt zu flchten Und verlieren ihren Preis, 20 Weil der Zunder deiner Ksse Meinen Trieb nicht mehr erweckt Und die Fhrung harter Schlsse Ein betrbtes Ziel gesteckt.
Alle Bilder meiner Sinnen 25 Sind mir Ekel und Verdruss, Da sie nichts als Gram gewinnen, Weil ich dich noch suchen muss. Nichts ergetzt mich mehr auf Erden Als das Weinen in der Nacht, 30 Wenn es unter viel Beschwerden Dein Gedchtnis munter macht.
Jedes Blatt von deinen Hnden Ist ein Blatt voll Klag' und Weh, Und ich kann es niemals wenden, 35 Dass kein Stich ans Herze geh'; Die Versichrung leerer Zeilen Giebt den Leibern wenig Kraft, Welche Luft und Ort zerteilen. O bedrngte Leidenschaft! 40
7
Die seufzende Geduld.
Morgen wird es besser werden, Also seufzt mein schwacher Geist, Den die Menge der Beschwerden ber allen Abgrund reisst.
Aber ach, wenn bricht der Morgen 5 Und das Licht der Hoffnung an, Da ich die so langen Sorgen Nach und nach vergessen kann?
Sklaven auf den Ruderbnken Wechseln doch mit Mh' und Ruh', 10 Dies mein unaufhrlich Krnken Lsst mir keinen Schlummer zu.
Niemand klagt mein schweres Leiden, Dies vergrssert Last und Pein. Himmel, lass mich doch verscheiden, 15 Oder gieb mir Sonnenschein!
Will ich mich doch gerne fassen, Wenn mich nur der Trost erquickt, Dass dein ewiges Verlassen Mich nicht in die Grube schickt. 20
LXII. BARTHOLD HEINRICH BROCKES
A writer of rather mediocre gifts who is of some historical importance as the pioneer in a new poetry of nature (1680-1747). He was the first to blend reverent emotion with very minute observation and description. His thesis—as oft reiterated in his many-volumed Earthly Pleasure in God—is that we ought to love nature because it is the wonderful and perfect work of an infinitely wise and good Creator. The selections follow Krschner's Nationalliteratur, Vol. 39.
1
Anmutige Frhlingsvorwrfe.
Ich hre die Vgel, ich sehe die Wlder, Ich fhle das Spielen der khlenden Luft, Ich rieche der Blte balsamischen Duft, Ich schmecke die Frchte. Die fruchtbaren Felder, Die glnzenden Wiesen, das funkelnde Nass 5 Der tauichten Tropfen, das wallende Gras Voll lieblicher Blumen, das sanfte Gezische Der mancherlei lieblich bebltterten Bsche, Das murmelnde Rauschen der rieselnden Flut, Der zitternde Schimmer der silbernen Flche 10 Durch grnende Felder sich schlngender Bche, Der flammenden Sonne belebende Glut, Die alles verherrlichet, wrmet und schmcket, Dies alles ergetzet, erquicket, entzcket Ein Auge, das Gott in Geschpfen ersieht, 15 Ein Ohr, das den Schpfer verstehet und hret, Ein Herze, das Gott in den Wundern verehret, Kein viehisch, nur einzig ein menschlich Gemt.
2
Die Nachtigall und derselben Wettstreit gegen einander.
Im Frhling rhrte mir das Innerste der Seelen Der Bsche Knigin, die holde Nachtigall, Die aus so enger Brust und mit so kleiner Kehlen Die grssten Wlder fllt durch ihren Wunderschall. Derselben Fertigkeit, die Kunst, der Fleiss, die Strke, 5 Verndrung, Stimm' und Ton sind lauter Wunderwerke Der wirkenden Natur, die solchen starken Klang In ein paar Federchen, die kaum zu sehen, senket Und einen das Gehr bezaubernden Gesang In solche dnne Haut und zarten Schnabel schrnket. 10 Ihr Hlschen ist am Ton so unerschpflich reich, Dass sie tief, hoch, gelind und stark auf einmal singet. Die kleine Gurgel lockt und zischt und pfeift zugleich, Dass sie wie Quellen rauscht, wie tausend Glocken klinget. Sie zwitschert, stimmt und schlgt mit solcher Anmut an, 15 Mit solchem nach der Kunst gekruselten Geschwirre, Dass man darob erstaunt und nicht begreifen kann, Ob sie nicht seufzend lach', ob sie nicht lachend girre. Ihr Stimmchen ziehet sich in einer hohlen Lnge Von unten in die Hh', fllt, steigt aufs neu empor, 20 Und schwebt nach Mass und Zeit; bald drngt sich eine Menge Verschiedner Tn' aus ihr als wie ein Strom hervor. Sie dreht und dehnt den Ton, zerreisst und fgt ihn wieder, Singt sanft, singt ungestm, bald klar, bald grob, bald hell. Kein Pfeil verfliegt so rasch, kein Blitz verstreicht so schnell, 25 Die Winde knnen nicht so streng im Strmen wehen, Als ihre schmeichelnde verwunderliche Lieder Mit wirbelndem Gerusch sich ndern, sich verdrehen. Ein fltend Glucken quillt aus ihrer hohlen Brust, Ein murmelnd Pfeifen labt der stillen Hrer Herzen; 30 Doch dies verdoppelt noch und mehrt die frohe Lust, Wenn etwan ihrer zwo zugleich zusammen scherzen. Die singt, wenn jene ruft; wann diese lockt, singt jene Mit solch anmutigem bezaubernden Getne, Dass diese wiederum aus Missgunst, als ergrimmt, 35 In einen andern Ton die schlanke Zunge stimmt. Die andre horcht indes und lauscht voll Unvergngen, Ja fngt zu ihres Feinds und Gegensngers Hohn, Um durch noch knstlichern Gesang ihn zu besiegen, Von neuem wieder an in solchem scharfen Ton, 40 Mit solchem feurigen, empfindlich hellen Klang, Mit solch gewaltigem oft wiederholtem Schlagen, Dass so durchdringenden und heftigen Gesang Das menschliche Gehr kaum mchtig zu ertragen. Wer nun so sssen Ton im frohen Frhling hrt 45 Und nicht des Schpfers Macht voll Brunst und Andacht ehrt, Der Luft Beschaffenheit, das Wunder unsrer Ohren Bewundernd nicht bedenkt, ist nur umsonst geboren Und folglich nicht der Luft, nicht seiner Ohren wert.
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Frhlingsbetrachtungen.
Mich erquicken, Mich entzcken In der holden Frhlingszeit Alle Dinge, die ich sehe, Da ja, wo ich geh' und stehe, 5 Alles voller Lieblichkeit.
Durch der grnen Erde Pracht, Durch die Blumen, durch die Blte Wird durchs Auge mein Gemte Recht bezaubernd angelacht. 10
Die gelinden lauen Lfte Voller balsamreicher Dfte Treibt des holden Zephyrs Spiel Zum Geruch und zum Gefhl.
Auf den glatten Wellen wallen 15 Wie auf glnzenden Krystallen Im bestndig regen Licht Tausend Strahlen, tausend Blitze, Und ergetzen das Gesicht, Sonderlich wenn selbe zwischen 20 Noch nicht dick bewachs'nen Bschen Und durch junge Weiden glimmen. Kleine Lichter, welche schwimmen Auf dem Laub und auf der Flut Bald in weiss-, bald blauer Glut, 25 Treffen mit gefrbtem Scherz Durch die Augen unser Herz.
Seht die leichten Vgel fliegen, Hret, wie sie sich vergngen, Seht, wie die beblmten Hecken 30 Ihr geflochtnes Nest verstecken! Schlpfet dort nach seinem Neste Ein verliebt und emsigs Paar, Hfpet hier durch Laub und ste Eine bunt gefrbte Schar. 35 Seht, wie sie die Kpfchen drehn Und des Frhlings Pracht besehn, Hrt, wie gurgeln sie so schn! Hret, wie sie musicieren!
Lass dich doch ihr Beispiel rhren, 40 Liebster Mensch, lass dem zu Ehren, Der die Welt so schn geschmckt Und durch sie dich fast entzckt, Auch ein frohes Danklied hren!
LXIII. JOHANN CHRISTOPH GOTTSCHED
A Leipzig scholar (1700-1766) who, as professor in the university, author of text-books, editor of journals, and reformer of the local stage, won a great though transitory prestige. He was a stedfast champion of clarity, regularity, and good taste, laid great stress on probability and reasonableness, and held that a strict observance of the three unities was essential in tragedy. His advocacy of French forms and taste led to a sharp controversy with the Swiss school of Bodmer, who looked rather to English models. Gottsched's Cato met with great success on the stage, but now seems cold and mechanical. His critical views can best be studied in the Critische Dichtkunst, from which a selection is given according to the second edition, of 1737.
From the 'Critical Poetics,' Part II, Chapter 10.
11. Wie eine gute tragische Fabel gemacht werden msse, das ist schon im vierten Hauptstcke des ersten Theils einiger maassen gewiesen worden. Der Poet whlet sich einen moralischen Lehrsatz, den er seinen Zuschauern auf eine sinnliche Art einprgen will. Dazu ersinnt er sich eine allgemeine Fabel, daraus die Wahrheit eines Satzes erhellet. Hiernchst sucht er in der Historie solche berhmte Leute, denen etwas hnliches begegnet ist: Und von diesen entlehnet er die Namen, fr die Personen seiner Fabel, um derselben also ein Ansehen zu geben. Er erdenket sodann alle Umstnde dazu, um die Hauptfabel recht wahrscheinlich zu machen, und das werden die Zwischenfabeln, oder Episodia genannt. Dieses theilt er dann in fnf Stcke ein, die ungefehr gleich gross sind, und ordnet sie so, dass natrlicher Weise das letztere aus dem vorhergehenden fliesset: Bekmmert sich aber weiter nicht, ob alles in der Historie so vorgegangen, oder ob alle Nebenpersonen wirklich so und nicht anders geheissen haben. Zum Exempel kann die oberwhnte Tragdie des Sophokles, oder auch mein Cato dienen. Der Poet wollte dort zeigen, dass Gott auch die Laster, so unwissend begangen werden, nicht ungestraft lasse. Hierzu ersinnt er nun eine allgemeine Fabel, die etwa so lautet:
12. Es war einmal ein Prinz, wird es heissen, der sehr viel gute Eigenschaften an sich hatte, aber dabey verwegen, argwhnisch und neugierig war. Dieser hatte einmal, vor dem Antritte seiner Regierung, auf freyem Felde einen Mord begangen; ohne zu wissen, dass er seinen eigenen Vater erschlagen hatte. Durch seinen Verstand bringet er sich in einem fremden Lande in solches Ansehen, dass er zum Knige gemacht wird, und die verwittibte Kniginn heurathet, ohne zu wissen, dass selbige seine eigene Mutter ist. Aber dieses alles geht ihm nicht fr genossen aus. Seine Laster kommen ans Licht, und es treffen ihn alle die Flche, die er selbst auf den Mrder seines Vorfahren im Regimente ausgestossen hatte. Er wird des Reiches entzetzet, und ins Elend getrieben, nachdem er sich selbst aus Verzweifelung der Augen beraubet hatte. Zu dieser allgemeinen Fabel nun findet Sophokles in den alten thebanischen Geschichten den Oedipus geschickt. Er ist ein solcher Prinz, als die Fabel erfordert: Er hat unwissend einen Vatermord und eine Blutschande begangen. Er ist dadurch auf eine Zeitlang glcklich geworden: Allein die Strafe bleibt nicht aus; sondern er muss endlich alle die Wirkungen seiner unerhrten Laster empfinden.
13. Diese Fabel ist nun geschickt, Schrecken und Mitleiden zu erwecken, und also die Gemthsbewegungen der Zuschauer auf eine der Tugend gemsse Weise zu erregen. Man sieht auch, dass der Chor in dieser Tragdie dadurch bewogen wird, recht erbauliche Betrachtungen, ber die Unbestndigkeit des Glckes der Grossen dieser Welt, und ber die Schandbarkeit seiner Laster anzustellen, und zuletzt in dem Beschlusse die Thebaner so anzureden: Ihr Einwohner von Theben, sehet hier den Oedipus, der durch seine Weisheit Rthsel erklren konnte, und an Tapferkeit alles bertraf; ja der seine Hohheit sonst keinem, als seinem Verstande und Heldenmuthe zu danken hatte: Seht, in was fr schreckliche Trbsalen er gerathen ist; und wenn ihr dieses unselige Ende desselben erweget, so lernt doch niemanden fr glcklich halten, bis ihr ihn seine letzte Stunde glcklich habt erreichen gesehen.
14. Eine solche Fabel nun zu erdichten, sie recht wahrscheinlich einzurichten, und wohl auszufhren, das ist das allerschwerste in einer Tragdie. Es hat viele Poeten gegeben, die in allem andern Zubehr des Trauerspiels, in den Charactern, in dem Ausdrucke, in den Affecten u.s.w. glcklich gewesen: Aber in der Fabel ist es sehr wenigen gelungen. Das macht, dass dieselbe eine dreyfache Einheit haben muss, wenn ich so reden darf: Die Einheit der Handlung, der Zeit, und des Ortes. Von allen dreyen mssen wir insonderheit handeln.
15. Die ganze Fabel hat nur eine Hauptabsicht, nemlich einen moralischen Satz: Also muss sie auch nur eine Haupthandlung haben, um derentwegen alles brige vorgehet. Die Nebenhandlungen aber, die zur Ausfhrung der Haupthandlung gehren, knnen gar wohl andre moralische Wahrheiten in sich schliessen: Wie zum Exempel in Oedipus die Erfllung der Orakel, darber Iocasta vorher gespottet hatte, die Lehre giebt: Dass die gttliche Allwissenheit nicht fehlen knne. Alle Stcke sind also tadelhaft und verwerflich, die aus zwoen Handlungen bestehen, davon keine die vornehmste ist. Ich habe dergleichen im Jahr 1717 am Reformationsfeste in einer Schulcomdie vorstellen gesehen, wo der Inhalt der Aeneis Virgilii, und die Reformation Lutheri zugleich vorgestellet wurde. In einem Auftritte war ein Trojaner, in dem andern der Ablasskrmer Tetzel zu sehen. Bald handelte Aeneas von der Stiftung des rmischen Reichs, bald kam Lutherus und reinigte die Kirche. Bald war Dido, bald die babylonische Hure zu sehen u.s.w. Und diese beyde so verschiedene Handlungen hiengen nicht anders zusammen, als durch eine lustige Person, die zwischen solchen Vorstellungen auftrat, und z.E. den auf der See bestrmten Aeneas mit dem in Gefahr schwebenden Kirchenschifflein verglich. Das ist nun ein sehr handgreiflicher Fehler, wo zwey so verschiedene Dinge zugleich gespielet werden. Allein die andern, so etwas unmerklicher sind, verdienen deswegen keine Entschuldigung.
16. Die Einheit der Zeit ist das andre, so in der Tragdie unentbehrlich ist. Die Fabel eines Heldengedichtes kann viele Monate dauren, wie oben gewiesen worden; das macht, sie wird nur gelesen: Aber die Fabel eines Schauspieles, die mit lebendigen Personen in etlichen Stunden lebendig vorgestellet wird, kann nur einen Umlauf der Sonnen, wie Aristoteles spricht, das ist einen Tag, dauren. Denn was hat es fr eine Wahrscheinlichkeit, wenn man in dem ersten Auftritte den Helden in der Wiege, weiter hin als einen Knaben, hernach als einen Jngling, Mann, Greis, und zuletzt gar im Sarge vorstellen wollte: Wie Cervantes solche thrichte Schauspiele an seinen spanischen Poeten im Don Quixote ausgelachet hat. Oder wie ist es wahrscheinlich, dass man es auf der Schaubhne etlichemal Abend werden sieht, und doch selbst, ohne zu essen oder zu trinken, oder zu schlafen, immer auf einer Stelle sitzen bleibt? Die besten Fabeln sind also diejenigen, die nicht mehr Zeit nthig gehabt htten, wirklich zu geschehen, als sie zur Vorstellung brauchen; das ist etwa drey oder vier Stunden: Und so sind die Fabeln der meisten griechischen Tragdien beschaffen. Kmmt es hoch, so bedrfen sie sechs, acht, oder zum hchsten zehn Stunden zu ihrem ganzen Verlaufe: Und hher muss es ein Poet nicht treiben; wenn er nicht wieder die Wahrscheinlichkeit handeln will.
17. Es mssen aber diese Stunden bey Tage, und nicht bey Nacht seyn, weil diese zum Schlafen bestimmet ist: Es wre denn dass die Handlung entweder in der Nacht vorgegangen wre, oder erst nach Mittag anfienge, und sich bis in die spte Nacht verzge; oder umgekehrt frhmorgens angienge, und bis zu Mittage daurete. Der berhmte Cid des Corneille luft in diesem Stcke wieder die Regeln, denn er dauret eine ganze Nacht durch, nebst dem vorigen und folgenden Tage, and braucht wenigstens volle vier und zwanzig Stunden: Welches schon viel zu viel ist, und unertrglich seyn wrde, wenn das Stck nicht sonst viel andre Schnheiten in sich htte, die den Zuschauern fast nicht Zeit liessen, daran zu gedenken. Das ist nun eben die Kunst, die Fabel so ins kurze zu bringen, dass keine lange Zeit dazu gehret; und eben deswegen sind auch bey uns Deutschen die Tragdien vom Wallenstein, von der Banise, ingleichen von der bhmischen Libussa ganz falsch und unrichtig: Weil sie zum Theil etliche Monate, zum Theil aber viele Jahre zu ihrer Dauer erfordern. Meine obrige Schultragdie hub sich von dem Urtheile des Paris ber die drey Gttinnen an, und daurete bis auf des Aeneas Ankunft in Italien. Das war nun eine Zeit, davon die zwey Heldengedichte, Ilias und Aeneis, nicht den zwanzigsten Theil einnehmen, und ich zweifle, ob man die Ungereimtheit hher htte treiben knnen.
18. Zum dritten gehrt zur Tragdie die Einigkeit des Ortes. Die Zuschauer bleiben auf einer Stelle sitzen: Folglich mssen auch die spielenden Personen alle auf einem Platze bleiben, den jene bersehen knnen, ohne ihren Ort zu ndern. So ist im Oedipus, z.E. der Schauplatz auf dem Vorhofe des kniglichen thebanischen Schlosses, darinn Oedipus wohnt. Alles, was in der ganzen Tragdie vorgeht, das geschieht vor diesem Pallaste: Nichts was man wirklich sieht, trgt sich in den Zimmern zu, sondern draussen auf dem Schlossplatze, vor den Augen alles Volks. Heute zu Tage, da unsre Frsten alles in ihren Zimmern verrichten, fllt es also schwerer, solche Fabeln wahrscheinlich zu machen. Daher nehmen denn die Poeten gemeiniglich alte Historien dazu, oder sie stellen uns auch einen grossen Audienzsaal vor, darinn vielerley Personen auftreten knnen. Ja sie helfen sich auch zuweilen mit dem Vorhange, den sie fallen lassen und aufziehen, wenn sie zwey Zimmer zu der Fabel nthig haben. Man kann also leicht denken, wie ungereimt es ist, wenn, nach dem Berichte des Cervantes, die spanischen Trauerspiele den Helden in dem ersten Aufzuge in Europa, in dem andern in Africa, in dem dritten in Asien, und endlich gar in America vorstellen: Oder, wenn meine obgedachte Schulcomdie uns bald in Asien die Stadt Troja, bald die ungestme See, darauf Aeneas schiffet, bald Carthago, bald Italien vorstellete, und uns also durch alle drey Theile der damals bekannten Welt, fhrete, ohne dass wir uns von der Stelle rhren dorften. Es ist also in einer regelmssigen Tragdie nicht erlaubt, den Schauplatz zu ndern. Wo man ist, da muss man bleiben; und daher auch nicht in dem ersten Aufzuge im Walde, in dem andern in der Stadt, in dem dritten im Kriege und in dem vierten in einem Garten, oder gar auf der See seyn; Das sind lauter Fehler wieder die Wahrscheinlichkeit: Eine Fabel aber, die nicht wahrscheinlich ist, taugt nichts, weil dieses ihre vornehmste Eigenschaft ist.
LXIV. JOHANN JAKOB BODMER
A Swiss scholar (1698-1783) who is important as the first notable champion of English literature, and also as the pioneer editor of medieval poetry. In 1721 he began, with a group of Zrich friends, the publication of Discourse der Mahlern, a literary magazine for which the English Spectator served as a model. A defense of Milton, published in 1740, brought on the controversy with Gottsched. In the course of his long life Bodmer wrote vast quantities of didactic verse, also epics and tragedies, which are now forgotten, his theory of poetry having been better than his practice. His fragmentary and uncritical editions of Wolfram's Parzival, the Nibelung Lay, and the Minnesingers (1753-59) are the earliest attempts to arouse interest in the forgotten poetry of the despised Middle Ages. The selection is from the Discourse der Mahlern, following Bchtold and Vetter's reprint in Bibliothek lterer Schriftwerke der deutschen Schweiz, Zrich, 1887.
From 'Discourses of the Painters,' Part I, No. 19; Importance of the Imagination.
Eine Imagination, die sich wol cultiviert hat, ist eines von den Haupt-Stcken, durch welche sich der gute Poet von dem gemeinen Snger unterscheidet, massen die reiche und abndernde Dichtung, die ihr Leben und Wesen eintzig von der Imagination hat, die Poesie von der Prosa hauptschlich unterscheidet. Dass Opitz den Rang vor Menantes[1] pretendieren kan, geben ihm das Recht diese schnen und abwechselnde Bildnissen, die er gemachet hat, und in welchen er die Natur mit denen Farben und in der Gestalt gemahlet hat, die ihr eigen sind. Ich bediene mich mit Fleisse dieser Metaphora, die ich von den Mahlern entlehne, denn die erste und eintzige Regel, welche ein jedweder Schreiber und Redner, es seye in gebundener oder ungebundener Rede, nachzufolgen hat, und welche ihm mit den Mahlern gemein ist, die ist diese, dass er das Natrliche nachspre und copiere; alle diese andere Regeln, dass er anmuthig, delicat, hoch schreibe, sind in dieser eingeschlossen und fliessen daraus ab. Wenn er von einer jeden Sache dasjenige saget, was ein curieuser Sinn davon wahrnimmt, wenn er nichts davon verfliegen lsst, das sie dienet von andern Sachen zuunterscheiden, und wenn er mit solchen angemessenen Worten davon redet, welche mir eben dieselben Ideen davon erwecken, so sage ich dass er natrlich schreibe; wenn er denn von einer anmuthigen Sache natrlich schreibet, so kan ich sagen, dass sein Stylus anmuthig ist; schreibet er von einer Delicatesse natrlich, so wird der Stylus delicat, und er wird hoch, wenn er von einer Sache natrlich redet, welche die Menschen bewundern und gross nennen. Weil nun Opitz natrlicher, und welches nichts anders saget, annehmlicher, delicater und hcher ist, als Menantes, so heisst er mir auch ein besserer Poet als Menantes. Dass aber Opitz natrlicher dichtet als der andere, ist dieses die Ursache, weil er die Imagination mehr poliert und bereichert hat als dieser; Opitz hat, nemlich, nicht allein mehr Sachen durch die eigene Erfahrung und die Lesung in seine Imagination zusammengetragen, sondern er hat noch an denjenigen Sachen, die ihm aufgestossen, und die Hunolden vielleicht auch in die Sinnen gefallen, mehrere Seiten und Differenzien wahrgenommen, er hat sie von einer Situation angeschauet, von welcher sie ihm besser in die Imagination gefallen sind, und er hat sich lnger darber aufgehalten, indem er sie mit einer sorgfltigern Curiositt betrachtet und durchgesuchet hat. Also hat er erstlich eine nhere und vollkommnere Kenntniss der Objecten erworben, und hernach hat er eben darum auch gewissere und vollkommnere Beschreibungen machen knnen, in welchen die wahre Proportion und Eigenschafften der Sachen bemercket, und derselben Seiten ohne Ermangeln abgezehlet worden.
Ihr erkennet aus diesem die Nothwendigkeit, und was es contribuiert natrlich schreiben zu lernen, dass ein Schler der Natur sich wisse ber den aufstossenden Objecten zufixieren, und sie in einer solchen Postur anzuschauen, in welcher ihm kein Theil und keine Seiten derselben kan verborgen bleiben; er muss so nahe zu derselben tretten, und die Augen so wol offen behalten, dass ihm weder die allzuweite Entfernung sie kleiner machet, noch die Nhe mit einem Nebel berziehet. Wenn ich jetz ferner untersuche, warum Opitz die Imagination freyer und ungebundener bewahret, und die Distractionen ausgewichen habe, welche Hunolden die Menge der Objecten und andere Umstnde erwecket haben, so finde ich keine andere Ursache, als weil Opitz von diesen belebten Seelen gewesen, welche weit zrtlichern und hitzigern Affecten unterworffen sind, und viel geschwinder Feuer, oder dass ich ohne Metaphora rede, Liebe fr ein Objectum fangen, als andere unachtsame und dumme Leute; denn es ist im brigen gewiss, dass wir uns um eine Sache, fr die wir passioniert sind, weit mehr interessieren, und weit mehr Curiositet und Fleiss haben, sie anzuschauen, folglich auch die Imagination damit mehr anfllen, als wir bey einem Objecte thun, fr das wir indifferent sind. Ein Amant wird von der Schnheit seiner Buhlschfft eine hnlichere und natrlichere Beschreibung machen, als ein jedweder andrer, dem sie nicht so starck an das Hertze gewachsen ist. Ihr werdet einen Affect allezeit natrlicher ausdrcken, den ihr in dem Hertzen fhlet, als den ihr nur simulieret. Die Leidenschafft wird euch im ersten Fall alle Figuren der Rhetoric auf die Zunge legen, ohne dass ihr sie studieret. Zertheilet und erleset die Harangue einer Frauen, die ihre Magd von Hertzen ausschiltet, ihr werdet es also finden. Wenn auf diese Weise die Imagination von der Passion begleitet wird, alsdann ist sie im Stande sich ohne Distraction ber ein Objecte aufzuhalten, und sich die Natur, Gestalt und Grsse desselben bekandt zumachen; und dieses ist die Manier, die sie brauchet, sich auszuschmcken und zu bereichern.
Erst ein solcher Schreiber der, wie unser Opitz, die Imagination mit Bildern der Sachen bereichert und angefllet hat, kan lebhaft und natrlich dichten. Er kan die Objecte, die er einmal gesehen hat, so offt er will, wieder aus der Imagination holen, sie wird ihn gleichsam auf die Stelle zurck fhren, wo er dieselben antreffen kan. Er seye in sein Cabinet eingeschlossen, und werde von keinen andern Gegenstnden umgeben, als von einem Hauffen Bcher, so wird sie ihm eine hitzige Schlacht, eine Belgerung, einen Sturm, einen Schiffbruch, etc. in derselben Ordnung wieder vormahlen, in welcher sie ihm vormahls vor dem Gesicht gestanden sind. Dieselbe wird alle die Affecte, die ihn schon besessen haben, in ihm wieder rege machen, und ihn davon erhitzen, nicht anderst als wenn er sie wirklich in der Brust fhlte. Es seye, dass er in dem Schatten einer ausgespannten Eiche sitzet, von allen Neigungen der Liebe, des Mitleidens, der Traurigkeit, des Zorns, frey und unbeweget, so bringet ihm doch die Strke seiner Imagination alle die Ideen wieder zurck, die er gehabt hat, als er wircklich verliebt, mitleidend, betrbt, erzrnt gewesen, sie setzet ihn in einen eben so hitzigen Stande, als er damahlen gestanden ware, und ruffet ihm dieselbe Expressionen wieder zurck, welcher er sich zur selben Zeit bedienet. Will er eine Dame glauben machen, dass sie schn seye, und dass er sie liebe; will er einen Todten beweinen, der ihn vielleichte nichts angehet; will er einen erdichteten Zorn ausstossen, so weiss er die Stellungen und die Worte derer Leuten, die in der That mit diesen Passionen angefllet sind, lebendig nachzumachen.
Diese vornehme Poeten, die ich niemals mde werde zuloben, lassen das Hertze reden, man kan sagen, dass Amor ihnen ihre Verse in die Feder geflsset hat, wenn sie von der Liebe, und Mars wenn sie von dem Kriege singen. Sie zwingen uns die Affecte anzunehmen, welche sie wollen, wir lachen, wir werden stoltz, wir frchten uns, wir erschrecken, wir betrben uns, wir weinen, wenn es ihnen gefllt; aber auch die traurigen Affecte, die sie in uns rege machen, werden von einem gewissen Ergetzen begleitet, das damit vermenget ist.
Ich belache diese fantastische Schler der Reim-Kunst, welche sich eine Chimerische Maitresse bey einem frostigen Hertzen, und einer noch klteren Imagination machen, welche von Brand und Feuer mit den kltesten Expressionen reden, in der Metaphora sterben, sich hencken, sich zu tode strtzen, derer passioniertste Complimente, die sie ihrer Liebsten machen, Spiele der Wrtern, und der truckenen Imagination sind, Phebus, Galimathias, etc.
Es bleibet mir brig, euch mit wenigen Worten zuerklren, was es eigentlich seye, das die Poeten figrlich ihren Enthusiasmum, ihre Inspiration, oder auch ihre Poetische Raserey nennen. Diese Worte bedeuten nichts anders, als die hefftige Passion, mit welcher ein Poet fr die Materie seines Gedichtes eingenommen ist, oder die gute Imagination, durch welche er sich selbst ermuntern, und sich eine Sache wieder vorstellen, oder einen Affect annehmen kan, welchen er will. Wenn er also erhitzet ist, so wachsen ihm, so zusagen, die Worte auf der Zungen, er beschreibet nichts als was er siehet, er redet nichts als was er empfindet, er wird von der Passion fortgetrieben, nicht anderst als ein Rasender, der ausser sich selbst ist, und folgen muss, wohin ihn seine Raserey fhret.
[Notes: 1: Menantes, pseudonym of Christian Friedrich Hunold (1680-1721).]
LXV. ALBRECHT HALLER
A Swiss writer (1708-1777) who in his youth won fame as a poet, afterwards much greater fame as a man of science. In 1732, after he had taken his degree in medicine at Leyden, and had visited England and France, he published a small collection of poems entitled Versuch Schweizerischer Gedichten. They are characterized by moral fervor, trenchant thought, and sententious pregnancy of expression—a new combination up to that time. Haller is at his best in The Alps, which, notwithstanding its abundant description, is not so much a landscape poem as a philosophic eulogy of the simple life. The text below follows Bibliothek lterer Schriftwerke der deutschen Schweiz, III. 20.
From 'The Alps': Stanzas 1-14.
Versuchts, ihr Sterbliche, macht euren Zustand besser, Braucht, was die Kunst erfand und die Natur euch gab; Belebt die Blumen-Flur mit steigendem Gewsser, Theilt nach Korinths Gesetz gehaune Felsen ab; Umhngt die Marmor-Wand mit persischen Tapeten, 5 Speist Tunkins Nest[1] aus Gold, trinkt Perlen aus Smaragd, Schlaft ein beim Saitenspiel, erwachet bei Trompeten, Rumt Klippen aus der Bahn, schliesst Lnder ein zur Jagd; Wird schon, was ihr gewnscht, das Schicksal unterschreiben Ihr werdet arm im Glck, im Reichthum elend bleiben! 10
Wann Gold und Ehre sich zu Clios Dienst verbinden, Keimt doch kein Funken Freud in dem verstrten Sinn. Der Dinge Werth ist das, was wir davon empfinden; Vor seiner theuren Last flieht er zum Tode hin. Was hat ein Frst bevor, das einem Schfer fehlet? 15 Der Zepter eckelt ihm, wie dem sein Hirten-Stab. Weh ihm, wann ihn der Geiz, wann ihn die Ehrsucht qulet, Die Schaar, die um ihn wacht, hlt den Verdruss nicht ab. Wann aber seinen Sinn gesetzte Stille wieget, Entschlft der minder sanft, der nicht auf Eidern lieget? 20
Beglckte gldne Zeit, Geschenk der ersten Gte, O, dass der Himmel dich so zeitig weggerckt! Nicht, weil die junge Welt in sttem Frhling blhte, Und nie ein scharfer Nord die Blumen abgepflckt; Nicht, weil freiwillig Korn die falben Felder deckte 25 Und Honig mit der Milch in dicken Strmen lief; Nicht, weil kein khner Lw die schwachen Hrden schreckte, Und ein verirrtes Lamm bei Wolfen sicher schlief; Nein, weil der Mensch zum Glck den berfluss nicht zhlte, Ihm Nothdurft Reichtum war und Gold zum Sorgen fehlte! 30
Ihr Schler der Natur, ihr kennt noch gldne Zeiten! Nicht zwar ein Dichterreich voll fabelhafter Pracht; Wer misst den ussern Glanz scheinbarer[2] Eitelkeiten, Wann Tugend Mh zur Lust und Armuth glcklich macht? Das Schicksal hat euch hier kein Tempe zugesprochen, 35 Die Wolken, die ihr trinkt, sind schwer von Reif und Strahl; Der lange Winter krzt des Frhlings spte Wochen, Und ein verewigt Eis umringt das khle Thal; Doch eurer Sitten Werth hat alles das verbessert, Der Elemente Neid hat euer Glck vergrssert. 40
Wohl dir, vergngtes Volk! o danke dem Geschicke, Das dir der Laster Quell, den berfluss, versagt; Dem, den sein Stand vergngt, dient Armuth selbst zum Glcke, Da Pracht und ppigkeit der Lnder Sttze nagt. Als Rom die Siege noch bei seinen Schlachten zhlte, 45 War Brei der Helden Speis und Holz der Gtter Haus; Als aber ihm das Maass von seinem Reichthum fehlte, Trat bald der schwchste Feind den feigen Stolz in Graus. Du aber hte dich, was grssers zu begehren; So lang die Einfalt daurt, wird auch der Wohlstand whren. 50
Zwar die Natur bedeckt dein hartes Land mit Steinen, Allein dein Pflug geht durch, und deine Saat errinnt[3]; Sie warf die Alpen auf, dich von der Welt zu zunen, Weil sich die Menschen selbst die grssten Plagen sind. Dein Trank ist reine Flut und Milch die reichsten Speisen, 55 Doch Lust und Hunger legt auch Eicheln Wrze zu; Der Berge tiefer Schacht giebt dir nur schwirrend[4] Eisen, Wie sehr wnscht Peru nicht, so arm zu sein als du. Dann, wo die Freiheit herrscht, wird alle Mhe minder, Die Felsen selbst beblmt und Boreas gelinder. 60
Glckseliger Verlust von schadenvollen Gtern! Der Reichthum hat kein Gut, das eurer Armuth gleicht; Die Eintracht wohnt bei euch in friedlichen Gemthern, Weil kein beglnzter Wahn euch Zweitrachtspfel reicht; Die Freude wird hier nicht mit banger Furcht begleitet, 65 Weil man das Leben liebt und doch den Tod nicht hasst; Hier herrschet die Vernunft, von der Natur geleitet, Die, was ihr nthig, sucht und mehrers hlt fr Last. Was Epictet gethan und Seneca geschrieben, Sieht man hier ungelehrt und ungezwungen lieben. 70
Hier herrscht kein Unterschied, den schlauer Stolz erfunden, Der Tugend unterthan und Laster edel macht; Kein mssiger Verdruss verlngert hier die Stunden, Die Arbeit fllt den Tag und Ruh besetzt die Nacht; Hier lsst kein hoher Geist sich von der Ehrsucht blenden, 75 Des morgens Sonne frisst des heutes Freude nie. Die Freiheit theilt dem Volk, aus milden Mutter-Hnden, Mit immer gleichem Maass Vergngen, Ruh und Mh; Kein unzufriedner Sinn zankt sich mit seinem Glcke, Man isst, man schlft, man liebt und danket dem Geschicke 80
Zwar die Gelehrtheit feilscht hier nicht papierne Schtze, Man misst die Strassen nicht zu Rom und zu Athen, Man bindet die Vernunft an keine Schulgesetze, Und niemand lehrt die Sonn in ihren Kreisen gehn. O Witz! des Weisen Tand, wann hast du ihn vergnget? 85 Er kennt den Bau der Welt und stirbt sich unbekannt; Die Wollust wird bei ihm vergllt und nicht besieget, Sein knstlicher Geschmack beeckelt seinen Stand; Und hier hat die Natur die Lehre, recht zu leben, Dem Menschen in das Herz und nicht ins Hirn gegeben. 90
Hier macht kein wechselnd Glck die Zeiten unterschieden, Die Thrnen folgen nicht auf kurze Freudigkeit; Das Leben rinnt dahin, in ungestrtem Frieden, Heut ist wie gestern war und morgen wird wie heut. Kein ungewohnter Fall bezeichnet hier die Tage, 95 Kein Unstern malt sie schwarz, kein schwlstig Glcke roth. Der Jahre Lust und Mh ruhn stets auf gleicher Waage, Des Lebens Staffeln sind nichts als Geburt und Tod. Nur hat die Frhlichkeit bisweilen wenig Stunden Dem unverdrossnen Volk nicht ohne Mh entwunden. 100
Wann durch die schwle Luft gedmpfte Winde streichen, Und ein begeistert Blut in jungen Adern glht, So sammlet sich ein Dorf im Schatten breiter Eichen, Wo Kunst und Anmuth sich um Lieb und Lob bemht. Hier ringt ein khnes Paar, vermhlt den Ernst dem Spiele 105 Umwindet Leib um Leib und schlinget Huft um Huft. Dort fliegt ein schwerer Stein nach dem gesteckten Ziele, Von starker Hand beseelt, durch die zertrennte Luft. Den aber fhrt die Lust, was edlers zu beginnen, Zu einer muntern Schaar von jungen Schferinnen. 110
Dort eilt ein schnelles Blei in das entfernte Weisse, Das blitzt und Luft und Ziel im gleichen Jetzt durchbohrt; Hier rollt ein runder Ball in dem bestimmten Gleisse Nach dem erwhlten Zweck mit langen Stzen fort. Dort tanzt ein bunter Ring mit umgeschlungnen Hnden 115 In dem zertretnen Gras bei einer Dorf-Schallmei, Und lehrt sie nicht die Kunst, sich nach dem Tacte wenden, So legt die Frhlichkeit doch ihnen Flgel bei. Das graue Alter dort sitzt hin in langen Reihen, Sich an der Kinder Lust noch einmal zu erfreuen. 120
Denn hier, wo die Natur allein Gesetze giebet, Umschliesst kein harter Zwang der Liebe holdes Reich. Was liebenswrdig ist, wird ohne Scheu geliebet, Verdienst macht alles werth und Liebe macht es gleich. Die Anmuth wird hier auch in Armen schn gefunden, 125 Man wiegt die Gunst hier nicht fr schwere Kisten hin, Die Ehrsucht theilet nie, was Werth und Huld verbunden, Die Staatssucht macht sich nicht zur Unglcks-Kupplerin: Die Liebe brennt hier frei und scheut kein Donnerwetter, Man liebet fr sich selbst und nicht fr seine Vter. 130
So bald ein junger Hirt die sanfte Glut empfunden, Die leicht ein schmachtend Aug in muntern Geistern schrt, So wird des Schfers Mund von keiner Furcht gebunden, Ein ungeheuchelt Wort bekennet, was ihn rhrt; Sie hrt ihn und, verdient sein Brand ihr Herz zum Lohne, 135 So sagt sie, was sie fhlt, und thut, wornach sie strebt; Dann zarte Regung dient den Schnen nicht zum Hohne, Die aus der Anmuth fliesst und durch die Tugend lebt. Verzge falscher Zucht, der wahren Keuschheit Affen, Der Hochmuth hat euch nur zu unsser Qual geschaffen! 140
[Notes: 1: Tunkins Nest, the edible birds'-nests of Tonkin, as a type of imported luxury. 2: Scheinbarer = glnzender. 3: Errinnt = geht auf. 4: Schwirrend = klirrend, 'clanking,' or possibly with reference to the 'whizzing' of iron missiles.]
LXVI. EWALD VON KLEIST
A Prussian soldier-poet (1715-1759) who fell at the battle of Kunersdorf. His temperament and the circumstances of his early life disposed him to melancholy; so that he readily came under the spell of Haller, Thomson, and the other poets who extolled nature and the simple life as a refuge from the badness of civilization. His best known production is the fragment called Spring (1749), in which fine passages of personal feeling are interwoven with detailed descriptions that are sometimes a little tedious. The text follows Muncker's edition in Krschner's Nationalliteratur, Vol. 45.
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Das Landleben.
O Freund,[1] wie selig ist der Mann zu preisen, Dem kein Getmmel, dem kein schwirrend Eisen, Kein Schiff, das Beute, Mast und Bahn verlieret, Den Schlaf entfhret!
Der nicht die Ruhe darf in Berge senken, 5 Der fern von Purpur, fern von Wechselbnken, In eignen Schatten, durch den West gekhlet, Sein Leben fhlet.
Er lacht der Schlsser, von Geschtz bewachet, Verhhnt den Kummer, der an Hfen lachet, 10 Verhhnt des Geizes in verschlossnen Mauren Trichtes Trauren.
Sobald Aurora, wenn der Himmel grauet, Dem Meer entsteigend, lieblich abwrts schauet, Flieht er sein Lager, ohn' verzrtelt Schmcken, 15 Mit gleichen Blicken.
Er lobt den Schpfer, hrt ihm Lerchen singen, Die durch die Lfte sich dem Aug entschwingen, Hrt ihm vom Zephyr, lispelnd auf den Hhen, Ein Loblied wehen. 20
Er schaut auf Rosen Tau wie Demant blitzen; Schaut ber Wolken von der Berge Spitzen, Wie schn die Ebne, die sich blau verlieret, Flora gezieret.
Bald zeigt sich fliehend auf des Meeres Rcken 25 Ein Schiff von weitem den nachfliehnden Blicken, Das sie erst lange gleichsam an sich bindet Und dann verschwindet.
Bald sieht er abwrts, voller Glanz und Prangen, Noch einen Himmel in den Fluten hangen, 30 Noch eine Sonne Amphitritens Grenzen Grundaus durchglnzen.
Er geht in Wlder, wo an Schilf und Struchen Im krummen Ufer Silberbche schleichen, Wo Blten duften, wo der Nachtigallen 35 Lustlieder schallen.
Jetzt propft er Bume, leitet Wassergrben, Schaut Bienen schwrmen, fhrt an Wnden Reben; Jetzt trnkt er Pflanzen, zieht von Rosenstcken Schattende Hecken. 40
Eilt dann zur Htten, (da kein Laster thronet, Die Ruh' und Wollust unsichtbar bewohnet,) Weil seine Doris, die nur Liebreiz schminket, Ihm freundlich winket.
Kein Knecht der Krankheit mischt fr ihn Gerichte; 45 Unschuld und Freude wrzt ihm Milch und Frchte. Kein bang Gewissen zeigt ihm Schwert und Strafe Im sssen Schlafe.
Freund, lass uns Golddurst, Stolz und Schlsser hassen, Und Kleinigkeiten Frsten berlassen! 50 Mein Lange[2] ruft uns, komm zum Sitz der Freuden In seine Weiden!
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From 'Spring': Lines 31-97
Ihr, deren zweifelhaft Leben gleich trben Tagen des Winters Ohn' Licht und Freude verfliesst, die ihr in Hhlen des Elends Die finstern Stunden verzeufzt, betrachtet die Jugend des Jahres! Dreht jetzt die Augen umher, lasst tausend farbichte Scenen Die schwarzen Bilder verfrben! Es mag die niedrige Ruhmsucht, 35 Die schwache Rachgier, der Geiz und seufzender Blutdurst sich hrmen; Ihr seid zur Freude geschaffen, der Schmerz schimpft Tugend und Unschuld. Saugt Lust und Anmut in euch! Schaut her, sie gleitet im Luftkreis Und grnt und rieselt im Thal. Und ihr, ihr Bilder des Frhlings, Ihr blhenden Schnen, flieht jetzt den atemraubenden Aushauch 40 Von gldnen Kerkern der Stdte! Kommt, kommt in winkende Felder! Kommt, berlasset dem Zephyr die kleinen Wellen der Locken, Seht euch in Seen und Bchen, gleich jungen Blumen des Ufers! Pflckt Morgentulpen voll Tau, und ziert den wallenden Busen! Hier, wo das hohe Gebirge, bekleidet mit Struchen und Tannen, 45 Zur Hlfte den blulichen Strom, sich drber neigend, beschattet, Will ich ins Grne mich setzen auf seinen Gipfel und um mich Thal und Gefilde beschauen. O, welch ein frohes Gewhle Belebt das streifichte Land! Wie lieblich lchelt die Anmut Aus Wald und Bschen hervor! Ein Zaun von blhenden Dornen 50 Umschliesst und rtet ringsum die sich verlierende Weite, Vom niedrigen Himmel gedrckt. Von bunten Mohnblumen laufen, Mit grnem Weizen versetzt, sich schmlernde Beete ins Ferne, Durchkreuzt von blhendem Flachs. Feldrosen-Hecken und Schlehstrauch, In Blten gleichsam gehllt, umkrnzen die Spiegel der Teiche 55 Und sehn sich drinnen. Zur Seite blitzt aus dem grnlichen Meere Ein Meer voll gldner Strahlen durch Phbus' glnzenden Anblick. Es schimmert sein gelbes Gestade von Muscheln und farbichten Steinen, Und Lieb' und Freude durchtaumelt in kleiner Fische Geschwadern Und in den Riesen des Wassers die unabsehliche Flche. 60 Auf fernen Wiesen am See stehn majesttische Rosse; Sie werfen den Nacken empor und fliehn und wiehern vor Wollust, Dass Hain und Felsen erschallt. Gefleckte Khe durchwaten, Gefhrt vom ernsthaften Stier, des Meierhofs bschichte Smpfe, Der finstre Linden durchsieht. Ein Gang von Espen und Ulmen 65 Fhrt zu ihm, welchen ein Bach durchblinkt, in Binsen sich windend, Von Reihern und Schwnen bewohnt. Gebirge, die Brste der Reben, Stehn frhlich um ihn herum; sie ragen ber den Buchwald, Des Hgels Krone, davon ein Teil im Sonnenschein lchelt Und glnzt, der andere trau'rt im Flor vom Schatten der Wolken. 70 Die Lerche steigt in die Luft, sieht unter sich Klippen und Thler; Entzckung tnet aus ihr. Der Klang des wirbelnden Liedes Ergetzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; dann lehnt er Sich auf den gleitenden Pflug, zieht braune Felsen ins Erdreich. Der Smann schreitet gemessen, giesst gleichsam trockenen Regen 75 Von Samen hinter ihm her. —O, dass der mhsame Landwirt Fr sich den Segen nur streute! Dass ihn die Weinstcke trnkten Und in den Wiesen fr ihn nur bunte Wogen sich wltzten! Allein der frssige Krieg, vom zhnebleckenden Hunger Und wilden Scharen begleitet, verheert oft Arbeit und Hoffnung. 80 Er strmet rasend einher, zertritt die nhrenden Halmen, Reisst Stab und Reben zu Boden, entzndet Drfer und Wlder Fr sich zum flammenden Lustspiel. Wie wenn der Rachen des tna Mit ngstlich-wildem Geschrei, dass Meer und Klippen es hren, Die Gegend um sich herum, vom untern Donner zerrttet, 85 Mit Schrecken und Tod berspeit und einer flammenden Sndflut.
Ihr, denen zwanglose Vlker das Steuer der Herrschaft vertrauen, Fhrt ihr durch Flammen und Blut sie zur Glckseligkeit Hafen? Was wnscht ihr, Vter der Menschen, noch mehrere Kinder? Ist's wenig, Viel Millionen beglcken? Erfordert's wenige Mhe? 90 O mehrt derjenigen Heil, die eure Fittiche suchen. Deckt sie gleich brtenden Adlern, verwandelt die Schwerter in Sicheln, Lasst gldne Wogen im Meer, frs Land, durch Schiffahrt sich trmen, Erhebt die Weisheit im Kittel und trocknet die Zhren der Tugend! Wohin verfhrt mich der Schmerz? Weicht, weicht, ihr traurigen Bilder! 95 Komm, Muse, lass uns die Wohnung und husliche Wirtschaft des Landmanns Und Viehsucht und Grte betrachten! |
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