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From the 'Prodigal Son' by Burkard Waldis.[29]
VORLORN SZOHN
Ick seh vp erden hir keyn trost, Dar mit ick werden mocht erlst. Wor ick my kere edder[30] wende, Dar ys kummer an allen endenn. Vele dagelner myn vader hefft, 5 Der keyn ynn solcken kummer lefft[31]: Sze hebbent all tho male[32] guedt Vnd hebben brodes ouerfloedt. Auers[33] ick mach hir keyn trost erweruenn,[34] Ick moeth[35] von grotem hunger steruenn. 10 Ick will my schicken ynn de sakenn Vnd will my all thohand vpmakenn, Inn dsser moyge[36] nicht lengher staenn. Will hen tho mynen vader gaenn Vnd spreken, vader, ick sy de mann, 15 De dar hefft alsso uel[37] gedaenn, Gesundiget ynn hemmel vnd vor dy, Dat laeth[38] du nicht entgelden my. Dat ick geheten was dyn Szohn, Des will ick my nu gantz entslaen[39]; 20 Ick bin des namens yo nicht werdt, Dat ick dyn szohn geheyten werde; Sunder nym my ynn dyne gemeyn,[40] Make my als dyner dachlner eynn. Darumm blyue[41] ick nicht lenger hir. 25
VADER
Dat ys myn Szohn, den ick dar seh. Ick meynde, he hadde doet[42] gewessenn: Nu seh ick woll, he ys genessenn Vnd leuet noch tho dsser stundt; Idt[43] bewegt sick myns herten grundt. 30 My yamert syn elende groet,[44] Ick seh, he ys ynn groter noeth; Ick kanss my werlich nicht entslaenn, Ick moeth ohm[45] vorwar entegen gaenn.
(Hir gengk de vader entegen demm vorlornn Szohn.)
Myn leue szoen, wes[46] my willkomenn! 35 Ick hebbe dyne grote noedt vornommenn. Vorwar, ick moet my dyner vorbarmenn.[47] Kumm her, myn szohn, yn myne armenn, Lech dynen mundt ann myne wanghenn, Du schalst van my alle gnade erlangenn, 40 Vortruwe my dat vth[48] hertzen grunde.
(VORLORN SZOHN veel nedder vor den Vader sprekende):
Ick seh wol, ick hebbe gnade fundenn. Ach vader myn, vnd ick bin dey, De dy hefft willen volgen n,[49] All tydt[50] dyn geboden wedderstreuet 45 Vnd n nha[51] dynen willen geleuet. Ick hebbe gesundiget ynn ouermoedt, Inn hemmel vnd vor dy, vader guedt. De nahm my nicht mehr euen[52] kumpt, Dat ick mach werden dyn szohn genmbt.[53] 50 Du haddest ydt my tho voren[54] gesecht,[55] Ehr wenn[56] ick van dy toch hen wech,[57] Vnd hefft my gewarndt vor mynen schaden, Ick wolde my ouers nicht laten raden. Solcken kummer hefft keyn mynsch gesehn, 55 De my alleyne ys geschehn. Darumm, dat ick nicht, wo ick denn scholde, Dyns guden rades volgen wolde, Inn dyner straff[58] nicht wolde leuenn, Darumm hefft my leydt vnd mg[59] vmmgeuen. 60 Vor myne sunde vnd myssethat Is ouer my gegan alle quaedt.[60] Myn sunde bekenne ick all vor dy, Bidde dy, vader, wes gnedich my; Ick hebbe gesundiget, ydt rowet[61] my szehr. 65
[Notes: 29: Waldis was a Hessian, born about 1495, wno went to Riga in his youth, and there worked and suffered in the cause of the new Lutheranism. The Prodigal Son preaches the Lutheran doctrine of justification by faith. The selection is from the beginning of Act II, where the Prodigal, having lived some time with thieves and harlots, decides to return to his father. 30: Edder = oder. 31: Lefft = lebt. 32: All tho male = allzumal, 'constantly.' 33: Auers = aber. 34: Erweruenn = erwerben, gewinnen. 35: Moeth = muss. 36: Moyge = Mhe. 37: uel = bel. 38: Laeth = lass. 39: Entslaen = entschlagen; with reflexive object 'to leave out of account.' 40: Gemeyn: here = 'household.' 41: Blyue = bleibe. 42: Doet = tot. 43: Idt = es. 44: Elende groet = Elend gross. 45: Ohm = ihm. 46: Wes = sei. 47: Vorbarmenn = erbarmen. 48: Vth = aus. 49: N = nie. 50: Tydt = Zeit. 51: Nha = nach. 52: Euen = eben; with kumpt = 'befits.' 53: Genmbt = genannt. 54: Tho voren = zuvor. 55: Gesecht = gesagt. 56: Ehr wenn = frher als, bevor. 57: Toch hen wech = zog hin weg = hinwegzog. 58: Straff, 'discipline.' 59: Mg = Mhe. 60: Quaedt = bse, schlecht. 61: Rowet = reuet.]
3
From Rebhun's 'Susanna,' Act III, Sc. 4: Having been menaced with death by the wanton judges, Susanna tells her father, mother, and sister of the infamous plot.[62]
HELCHIAS
Frid mit dir!
ELISABET
O, liebste tochter mein!
REBECCA
O Susann, du traute schwester mein!
ELISABET
Hilf uns, lieber Got, in ewigkeit! Wie kumts ewig,[63] das in slches leid Du, mein liebste tochter, kummen sollt, 5 Welches ich lang der meid[64] nicht glauben wollt? Solstu nu zur zeit deinr hchsten ern Fr ein slche erst gehalten werden, Die du hast von jugnt dein lebn gefrt Keusch, wie einer frummen fraun gebrt? 10 Ach, das dir sol gschehen slche gwalt! Got wll sehen an[65] dein unschuld bald.
SUSANNA
Sei dann, das mir Got, mein herr, helf draus, Ist es auch mit meinem leben aus; Dann sie mir den tot gedrohet han, 15 Weil ich nicht nach irem willn hab tan.
HELCHIAS
Liebe tochter, hr itz auf vom klagn; Dann wir wollen Got dein not frtragen, Der on zweifel dir wirt helfen aus, Machen sie gleich was sie wln daraus. 20 Wollst uns selber recht erzeln die sach, Wie du kumst zu diesem ungemach.
SUSANNA
Da die sonn heut warm zu scheinn anfieng, Nach gewonheit ich in[66] garten gieng, Wolt beim brunn mich badn ein kleine weil, 25 Drumb ich sant die meid von mir in eil, Liess den garten fest beschliessen zu, Meint, ich wer nu da mit guter ru.[67] Da erhubn sich pltzlich zu mir her Dise richter, des erschrak ich ser. 30 Bald sie mir ir unart muten an, Lagn mir auch mit bitten heftig an, Teten mir dazu verheissung vil, Das ich mich ergeb zu irem will; Da sie aber nichts mit gt von mir 35 Kunten habn, da namens frevel fr[68] Und bedroten mich mit irer gwalt, Sagten, was fr gfar mir folgen solt, Wie sie mir mein er[69] und auch das lebn Nemen woltn, so ich nicht ergebn 40 Wrde mich zu irem willn so bald; Da ich aber in nicht ghorchen wolt, Wurden sie von stund vol zorn und grim, Ruften meinem gsind[70] mit lauter stimm, Sagten, wie ich die und dise wer, 45 Also kum ich leider in die gfer.
SAMRI[71]
Hab ich nicht die sach erraten fein, Das die richter selber bswicht sein?
GORGIAS
Das sie potz[72]! wer het sich des vertraut, Das slchs stecken sol in alter haut? 50
HELCHIAS
Helf dir Got, du liebe tochter mein, Welchem wol ist kund die unschuld dein.
SUSANNA
Wenn doch nur mein her[73] vorhanden wer, Oder wste disen jamer schwer!
ELISABET
Schweig, villeicht wirt er nu kumen schier.[74] 55
REBECCA
Liebe schwester, Got wll helfen dir.
CHORUS TERTIUS
David, der prophetisch man, Zeigt an, Durch Gottes geist geleret: Wer sich fest auf Got erbaut 60 Und traut, Der wirt nicht umbgekeret; Wie Sion steht er unbewegt, Wird nicht geregt Von starken winden 65 Des fleischs, des teufels und der welt, Gegn in sich stellt,[75] Sich nicht mit snden Von in lsst berwinden. Sein haus, auf eim felsen hart 70 Verwart, Ist gwaltig unterfasset; Wasser, wind kans nicht bewegn, Noch regn, On schad sichs alls abstosset. 75 Got frchten ist sein burg und schloss; Kein teufels gschoss Kan das zersprengen; Gots wort sein waffen ist und schwert, Damit er wert,[76] 80 Lsst sich nicht drengen, Zu snd und abfal brengen. Aber wer den hern veracht, Nicht tracht Auf seine wort und wege, 85 Den tut wie ein ror im teich Gar leicht Ein kleiner wind bewegen. Sein haus gebaut ist auf den sand, Hat kein bestand, 90 Kan sich nicht halten; Wenn in ein kleine snd anficht Und nur besticht,[77] Wird er zerspalten[78] Und lsst die bosheit walten. 95
[Notes: 62: Paul Rebhun, who died in 1546, was a Lutheran schoolmaster and pastor. In his Susanna he essayed a more regular and varied versification than that of the ordinary Knittelvers. The apocryphal story of Susanna was in high favor with the Protestant playwrights on account of its vindication of a chaste wife. 63: Ewig = immer. 64: Meid; the housemaid who had brought the news to Susanna's mother. 65: Sehen an, 'look on,' 'bring to light.' 66: In = in den. 67: Guter ru, 'security'; 'I thought I should be safe there.' 68: Namens ... fr, 'they resorted to crime.' 69: Er = Ehre. 70: Gsind = Gesinde, 'servants.' 71: Samri and Gorgias are Hausknechte of Susanna's husband. 72: Potz, a euphemism for Gott in oaths: dass Gott sie (verdamme). 73: Her; her husband, Joachim, is away on business. 74: Schier = bald. 75: Gegn ... stellt = stellt sich ihnen entgegen. 76: Wert = sich verteidigt. 77: Besticht = verfhrt. 78: Wird er zerspalten = kommt er in Zwiespalt mit sich selbst (Tittmann).]
XLIV. HANS SACHS
1494-1576. Sachs is the most winsome and versatile German poet of the 16th century. He lived at Nrnberg, practising the trade of the shoemaker and the art of the mastersinger, and writing an immense number of poetic productions. His total of verses has been estimated at half a million. For the reader of to-day he is most enjoyable in his Schwnke, or humorous tales, and his Fastnachtspiele, or shrovetide plays. The text of the first selection follows Keller's reprint in the Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, Vol. 106, page 109; that of the second, Goetze's reprint in Braune's Neudrucke, No. 40.
1
Sanct Peter mit der Gais.
Weil noch auf Erden ging Christus Unnd auch mit im wandert Petrus, Eins tags auss eym dorff mit im gieng, Bey einer wegscheid Petrus anfieng: O herre Got und maister mein, 5 Mich wundert sehr der gte dein, Weil du doch Gott allmechtig bist, Lest es doch gehn zu aller frist In aller weit, gleich wie es geht, Wie Habacuck sagt, der prophet: 10 Frevel und gewalt geht fr recht; Der gotloss uberforthailt schlecht Mit schalckeit den ghrechten und frummen, Auch knn kein recht[1] zu end mehr kummen. Die lehr gehn durcheinander sehr, 15 Eben gleich wie die fisch im meer, Da immer eyner den ndern verschlind,[2] Der bss den guten uberwind. Des steht es ubel an allen enden, Inn obern und in niedern stenden 20 Des[3] siehst du zu und schweygest still, Samb[4] kmmer dich die sach nit viel Und geh dich eben glat[5] nichts an. Knst doch als ubel undterstan,[6] Nembst recht int[7] hand die herrschafft dein. 25 O solt ich ein jar herrgott sein Und solt den gwalt haben, wie du, Ich wolt anderst schawen darzu, Frn viel ein besser regiment Auff erdterich[8] durch alle stend. 30 Ich wolt stewern mit meiner hand Wucher, betrug, krieg, raub und brand. Ich wolt anrichten ein rhigs leben. Der Herr sprach: Petre, sag mir eben! Mainst, du woltst ye baser[9] regieren, 35 All ding auff erd bass ordinieren, Die frummen schtzen, die bsen plagen? Sanct Peter thet hinwider sagen: Ja, es mst in der welt bass[9] stehn, Nit also durch einander gehn. 40 Ich wolt viel besser ordnung halten. Der Herr sprach: Nun, so must verwalten, Petre, die hohe herrschafft mein. Heut den tag solt du herrgott sein. Schaff und gepeut als, was du wilt! 45 Sey hart, streng, gtig oder milt! Gieb auss den fluch oder den segen! Gieb schn wetter, wind oder regen! Du magst straffen, oder belonen, Plagen, schtzen oder verschonen. 50 Inn summa, mein ganz regiment Sey heut den tag in deiner hend! Darmit reichet der Herr sein stab Petro, den inn sein hende gab. Petrus war dess gar wolgemut, 55 Daucht sich[10] der herrligkeyt sehr gut. Inn dem kam her ein armes weib, Gantz drr, mager und blaich von leib, Parfuss inn eym zerrissen klaid. Die trieb ir gaiss hin auff die waid. 60 Da sie mit auf die wegschaid kam, Sprach sie: Geh hin in Gottes nam! Got bht und bschtz dich immerdar, Das dir kein ubel widerfar Von wolffen oder ungewitter, 65 Wann ich kan warlich ye nicht mit dir! Ich muss gehn arbeyten[11] das taglon. Heint[12] ich sunst nichts zu essen hon Dahaym mit meinen kleynen kinden. Nun geh hin, wo du weyd thust finden! 70 Gott der bht dich mit seiner hend! Mit dem die fraw widerumb wend Ins dorff; so ging die gaiss ir strass. Der Herr zu Petro sagen was[13]: Petre, hast das gebett der armen 75 Gehrt? du must dich ir erbarmen. Weil du den tag bist herrgott du, So stehet dir auch billig zu, Das du die gaiss nembst in dein hut, Wie sie von hertzen bitten thut, 80 Und beht sie den ganzen tag, Das sie sich nit verirr im hag,[14] Nit fall noch mg gestolen wern, Noch sie zerreissen wolff noch bern, Das auff den abend widerumb 85 Die gaiss unbeschedigt haym kumb Der armen frawen in ir hauss! Geh hin und richt die sach wol auss! Petrus namb nach des herren wort Die gaiss in sein hut an dem ort 90 Und trieb sie an die waid hindan. Sich fing sanct Peters unrhu an. Die gaiss war mutig, jung und frech, Und bliebe gar nit in der nech,[15] Loff auff der wayde hin und wider, 95 Stieg ein berg auff, den andern nieder Und schloff[16] hin und her durch die stauden. Petrus mit echtzen,[17] blassn und schnauden Must immer nachdrollen[18] der gaiss, Und sehin die sunn gar uberhaiss. 100 Der schwaiss ber sein leib abran. Mit unruh verzert der alte man Den tag biss auff den abend spat, Machtloss, hellig,[19] gantz md und mat Die gaiss widerumb haym hin bracht. 105 Der Herr sach Petrum an und lacht. Sprach: Petre, wilt mein regiment Noch lenger bhalten in deiner hend? Petrus sprach: Lieber herre, nein, Nemb wider hin den stabe dein 110 Und dein gwalt! ich beger mit nichten Fort hin dein ampt mehr ausszurichten. Ich merck, das mein weissheit kaum dcht,[20] Das ich ein gaiss regieren mcht Mit grosser angst, mh und arbeyt. 115 O Herr, vergieb mir mein thorheit! Ich will fort der regierung dein, Weil ich leb, nit mehr reden ein. Der Herr sprach: Petre, das selb thu! So lebst du fort mit stiller rhu. 120 Und vertraw mir in meine hend Das allmechtige regiment!
[Notes: 1: Recht, 'lawsuit.' 2: Verschlind = verschlingt. 3: Des, for dem (allen). 4: Samb = als ob. 5: Glat = gar. 6: Als ... undterstan = alles bel unterdrcken. 7: Int = in die. 8: Erdterich = Erdreich. 9: Baser, bass = besser. 10: Daucht sich (with gen.), 'was proud of,' 'elated over.' 11: Arbeyten = erarbeiten, 'earn.' 12: Heint = heute nacht. 13: Sagen was = sagend was, 'was saying', 'said.' 14: Hag = Busch, Gehlz. 15: Nech = Nhe. 16: Schloff, 'strayed' (from schliefen = schlpfen). 17: Echtzen = chzen. 18: Nachdrollen = nachtrollen. 19: Hellig = mde. 20: Dcht = taugt.]
2
Das heiss Eysen: Ein Fassnachtspil[21] mit 3 Person.
Die FRAW tritt einn vnd spricht:
Mein Man hab ich gehabt vier jar, Der mir von erst viel lieber war. Dieselb mein Lieb ist gar erloschen Vnd hat im hertzen mir aussdroschen.[22] West geren,[23] wes die schulde wer. 5 Dort geht mein alte Gfatter her, Die ist sehr alt vnd weiss gar viel. Dieselbigen ich fragen wil, Was meiner vngunst vrsach sey, Das ich werd der anfechtung frey. 10
Die alt GEFATTERIN spricht:
Was redst so heimlich wider dich?
Die FRAW spricht:
Mein liebe Gfattr, es kmmert mich: Mich dunckt, mein Mann halt nit sein Eh, Sonder mit andern Frawn vmbgeh. Des bit ich von euch einen rath. 15
Die alt GEFATTER spricht:
Gfatter, das ist ein schwere that.
Die FRAW spricht:
Da rath zu, wie ich das erfar!
Die GEFATTER spricht:
Ich weiss nicht, mir felt ein frwar, Wie man vor jaren gwonheit het, Wenn man ein Mensch was zeyhen thet,[24] 20 Wenn es sein vnschuld wolt beweysen, So mustes tragn ein glend Eyssen Auff bloser Hand auss einem kreiss; Dem vnschulding war es nicht heyss Vnd jn auff blosser Hand nit prent, 25 Darbey sein vnschuld wrd erkent. Darumb hab fleiss vnd richt auch an, Das diss heiss Eyssen trag dein Man! Schaw, dass du jn knst vberreden!
Die FRAW spricht:
Das wil ich wol thun zwischn vns beden. 30 Kan wain vnd seufftzen durch mein list, Wenns mir schon vmb das hertz[25] nicht ist, Das er muss als thun, was ich wil.
Die GEFATTER spricht:
So komb dem nach vnd schweig sonst still, Darmit du fahest deinen Lappen[26] 35 Vnd jm anstreiffst die Narrenkappen! Ytzund geht gleich herein dein Man. Ich wil hin gehn; fah mit jm an!
(Die alt Gefatter geht ab. Die Fraw sitzt, hat den kopff in der hend.)
Der MANN kompt vnd spricht:
Alte, wie sitzt du so betrbt?
Die FRAW spricht:
Mein Mann, wiss, das mich darzu bt 40 Ein anfechtung, welche ich hab, Der mir kan niemandt helffen ab, Mein hertzen lieber Man, wenn du!
Der MANN spricht:
Wenns an mir leyt, sag ich dir zu Helffen, es sey wormit es wll. 45
Die FRAW spricht:
So ich die warheit sagen sll, So dunckt mich, lieber Mann, an dir, Du helst dich nicht gar wol an mir, Sonder bulest mit andern Frawen.
Der MANN spricht:
Thustu ein solches mir zu trawen? 50 Hastu dergleich gmerckt oder gsehen?
Die FRAW spricht:
Nein, auff mein warheit mag ich jehen. Du abr bist mir vnfreuntlich gar, Nicht lieblich, wie im ersten jar. Derhalb mein lieb auch nimmet ab, 55 Das ich dich schier nicht mehr lieb hab. Diss als ist deines Bulens schuld.
Der MANN spricht:
Mein liebes Weib, du hab gedult! Die lieb im hertzen ligt verporgen! Mh vnd arbeit vnd teglichs sorgen 60 Thut vil schertz vnd schimpffens vertreiben. Meinst drumb, ich bul mit andern weiben? Des denck nur nit! ich bin zu frumb.
Die FRAW spricht:
Ich halt dich vor ein Bulr kurtzumb: Sey denn sach,[27] das du dich purgierst, 65 Der zicht[28] von mir nicht ledig wirst.
Der MANN reckt 2 finger auff, spricht:
Ich wil ein herten Eyd dir schwern, Das ich mein Eh nit thet versehrn Mit andren schnen Frawen jung.
Die FRAW spricht:
Mein lieber Man, das ist nicht gnung. 70 Eyd schwern ist leichtr, denn Ruben grabn.
Der MANN spricht:
Mein liebes Weib, was wilt denn habn?
Die FRAW spricht:
So trag du mir das heisse Eyssen! Darmit thu dein vnschuld beweissen!
Der MANN spricht:
Ja, Fraw, das wil ich geren thon. 75 Geh! heiss die Gfattern vmbher gon, Das sie das Eyssen leg ins Fewr! Ich wil wagen die abenthewr Vnd mich purgiren, weil ich leb, Das mir die Gfatter zeugnus geb. 80
(Die Fraw geht auss. Er spricht:)
Mein Frau die treibt gar seltzam mucken[29] Vnd zepfft mich an mit diesen stucken,[30] Das ich sol tragen das heiss Eyssen, Mein Vnschuld hie mit zu beweissen, Das ich nie brechen hab mein Eh. 85 Es thut mir heimlich auff sie weh. Ich hab sie nie bekmmert mit, Ob sie jr Eh halt oder nit. Nun ich wil jr ein schalkheit thon, In Ermel stecken diesen Spon. 90 Wenn ich das Eyssn sol tragn dermassn, So wil ich den Span heimlich lassen Herfr hoschen[31] auff meine Hendt, Das ich vom Eyssen bleib vnprent. Mein frmbkeit ich beweissen thu. 95 Da kommen sie gleich alle zwu.
Die ALT tregt das heiss Eyssen in einer Zangen vnd spricht:
Glck zu, Gfatter! das Eyssn ist heiss. Macht nur da einen weyten Kreiss! Da legt jms Eyssen in de mit! Tragt jrs herauss vnd prent euch nit, 100 So ist ewer vnschuld bewert, Wie denn mein Gfattern hat begert.
Der MANN spricht:
Nimb hin! da mach ich einen kreiss. Legt mir das glend Eyssen heiss Daher in kreiss auff diesen Stul! 105 Vnd ist es sach, vnd das ich Bul, Das mir das heyss Eyssen als denn Mein rechte Hand zu kolen prenn.
(Der Man nimbt das Eysen auff die Hand, tregets auss dem Kreiss vnd spricht:)
Mein weib, nun bist vergwiest[32] fort hin, Das ich der zieht vnschuldig bin, 110 Das ich mein Eh hab brochen nie, Weil ich das glend Eyssen hie Getragen hab gantz vngebrent.
Das WEIB spricht:
Ey, las mich vor schawen dein Hendt!
Der MANN spricht:
Se hin! Da schaw mein rechte hand, 115 Das sie ist glat vnd vnverprant!
Die FRAW schawt die hand, spricht:
Nun, du hast recht; das merck ich eben. Man muss dir dein K wider geben.[33]
Der MANN spricht:
Du must mir vnschuldigen Man Vor meinr gfattern ein widrspruch than. 120
Die FRAW spricht:
Nun, du bist fromb, vnd schweig nur stil! Nichts mehr ich dir zusachen wil.
Der MANN spricht:
Weil du nun gnug hast an der prob, Wil ich nun auch probieren, ob Du dein Eh biss her habst nit prochen 125 Von anfang, weilt[34] mir warst versprochen. Mein Gfattern, thut darzu ewr stewr! Legt das Eyssn wider in das Fewr, Das es erfewr vnd glend wer! Darnach so bringt mirs wider her, 130 Auff das es auch mein Fraw trag mir, Darmit jr frmbkeit ich probier!
Die GEFATTER spricht:
Ey, was wolt jr ewr Frawen zeyhen? Thut sie des heissen Eyssens freyen!
Der MANN spricht:
Ach, liebe Gfattr, was ziech sie mich? 135
Die FRAW spricht:
Mein hertz lieber Mann, wiss, das ich Das hab auss lauter einfalt than!
Der MANN spricht:
Gfatter, legt bald das Eyssen an! Darfr hilfft weder fleh noch bit.
(Die Gefatterin geht hin mit dem Eyssen.)
Die FRAW spricht:
Mein lieber Mann, weistu dann nit, 140 Ich hab dich lieb im hertzen grundt.
Der MANN spricht:
Dein that laut anders, denn dein mundt, Da ich das heiss Eyssen must tragen.
Die FRAW spricht:
Ach, mein Mann, thu nicht weyter fragen, Sonder mir glauben vnd vertrawen 145 Als einer auss den frmbsten Frawen! Lass mich das heiss Eyssen nicht tragen!
Der MANN spricht:
Was darffst dich lang weren vnd klagen? Bist vnschuldig, so ists schon fried, So prent dich das heiss Eyssen nit 150 Vnd hast probiert dein Weiblich Ehr. Derhalb schweig nur vnd bitt nicht mehr!
Die GFATTER bringt das glent eysen, legts auff den stul im kreiss, spricht:
Gfattern, da liegt das glend Eyssen, Ewer vnschuld mit zu beweisen.
Der MANN spricht:
Nun geh zum Eyssen! greiff es an! ...[35] 155
Die GEFATTER spricht:
Mein Gfatter, lasts best bey euch liegen! Wlt meiner Gfattern vergeben das! Wer ist der, der sich nie vergass? Kompt! wir wllen dran giessn ein Wein!
Der MANN spricht:
Nun, es sol jr verziehen sein! 160 Mein Fraw bricht Hfn,[36] so brich ich Krg, Vnd wo ich anderst redt, ich lg. Doch, Gfatter, wenn jr brg wolt werden, Dieweil mein Weib lebet auff Erden, Das sie solches gar nimmer thu. 165
Die GEFATTER spricht:
Ey ja, glck zu, Gfatter! glck zu! Ich wil euch gleich das glait[37] heimgeben. Vnd wllen heint in freuden leben Vnd auff ein newes[38] Hochzeit halten Vnd gar vrlaub geben der alten. 170 Das kein vnrat weyter drauss wachs Durch das heiss Eyssen, wnscht Hans Sachs.
[Notes: 21: Fassnacht. The usual modern form is Fastnacht, as if from Faste, and meaning 'eve of the Lenten fast.' So the Grimm Dictionary explains it. But in early texts we find vasnacht, fasnacht, fasenacht, fassnacht, which Kluge in his Etymological Dictionary derives from faseln in the sense of Unsinn treiben. 22: Aussdroschen, 'gone bankrupt, 'failed'. 23: West geren = wsste gern. 24: Ein Mensch ... thet, 'accused a person of anything.' 25: Es ist mir um das Herz, 'I am concerned,' 'it is my wish.' 26: Lappen; a foolish or 'soft' person. 27: Sey denn sach, 'unless,' 'except.' 28: Zicht = Beschuldigung. 29: Mucken = Grillen. 30: Zepfft ... stucken, 'bothers me with this business.' 31: Hoschen = huschen. 32: Vergwiest = vergewissert. 33: Die Kuh wiedergeben seems to be a peasant phrase for acknowledging that one has been in the wrong. 34: Weilt = weil du. 35: At this point nearly a hundred lines are omitted. The wife confesses several transgressions and pleads to be let off, but the husband insists that she handle the iron. When at last she does so it burns her badly. The husband chides her in strong language, whereupon Gefatter intervenes as a peacemaker. 36: Hfn = Tpfe. 37: Glait = Geleit. 38: Auff ein newes = aufs neue.]
XLV. FOLKSONGS OF THE SIXTEENTH CENTURY
While the 16th century brought forth no great German lyrist, it is exceptionally rich in good songs, mostly anonymous, that express the joys and sorrows of the general lot. Not all of them were the work of unlettered poets, but all were made to be sung; for lyric poetry as a branch of 'mere literature' had not yet come into being. The selections are from Tittmann's Liederbuch aus dem 16. Jahrhundert, Leipzig, 1881, which gives full information as to the source of the various texts. The titles have been supplied by the editor.
1
Lob der Geliebten.
Mein einigs herz, mein hchste zier, Wie we ist mir allzeit nach dir, Wie leuchten deine uglein klar, Wie schn ist dein goldgelbes har, Dein mndlein rot, dein wnglein weiss! Fr allen bleibt dir doch der preis. In deinem dienst, sag[1] sicherlich, Bleib ich allzeit und ewiglich.
[Notes: 1: Sag, i.e. sage ich.]
2
Begegnung im Walde.
Ich gieng einmal spazieren Durch einen grnen walt, Da hrt ich lieblich singen Ein freulein wol gestalt. Sie sang so gar ein schnen gsang, Dass[2] in dem grnen wald erklang. Ich tet mich zu ir nahen, Schn tet sie mich empfahen. Sie hat ein schnen grnen rock Und war so gar ein hbsche dock; Sie tet mir wol gefallen Und liebet[3] mir ob allen. Solt ich ein andre werben, Vil lieber wolt ich sterben!
[Notes: 2: Dass = dass es. 3: Liebet = gefiel.]
3
Liebesbitte.
Ich kam fr liebes[4] fensterlein An einem abend spate; Ich sprach zur allerliebsten mein: Ich frcht, ich kum zu drate.[5] Erzeig mir doch die treue dein, Die ich von dir bin gwarten[6]; Sieh, liebe, lass mich ein! Bei meiner treu ich dir versprich, Ich wil dich nit verkeren,[7] Mein treu ich doch an dir nit brich, Tust du mich nun geweren. Kum, glck, und schlag mit haufen drein, Dass sie mich tu geweren,[8] Sieh, liebe, lass mich ein!
[Notes: 4: Liebes, a neuter noun = der Geliebten. 5: Drate = frh. 6: Bin gwarten = erwarte (gwarten for gewartend). 7: Verkeren = verfhren. 8: Geweren, 'gratify.']
4
Herzog Ulrichs Jagdlied.[9]
Ich schell mein horn ins jamertal, Mein freud ist mir verschwunden, Ich hab gejagt, muss abelan,[10] Das wild lauft vor den hunden. Ein edel tier in diesem feld 5 Het ich mir auserkoren, Das schieht[11] ab mir, als ich wol spir,[12] Mein jagen ist verloren. Far hin, gewild, in waldes lust! Ich wil dich nimmer schrecken 10 Mit jagen dein schneeweisse brust[13]; Ein ander muss dich wecken Mit jgers gschrei und hundes biss, Dass du nicht magst entrinnen. Halt dich in hut, mein tierle gut! 15 Mit leid scheid ich von hinnen. Kein hochgewild ich fahen kann, Das muss ich oft entgelten, Noch halt ich stt auf jgers ban, Wiewol mir glck komt selten. 20 Mag mir nit gbirn[14] ein hochgwild schon, So lass ich mich beniegen[15] An hasenfleisch, nit mer ich heisch, Das mag mich nit betriegen.
[Notes: 9: Duke Ulrich of Wrtemberg (1487-1550) was a passionate lover of the chase. To please the emperor he married an unamiable Bavarian princess, though he was in love with Elizabeth of Brandenburg. 10: Abelan = ablassen, 'cease.' 11: Schieht ab, 'shies away.' 12: Spir = spre. 13: Brust; probably to be taken as object of jagen, rather than as a loose appositive to dich. 14: Gbirn = gebhren. 15: Beniegen = begngen.]
5
Verlorene Liebesmhe.
Ein meidlein zu dem brunnen gieng, Und das was seuberlichen; Begegnet im ein stolzer knab, Der grsst sie herziglichen. Sie setzt das krglein neben sich 5 Und fraget, wer er were. Er kusts an iren roten mund: Ir seit mir nit unmere,[16] Tret here! Das meidlein tregt pantoffel an, 10 Darin tuts einher schnappen. Wer ir nicht recht zusprechen kan, Dem schneidt sie bald ein kappen[17]; Kein tuch daran nit wirt gespart, Kan einen hflich zwagen,[18] 15 Spricht, sie woll nit mer unser sein, Sie hab ein andren knaben, Lat traben!
[Notes: 16: Unmere = gleichgltig. 17: Kappen = Narrenkappen. 18: Zwagen = waschen in the sense of 'reject,' 'refuse.']
6
Ht du dich.
Ich weiss ein meidlein hbsch und fein, Ht du dich! Sie kan gar falsch und freundlich sein, Ht du dich, vertrau ir nicht! Sie narret dich. 5 Sie hat zwei euglein, die sind braun, Ht du dich! Sie sech[19] dich nicht an durch ein zaun, Ht du dich, vertrau ir nicht! Sie narret dich. 10 Sie gibt dir ein krenzlein wol gemacht, Ht du dich! Fr einen narren wirstu geacht, Ht du dich, vertrau ir nicht! Sie narret dich. 15
[Notes: 19: Sech = she.]
7
Insbruck, ich muss dich lassen.
Insbruck, ich muss dich lassen, Ich far dahin mein strassen, In fremde land dohin; Mein freud ist mir genomen, Die ich nit weiss bekommen,[20] 5 Wo ich im ellend[21] bin. Gross leid muss ich jetzt tragen, Das ich allein tu klagen Dem liebsten bulen mein. Ach lieb, nun lass mich armen 10 Im herzen dein erbarmen, Dass ich muss von dannen sein. Mine trost ob allen weiben, Dein tu ich ewig bleiben, Stet, treu, der eren frum.[22] 15 Nun muss dich Got bewaren, In aller tugent sparen, Biss dass ich wider kum.
[Notes: 20: Bekommen, 'get back,' 'recover.' 21: Im ellend = in der Fremde. 22: Der eren frum = der Ehre treu.]
8
Sorgenfrei.
Zwischen berg und tiefe tal Do lit ein frie strasse, Wer seinen bulen nit haben mag, Der sol in faren lassen. Far hin, far hin, du hast die wal, Ich kan mich din wol massen[23]; Im jar sind noch viel langer tag, Glck ist in allen gassen.
[Notes: 23: Sich massen, with genitive = entbehren.]
9
Der Muskateller.[24]
Den liebsten bulen,[25] den ich han, Der leit beim wirt im keller; Er hat ein hlzens rcklein an, Er heisst der muscateller. Er hat mich nechten[26] trunken gmacht Und frlich heut den ganzen tag, Got geb im heint ein gute nacht! Von disem bulen, den ich mein, Wil ich dir bald eins bringen; Es ist der allerbeste wein, Macht mich lustig zu singen, Frischt mir das blut, gibt freien mut, Alls durch sein kraft und eigenschaft; Nu grss dich Got, mein rebensaft!
[Notes: 24: Muskateller, 'muscatel'; a rich, sweetish wine from the muscat grape. 25: Bulen; object of han, the following den being demonstrative. 26: Nechten, 'last night'.]
10
Der Schwartenhals.[27]
Ich gieng fr einer frau wirtin haus, Man fragt mich, wer ich wre; Ich bin ein armer schwartenhals, Ich ess und trinke geren. Man frt mich in die Stuben ein, 5 Da bot man mir zu trinken; Mein uglein liess ich umbher gan, Den becher liess ich sinken. Man satzt mich oben an den tisch, Als ob ich ein kaufman were, 10 Und da es an ein zalen gieng, Mein seckel der war lere. Und da man nu solt schlafen gan, Man wies mich wol in die scheure; Da stund ich armer schwartenhals, 15 Mein lachen ward mir teure. Und da ich in die scheure kam, Da fieng ich an zu nisten; Da stachen mich die hagedorn, Darzu die rauhen distel. 20 Da ich des morgens fr aufstund, Der reif lag auf dem dache; Da must ich armer schwartenhals Meins unglcks selber lachen. Ich nam mein schwert wol in die hand, 25 Ich grts wol an die seiten; Da ich kein geld im seckel het, Zu fussen must ich reiten. Ich macht mich auf, ich gieng darvon, Ich macht mich wol auf die strassen; 30 Da begegnet mir ein kaufman gut, Sein tasch must er mir lassen.
[Notes: 27: Schwartenhals = armer Teufel, 'vagabond.']
XLVI. THE CHAPBOOKS
The so-called Volksbcher of the 16th century were published in cheap and careless form, and designed to meet the popular demand for entertaining and edifying literature—a demand which increased rapidly with the cheapening of paper and the invention of printing. They vary greatly in content and have no common character except a certain artlessness, which is sometimes pleasing but often runs into extreme vulgarity. Special favor was enjoyed by certain collections of anecdotes, specimens of which are given in the first three numbers. The text of Nos. 1, 4, and 5 follows Braune's Neudrucke (Nos. 55-6. 34-5, 7-8); that of Nos. 2 and 3 the Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart (Vols. 85 and 229).
1
From 'Eulenspiegel,' the 14th story: Eulenspiegel[1] gathers a crowd to see him fly.
Die xiiii history sagt wie Ulenspiegel vss gab, das er zu Megdburg von der lauben[2] fliegen wolt, vnd die zuseher mit schimpffred ab wise.
Bald nach diser zeit als vlenspiegel ein sigrist wz gesein,[3] Da kame er geen Megdburg, vnd treib vil anschleg, vnd sein nom ward da von erst bekant, das man von Vlenspiegel wusst zesagen, da ward er angefochten von den besten der burger von der stat dz er solt etwz abenthr treiben, da sagt er, er wolt es th[uo]n, vnd wolt vff dz rathuss, vnd von der lauben fliegen, da ward ein geschrei in der stat, dz sich iung und alt samlete vff dem marckt, vnd wolten es sehen. Also stunde Vlenspiegel vff der lauben von dem rathuss, vnd bewegt sich mit den armen, vnd gebar eben als ob er fliegen wolt. Die lt st[uo]nden theten augen vnd mler vff, vnd meinten er wolt fliegen. Da lacht vlenspiegel vnd sprach, Ich meinte es wer kein thor oder nar mer in der welt dan ich. So sih ich wol, dz hie schier die gantz stat vol thoren ist, und wann ir mir alle sagtẽ dz ir fliegen woltẽ ich glaubt es nit, vnd ir glouben mir als einem toren. Wie solt ich fligen kunde, ich bin doch weder ganss noch fogel, so hon ich kein fettich, vnd on fettich oder federn kan nieman fliegen. Nun sehẽ ir offenbar, dz es erlogen ist, vnd lieff da von der lauben, vnd liess dz volck eins teils fluchende, das ander teil lachende vnd sprachen, Das ist ein schalckssnarr noch, dann so hat er war gesagt.
[Notes: 1: Till Eulenspiegel, the hero of the tales, is a waggish vagabond who goes about the country,—originally Brunswick, it would seem,—working at this and that and playing pranks on people. The earliest extant edition of the Eulenspiegel stories—that here followed—was printed at Strassburg in 1515. 2: Lauben, 'loggia,' 'balcony' (of the town hall). 3: Wz gesein = war gewesen. The preceding story tells how he had taken the rle of sacristan at an Easter play.]
2
From Pauli's 'Jest and Earnest,'[4] the 47th story: The clever fool.
Es kan auch etwan ein nar ein Vrteil finden, das ein weisser nit finden kan. Es kam vff ein mal ein armer man ein betler in eins wirtzhauss, da was ein groser braten an dem spiss. Der arm man het ein stck brotz das h[uo]b er zwischen den braten vnd das feur, das der geschmack[5] von dem braten in das brot gieng, da ass er dan das brot, das thet der arm man biss das er kein brot me het, da wolt er hinweg gon. Der wrt hiesch im die rten.[6] Der arm man sprach, ir haben mir doch nichtz z[uo] essen noch z[uo] trincken geben, was sol ich bezalen. Der wirt sprach du hast dich gesettigt von dem meinen, von dem geschmack des bratens, das soltu mir bezalen. Sie kamen mit einander an das gerht, da ward die sach vff geschlagen, biss vff ein andern gerichtztag, da was der gerichtz herren einer der het ein narren da heim, vnd ob dem tisch da ward man der sach z[uo]red. Da sprach der nar, er sol den wirt bezalen mit dem klang des geltz, wie der arm man ersettiget ist worden von dem geschmack des bratens. Da nun der gerichtztag kam da bleib es bei dem vrteil, das vrteil fand der nar.
[Notes: 4: The first edition was published at Strassburg in 1522. 5: Geschmack = Geruch. 6: rten = Zeche (cost of food and drink).]
3
From Wickram's 'Coaching Booklet'[7]: An accommodating parson.
Ein armer ungelerter pfaff stalt nach[8] einer g[uo]ten reichen pfarr; dann er hort, wie sy so vil inkommens bette, derhalb sy im so wol gefiel; es war im nit umb das schfflinweiden z[uo] th[uo]n, sunder er verhofft, vil gelts darauff zu berkommen. Und alss er nun vil und offt darumb gebetten unnd geloffen hette, warde er von den bauren auff ein sontag bescheiden, so wolten sy mit im handlen und auff die pfarr annemmen.
Do nun derselbig sontag kame, erschein der pfaff vor dem schultheyss und gantzen gericht in beysein des amptmans, und alss nun alle ding was bestelt,[9] was er solt z[uo] lon haben, alss behausung, den kleinen zehenden[10] und ettlich viertel frchten, als rocken, weissen, gersten, habern, wein unnd gelt, dess der pfaff seer wol z[uo]friden was, abgeredt und beschlossen war, name in der schultheiss auff ein ort[11] und sagt im in einer geheimne: Lieber herr pfarrer, nachdem ir bissher im bapstumb euch hand gehalten, solt ir wssen, das es in disem dorff ein andere gestalt hatt; dann wir sindt hie g[uo]t eigenwillisch. Darumb msst ir uns das sacrament in zweierley gestalt reichen, nemlich im brot und wein. Der g[uo]t pfarrer forcht, wo er sich des widert, die bauren geben im wider urlaub; derhalben war er g[uo]twillig unnd sprach z[uo] dem schultheiss: Das will ich gern th[uo]n. Damit ir solt sehen, das ichs treuwlich und g[uo]t mit euch meine, so will ichs euch in dreyerley gestalt geben, als nemblich im brot und wein und dem kss darz[uo]. Das gefiel dem schultheissen fast wol und sagt, er wolt es an seine buren hinder sich bringen, ob sy sich damit wolten lassen beniegen.
[Notes: 7: Rollwagenbchlein, a collection of tales to while away the tedium of travel; first published in 1555. 8: Stalt nach, 'wanted to secure.' 9: Bestelt, 'ordered,' 'arranged.' 10: Zehenden, 'tithes' (the dative in apposition to lon). 11: Auff ein ort, 'aside.']
4
From 'Grobianus'[12]: How to behave at table.
Will jemandt mit zu taffel sitzen, Zum besten ort solt du dich spitzen,[13] Dass du allzeit sitzst oben an, Vnd zelt[14] werdst fr ein weisen man. Acht niemands adels oder stands, 5 Wesens, reichthumb, kunst, oder lands. Sitz nider, biss ein g[uo]t gesell, Ein jeder sitz dann wo er wll. Vnd ob er schon ein Prior wer, Sprich hie sind noch vil sessel ler. 10 Sagt jemands, gsell sitz vnden an, So sprich, was hast du mangels dran? Gedenck so man dich nidrer[15] mcht, Was schand es deinen ehren brcht. Sprich, lieber gsell hie ist mein sitz, 15 Vnd gb nit vmb den Papst ein schnitz[16]: Warumb solt ich eim andern weichen, So er doch eben ist meins gleichen? Wir sind von einem vatter gleich, Ob wir schon arm sind oder reich, 20 Vnd sind gemacht auss staub vnd erdt, Ist ein g[uo]t gsell des andern werdt. Drumb lasst vns bey einander bleiben, Ich will auch ewer kein vertreiben. Doch ob du auch zu spat werst komen, 25 Vnd einer het dein sitz eingnomen, So steh nicht lang vorm disch zu gaffen, Du hast bessers darbey zu schaffen: Gedenck dass sitzen besser th[uo] Dann stehn, so gschicht dir liebs darz[uo]. 30 Sprich, auff lantzman, setz dich hiehar, Geh auss meim ort, dann ich ghr dar. Ist er dir nicht an krefften gleich, So seis jm g[uo]t dass er bald weich: Will er da sitzen lang zu mausen,[17] 35 So greiff jm bald nach der kartausen,[18] Vnd wirff jn vbern nechsten banck, Das ist ein guter taffel schwanck. Dann Cato hat geleret wol, Dass man dem grssern weichen sol. 40 Vnd setz dich dann an seine stat, Sorg nit wo er zu fressen hat. Vnd rhm die that mit grossen freiden. Vnd zeuch dein messer auss der scheiden, Das stumpff, schrtig, vnd rostig sey, 45 Dass steht vor erbarn leuten frey: Hengt dann noch gestrig brot daran, So heb ein lstigs wetzen an. Dein groben paurensch[uo]ch zeuch ab, Den selben fr ein wetzstein hab, 50 Ker jn fein vmb, vnd spey darauff, Vnd wetz das schinder messer drauff, So wirt es dann gar hell erglitzen, Vnd blenden all die bey dir sitzen. Will andern das gefallen nit, 55 So sprich, hrah, das ist mein sitt.
[Notes: 12: The German Grobianus (1551), by Casper Scheit, is a translation of a Latin satire by Dedekind (1549) which tells how to attain perfection in bad manners—how to become a perfect boor. 'Grobian' is the polar opposite of 'gentleman.' 13: Spitzen; sich spitzen (with zu) means to 'set one's heart on,' here perhaps 'go for.' 14: Zelt = gezhlt. 15: Nidrer, 'further down.' 16: Schnitz, the worthless part of fruit or vegetable, that which is 'cut off' and thrown away 17: Mausen: the Grimm Dictionary explains it as denoting here ein verstrktes dasitzen, warten, nicht vom flecke gehen. 18: Kartausen = Kragen.]
5
From the original Faustbook of 1587: Faust's compact with the Devil.
Abendts oder vmb Vesperzeit, zwischen drey vnd vier Vhren, erschien der fliegende Geist dem Fausto wider, der erbotte sich jhm in allem Vnterthnig vnd gehorsam zu seyn, dieweil jm von seinem Obersten Gewalt gegeben war, vnnd sagt zu D. Fausto: Die Antwort bring ich dir, vnnd Antwort mustu mir geben. Doch wil ich zu vor hren, was dein Beger sey, dieweil du mir aufferleget hast, auff diese Zeit zu erscheinen. Dem gab D. Faustus Antwort, jedoch zweiffelhafftig vnd seiner Seelen schdlich, denn sein Datum[19] stunde anders nit, dann dass er kein Mensch mchte seyn, sondern ein Leibhafftiger Teuffel, oder ein Glied darvon, vnd begert vom Geist wie folgt:
Erstlich, dass er auch ein Geschickligkeit, Form vnnd Gestalt eines Geistes mchte an sich haben vnd bekommen.
Zum andern, dass der Geist alles das thun solte, was er begert, vnd von jhm haben wolt.
Zum dritten, dass er jm gefliessen,[20] vnterthnig vnd gehorsam seyn wolte, als ein Diener.
Zum vierdten, dass er sich allezeit, so offt er jn forderte vnd beruffte, in seinem Hauss solte finden lassen.
Zum fnfften, dass er in seinem Hause wlle vnsichtbar regiern, vnd sich sonsten von niemandt, als von jm sehen lassen, es were denn sein Will vnd Geheiss.
Vnd letzlich, dass er jhm, so offt er jhn forderte, vnnd in der Gestalt, wie er jhm aufferlegen wurde, erscheinen solt.
Auff diese sechs Puncten antwort der Geist dem Fausto, dass er jhm in allem wolt willfahren vnd gehorsamen, so ferrn dass er jm dagegen auch etlich frgehaltene Artickel wlle leisten, vnd wo er solches thue, sol es weiter kein noht haben, vnd seind diss darunter dess Geistes etliche Artickel gewesen:
Erstlich, dass er, Faustus, verspreche vnd schwere, dass er sein, dess Geistes, eygen seyn wolte.
Zum andern, dass er solches zu mehrer Bekrfftigung, mit seinem eygen Blut wlle bezeugen, und sich darmit also gegen jm verschreiben.
Zum dritten, dass er allen Christglubigen Menschen wlle feind seyn.
Zum vierdten, dass er den Christlichen Glauben wlle verlugnen.
Zum fnfften, dass er sich nicht wlle verfhren lassen, so jhne etliche wllen bekehren.
Hingegen wlle der Geist jhme, Fausto, etliche Jahr zum Ziel setzen, wann solche verloffen, soll er von jhme geholt werden, Vnd so er solche Puncten halten wrde, soll er alles das haben, was sein Hertz belste vnd begerte, vnnd soll er alsbaldt spren, dass er eines Geistes gestallt vnnd weise haben wrde. D. Faustus war in seinem Stoltz vnnd Hochmut so verwegen, ob er sich gleich ein weil besunne, dass er doch seiner Seelen Seligkeit nicht bedencken wolte, sondern dem bsen Geist solches darschluge, vnnd alle Artickel zuhalten verhiesse. Er meynet der Teuffel wer nit so schwartz, als man jhn mahlet, noch die Hell so heiss, wie mann davon sagte.
[Notes: 19: Sein Datum stunde (stand), 'his purpose was.' 20: Gefliessen, 'assiduous.']
XLVII. JOHANN FISCHART
1550-1590. Fischart was an Alsatian humorist of satiric bent, great learning, and little originality. His prose—especially in Gargantua, his most important work, which is an amplified and Germanized version of the first book of Rabelais—is hard to read on account of its recondite allusions, far-fetched puns, and generally eccentric diction. As a poet he is at his best in the Lucky Boat of Zrich, a narrative poem which describes, with much patriotic warmth, the notable feat of a Swiss boat-crew in rowing from Zrich to Strassburg in a single day (June 21, 1576) to attend a Schtzenfest. The selection follows Krschner's Nationalliteratur, Vol. 18, page 141.
From the 'Lucky Boat of Zrich,' lines 259-366.
Da frewten sich die Reysgeferten, Als sie den Rein[1] da rauschen hrten, 260 Vnd wnschten auff ein newes Glck, Das Glcklich sie der Rein fortschick, Vnd grssten jhn da mit Trommeten: "Nun han wir deiner hilff von nten, O Rein, mit deynem hellen fluss 265 Dien du vns nun zur frdernuss[2]; Las vns geniesen deyner Gunst, Dieweil du doch entspringst bey vns Am Vogelberg bey den Luchtmannen,[3] Im Rheintzierland,[4] von alten anen, 270 Vnd wir dein Thal, dadurch du rinnst, Mit bawfeld zirn, dem schnsten dienst. Schalt[5] diss Wagschiflein nach begeren, Wir wllen dir es doch verehren. Leyt[6] es gen Strassburg, deine zird, 275 Darfr[7] du gern lauffst mit begird, Weyl es dein strom ziert vnd ergetzt, Gleich wie ein Gstein im Ring versetzt." Der Rein mocht dis kaum hren auss, Da wund er vmb das schiff sich kraus, 280 Macht vmb die R[uo]der ein weit Rad, Vnd schl[uo]g mit freuden anss gestad, Vnd liess ein rauschen Stimm da hren, Drauss man mocht dise wort erklren: "Frisch dran, jr liebe Eydgenossen," 285 Sprach er, "frisch dran, seit vnuerdrossen; Also folgt eweren Vorfaren, Die diss thaten vor hundert jaren.[8] Also m[uo]ss man hie Rh[uo]m erjagen, Wann man den Alten will nachschlagen. 290 Von ewerer Vorfaren wegen Seit jr mir wilkumm hier zugegen. Jr s[uo]cht die alt Gerechtigkeit, Die ewer Alten han bereit[9]; Dieselbig will ich euch gern gonnen, 295 Wie es die Alten han gewonnen. Ich weiss, ich werd noch offtmals sehen Solchs von ewern nachkommen gschehen. So erhlt man nachbarschafft, Dann je der Schweitzer eygenschafft 300 Ist Nachbaurliche freuntlichkeit Vnd inn der Not standhafftigkeit. Ich hab vil ehrlich leut vnd Schtzen, Die auf mich inn Schiff thten sitzen, Geleit gen Strassburg auff das schiessen, 305 Dafr mit freuden ich thu flisen; Aber keyne hab ich geleit Noch heut des tags[10] mit solcher freud. Fahr fort, fahr fort, lasst euch nichts schrecken, Vnd th[uo]t die lenden daran strecken. 310 Die Arbeit trgt darvon den Sig, Vnd macht, das man hoch daher flig Mit Fama, die R[uo]mgttin herlich, Dan was gschicht schwrlich, das wrd ehrlich. Mit solchen leuten solt man schiffen 315 Durch die Mrwirbeln vnd Mrdifen, Mit solchen forcht man kein Meerwunder Und kein wetter, wie sehr es tunder[11]; Mit solchen drfft man sich vermessen, Das einen fremde fisch nicht fressen, 320 Dann dise alles vberstreitten Durch jr vnuerdrossen arbeyten. Mit disen Knaben solte einer Werden des Jasons Schiffartgmeyner[12] Inn die Jnsul zum Gulden Wjder[13], 325 Da wsst er, das er km herwider. Weren dise am Meer gesessen, So lang wer vners[uo]cht nicht gwesen America, die newe Welt, Dan jr Lobgir het dahin gstellt.[14] 330 Lasst euch nicht hindern an dem thun, Das auff die haut euch sticht die Sunn, Sie will euch manen nur dadurch, Das jr schneid dapfer durch die furch, Dann sie seh[15] gern, das jr die gschicht 335 Vollbrchten bey jrm Schein vnd liecht, Damit sie auch Rh[uo]m davon drag, Gleich wie ich mich des Rmen mag. Die Blatern[16], die sie euch nun brennt, Vnd die jr schaffet inn der hend, 340 Werden euch dienen noch zu Rh[uo]m, Wie zwischen Tornen eyne pl[uo]m. Jr drft euch nicht nach wind vmbsehen, Jr seht, der windt will euch nachwhen; Gleych wie euch nun diss wetter libt, 345 Also binn ich auch vnbetrbt. Jr sehet je mein wasser klar Gleich wie ein Spiegel offenbar. So lang man wrd den Rein abfaren, Wrd keyner ewer lob nicht sparen, 350 Sonder wnschen, das sein Schiff lieff Wie von Zrch das Glckhaffte Schiff. Wolan, frisch dran, jr habt mein gleyt Vmb ewer standhafft frewdigkeyt. Die strass auff Strassburg sei euch offen, 355 Jr werd erlangen, was jr hoffen; Was jr euch heut fr namen vor, Das wrd den abent euch noch wor,[17] Heut werd jr die Statt Strassburg sehen, So war ich selbs herz[uo] werd nhen. 360 Heut werd jr als wolkommen gst Z[uo] Strassburg noch ankommen resch.[18] Nun, liebs Wagschiflin, lauff behend, Heut wrst ein Glckschiff noch genent, Vnd durch dich werd ich auch geprisen, 365 Weil ich solch trew dir hab bewisen."
[Notes: 1: Rein; the preceding lines have described the start early in the morning, and the pull on the Limmat and the Aar to the Rhine. 2: Frdernuss = Frdernis, Fortkommen. 3: Luchtmannen; the Vorderrhein rises on the heights of Lukmanier Pass, a few miles east of the summit of St. Gotthard. 4: Rheintzierland; a flattering pun on Rhtierland. 5: Schalt = bringe vorwrts, befrdere. 6: Leyt = geleite. 7: Darfr = worber. 8: Vor hundert jaren; the feat of rowing from Zrich to Strassburg in a single day had been performed by a band of Zrich oarsmen in 1456. 9: Bereit = bereitet, in the sense of erworben. 10: Noch heut des tags = bis heute. 11: Tunder = donnre. 12: Schiffartgmeyner = Schiffahrtgenosse. 13: Wjder = Widder (the Golden Fleece). 14: Gestellt = getrachtet. 15: Seh = she. 16: Blatern, 'blisters.' 17: Wor = wahr. 18: Resch = rasch, or perhaps frisch.]
XLVIII. JAKOB AYRER
A prolific Nrnberg dramatist (died in 1605), wno might be styled a lesser Hans Sachs. He wrote some sixty-nine plays which show, more especially in the prominence of the clown, the influence of the English actors who began to visit Germany toward the end of the 16th century. Among his shrovetide plays are several of a new species, called by him Singtspiele, in which the parts, instead of being spoken, were sung to a prexisting tune. A selection from one of these musical comedies is given below, the text according to the Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, Vol. 80. The meter is an eight-line stanza called the Roland's Ton.
The 'English clown' as stupid servingman.
ROLANDT geht mit Willanda, seinem Weib, in Baurs-Kleidern und singt:
Ach soll ich dir nit sagen Von Janen, vnserm Sohn? Der thut sich so hart klagen Vnd will kurtzumb davon. Er will nicht bey uns bleiben, 5 Sonder verdingen sich; Will lernen lesen und schreiben: Liebs Weib, wie dncket dich?
WILLANDA singt:
Er ist nun bey sein Jaren. Wenn er nicht bleiben will, 10 So lass den lecker[1] faren! Er ntzt dir sonst nit vil; Dann er arbeit nit geren, Leyrt[2] geren feurent[3] vmb. Sein kan ich wol emperen, 15 Biss er wider herkumb.
JANN POSSET geht ein, tregt sein Bndel an eim Spiesslein und spricht:
Hrt, Vatter! ich will wandern, Mag nicht mehr eur Knecht sein. Darumb dingt euch ein andern! Ich will in die Statt nein, 20 Mir schaffen einen Herren, Der mir gibt einen lohn Vnd mich thut etwas lehren. Eur beeder ich gnug han.
ROLLANDT singt:
Du bist ein fauler Bengel, 25 Drumb bleib bei mir herauss! Ich meint, du habst kein mengel In deines Vatters hauss. Kanst du aber nicht bleiben, Solst du wissen von mir: 30 Ich will dir den Buckl reiben,[4] Du solsts empfinden schir.
JANN singt:
Frwar, alhie so bleib ich nicht, Ir seit ein grober Baur, Ir habt ein strenges Angesicht 35 Und secht schellig[5] vnd saur. So ist die Mutter vngschaffen, Zeiht gar zerlampet[6] her, Runtzlet gleich wie die Affen Vnd brummt als wie ein Beer. 40
WILLANDA singt:
Ach du leichtfertiger Hudler, Wolst mich so machen auss? Du bist ein fauler sudler, Pack dich balt auss meim hauss! Mit dir mag ich nicht palgen; 45 Wend[7] je nicht bleiben wilt, So droll dich nauss an Galgen! Deinthalb es mir gleich gilt.
(Jann will fortgehen, sein Vater ist zornig.)
ROLAND singt:
Wart, Lecker, thu vor[8] hren! Ich will dirs drencken ein 50 Vnd dich vor lernen ehren Vatter und Mutter dein. Das nimm zu einer zehrung mit! Pack dich zum Teuffel heut! Dann wenn du schon hie bleibest nit, 55 Hab ich dennoch gnug freundt.
(Er schlegt jn ab vnd gehn alle ab.)
Kummt Herr EMERICH vnd sagt:
Ich bin frwar ein alter Mann Vnd gar vbel zu fuss. Ein Knecht den will ich nemen an, Der auff mich warten muss 60 Im hauss vnd auff der Gassen, Dieweil die Haussfrau mein Mich nicht allein will lassen Also gehn auss vnd ein.
(Jann Posset geht ein.)
Herr EMERICH singt:
Schau! dort kummt hergangen 65 Ein Knecht; den nimm ich an, Will jn gehn balt empfangen.
(Er geht zu ihm vnd sagt:)
Was seit ir fr ein Mann? Ein Knecht den solt ich dingen, Der thet warten auff mich. 70 Will du dich lassen zwingen,[9] Darff ich annemen dich.
JANN singt:
So wist! ich kumm geloffen rein Von einem Dorf drey Meil, Von Rolanden, dem Vater mein, 75 Bey dem ich ward ein weil, Von dem ich nichts kund lehren, Vnd kumm her in die Stadt. Halt jr mich nun in ehren, So finden wir beid stat.[10] 80 Auch will ich gern sein euer Knecht, Wenn jr mich dingen wolt, Wils euch auch als verrichten recht; Iedoch jr mir auch solt Als, was ich hab zu schaffen, 85 Schreiben auff einen Brieff; Vnd drfft mich auch drumb straffen, Wenn ichs nich als wol triff.
Herr EMERICH sagt:
Was soll ich dir lang schreiben? Thu halt, was ich dich heiss! 90 So kanst du bey mir bleiben, Wenn thu es thust mit fleiss. Du must halt auff mich warten Vnd all Handreichung than, Mich fhrn in mein Garten 95 Vnd was ich dir zeig an.
JANN singt:
Weil ich vor nicht bin gwest alhie Vnd gedient in der Stadt, Den gebrauch auch erfahren nie, Was es fr Arbeit hat, 100 So last euch nicht schwer fallen fr, Zu machen mir ein Brieff, Das ichs als hab geschribn bey mir Vnd mich nicht vbergrieff. Ich bin gar ein vergessner Mann; 105 Wenn man mir sagt zu vil, Ich es frwar nicht mercken kan. Iedoch ich als thon will, Was man mir wird auffschreiben. Mein Herr, versuchts mit mir! 110
Herr EMERICH singt:
Nun so thu bey mir bleiben! Ich will dirs schreiben fr. So geh halt in die Stuben nein Vnd foder ein Schreibzeug! Denselben trag zu mir herein! 115 So beschreib ich dirs gleich, Wastu hast zu schaffen bey mir. Kummst du demselben nach, So bin ich zu friden mit dir Ietzund vnd mein lebtag. 120
JANN neigt sich vnd geht ab. Kummt bald wieder, bringt ein Feurzeug und singt:
Alhie bring ich den Feurzeug euch, Wie jr den habt begert.
Herr EMERICH singt:
Ey nein, ich mein ein Schreibzeug, Du hast nicht recht gehrt. Ein Schreibzeug bring mit Dinten, 125 Dass ich kan schreiben dir! Gehe nein (du wirst ihn finden) Vnd bring denselben mir!
JANN geht wider ab, zeicht den Hut ab, kummt balt wider, bringt ein Krug vnd singt:
Ach, mein Herr, da habt jr den Krug, Die weil jr trincken wlt, 130 Da trincket euch halt eben gnug, So vil, als euch gefelt!
EMERICH singt:
Wie bist du so vnbesunnen? Du hast nicht gsuchet recht, Sonst hest gnug Dinten gfunnen. 135
(Jann will gehen.)
EMERICH singt:
Ey, hr noch eins, mein Knecht! Wenn du die Dinten bringenthust, So bring sie mir herein! Dabey du mir auch bringen must, Ein Federn tragen rein. 140 So will ich dir auffschreiben, Wie ich mit dir hab gredt.
JANN sagt:
Ich will nicht lang aussbleiben, Balt kommen an der stet.
(Er geht ab.)
EMERICH, der alt, singt:
Dass ist ein rechter Knecht fr mich 145 Vnd fr die Frauen mein. Fr gar frumm ich jn zwar ansich, Dort kummt er gleich herein. Er thut die Dinten tragen, Drumb hort mir alle zu, 150 Was der gut gsell wird sagen, Wenn ich jtzt schreiben thu.
JANN geht ein, tregt ein Schreibzeug in der Hand vnd in der andern ein lange Hannenfedern vnd singt:
Secht da, Herr, diesen Schreibzeug, Den schicket euch die Frau. Auch schicket sie die Federn euch. 155
EMERICH singt:
Du grober Dilldap,[11] schau! Was soll doch diese Federn mir? Man kan nit schreiben mit. Der Federn bass geziemet dir.
(Er steckt Jannen die Federn auff.)
JANN sagt:
Ach, mein Herr, zrnet nit! 160
Herr EMERICH sagt:
So geh balt wider neinwartz du Vnd bring ein Federn mir! So richt ich dir dein bstallung zu; Auch hol mir ein Papir! So kan ich darauff schreiben, 165 Was du must richten auss.
JANN geht ab vnd singt:
Ich will nicht lang aussbleiben, Sonder balt kommen rauss.
(Jann geht balt wider ein, bringt ein Schreibfedern vnnd ein Glass mit Bier vnd singt:)
Hort, Herr! jtzt kumm ich wider rein, Bring ein Feder mit mir. 170 Eur Frau hat mir auch erst gschencket ein Dieses frisch Glass mit Bier. Dass solt jr von mir haben, Wenn es euch schmecken thut, Eur Hertz damit zu laben, 175 Vnd haben ein guten muth.
Herr EMERICH sagt:
Du must ein seltzamer Vogl sein, Ich schick dich nach Papir, So bringstu mir zu trincken rein. Geh nein! heiss geben dir 180 Ein Papir, drauff zu schreiben Vnd thu der Sachen recht! Sonst kanst nicht bey mir bleiben, Du Eilenspigelsknecht!
[Notes: 1: Lecker, 'scamp', 'rascal'. 2: Leyrt, 'loafs around.' 3: Feurent = feiernd, 'doing no work.' 4: Dir ... reiben, 'tan your jacket.' 5: Schellig, 'crazy', 'savage.' 6: Zerlampet, probably a mistake for zerlumpet. 7: Wend = wenn du. 8: Vor = erst. 9: Lassen zwingen, 'accept the conditions.' 10: Finden ... stat, 'find our account,' 'get along.' 11: Dilldap, 'simpleton.']
XLIX. GEORG RODOLF WECKHERLIN
A Swabian precursor (1584-1653) of the Opitzian era. In the service of the Duke of Wrtemberg he lived some years in France and England, where he became familiar with the literary forms and fashions of the Renascence. These he imitated in German, writing odes, songs (for the reader), anacreontics, sonnets, epigrams, elegies in alexandrine verse, and occasional poems of elaborate metrical structure. For the most part his substance is very thin, consisting in extravagant and affected praise, with much infusion of Roman mythology, of the high-born personages by whose favor he prospered or hoped to prosper. The text of the selections follows Goedeke's edition in Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.
1
Amor betrogen.
Cupido einmal sehr verdrossen, Dass er hat so vil pfeil umsunst Auf meine Myrta los geschossen, Die niemals achtet seiner kunst, Erwhlet, ihre zarte Schoss 5 Zu wunden, zornig ein geschoss.
Also flog er bald in den garten, Da er dieselb zu sein gedacht, Und nehmend war[1] von fern der zarten, Die ihn in diese Welt gebracht, 10 "Wolan, sprach er, nu soll dein blut Recht bssen, Myrta, deinen mut."
Er spannet, unweis, seinen bogen Und, zilend auf das herz ohn gnad, Schoss er ihn pltzlich los, betrogen, 15 In seiner mutter brust gerad, Darauf dan ein elender schmerz Vergiftet bald der gttin herz.
"Ach weh! was magst du wol gedenken," Sprach sie, "undankbar bser knab? 20 Wie kanst so tdlich du bekrnken Die, welche dir das leben gab? Und sparest gleich wol deine macht Noch wider die, die dich verlacht."
Die red so sehr das kind erschrecket, 25 Dass es bald seine wngelein Mit heissen zhern berdecket Und schrie: "Ach, liebes mtterlein, Verzeihet mir, dan ich nam euch Fr Myrta, deren ihr gar gleich." 30
[Notes: 1: Nehmend war = wahrnehmend.]
2
Anakreontisch: Frlich zu leben.
Wan ich mit guter geselschaft Frisch zechend an dem tisch gesessen, Macht mich der ssse rebensaft Des leids und unmuts bald vergessen! Ich will stets springen an den danz, 5 Gekrnet mit dem ebheukranz.
Mein hirn, erhitzet durch ein glas, Vermeinet mehr reichtum zu haben, Dan Midas und Crsus besass; Ja grosser frsten gunst und gaben, 10 Dienst mpter, glck und herrlichkeit Tritt ich zu grund als eitelkeit.
Wolan, bring her ein volle flasch, Die sorg aus meinem Kopf zu jagen, Und dass ich lung und leber wasch; 15 Was hilft es, sich selbs vil zu plagen? Ist es nicht bass, zu bet voll wein, Dan auf der erden tod zu sein?
3
Sonett. Im dem Jahr 1619.[2]
Verfolgung, mh und leid ist allein das banier, Darunder durch die welt sich gottes kinder schlagen; Und der hchst general hat acht, wie man sie fhr, Und wie ein jeder sich begehr fr ihn zu wagen. Oftmal erlaubet er, dass ihr feind triumfier, Doch lsset er sein volk gnzlich niemal verzagen; Sondern damit sein feind nicht gar zu vil stolzier, Verkehret mchtig er sein jauchzen bald in klagen. Darum ihr, deren will, des teufels willen gleich, Und deren lust allein ist, gottes volk zu schaden, Wie euer zorn, grim, wut, sein wort, sein volk, das reich, Mit schmach, mit qual, mit schand, verbrant, verbaut, beladen: Also in euerm blut zu steter schand soll euch Noch zwingen mein marggrav Georg Friderich zu Baden.
[Notes: 2: Georg Friedrich, Margrave of Baden, was a partisan of the Calvinistic Friedrich V, Elector Palatine, who was chosen King of Bohemia in 1619, and is known as the "Winter King." As the sonnet shows, the defeated Protestants set high hopes on the Margrave of Baden, who commanded an army of 20,000 men; but he was soon defeated by the imperial forces and died in exile (1638).]
L. MARTIN OPITZ
A Silesian scholar (1597-1639) who won great renown as a poet and a literary lawgiver. In a pioneer treatise on poetics (1624, in which year his Teutsche Poemata also appeared), he came to the defense of the German language, pleaded for a purer diction, and defined the principal genres current abroad, illustrating them with verses of his own. His theory recognized but two feet, the iamb and the trochee, which he defined in terms of accent. He prescribed a more regular alternation of accented and unaccented syllables and recommended the use of the alexandrine verse. Under his influence German poetry became more regular and artistic, but lost touch with the general life, being more and more regarded as a refined diversion of the scholar class. The text of selections 1-4 follows Braune's Neudrucke, No. 1 and Nos. 189-192; for No. 5 see Tittmann's edition in Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.
1
From the 'Buch von der deutschen Poeterey.'
Wiewol ich mir von der Deutschen Poeterey, auff ersuchung vornemer Leute, vnd dann zue besserer fortpflantzung[1] vnserer sprachen, etwas auff zue setzen vorgenommen, bin ich doch solcher gedancken keines weges, das ich vermeine, man knne iemanden durch gewisse regeln vnd gesetze zu einem Poeten machen....
Die worte vnd Syllaben in gewisse gesetze zue dringen, vnd verse zue schreiben ist das allerwenigste was in einem Poeten zue suchen ist. Er muss euphantasitos,[2] von sinnreichen einfllen vnd erfindungen sein, muss ein grosses vnverzagtes gemte haben, muss hohe sachen bey sich erdencken knnen, soll anders[3] seine rede eine art kriegen, vnd von der erden empor steigen. Ferner so schaden auch dem gueten nahmen der Poeten nicht wenig die jenigen, welche mit jhrem vngestmen ersuchen auff alles was sie thun vnd vorhaben verse fodern. Es wird kein buch, keine hochzeit, kein begrbnss ohn vns gemacht; vnd gleichsam als niemand kndte alleine sterben, gehen vnsere gedichte zuegleich mit jhnen vnter. Mann wil vns auff allen Schsseln vnd kannen haben, wir stehen an wnden vnd steinen,[4] vnd wann einer ein Hauss ich weiss nicht wie an sich gebracht hat, so sollen wir es mit vnsern Versen wieder redlich machen. Dieser begehret ein Lied auff eines andern Weib, jenem hat von des nachbaren Magdt getrewrnet, einen andern hat die vermeinte Bulschafft ein mal freundtlich angelacht, oder, wie dieser Leute gebrauch ist, viel mehr aussgelacht; ja des nrrischen ansuchens ist kein ende. Mssen wir also entweder durch abschlagen jhre feindschafft erwarten, oder durch willfahren den wrden der Poesie einen mercklichen abbruch thun. Denn ein Poete kan nicht schreiben wenn er will, sondern wenn er kann, vnd jhn die regung des Geistes, welchen Ovidius vnnd andere vom Himmel her zue kommen vermeinen, treibet....
Vnd muss ich nur bey hiesiger gelegenheit ohne schew dieses errinnern, das ich es fr eine verlorene arbeit halte, im fall sich jemand an vnsere deutsche Poeterey machen wolte, der, nebenst dem das er ein Poete von natur sein muss, in den griechischen vnd Lateinischen bchern nicht wol durchtrieben ist, vnd von jhnen den rechten grieff erlernet hat; das auch alle die lehren, welche sonsten zue der Poesie erfodert werden, vnd ich jetzund krzlich berhren wil, bey jhm nichts verfangen knnen....
Nachmals ist auch ein jeder verss entweder ein iambicus oder trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grsse der sylben knnen inn acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen, welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzt werden soll. Ein Jambus ist dieser: Erhalt vns Herr bey deinem Wort; der folgende ein Trocheus: Mitten wir im leben sind. Dann in dem ersten verse die erste sylbe niedrig, die andere hoch, die dritte niedrig, die vierde hoch, vnd so fortan; in dem anderen verse die erste sylbe hoch, die andere niedrig, die dritte hoch, u.s.w. aussgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch niemand, ich auch vor der zeit selber nicht, dieses genawe in acht genommen, scheinet es doch so hoch von nthen zue sein, als hoch von nthen ist, das die Lateiner nach den quantitatibus oder grssen der sylben jhre verse richten vnd reguliren.
[Notes: 1: Fortpflantzung = Verbesserung. 2: Euphantasitos, 'very fanciful'; see Quintilian vi. 2, 30. 3: Anders, 'anywise.' 4: Steinen = Trsteinen.]
2
Ode.[5]
Ich empfinde fast ein grawen, Das ich, Plato, fr vnd fr Bin gesessen vber dir; Es ist zeit hienauss zue schawen, Vnd sich bey den frischen quellen 5 In dem grnen zue ergehen, Wo die schnen Blumen stehen, Vnd die Fischer netze stellen.
Worzue dienet das studieren, Als zue lauter vngemach? 10 Vnter dessen laufft die Bach Vnsers lebens das wir fhren, Ehe wir es innen werden, Auff jhr letztes ende hin; Dann kompt ohne geist vnd sinn 15 Dieses alles in die erden.
Hola, Junger, geh' vnd frage Wo der beste trunck mag sein; Nim den Krug, vnd flle Wein. Alles trawren leidt vnd klage, 20 Wie wir Menschen tglich haben, Eh vns Clotho fortgerafft, Wil ich in den sssen safft Den die traube giebt vergraben.
Kauffe gleichfalls auch Melonen,[6] 25 Vnd vergiss des Zuckers nicht; Schawe nur das nichts gebricht. Jener mag der heller schonen, Der bey seinem Gold vnd Schtzen Tolle sich zue krencken pflegt 30 Vnd nicht satt zue bette legt; Ich wil weil ich kan mich letzen.
Bitte meine guete Brder Auff[7] die music vnd ein glass; Nichts schickt, dnckt mich, nicht sich bass 35 Als guet tranck vad guete Lieder. Lass ich gleich nicht viel zue erben, Ey, so hab' ich edlen Wein; Wil mit andern lustig sein, Muss ich gleich alleine sterben. 40
[Notes: 5: From the Poeterey, Ch. 5, where it is offered in elucidation of lyric poetry. It is a free rendering of Ronsard, II, 18. 6: Melonen; the point is: Do not mind the expense. The muskmelon (cucumis melo) came from Italy and Southern France, and (with sugar!) was a luxury. 7: Auff, with bitten, in the sense of 'invite to.']
3
Chansonnette.
Mit Liebes Brunst behafftet sein, Ist warlich eine schwere Pein; Es ist kein Schmerz auff dieser Erdt, Der recht mit jhm verglichen werdt: Drumb will ich mich gantz embsiglich 5 Von dem Leyden allzeit scheiden, Vnd die ssse Gifft vermeiden. Auff dass nun nicht die schnde Brunst Mich lasse zu ihr tragen Gunst, Soll Venus mich nicht treffen an 10 Auff jergendt einer Liebes Bahn; Der Tugendt Weg ist ein schn Steg, Darauff eben ich will schweben, Vnd jhr gantz verpflichtet leben. Recht vnd gar wol auch Pallas blieb 15 Allzeit befreyet von der Lieb, Sie gab dem Fewer niemals raum, Vnd hielte sich in sttem Zaum, Auff grner Heyd sie allezeit Mit dem Hetzen sich thet letzen 20 Vnd frey aller Sorg ergetzen. Ich will ins knfftig fleissig auch Nachfolgen dieser Gttin Brauch, Denn Venus ist die grste Last, Cupido ist ein schdlich Gast. 25 Wen er einmal nur bringt zu fall, Muss verderben, offt auch sterben, Vnd fr Frewden schmertz ererben. Also belohnt er alle doch, Die sich ergeben seinem Joch; 30 Vnd diss bedenck ich offt vnd viel, Es mag lieb haben wer da will, Ich bleibe meine Zeit allein. Offt nach schertzen kommen schmertzen, Wohl dem der das thut beherzen. 35
4
Sonnet an die Bienen.
Ihr Honigvgelein, die jhr von den Violen Und Rosen abgemeit den wundersssen Safft, Die jhr dem grnen Klee entzogen seine Krafft, Die jhr das schne Feldt so offt vnd viel bestohlen, Ihr Feldteinwohnerin, was wollet jhr doch holen Das, so euch noch zur Zeit hat wenig nutz geschafft, Weil jhr mit Dienstbarkeit dess Menschen seit behafft, Vnd jhnen mehrentheils das Honig msset Zollen? Kompt, kompt zu meinem Lieb, auff jhren Rosenmundt, Der mir mein kranckes Herz gantz inniglich verwundt, Da sollt jhr Himmelspeiss vnd vberflssig brechen. Wann aber jemandt ja sich vnderstehen kundt Ihr vbel anzuthun, dem sollet jhr zur stundt Fr Honig Galle sein, vnd jhn zu tode stechen.
5
The horrors of the Thirty Years' War: From the 'Trostgedichte in Widerwertigkeit des Krieges.'
Wie manche schne Stadt, Die sonst das ganze Land durch Pracht gezieret hat, Ist jetzund Asch und Staub! Die Mauren sind verheeret, Die Kirchen hingelegt, die Huser umgekehret. Wie wann ein starker Fluss, der unversehens kmt, 5 Die frische Saate strzt, die cker mit sich nimt, Die Wlder niederreisst, luft ausser seinen Wegen, So hat man auch den Plitz und schwefelichte Regen Durch der Geschtze Schlund mit grimmiger Gewalt, Dass alles Land umher erzittert und erschallt, 10 Gesehen mit der Luft hin in die Stdte fliegen. Des Rauches Wolken sind den Wolken gleich gestiegen, Der Feuer-Flocken See hat alles berdeckt Und auch den wilden Feind im Lger selbst erschreckt. Das harte Pflaster hat geglhet und gehitzet, 15 Die Thrme selbst gewankt, das Erz darauf geschwitzet; Viel Menschen, die der Schar der Kugeln sind entrant, Sind mitten in die Glut gerathen und verbrant, Sind durch den Dampf erstickt, verfallen durch die Wnde Was brig blieben ist, ist kommen in die Hnde 20 Der argsten Wtherei, so, seit die Welt erbaut Von Gott gestanden ist, die Sonne hat geschaut. Der Alten graues Haar, der jungen Leute Weinen, Das Klagen, Ach und Weh der Grossen und der Kleinen, Das Schreien in gemein von Reich und Arm gefhrt, 25 Hat diese Bestien im minsten nicht gerhrt. Hier half kein Adel nicht, hier ward kein Stand geachtet, Sie musten alle fort, sie wurden hingeschlachtet, Wie wann ein grimmer Wolf, der in den Schafstall reisst, Ohn allen Unterschied die Lmmer niederbeisst. 30 Der Mann hat mssen sehn sein Ehebette schwchen, Der Tchter Ehrenblt' in seinen Augen brechen, Und sie, wann die Begier nicht weiter ist entbrant, Unmenschlich untergehn durch ihres Schnders Hand.
LI. PAUL FLEMING
1609-1640. Fleming was a gifted lyric poet of the Opitzian era. A Saxon by birth, he studied medicine at Leipzig, where he learned to admire Opitz. Five years of his short life were spent in connection with an embassy of the Duke of Holstein to Russia and Persia. His best work is found in the poems, more especially the sonnets, which he wrote during this long absence from the fatherland. The selections follow Tittmann's edition in Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.
1
An einen guten Freund.
Lass der Zeit nur ihren Willen Und vergnn' ihr ihren Lauf; Sie wird sich selbst mssen stillen, Wenn wir nichts nicht geben drauf. Meistes Elend wird verschmerzet, 5 Wenn mans nicht zu sehr beherzet.
Ist es heute trbes Wetter, Morgen wird es heiter sein; Stimmen doch die grossen Gtter Stets an Lust nicht berein. 10 Und wer weiss, wie lang er bleibet, Der uns itzo so vertreibet.[1]
Ob die Sonne gehet nieder Und den Erdkreiss traurig macht, Doch so kmt sie frhlich wieder 15 Nach der berstandnen Nacht. Herrschen itzund Frost und Winde, Balde wird es sein gelinde.
Unterdessen sei der Deine, Brich nicht ab der ersten Kost[2]; 20 Labe dich mit altem Weine Und versuch den jungen Most. Lass uns einen Rausch noch kaufen, Ehe denn wir mssen laufen.
[Notes: 1: Lines 11-12 allude, probably, to the occupation of Leipzig by imperial troops in 1632. 2: Der ersten Kost, 'your previous fare.' Abbrechen with dative = Abbruch tun, verkrzen, vermindern.]
2
An Basilenen[3]: Nachdem er von ihr gereiset war.
Ist mein Glcke gleich gesonnen, Mich zu fhren weit von dir, O du Sonne meiner Wonnen, So verbleibst du doch in mir. Du in mir und ich in dir 5 Sind beisammen fr und fr.
Knftig werd' ich ganz nicht scheuen, Kaspis, deine fremde Flut, Und die den Wsteneien, Da man nichts als frchten thut. 10 Auch das Wilde macht mir zahm, Liebste, dein gelobter Nam'.
berstehe diese Stunden, Schwester, und sei unverwant. Ich verbleibe dir verbunden, 15 Und du bist mein festes Band. Meines Herzens Trost bist du, Und mein Herze selbst darzu.
Ihr, ihr Trume, solt indessen, Unter uns das Beste thun. 20 Kein Schlaf, der sol ihr vergessen, Ohne mich sol sie nicht ruhn, Dass die ssse Nacht ersetzt, Was der trbe Tag verletzt.
Lebe, meines Lebens Leben, 25 Stirb nicht, meines Todes Tod, Dass wir uns uns wiedergeben, Abgethan von aller Noth. Sei gegrsst, bald Trost, itzt Qual, Tausend, tausend, tausendmal! 30
[Notes: 3: While sojourning in Reval, on his way to Asia, Fleming fell in love with Elsabe Niehusen, but later transferred his affections to her sister Anna. Basilene is one of several poetic names for Elsabe.]
3
Inter Brachia Salvatoris.[4]
Des Donners wilder Plitz schlug von sich manchen Stoss, Das feige Volk stund blass, das scheuche Wild erzittert' Vom Schmettern dieses Knalls. Die Erde ward erschttert. Mein Fuss sank unter sich, der Grund war bodenlos. Die Gruft, die fiel ihr nach,[5] schlung mich in ihren Schoss. Ich gab mich in die See, in der es grausam wittert' Der Sturm flog klippenhoch. Mein Schiff, das ward gesplittert, Ward leck, ward Anker[6] quit, ward Mast[6] und Segel[6] bloss. Vor, um und hinter mir war nichts als eine Noth; Von oben Untergang, von unten auf der Tod, Es war kein Muttermensch, der mit mir hatt' Erbarmen. Ich aber war mir gleich, zum Leben frisch und froh, Zum Sterben auch nicht faul auf[7] wenn und wie und wo, Denn mein Erlser trug mich allzeit auf den Armen.
[Notes: 4: The sonnet is reminiscent of a shipwreck in the Caspian Sea, November 15, 1636; the title from St. Augustine's inter brachia salvatoris mei et vivere volo et mori cupio. 5: Fiel ihr nach, 'gave way' (ihr reflexive). 6: Anker, Mast, Segel; all genitive. 7: Faul auf, 'hesitating over.']
4
ber Herrn Martin Opitzen auf Boberfeld sein Ableben.
So zeuch auch du denn hin in dein Elyserfeld, Du Pindar, du Homer, du Maro unsrer Zeiten, Und untermenge dich mit diesen grossen Leuten, Die ganz in deinen Geist sich hatten hier verstellt. Zeuch jenen Helden zu, du jenen gleicher Held, Der itzt nichts Gleiches hat, du Herzog deutscher Seiten, O Erbe durch dich selbst der steten Ewigkeiten, O ewiglicher Schatz und auch Verlust der Welt! Germanie ist tod, die herrliche, die freie, Ein Grab verdecket sie und ihre ganze Treue. Die Mutter, die ist hin, hier liegt nun auch ihr Sohn, Ihr Recher und sein Arm. Lasst, lasst nur alles bleiben, Ihr, die ihr brig seid, und macht euch nur davon, Die Welt hat wahrlich mehr nichts Wrdigs zu beschreiben.
LII. FRIEDRICH VON LOGAU
An eminent writer of reflective, critical, and epigrammatic verse (1604-1655). He was born in Silesia and spent the most of his life at Brieg, where he was sometime ducal councillor. In 1654 he published Salomon von Golaws deutscher Sinngetichte drei Tausend, the name Golaw being a disguise of Logau. They vary in length from a couplet to a hundred lines or more, and disclose in the aggregate a virile and interesting personality. The text follows Eitner's edition in Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.
1
Das Beste der Welt.
Weistu, was in dieser Welt Mir am meisten wolgefllt? Dass die Zeit sich selbst verzehret, Und die Welt nicht ewig whret.
2
Die unartige Zeit.
Die Alten konnten frhlich singen Von tapfern deutschen Heldensdingen, Die ihre Vter ausgebet: Wo Gott noch uns ja Kinder gibet, Die werden unsser Zeit Beginnen 5 Beheulen, nicht besingen knnen.
3
Geduld.
Leichter trget, was er trget, Wer Geduld zur Brde leget.
4
Adel.
Hoher Stamm und alte Vter Machen wohl ein gross Geschrei; Moses aber ist Verrther, Dass dein Ursprung Erde sei.
5
Gunst fr Recht.
Kein Corpus juris darf[1] man nicht, Wo Gunst und Ungunst Urtel spricht.
[Notes: 1: darf = bedarf.]
6
Theure Ruh.[2]
Deutschland gab fnf Millionen, Schweden reichlich zu belohnen, Dass sie uns zu Bettlern machten, Weil sie hoch dies Mhen achten. Nun sie sich zur Ruh gegeben Und von Unsrem dennoch leben, Muss man doch bei vielen Malen Hher noch die Ruh bezahlen.
[Notes: 2: The Treaty of Westfalia gave the Swedes a war indemnity of 5,000,000 talers, but they afterwards demanded and received 200,000 more.]
7
Der Glaubensstreit.
Luthrisch, Pbstisch und Calvinisch—diese Glauben alle drei Sind vorhanden; doch ist Zweifel, wo das Christentum dann sei.
8
Ein unruhig Gemthe.
Ein Mhlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben; Wo beides nicht zu reiben hat, wird beides selbst zerrieben.
9
Weiberverheiss.
Wer einen Aal beim Schwanz und Weiber fasst bei Worten, Wie feste der gleich hlt, hat nichts an beiden Orten.
10
Zweifssige Esel.
Dass ein Esel hat gespracht, warum wundert man sich doch? Geh aufs Dorf, geh auf den Markt: o sie reden heute noch.
11
Die deutsche Sprache.
Deutsche mhen sich jetzt hoch, deutsch zu reden fein und rein; Wer von Herzen redet deutsch, wird der beste Deutsche sein.
12
Gttliche Rache.
Gottes Mhlen mahlen langsam, mahlen aber trefflich klein; Ob aus Langmuth er sich sumet, bringt mit Schrf' er alles ein.
13
Franzosenfolge.
Narrenkappen sam[3] den Schellen, wenn ich ein Franzose wr', Wollt' ich tragen; denn die Deutschen gingen stracks wie ich so her.
[Notes: 3: Sam = zusammen mit.]
14
Dreierlei Glauben.
Der Papst der will durch Thun, Calvin wil durch Verstehn, In den Himmel aber wil durch Glauben Luther gehn.
15
Drei Fakultten.
Juristen, rzte, Prediger sind alle drei beflissen, Die Leute zu purgieren[4] wol am Sckel, Leib, Gewissen.
[Notes: 4: Purgieren, 'purge,' 'clean out.']
16
Verwandelung.
Dass aus Menschen werden Wlfe,[5] bringt zu glauben nicht Beschwerden; Siht man nicht, dass aus den Deutschen dieser Zeit Franzosen werden?
[Notes: 5: Wlfe, in allusion to the superstition of the man-wolf (werewolf, lycanthropus).]
17
Das Hausleben.
Ist Glcke wo und was, so halt' ich mir fr Glcke, Wann ich mein eigen bin, dass ich kein dienstbar Ohr Um weg verkaufte Pflicht[6] darf recken hoch empor Und horchen auf Befehl. Dass mich der Neid bercke, Da bin ich sorgenlos. Die schmale Strzebrcke,[7] Darauf nach Gunst man zeucht, die bringt mir nicht Gefahr; Ich stehe, wo ich steh', und bleibe, wo ich war. Der Ehre scheinlich[8] Gift, des Hofes Meisterstcke, Was gehen die mich an? Gut, dass mir das Vergngen Fr grosse Wrde gilt; mir ist ja noch so wol, Als dem der Wanst zerschwillt,[9] die weil er Hoffahrt voll. Wer biegen sich nicht kan, bleibt, wann er fllet, liegen. Nach Purpur tracht' ich nicht; ich nehme weit dafr,[10] Wann Gott ich leben kan, dem Nchsten und auch mir.
[Notes: 6: Um ... Pflicht, 'in venal service.' 7: Strzebrcke = Fallbrcke. 8: Scheinlich, 'glittering.' 9: Zerschwillt = schwellend zerplatzt. 10: Nehme dafr = ziehe vor.]
18
An mein vterlich Gut, so ich drei Jahr nicht gesehen.
Glck zu, du des Feld; Glck zu, ihr wsten Auen! Die ich, wann ich euch seh', mit Thrnen muss bethauen, Weil ihr nicht mehr seid ihr; so gar hat euren Stand Der freche Mord-Gott Mars grundaus herumgewandt. Seid aber doch gegrsst; seid dennoch frgesetzet 5 Dem allen, was die Stadt fr schn und kstlich schtzet. Ihr wart mir lieb, ihr seid, ihr bleibt mir lieb und werth; Ich bin, ob ihr verkehrt,[11] noch dennoch nicht verkehrt. Ich bin, der ich war vor. Ob ihr seid sehr vernichtet, So bleib' ich dennoch euch zu voller Gunst verpflichtet, 10 So lang ich ich kan sein; wann dann mein Sein vergeht, Kans sein, dass Musa wo an meiner Stelle steht.[12] Gehab dich wol, o Stadt! die du in deinen Zinnen Hast meinen Leib gehabt, nicht aber meine Sinnen. Gehab dich wol! mein Leib ist nun vom Kerker los; 15 Ich darf nun nicht mehr sein, wo mich zu sein verdross. Ich habe dich, du mich, du ssse Vatererde! Mein Feuer glnzt nun mehr auf meinem eignen Herde. Ich geh', ich steh', ich sitz', ich schlaf', ich wach' umbsunst.[13] Was theuer mir dort war, das hab' ich hier aus Gunst 20 Des Herrens der Natur, um "Habe-Dank" zu niessen Und um gesunden Schweiss; darf nichts hingegen wissen Von Vortel und Betrug, von Hinterlist und Neid, Und wo man sonst sich durch schickt etwan in die Zeit. Ich ess' ein selig Brot, mit Schweiss zwar eingeteiget, 25 Doch das durch Bckers Kunst und Hefen hoch nicht steiget, Das zwar Gesichte[14] nicht, den Magen aber fllt Und dient mehr, dass es nhrt, als dass es Heller gilt. Mein Trinken ist nicht falsch[15]; ich darf mir nicht gedenken, Es sei gebrauen zwier,[16] vom Bruer und vom Schnken. 30 Mir schmeckt der klare Saft; mir schmeckt das reine Nass, Das ohne Keller frisch, das gut bleibt ohne Fass, Drum nicht die Nymphen erst mit Ceres drfen kmpfen, Wer Meister drber sei, das nichts bedarf zum Dmpfen,[17] Weils keinen Schwefelrauch noch sonsten Einschlag hat, 35 Das ohne Geld steht feil, das keine frevle That Hat den jemals gelehrt, der dran ihm liess gengen. Der Krmer fruchtbar Schwur, und ihr geniesslich[18] Lgen Hat nimmer Ernt' um mich. Der vielgeplagte Lein, Der muss, der kan mir auch anstatt der Seiden sein. 40 Bewegung ist mein Arzt. Die kruterreichen Wlde Sind Apotheks genug; Geld, Gold wchst auch im Felde,— Was mangelt alsdenn mehr? Wer Gott zum Freunde hat Und hat ein eignes Feld, fragt wenig nach der Stadt, Der vortelhaften Stadt, da Nahrung zu gewinnen 45 Fast jeder muss auf List, auf Tck und Rnke sinnen. Drum hab' dich wol, o Stadt! wenn ich dich habe, Feld, So hab' ich Haus und Kost, Kleid, Ruh', Gesundheit, Geld.
[Notes: 11: Verkehrt, 'changed.' 12: Dass ... steht; 'that some other muse than mine will praise you.' 13: Umbsunst, 'for nothing.' 14: The bread does not look good, but is nourishing. 15: Falsch, 'diluted.' 16: Zwier = zweimal. 17: In allusion to the process of treating wine with sulphur—nominally to improve its taste and color. 18: Geniesslich, 'profitable.']
LIII. ANDREAS GRYPHIUS
1616-1664. Gryphius is the most important of the pseudo-classic dramatists, though his plays lacked the schooling of the stage. He was born in Glogau, Silesia, won early distinction as a scholar and poet, resided several years in Holland, France, and Italy, and finally settled down in his birthplace, which honored him with the office of town syndic. He wrote five original tragedies in alexandrine verse (always with a chorus of some kind), and several comedies, partly in verse and partly in prose. The selections follow Tittmann's edition in Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts.
1
From the fourth act of 'Murdered Majesty, or Carolus Stuardus'; King Charles I, about to face death on the scaffold, confers with his loyal friends, Colonel Thomlinson and Bishop Juxton.
KARL
Frst, aller Frsten Frst, den wir nun sterbend grssen, Vor dem wir auf dem Knie das strenge Richtbeil kssen, Gib, was mein letzter Wunsch noch von dir bitten kan, Und stecke Karols Geist mit heilgem Eifer an. Entznde diss Gemt, das sich ergetzt, zu tragen 5 Die ehrenvolle Schmach, das sich beherzt, zu wagen Fr unterdrckte Kirch, entzweigesprengte Kron Und hochverfhrtes Volk. Ihr, die von eurem Thron Mein Mordgerst beschaut, schaut, wie die Macht verschwinde, Auf die ein Knig pocht; schaut, wie ich berwinde, 10 Indem mein Scepter bricht. Die Erden stinkt uns an, Der Himmel ruft uns ein. Wer also scheiden kan, Verhhnt den blassen Tod und trotzt dem Zwang der Zeiten Und muss der Grfte Recht[1] grossmthig berschreiten, Indem ein Unterthan sein eigen Mordrecht spinnt 15 Und durch des Prinzen Fall unendlich Leid gewinnt, Das hufig schon erwacht; wer nach uns hier wird leben, Wird zwischen heisser Angst und Todesfurchten schweben, Indem sich Land auf Land und Stadt auf Stadt verhetzt, Und Rathstuhl dem Altar und Tempel widersetzt, 20 Und dieser den verdruckt, der jenen aus wil heben,[2] Und dem, der nach ihm schlgt, den letzten Hieb wil geben; Biss der, der wider uns den grimmen Schluss aussprach, Der unser Regiment mit frecher Faust zubrach, Gepresst durch heisse Reu wird diesen Tag verfluchen 25 Und meine Tropfen Blut auf seiner Seelen suchen; Biss der, der sich erkhnt, mein sauber Herz zu schmhn, Von Blut und Thrnen nass sich nach uns um wird sehn. Doch! wir bekrnken[3] diss und bitten: Herr, verschone, Lass nicht der Rache zu, dass sie dem Unrecht lohne, 30 Das ber uns geblitzt! Ihr Knig schilt sie frei.[4] Verstopf auch, Herr, dein Ohr vor ihrem Mordgeschrei. Was sagt uns Thomlinson?
THOMLINSON
Prinz Karl, die Blum der Helden, Wil ihrer Majestt die treue Pflichtschuld melden Und schickt durch treue Leut' aus Katten[5] diss Papier! 35
KARL
Mein hochbetrbter Prinz, mein Sohn, wie fern von dir! Wie fern, wie fern von dir!
JUXTON
Der Hchste wird verbinden, Was dieser Tag zureisst. Mein Frst wird ewig finden, Was Zeit und Unfall raubt.
KARL
Recht! Finden und in Gott Und durch Gott wiedersehn, die ein betrbter Bot 40 Mit keiner Antwortschrift mehr von uns wird erquicken. Ich muss die Trauerpost an Freund und Kinder schicken, Dass Karl itzund vergeh. Nein! Kan der untergehn, Der zu der Krone geht? Der feste[6] Karl wird stehn, Wenn nun sein Krper fllt; der Glanz der Eitelkeiten, 45 Der Erden leere Pracht, die strenge Noth der Zeiten Und diss, was sterblich heisst, wird auf den Schauplatz[7] gehn; Was unser eigen ist, wird ewig mit uns stehn. Was hlt uns weiter auf? Geh, Thomlinson, und schicke Dem Prinzen seinen Brief so unversehrt zurcke, 50 Als ihn die Faust empfing. Wir gehn die letzte Bahn! Unnthig, dass ein Brief, durch schmerzenvollen Wahn, Durch jammerreiche Wort und neue Seelenhiebe Uns aus geschpfter Ruh erweck' und mehr betrbe.
JUXTON
Gott, in dem alles ruht, vermehre diese Ruh! 55
KARL
Er thuts und spricht dem Geist mit starkem Beistand zu.
JUXTON
Sein Beistand strkt in Angst ein unbefleckt Gewissen.
KARL
Das, der unschuldig litt, wusch durch sein Blutvergiessen.
JUXTON
Der, was uns drckt, ertrug in letzter Sterbensnoth.
KARL
Uns drckt, diss glaubt uns fest, nichts mehr als Straffords Tod. 60
THOMLINSON
Die Richter haben ihm die Halsstraf auferleget.
KARL
Sein Unschuld hat den Blitz auf unser Haupt erreget.
THOMLINSON
Der Knig gab den Mann durch Macht gezwungen hin.
KARL
Lernt nun, was dieser Zwang uns bringe vor Gewinn.
THOMLINSON
Der Knig must' es thun, das tolle Volk zu stillen. 65
KARL
Recht so, seht wie das Volk dem Knig itzt zu Willen!
THOMLINSON
Als Wentworth um den Tod den Knig selber bat.
KARL
Seht, was der Knig itzt dadurch erhalten hat!
THOMLINSON
Man schloss fr aller Heil auf eines Manns Verderben.
KARL
Der[8] dieses schloss, ist hin, und wer nicht hin, wird sterben. 70
THOMLINSON
Dem Urtheil fielen bei der Staats- und Kirchenrath.
KARL
Verblmt es, wie ihr wollt, es war ein arge That.
JUXTON
Der Hchste wird die That der langen Reu verzeihen.
KARL
Er wird von diesem Blut uns durch sein Blut befreien. Auf, Geist! Die Bluttrompet, der harten Drommel Klang, 75 Der Waffen Mordgeknirsch ruft zu dem letzten Gang.
[Notes: 1: Recht; in the sense of 'limit of jurisdiction,' 'boundary.' 2: Ausheben = aus dem Sattel heben, strzen. 3: Bekrnken = beklagen. 4: Schilt ... frei, 'exonerates them.' 5: Katten = Holland. 6: Feste, 'substantial,' 'real.' 7: Schauplatz = Richtplatz. 8: Der; the allusion is to John Pym, under whose leadership of the Commons the Earl of Strafford (Thomas Wentworth) was executed in 1641. Pym himself died in 1643.]
2
From the fifth act of 'Horribilicribrifax': Terrific encounter of the two braggart captains Daradiridatumtarides and Horribilicribrifax.
HORRIB. Und wenn du mir biss in den Himmel entwichest und schon auf dem lincken Fuss des grossen Bren sssest, so wolte ich dich doch mit dem rechten Spornleder erwischen und mit zweien Fingern in den Berg tna werfen.
DARADIR. Gardez-vous, folltreau![9] Meinest du, dass ich vor dir gewichen? Und wenn du des grossen Carols Bruder, der grosse Roland selbst, und mehr Thaten verrichtet httest als Scanderbek, ja in die Haut von Tamerlanes gekrochen werest, soltest du mir doch keine Furcht einjagen. |
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