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An anthology of German literature
by Calvin Thomas
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9

Der unbedeutende Feind.

Dem Lwen wollt' ich Friede geben, Liessen mich die Flhe leben.

10

Der khnste Vogel.

Die Flieg' ist, wird der Sommer heiss, Der khnste Vogel, den ich weiss.

11

Rom und der Papst.

Zu Rom ist manche falsche List, Daran der Papst unschuldig ist.

12

Weisheit und Reichtum.

Ich nhme Eines Weisen Mut Fr zweier reicher Toren Gut.

13

Scheinheiligkeit.

Von manchem hrt' ich schon mit Neid, Er pflege grosser Heiligkeit; Und sah ich ihn, da dnkt' es mich, Er wre nur ein Mensch wie ich.

14

Der freie Gedanke.

Deshalb sind Gedanken frei, Dass die Welt unmssig sei.

15

Lebensregel.

Man soll nach Gut und Ehre jagen Und Gott dennoch im Herzen tragen.

16

Minneglck.

Wer minnet, was er minnen soll, Dem ist mit Einem Weibe wohl; Ist sie gut, so ist ihm gewhrt, Was man von allen Weibern gehrt.



XXXIII. PLAY OF THE TEN VIRGINS

One of the earliest attempts at dramatic composition in German. There is a tradition that it was played in 1322 before the Landgrave of Thringen and that he was so overwhelmed by its picture of Christ as stern judge that he fell into a moody despair which endured five days and ended with an apoplectic stroke from which he died three years later.

Die erste Trichte spricht also:

Herr Vater, himmelischer Gott, Tu' es bei deinem bittern Tod, Den du am Kreuze hast erduldet: Verzeih' uns armen Jungfraun, was wir verschuldet. Verleitet hat uns leider unsre Torheit; 5 Lass uns geniessen deiner grossen Barmherzigkeit, Und Mariens, der lieben Mutter dein, Und lass uns zu dem Gastmahl hier herein.

Jesus spricht also:

Wer die Zeit der Reue versumet hat Und auch nicht bsste seine Missetat 10 Und kommt zu stehn vor meiner Tr, Der findet keinen Eintritt hier.

Die zweite Trichte spricht:

Tu' auf, o Herr, dein Tor! Die gnadenlosen Jungfraun stehen davor Lieber Herr, wir bitten dich sehr, 15 Dass deine Gnade sich uns zukehr'.

Jesus spricht also:

Ich weiss nicht, wer ihr seid. Da ihr zu keiner Zeit Mich selber habt erkannt Noch die Taten meiner Hand, 20 So bleibt euch Gnadenlosen Das Himmelstor verschlossen.

Die dritte Trichte spricht also:

Da Gott uns Heil versagt, Beten wir zu der reinen Magd, Mutter aller Barmherzigkeit, 25 Dass sie uns huld sei in unsrem grossen Herzeleid Und zu ihrem Sohn flehe fr uns Armen, Dass er sich unser woll' erbarmen.

Die vierte Trichte spricht:

Maria, Mutter und Magd, Uns ward gar oft gesagt, 30 Du seiest aller Gnade voll; Nun bedrfen wir der Gnade wohl. Dies bitten wir dich sehr Bei aller Jungfrauen Ehr', Dass du zu deinem Sohn flehest fr uns Armen, 35 Er mge sich unser gndig erbarmen.

Maria spricht also:

Tatet ihr je mir oder meinem Kinde etwas zu Frommen, Es msste euch jetzt zu statten kommen. Das tatet ihr aber leider mit nichten, Drum wird unser beider Bitte wenig ausrichten. 40 Doch will ich's versuchen bei meinem Kinde, Ob ich vielleicht Gnade finde.

Maria fllt auf die Kniee vor unsern Herrn und spricht:

Ach, liebes Kind mein, Gedenke der armen Mutter dein, Gedenke der mannigfaltigen Not, 45 Die ich erlitt durch deinen Tod. Herr Sohn, da ich dein genas, Hatt' ich weder Haus noch Palas, Ganz arm war ich; Das hab' ich erlitten fr dich. 50 Ich hatte mit dir Mhe, es ist wahr, Mehr als dreiunddreissig Jahr; Sieh, liebes Kind, das lohne mir Und erbarme dich dieser Armen hier.

Jesus spricht zu Maria:

Mutter, denkt an das Wort, 55 Das sie finden geschrieben dort: Wolken und Erde sollen vergehn, Meine Worte sollen immer stehn. Du errettest den Snder nimmermehr, Weder du noch das ganze himmlische Heer. 60

Die erste Trichte spricht also:

Ach Herr, bei deiner Gte Erweiche dein Gemte Und erzrne dich nicht so sehr. Bei aller Jungfrauen Ehr' Schau' heute unser Elend an; 65 Es reut uns, was wir dir zu Leid je haben getan. Nicht wieder wollen wir uns vergehen; Erhre deiner Mutter Flehen Und lass uns arme Jungfrauen Die Festlichkeit beschauen. 70 Maria, aller Snder Trsterin, Hilf uns zum Freudensaal darin!

Maria spricht also:

Eure Frsprecherin will ich gerne sein. Wret ihr nur von Snde frei, Ihr kmet desto leichter herein. 75 Ich will aber fr euch mein Kind Jesum bitten. Liebes Kind, lass dich meiner Bitte nicht verdriessen! Lass heute unsre Trnen vor deinen Augen fliessen, Und denke an das Ungemach, Das ich erlitt an deinem Todestag, 80 Da ein Schwert durch meine Seele ging. Also fr jene Pein, die ich um dich empfing, Belohne mich zu gunsten dieser Armen Und ihrer lass dich nun erbarmen. Du bist ihr Vater, eine jede ist dein Kind; 85 Denke, wie lstig sie dir auch geworden sind In manchem Ungemache, Und in was fr einer Sache Der Snder dich auch geplagt, Er ist dennoch die Schpfung deiner Macht. 90 Mein Sohn, du trauter, guter, Erhre deine Mutter. Hab' ich dir je einen Dienst getan, So nimm dich dieser Armen an, Damit die jammervolle Schar 95 Zu Himmel ohne Urteil fahr'.

Jesus spricht also:

Nun schweiget, Frau Mutter mein; Solche Rede mag nicht sein. Da sie auf der Erde waren, Gute Werke sie nicht gebaren, 115 Ihnen gemss war alle Schlechtigkeit; Drum versag' ich ihnen meine Barmherzigkeit, Nach der sie dort nie suchten, Und schicke sie zu den Verfluchten; Ihre spte Reue soll nichts ntzen. 105 Zu Gericht will ich jetzt sitzen: Geht, ihr Verfluchten an Seel' und Leibe, Wie ich euch von mir jetzt vertreibe. Geht in das Feuer unter die Hut Des beln Teufels und seiner Brut! 110 Snder, geh von mir! Trost und Gnade versag' ich dir. Kehre von den Augen mein, Fern bleibe dir meines Antlitz' Schein! Scheide von meinem Reich, 115 Das du, dem Toren gleich Durch deine Snden verloren hast; Trage mit dir der Snden Last! Gehe hin und schrei' und heul'! Keine Hilfe wird dir je zu teil. 120



XXXIV. EASTER PLAYS

The Easter plays grew out of a brief and solemn church function, which followed a Latin ritual. In time German superseded the Latin, but without replacing it entirely; the performances increased greatly in scope, took in elements of fun, buffoonery and diablerie, outgrew the churches and became great popular festivals, which were usually held in the market-place. The performance of an Easter play together with a preceding passion play might occupy several hundred actors for a number of days. The texts as known to us are hardly 'literature' in the narrower sense. They were written by men of small poetic talent, who rimed carelessly, used the rough-and-ready language of the people, did not shrink from indecency and aimed at dramatic rather than poetic effects.

1

From the Redentin play: Christ's descent into hell.[1]

LUCIFER

Nun seht, ist das nicht ein wunderlich Getue, Dass wir nicht mehr sollen leben in Ruhe? Wir wohnen hier schon ber fnftausend Jahr Und wurden solches Unfugs noch nie gewahr, Wie man ihn jetzt gegen uns will treiben; 5 Dennoch wollen wir hier verbleiben, So lange wir stehen noch kampfbereit, Ob es euch allen sei lieb oder leid.

LUCIFER (ad David)

David, wer ist dieser Knig der Ehren?

DAVID

Das kann ich dir wohl leicht erklren: 10 Er ist der starke Herr, Mchtig im Kampf und in aller Ehr'; Er ist's, der alle Dinge hat erschaffen.

LUCIFER

O weh, so sind unntz all unsre Waffen Und all unsre Wehr, 15 Kommt der gewaltige Knig hierher.

JESUS

Ich fordre, Riegel an dieser Hlle, Dass du dich auftuest in der Schnelle. Ich will zerbrechen das Hllentor Und die Meinen fhren hervor. 20

(et cantat: Ego sum Alpha et Omega, etc.)

Ich bin ein A und auch ein O; Das sollt ihr wissen alle, so Hier seid in dieser Hllenfeste. Ich bin der Erste und auch der Letzte. Der Schlssel Davids bin ich gekommen, 25 Um zu erlsen meine Frommen.

SATANAS

Wer ist dieser Mann mit dem roten Kleide, Der uns so vieles tut zu Leide? Eine Unanstndigkeit ist das Und beleidigt uns in hohem Mass. 30

JESUS

Schweig', Satan, und sei bange! Schweige, verdammte Schlange! Spring auf, du Hllentor! Die Seelen sollen hervor, Die darin sind gefangen. 35 Ich habe am Galgen gehangen Fr die, die taten den Willen mein. Ich habe gelitten grosse Pein In meines Leibs fnf Wunden. Damit soll Lucifer sein gebunden 40 Bis an den jngsten Tag: Ihm ewige Pein und ein grosser Schlag.

(Tunc cum vehemencia confringit infernum)

Weichet von hier geschwinde, All ihr Hllengesinde!

(et arripit Luciferum)

Lucifer, du bser Gast, 45 Du trgst fortan dieser Ketten Last, Nicht mehr treibst du dein schndlich Wesen; Meine Lieben sollen vor dir genesen.

(Chorus cantat: Sanctorum populus —Anime cantant: Advenisti —Jesus cantat: Venite benedicti —cum ricmo:)

Kommt her, meine Benedeiten! Not sollt ihr nicht mehr leiden. 50 In meines Vaters Reich begleitet ihr mich, Um dort euch zu freuen ewiglich Im lauteren Glanz der Seligkeit, Die euch ohn' Ende stehet bereit.

(et arripit Adam manu dextra)

Adam, gib mir deine rechte Hand! 55 Heil und Glck sei dir bekannt! Ich vergebe dir, Was du verbracht zu Leide mir.

ADAM

Lob sei dir und Ehr', Du Weltgebieter hehr! 60 Ich und all mein Geschlecht Waren verdammt mit Recht. Doch wolltest du in deiner Barmherzigkeit Uns erlsen aus solcher Jmmerlichkeit. Eva! Eva! 65 Selig Weib, komm mal her ja!

(et cantat: Te nostra vocabant suspiria—)

JESUS

Du warst an deinen Snden gestorben; Nun hab' ich sterbend dich wieder erworben Und will dich fhren zu des Vaters Thron.

EVA

O Herr Jesus, Gottes Sohn, 70 Ich habe gesndigt gegen dich, Indem ich liess betrgen mich Und Trotz bot deinem Worte. Drum wohn' ich hinter der Hllenpforte Wohl fnftausend Jahr! 75 Nun bin ich erlset offenbar.

[Notes: 1: The original, in the Middle Low German of Mecklenburg (Redentin is a village near Wismar) is printed in Krschner's Deutsche Nationalliteratur, Vol. 14. —Upon coming to life in the tomb and escaping the guards stationed by Pilate, Christ descends into hell to release the 'fathers.' Lucifer's first speech—he is the over-lord of hell and Satan his first lieutenant—is addressed to the devils in view of the rumored approach of the King of Glory.]

2

From the Vienna play: The quacksalver scene.[2]

(Nun kommen die Personen und singen.)

Allmchtiger Gott, Vater der hchste, Der Engel Trost, der aus der Not Uns rettete und Trost uns bot—

DIE ZWEITE PERSON

Vater, allmchtiger Gott, Dem die Engel stehn zu Gebot, 5 Was soll uns Armen nun geschehen, Da wir dich nicht mehr sollen sehen? Wir haben den verloren, Der uns zum Troste ward geboren, Jesus Christus, 10 Der reinen Jungfrau Sohn, Der der Welt Hoffnung war. O, wie gross ist unser Schmerz! Wir haben verloren Jesus Christ, Der aller Welt ein Trster ist, 15 Mariens Sohn, den reinen; Drum mssen wir beweinen Bitterlich seinen Tod, Da er uns half aus grosser Not.

DIE DRITTE PERSON

Wir wollen dahin, wo er im Grabe liegt, 20 Und ihn betrauern, der den Tod besiegt Fr uns, und salben ihm die Wunden sein; O weh, wie gross ist unsre Herzenspein! Geliebte Schwestern beide, Wie sollen wir leben in unserm Leide, 25 Wenn wir entbehren mssen Jesus den sssen? Drum gehen wir und kaufen Salben, Damit wir ihm allenthalben Bestreichen seine Wunden 30 In diesen frhen Stunden.

(Der Kaufmann ruft dem Knechte)

Rubein! Rubein! Rubein!

(Rubinus kommt gelaufen)

Was wollt Ihr denn, Herr Meister mein?

MERCATOR

Rubein, wo hast du so lange gesteckt? Du tust deinen Dienst nicht recht. 35 Du solltest hier kaufen und verkaufen Und die Leute schinden und tuschen.

RUBINUS

Herr, ich besuchte jene alten Weiber; Ich wollte auftreten als Harnsteinschneider.

MERCATOR

Rubein, es wird wohl nchstens tagen. 40 Ich hr' ein jmmerlich Klagen Von drei Frauen, die singen; Uns mag jetzt wohl gelingen, Ein gut Geschft zu machen mit Ehr'; Geh und rufe sie hierher. 45

RUBINUS

Herr, welche meinest du? Soll ich sie alle rufen herzu?

MERCATOR

Doch nicht! Rufe nur die allein, Die am Wege klagen und schrein.

(Rubinus geht zu den Schwestern)

Gott grss' euch, Frauen, zu jeder Zeit. 50 Ich sehe wohl, dass ihr betrbet seid. Was euch mag immer schmerzen, Ihr seufzt mit schwerem Herzen. Es tut mir leid, das glaubet mir, Dass so betrbt ihr stehet hier. 55

Die Personen sagen:

Gut Kind, Gott lohn' es dir! Wir haben ein schwer Gemt allhier.

RUBINUS

Das bessere Gott in seiner Gte Und euch vor allem Leid behte! Ausser Trost httet ihr was gern, 60 So geht und fragt bei meinem Herrn.

DIE ZWEITE PERSON

Gott segne dich, du guter Knabe, Und lass gedeihen deine Habe! Unser Leid ist verborgen. Wir wollen dir gerne folgen; 65 Nicht lnger wollen wir hier stehn, Wir wollen gerne mit dir gehn.

Mercator canit:

Ihr Frauen, seid mir hchst willkommen! Ich hoffe zu frdern euer Frommen. Ist etwas hier, was ihr begehrt, 70 Es wird euch gern von mir gewhrt. Ich habe die besten Salben, Die da allenthalben Im Lande werden zu finden sein, In Ysmodia und in Neptaleim. 75 So wahr ich mir den Korb und Stab Mitgebracht habe aus Arab; So wahr mein schnes Weib Antonie Mit mir kam von Babylonie, So muss euch diese recht gedeihen, 80 Denn ich brachte sie von Alexandreien.

DIE DRITTE PERSON

Guter Mann, ich hab' in der Hand Drei schne Gulden von Byzant. Gib uns dafr reichlichermassen, Und mge Gott dich leben lassen! 85

MERCATOR

Da ihr beim Kauf nicht feilschen wollt, Will ich verdienen euer Gold. Nehmt also erstens diese Bchse, Die besser ist als andre fnfe. Und nehmet diese auch dabei, 90 Die besser ist als andre zwei. Und diese Bchse nehmet, so Noch besser ist als andre zwo.

TERTIA PERSONA

Nun sage uns, du guter Mann, Sollen wir mit dieser Salbe gahn? 95

MERCATOR

Ja, Frau, und wr' ich rotes Gold, Ihr sollt sie tragen, wohin ihr wollt.

Die rztin spricht zornig:

Ihr Frauen, lasst die Bchsen stehn! Ihr sollt damit von hier nicht gehn, Sie kosteten mir allzuteuer; 100 Die macht' ich neulich berm Feuer. Geht schnell von meinem Krame ab, Sonst schlag' ich euch mit einem Stab.

Der Krmer spricht zu ihr:

Wie doch, Ihr bse Haut! Wie drft Ihr immer werden laut? 105 Wollt Ihr tadeln mein Verkaufen, Ich will Euch schlagen, will Euch raufen.

MERCATRIX

Wie ist der Flachsbart doch so dreist! Du bist ein rechter Plagegeist. Der Geier soll dich schnden 110 Hier unter meinen Hnden!

MERCATOR

Frau, lasst ab von Eurem Schwatzen, Sonst fhlt Ihr nchstens meine Tatzen.

MERCATRIX

Ich schweige nicht, das sag' ich dir! Wenn du kommst von deinem Bier, 115 Bist du betrunken wie ein Schwein. Mg' es dir nimmermehr gedeihn!

MERCATOR

Schweigt, Frau, sonst rollt Ihr bald zu Hauf.

MERCATRIX

Da drben geht der Vollmond auf.

MERCATOR

Schweigt, oder ich geb' Euch einen Schlag. 120

MERCATRIX

Klotz, da er hier besoffen lag!

MERCATOR

O du altes Redefass! Ich trug dir doch niemals Hass. Nun geb' ich dir eins auf den Kopf, Dass es summt dir unterm Schopf. 125 Und eins noch kriegst du auf den Rcken, Das weh tun soll in allen Stcken.

MERCATRIX

Ach, ach, ach und leider! Sind das doch die neuen Kleider, Die du zu Ostern mir gesandt. 130 Wrst du nur ins Feuer gerannt! Gott gebe dir Geschwr' im Magen, Dass du krepierst in wenig Tagen! Wrst du nicht zu Wien entgangen, Man htte dich schon lngst gehangen. 135 Du hast auch einen roten Bart Und bist ein Kobold schlimmster Art.

MERCATOR

Fraue, liebe Fraue mein, Mget Ihr immer selig sein! Vergib mir, dass ich dich geschlagen, 140 Aber du hast so viel zu sagen. Die Klage machst du mannigfalt, Und daran tust du mir Gewalt. Du hast ein wunderlich Gebrde, Und willst mich bringen unter die Erde. 145

MERCATRIX

Ja, ich vergebe dir die Schlge Am Tag, wo ich dich ins Grab hinlege.

MERCATOR (zu Rubin)

Hinweg mit den Pulvern! Hier kann ich nicht mehr bleiben. Hebe auf Korb und Stab, 150 Und laufen wir nach Arab Weithin von diesem Lande: Sonst kmen wir vielleicht zu Schande.

RUBINUS (dicit)

Herr, ich packe ein recht gerne Und laufe mit in weite Ferne. 155

[Notes: 2: The original is printed in the Fundgruben of Hoffmann von Fallersleben, 1837. The 'Personen' are the three Marys, who go at break of day to anoint the body of the buried Christ. On the way they are taken in by a peripatetic quacksalver who has a cantankerous wife and a scapegrace clerk named Rubin.]



XXXV. REYNARD THE FOX

A humorous poem, with incidental satire, which enjoyed the favor of all medieval Europe. The earliest German attempt to weave a continuous narrative out of the animal-stories that had previously been current in Latin, and to some extent in French, was that of an Alsatian poet, Heinrich der Glichezare, who wrote about 1180 and drew upon French sources. With the exception of a badly preserved fragment this poem is lost. It was called Isengrines Not and described the pranks played by the cunning fox on the stupid wolf. Half a century later it was worked over by an unknown rimester who changed the title to Reinhart Fuchs. This is the High German version from which the first of the selections below is translated. More important in a literary way is the Low German version, of which the earliest print dates from 1498. A specimen of this is given in Simrock's translation.

1

From the High German 'Reinhart Fuchs,' lines 663 ff: Reynard initiates the wolf as a monk and teaches him to catch fish.

"Gevatter," sprach Herr Isengrin, "Gedenkst du stets als Mnch hierin Zu wohnen bis zu deinem Tod?" 665 "Ja wohl," sprach er, "es tut mir not: Du wolltest ohne meine Schuld Mir versagen deine Huld Und nehmen wolltest du mein Leben." Sprach Isengrin: "Ich will's vergeben, 670 Hast du mir je ein Leid getan, Wenn ich nun mit dir wohnen kann." "Vergeben? Mir?" sprach da Reinhart, "Mein Leben sei nicht mehr bewahrt, Tat ich je was zu Leide dir. 675 Wsstest du mir Dank dafr, Ich gbe dir zwei Stcke Aal, Den Rest von meinem letzten Mahl." Herr Isengrin war hoch erfreut. Er ffnete das Maul sehr weit. 680 Und Reinhart warf sie ihm in Mund. "Ich bliebe immermehr gesund," Sprach Isengrin mit bldem Sinne, "Wr' ich nur einmal Koch da drinne." Reinhart sprach: "Ist bald getan. 685 Willst du hier Brderschaft empfahn, So wirst du Meister ber die Braten." Dem war es recht, wie ihm geraten. "Das tu' ich," sagte Isengrein. "Also steck deinen Kopf herein," 690 Sprach Reinhart. Jener war bereit, Und eilig nahte sich sein Leid. Er tat hinein die Schnauze gross, Und Bruder Reinhart ihn begoss Mit heissem Wasser, das ist wahr, 695 Und brachte ihn um Haut und Haar. Isengrin sprach: "Weh tut das mir." Reinhart sagte: "Whnet Ihr Den Himmel mhlos zu gewinnen? Ihr seid doch nicht so ganz von Sinnen? 700 Gern mgt Ihr leiden diese Not, Gevatter, wenn Ihr lget tot: Die Brderschaft habt Ihr empfahn, Und alle Tage von nun an Habt Ihr an tausend Messen teil, 705 Was sicherlich Euch bringt zum Heil." Isengrin meint', es wre wahr; Er klagte nicht um Haut und Haar, Die er nun nicht mehr nannte sein. Er sprach: "Jetzt, Bruder, sind gemein 710 Die le, die noch drinne sind, Da ich wie du ein Gotteskind. Wer mir ein Stck davon versagt, Wird vor dem Abte angeklagt." Reinhart sprach: "Nie tt' es not; 715 Euch steht das Unsrige zu Gebot In brderlicher Minn' und Ehr', Doch hier sind keine Fische mehr. Ich will Euch aber fhren gleich Zu unserm klsterlichen Teich, 720 In dem so viele Fische gehen, Dass niemand mag sie bersehen. Die Brder taten sie hinein." "Lasst uns nur hin," sprach Isengrein; Da gingen sie; gleich ohne Zorn, 725 Der Teich war aber berfrorn. Sie begannen nachzuschauen; Es war ein Loch im Eis gehauen, Wo man sich Wasser herausnahm, Was Isengrin zu Schaden kam. 730 Sein Bruder trug ihm grossen Hass Und einen Eimer nicht vergass; Reinhart war froh, als er ihn fand Und an den Schwanz dem Bruder band. Da sprach Herr Isengrein: 735 "In nomine patris! Was soll das sein?" "Senkt hier den Eimer," Reinhart sprach, "Und wartet ruhig und gemach Indem ich treibe sie hierher; Nicht lange bleibt Ihr magenleer, 740 Weil ich sie sehen kann durchs Eis." Herr Isengrin war nicht sehr weis'. Er sprach: "Sagt mir in Bruderminne, Gibt es denn wirklich Fisch' hierinne?" "Ja Tausende hab' ich gesehn." 745 "Wohl denn, es kann uns Glck geschehn." Isengrin hatte dummen Sinn; Bald fror der Schwanz ihm fest darin. Die Nacht ward schrecklich kalt am Ort, Doch Reinhart schwieg nur immerfort. 750 Herr Isengrin fror mehr und mehr; Er sprach: "Der Eimer wird mir schwer." "Ich zhle drin, bei meiner Ehr', Der le dreissig," sprach Reinhart; "Dies wird uns eine ntze Fahrt. 755 Steht nur noch wenig Zeit in Ruh', Es kommen hundert noch dazu." Nachher, als es begann zu tagen, Sprach Reinhart: "Leider muss ich sagen, Mir bangt des grossen Reichtums wegen. 760 Ich bin in hohem Grad verlegen, Weil so viel Fische uns gegnnt, Dass Ihr sie gar nicht heben knnt. Versucht's doch, ob es Euch gelingt, Dass Ihr heraus den Eimer bringt." 765 Herr Isengrin fing an zu ziehen, Doch all umsonst war sein Bemhen; Den Eimer musst' er lassen stehen. Reinhart sprach: "Ich will jetzt gehen Zu den Brdern, dass sie kommen; 770 Es soll der Fang uns allen frommen." Bald kam herauf die helle Sonn', Und Reinhart machte sich davon.

2

From the Low German 'Reinke de Vos,' Book 2: Reinke under the Pope's ban; Martin the Ape offers to assist him.

Als Martin der Affe das vernommen, Reinke wolle zu Hofe kommen, Zu reisen gedacht' er just nach Rom. Er ging ihm entgegen und sprach: "Lieber Ohm, Fasst Euch ein Herz und frischen Mut." 5 Den Stand seiner Sache kannt' er gut, Doch frug er nach ein und anderm Stck. Reineke sprach: "Mir ist das Glck In diesen Tagen sehr zuwider. Gegen mich klagen und zeugen wieder 10 Etliche Diebe, wer es auch sei, Das Kaninchen ist und die Krhe dabei. Der eine hat sein Weib verloren, Der andre die Hlfte von seinen Ohren. Knnt' ich selber vor den Knig kommen, 15 So sollt' es beiden wenig frommen. Was mir am meisten schaden kann, Ist dies: Ich bin in des Papstes Bann. Der Probst hat in der Sache Macht, Aus dem der Knig selber viel macht. 20 Warum man in den Bann mich tat, Ist, weil ich Isegrim gab den Rat, Da er ein Klausner war geworden, Dass er weglief' aus dem Orden, In den er bei Clemar sich begeben. 25 Er schwur, er knne nicht mehr leben In solch hartem, strengem Wesen, So lang zu fasten, so viel zu lesen. Ich half ihm weg; das reut mich jetzt, Zumal er mich zum Dank verschwtzt: 30 Er feindet mich beim Knig an Und tut mir Schaden, wo er kann. Geh' ich nach Rom, so setz' ich frwahr Weib und Kinder in grosse Gefahr, Denn Isegrim wird es nicht lassen, 35 Ihnen nachzustellen und aufzupassen Mit andern, die mir zu schaden trachten Und schon manches wider mich erdachten. Wrd' ich nur aus dem Bann gelst, So wr' mir Mut ins Herz geflsst; 40 Ich knnte getrost mit besserm Gemache Sprechen fr meine eigne Sache." Martin sprach: "Reineke, lieber Ohm, Ich bin eben auf dem Weg nach Rom; Da will ich Euch helfen mit schnen Stcken, 45 Ich leide nicht, dass sie Euch unterdrcken. Als Schreiber des Bischofs, knnt Ihr denken, Versteh' ich was von solchen Rnken. Ich will den Probst nach Rom citieren Und will so gegen ihn pldiren; 50 Seht, Ohm, ich schaff' Euch Excusation Und bring' Euch endlich Absolution, Und wenn der Probst sich vor rger hinge. Ich kenn' in Rom den Lauf der Dinge, Und was zu tun ist, weiss ich schon. 55 Da ist auch mein Oheim Simon, Der sehr mchtig ist und hochgestellt Und jedem gerne hilft frs Geld. Herr Schalkefund steht auch da hoch, Dr. Greifzu und andre noch, 60 Herr Wendemantel und Herr Losefund, Die sind da all mit uns im Bund. Ich habe Geld voraus gesandt, Mit Geld wird man am besten bekannt. Ja, Quark, man spricht wohl von Citieren; 65 Sie wollen nur, man soll spendieren. Wr' eine Sache noch so krumm, Man biegt mit Geld sie um und um. Wer Geld bringt, mag sich Gnade kaufen; Wer das nicht hat, den lsst man laufen. 70 Seht, Ohm, seid ruhig um den Bann, Ich nehme mich der Sachen an Und bring' Euch frei, Ihr habt mein Wort. Geht dreist zu Hof, Ihr findet dort Frau Riechgenau, mein Ehgemahl. 75 Der Knig liebt sie, und zumal Auch unsre Frau, die Knigin, Denn sie hat klugen, behenden Sinn. Sprecht sie an, sie liebt die Herrn Und verwendet sich fr Freunde gern. 80 Sie ist Euch zu jedem Dienst erbtig. Das Recht hat manchmal Hilfe ntig. Bei ihr sind ihrer Schwestern zwei, Dazu auch meiner Kinder drei Und viel andre noch von Euerm Geschlecht, 85 Die gern Euch helfen zu Euerm Recht. Kann Euch denn sonst kein Recht geschehn, So lass' ich meine Macht Euch sehn. Macht es mir nur gleich bekannt. Alle, die wohnen im ganzen Land, 90 Den Knig und alle, Weib und Mann, Die bring' ich in des Papstes Bann Und schick' ein Interdict so schwer, Man soll nicht begraben noch taufen mehr, Und keine Messe lesen noch singen. 95 Drum, lieber Ohm, seid guter Dingen! Der Papst ist ein alter, schwacher Mann, Er nimmt sich keiner Sache mehr an; Drum hat man sein auch wenig acht. Am Hofe bt die ganze Macht 100 Der Kardinal von Ohnegengen, Ein rstiger Mann, der weiss es zu fgen. Ich kenn' ein Weib, die hat er lief, Die soll ihm bringen einen Brief. Mit der bin ich sehr wohl bekannt, 105 Und, was sie will, geschieht im Land. Sein Schreiber heisst Johann Partei, Der kennt wohl Mnze alt und neu. Horchgenau ist sein Kumpan, Der ist des Hofes Kurtisan. 110 Wendundschleich ist Notarius, Beider Rechte Baccalaureus; bt der ein Jahr noch seine Tcken, So wird er Meister in Praktiken, Moneta und Donarius halten jetzt 115 Die Richtersthle dort besetzt; Wem sie das Recht erst abgesprochen, Dem ist und bleibt der Stab gebrochen. So gilt in Rom jetzt manche List, Daran der Papst unschuldig ist. 120 Die muss ich alle zu Freunden halten: Sie haben ber die Snden zu schalten Und lsen das Volk all aus dem Bann. Oheim, vertraut Euch mir nur an! Der Knig hat es schon vernommen, 125 Dass ich Euch will zu Hilfe kommen. Er weiss auch, dass ich der Mann dazu bin; Drum kommt Ihr nicht zu Ungewinn. Bedenkt alsdann der Knig recht, Wie viele vom Affen- und Fuchsgeschlecht, 130 In seinem geheimsten Rate sitzen. Geh's wie es will, das muss Euch ntzen." Reineke sprach: "Ich bin getrstet; Ich dank' Euch's gern, wenn Ihr mich lstet."



XXXVI. PETER SUCHENWIRT

The most gifted verse-writer of the poetically barren 14th century. He was a 'wandering singer' who depended for his livelihood upon the patronage of princes and spent the most of his life in Austria. He died about 1400. The selection is a translation of his Red' von der Minne.

A Discourse of Love.

Ich wanderte an einem Tag In einen wonniglichen Hag, Darin die Vgel sungen; Da kam ich unbezwungen Auf einem wonniglichen Raume 5 Zu einem dichtbelaubten Baume, An deren Wurzeln wundervoll Hervor ein kaltes Brnnlein quoll. Da fand ich sitzen hart anbei Drei Frauen alle mangelfrei, 10 Minne, Stt' und Gerechtigkeit. Die erste klagt' ihr Herzensleid, Bezwungen von des Schmerzes Not; Sie sprach: "Ich bin beinahe tot An Ehren und an Sinnen: 15 Die mich sollten minnen, Sie sind ein ehrloses Geschlecht. Da ich nun, Minne, mit Unrecht Auf Erden kam zu solchem Leben, Sollt ihr getreuen Rat mir geben. 20 Gerechtigkeit, in Gottes Namen, Von dem die zehn Gebote kamen, Macht, dass mein Recht mir werd' erteilt: Wer Minne lasterhaft vergeilt Und reiner Frauen Wrdigkeit, 25 Der bss' es! Das ist nun mein Leid." Gerechtigkeit sprach zu der Stte: "Wir htten ntig gute Rte, Um recht zu richten die Geschicht'." Frau Stte sprach mit Worten schlicht: 30 "Nun hrt und merkt, was ich will sagen: Wem Minne Hass mag tragen, Den wollen wir in aller Schnelle Sogleich verhren auf der Stelle." Gerechtigkeit tat auf den Mund: 35 "Macht uns allhier mit Worten kund, Durch wen Ihr leidet solche Pein." Frau Minne sprach: "Der Jammer mein Ist leider hart und schauderhaft, Weil mancher Prahler lgenhaft 40 Von reinen Frauen faselt. Ach, Dass Gott ihn nicht mit seinem Schlag Getroffen aller Welt zur Lehr'! Das wrde mich erfreuen sehr, Wie ich bekenne ffentlich. 45 Die schnden Dinge liebt er sich Und schwatzt von dem, was er nie sah. Drum sollt' er in die Hll' und da Die heisse Loh ihn sengen, Der Teufel hart bedrngen, 50 Zur Ahndung seiner falschen List, Weil er ein loser Schwtzer ist. Darber sollt ihr richten mir." Gerechtigkeit erwidert' ihr: "So sei's! Ein Urteil soll geschehn: 55 Ihn soll kein lieblich Aug' ansehn, Von einer reinen Frauen zart; Ihr Mund sei gegen ihn verspart, Dass ihm kein Gruss mag werden kund Von einem rosenroten Mund. 60 Das ist der strenge Wille mein." Frau Stte sprach: "Ich leid' auch Pein In meinem Herzen mannigfalt: Ich habe Diener, jung und alt, Die sagen, dass sie sttig sein 65 Und tun das ffentlich zum Schein Bei reinen Frauen manchmal kund; Doch tief in ihres Herzens Grund Liegt falscher List ein grosser Hort: Das ist der Seele arger Mord 70 Und reiner Frauen Ungewinn. Ich wollt', wer htt' so falschen Sinn, Dass dem doch aus dem Munde sein Die Zhne wchsen, wie dem Schwein; Daran erkenntlich wren die Leut', 75 Und reine Frauen leicht befreit Von jener Schlkchen loser Schar Mit Worten sanft und doch nicht wahr, Mit Zungen, die wie Messer schneiden; Ach, was muss man davon leiden! 80 Und noch eins mich mit Schmerz bewegt: Dass mancher Blau am Leibe trgt Und whnt davon sttig zu sein, Weil er in blauer Farbe Schein Erzeiget sich den Frauen gut. 85 Mich dnkt nun so in meinem Mut: Wre die Farbe, wie man hrt, Die Elle htte wohl den Wert Von hundert Gulden sicherlich; Doch Stte wiegt im Herzen sich, 90 Sie tut nicht von der Farbe kommen, Drum kann es manchem wenig frommen, Wenn er der Unstt' huldigt Und wird von Fraun beschuldigt." Ich hrt' ihr Plaudern mannigfalt, 95 Und was zu tun, entschied ich bald. Ich ging hinzu und sprach kein Wort. Frau Minn' erblickte mich sofort, Die war gar wundersam geziert: "Sag' mir, mein lieber Suchenwirt," 100 Sprach sie, "was tust du hie?" Geschwinde fiel ich auf ein Knie. "Gnade, Frau," darauf sprach ich; "Der Mai hat Blumen wonniglich Im ganzen Land herumgestreut, 105 Dass manches Herze wird erfreut, So wie die kleinen Vgelein. Ich kam verlockt vorn Augenschein Auf diesen Anger wunderbar; Da wurde Euer ich gewahr 110 Und hrte Eure Klage gross." Sie sprach: "Ich bin der Freuden bloss Und weiss, was ich beginnen soll. Die Welt ist schlechter Kniffe voll: Hast du gehrt des Jammers Pein, 115 So handle nach dem Willen mein Und tu' es offenherzig kund Den Edlen hier zu mancher Stund', Dass sie vor Schande hten sich." "Das tu' ich gerne, Frau," sprach ich. 120 So schied ich von der Minne dann Beglckt und ohne argen Wahn.



XXXVII. BRANT'S SHIP OF FOOLS

A famous satire published at Basel in 1494, with numerous excellent woodcuts. Its author, Sebastian Brant, was born at Strassburg in 1457, took his degree in law, became city clerk of his native place and died in 1521. The Ship of Fools, which consists of disconnected sections describing the various kinds of fools—over a hundred of them—who have embarked in the ship for Fool-land, was translated into Latin, into French three times and into English twice. It was Germany's first important contribution to world literature. The selections are from the modernization by Simrock, Berlin, 1872.

1

Von Geiznarren.

Wer sich verlsst auf zeitig Gut, Drin Freude sucht und guten Mut, Der ist ein Narr mit Leib und Blut.[1]

Der ist ein Narr, der sammelt Gut Und hat nicht Freud', und guten Mut 5 Und weiss auch nicht, wem er's wird sparen, Wenn er muss zum dstern Keller fahren. Noch trichter ist, wer vertut In ppigkeit und Frevelmut Was Gott ins Haus ihm hat gegeben. 10 Er nur verwalten soll sein Leben Und Rechenschaft drum geben muss Wohl schwerer als mit Hand und Fuss. Ein Narr huft den Verwandten viel; Die Seel' er nicht bedenken will, 15 Sorgt, ihm gebrech' es in der Zeit, Und fragt nicht nach der Ewigkeit. O armer Narr, wie bist du blind! Du scheust den Ausschlag, kriegst den Grind. Erwirbt mit Snden mancher Gut 20 Und brennt dann in der Hlle Glut, Des achten seine Erben klein: Sie hlfen ihm nicht mit einem Stein, Lsten ihn kaum mit einem Pfund, Wie tief er lg' im Hllenschlund. 25 Gib weil du lebst, ist Gottes Wort: Ein andrer schaltet, bist du fort. Kein weiser Mann trug je Verlangen Mit Reichtum auf der Welt zu prangen. Er trachtet nur sich selbst zu kennen; 30 Den Weisen mag man steinreich nennen. Das Geld am Ende Crassus trank; Danach gedrstet hatt' ihn lang. Crates sein Geld warf in das Meer, So strt's im Lernen ihn nicht mehr. 35 Wer sammelt, was vergnglich ist, Begrbt die Seel' in Kot und Mist.

[Notes: 1: These three lines, which are a sort of motto, precede a picture representing a rich man seated at a table which is loaded with money and plate. Two poor travelers approach and look covetously upon the wealth. All three men wear the fool's cap.]

2

Selbstgeflligkeit.

Den Narrenbrei ich nie vergass, Seit mir gefiel das Spiegelglas: Hans Eselsohr mein Herz besass.[2]

Der rhrt sich wohl den Narrenbrei, Der whnt, dass er sehr witzig sei, 5 Und gefllt sich selber gar so wohl, Dass er in den Spiegel guckt wie toll Und doch nicht mag gewahren, dass Er einen Narren sieht im Glas. Und sollt' er schwren einen Eid, 10 Spricht man von Zucht und Artigkeit, Meint er, die htt' er ganz allein, Seinsgleichen knnt' auch nirgends sein, Der aller Fehler ledig wr'. Sein Tun und Ruhn gefllt ihm sehr. 15 Des Spiegels er drum nicht entrt, Wo er sitzt und reitet, geht und steht, Wie es Kaiser Otho hat gemacht, Der den Spiegel mitnahm in die Schlacht Und schor die Backen zwier am Tag, 20 Mit Eselsmilch sie wusch hernach. Dem Spiegel sind die Fraun ergeben; Ohne Spiegel knnte keine leben. Eh' sie sich recht davor geschleiert Und geputzt, wird Neujahr wohl gefeiert. 25 Wem so gefllt Gestalt und Werk, Ist dem Affen gleich zu Heidelberg.[3] Dem Pygmalion gefiel sein Bild, Vor Narrheit ward er toll und wild. Sah in den Spiegel nicht Narciss, 30 Lebt' er noch manches Jahr gewiss. Mancher sieht stets den Spiegel an, Der ihm doch nichts Schnes zeigen kann. Wo du solch nrrisch Schaf siehst weiden, Das mag auch keinen Tadel leiden, 35 Es geht in seinem Taumel hin, Und kein Verstand will ihm zu Sinn.

[Notes: 2: The picture shows a fool stirring porridge and looking into a mirror. 3: A note by Simrock states that upon the old bridge at Heidelberg was formerly to be seen an emblematic ape, with the verses: Was hast du mich hier anzugaffen? Sahst du noch nie den alten Affen? Zu Heidelberg sieh hin und her; Du findest meinesgleichen mehr.]



XXXVIII. FOLK-SONGS OF THE FIFTEENTH CENTURY

A large number of folk-songs originated in the 15th and still more in the 16th century. From the nature of the type they can seldom be exactly dated unless they relate to a known historical occurrence. The following selections are taken from Erk and Bhme's admirable Deutscher Liederhort, 3 volumes quarto, Leipzig, 1893-4. As any translation into smooth modern verse would destroy a part of the characteristic flavor of the songs, they are printed as in Erk and Bhme, but with occasional modernizations of spelling and grammar.

1

Reigen um das erste Veilchen.[1]

Der Maie, der Maie Bringt uns der Blmlein viel; Ich trag' ein frei's Gemte, Gott weiss wohl, wem ich's will.

Ich will's ei'm freien Gesellen, Derselb' der wirbt um mich, Er trgt ein seiden Hemd an, Darein so preist[2] er sich.

Er meint, es sng' ein' Nachtigall, Da war's ein' Jungfrau fein: Und kann er mein nicht werden, Trauret das Herze sein.

[Notes: 1: A song for the ring-dance about the earliest spring violet; Erk and Bhme, II, 713. 2: M.H.G. brsen, equivalent to modern schnren.]

2

Burschenleben.[3]

Ich weiss ein frisch Geschlechte, Das sind die Burschenknechte, Ihr Orden steht also: Sie leben ohne Sorgen Den Abend und den Morgen, 5 Sie sind gar sttiglich froh. Du freies Burschenleben! Ich lob' dich fr den Gral;[4] Gott hat dir Macht gegeben Trauren zu widerstreben, 10 Frisch wesen berall.

Sie knnen auch nit hauen Des Morgens in dem Taue Die schnen Wiesen breit; Sonder[5] die schnen Frauen 15 Die knnen sie wohl schauen Die Nacht bis an den Tag. Das macht ihr frei's Gemte Der schnen Frauen klar; Gott selber sie behte 20 Durch seine milde Gte, Die minnigliche Schar!

Wie selten sie auch messen Das Koren,[6] das sie essen, Und was der Metzen[7] gilt! 25 Die Bauern mssen schneiden Und dazu Gerwel reiden[8] Viel gar ohn' ihren Dank.[9] Du feines Burschenleben! Ich lob' dich fr den Gral; 30 Gott hat dir Macht gegeben Trauren zu widerstreben, Frisch wesen berall.

[Notes: 3: An old student song, found in a manuscript of the year 1454; Erk and Bhme, III, 484. 4: The holy Grail as symbol of something very precious. 5: In the sense of modern aber. 6: For Korn, i.e. 'grain.' 7: The miller's 'toll' (part of the grist taken in payment for grinding). 8: Gerwel reiden, 'turn the hand-mill.' 9: Ohne Dank, 'reluctantly.']

3

Mdchenkunde eines fahrenden Sngers.[10]

Ich spring' an diesem Ringe Des besten, so ich's kann,[11] Von hbschen Frulein singen,[12] Als ich's gelernet han.[13] Ich ritt durch fremde Lande, 5 Da sah ich mancherhande, Da ich die Frulein fand.

Die Fruelein von Franken Die seh' ich allzeit gern; Nach ihn' stehn mein' Gedanken, 10 Sie geben sssen Kern. Sie sind die feinsten Dirnen, Wollt' Gott, ich sollt' ihn' zwirnen, Spinnen wollt' ich lern.[14]

Die Fruelein von Schwaben 15 Die haben golden Haar, Sie drfen's frischlich wagen, Sie spinnen ber Lahr;[15] Wer ihn' den Flachs will schwingen, Der muss sein nit geringe,[16] 20 Das sag' ich euch frwahr.

Die Fruelein vom Rheine Die lob' ich oft und dick:[17] Sie sind hbsch und feine Und geben freundlich Blick. 25 Sie knnen Seide spinnen, Die neuen Liedlein singen, Sie sind der Lieb' ein Strick.

Die Fruelein von Sachsen Die haben Scheuern weit; 30 Darin da posst[18] man Flachse, Der in der Scheuern leit.[19] Wer ihn' den Flachs will possen, Muss haben ein' Flegel grosse, Dreschend zu aller Zeit. 35

Die Fruelein von Baiern Die knnen kochen wohl, Mit Ksen und mit Eiern Ihr' Kchen die sind voll. Sie haben schne Pfannen 40 Weiter denn die Wannen, Heisser denn ein' Kohl'.

Den Fruelein soll man hofieren[20] Allzeit und weil man mag, Die Zeit die kommet schiere,[21] 45 Es wird sich alle Tag';[22] Nun bin ich worden alte, Zum Wein muss ich mich halten Alldieweil ich mag.

[Notes: 10: An elderly minstrel joins in the dance and sings the praise of girls that he has seen in different German lands; Erk and Bhme, II, 712. 11: Des besten ... kann, equivalent to so gut ich kann. 12: 'To sing,' or perhaps 'singing.' 13: Habe. 14: Lernen. 15: ber die Lehre, 'surpassing their instruction,' 'outdoing their teachers.' 16: Nit geringe, 'smart.' 17: Sehr. 18: Equivalent to klopft, 'beats.' 19: Liegt. 20: 'Court.' 21: 'Soon.' 22: Es wird ... Tag, equivalent to Tag reiht sich an Tag. The sense is: The time comes fast when one must turn from girls to wine, as I am even now doing.]

4

Anweisung zum Raubritterberuf.[23]

Der Wald hat sich belaubet, Des freuet sich mein Mut. Nun ht' sich mancher Bauer, Der whnt, er sei behut![24] Das schafft des argen Winters Zorn, 5 Der hat mich beraubet, Das klag' ich heut und morn.

Willst du dich ernhren, Du junger Edelmann, Folg' du meiner Lehre, 10 Sitz' auf und trab' zum Bann![25] Halt' dich zu dem grnen Wald, Wenn der Bauer ins Holz fhrt, So renn' ihn frischlich an!

Erwisch' ihn bei dem Kragen, 15 Erfreu' das Herze dein, Nimm ihm, was er habe, Spann' aus die Pferdlein sein! Sei frisch und dazu unverzagt, Wann er nummen[26] Pfennig hat, 20 So russ ihm d' Gurgel ab.[27]

Heb' dich bald von dannen, Bewahr' dein' Leib, dein Gut! Dass du nit werdest zu Schannen,[28] Halt' dich in stter Hut! 25 Der Bauern Hass ist also gross; Wenn der Bauer zum Tanze geht, So dnkt er sich Frstengenoss.

Er nimmt die Metze[29] bei der Hand, Die gibt ihm einen Kranz; 30 Er ist der Metze eben Derselbe Ferkelschwanz.[30] Die Tlpel trippeln hinten nach, Das ist der Metze eben[31] Und dem Conzen[32] auch. 35

Ich weiss ein' reichen Bauern, Auf den hab' ich's gericht'; Ich will ein' Weile lauern, Wie mir darum geschicht.[33] Er hilft mir wohl aus aller Not, 40 Gott grss' dich, schnes Jungfrulein, Gott grss dich, Mndlein rot!

[Notes: 23: A robber knight greets the spring-time as good for his business, and expresses his lordly contempt of the peasantry; Erk and Bhme, II, 23. 24: 'Secure.' 25: Bann here means the robber's lurking-place. 26: Keinen mehr. 27: So russ ... ab, 'cut his throat.' 28: Schanden. 29: 'Wench.' 30: 'Pig's tail,' figuratively for 'dirty clown.' 31: 'Agreeable.' 32: Conz, or Kunz, contemptuously for a country lubber. 33: Geschicht, for geschieht. The sense is: I'll lurk for him and see what comes of it.]

5

Ritter und Schildknecht.[34]

Es ritt ein Herr und auch sein Knecht Wohl ber eine Heide, die war schlecht, ja schlecht, Und alles, was sie red'ten da, War alles von einer wunderschnen Frauen, Ja Frauen. 5

"Ach, Schildknecht, lieber Schildknecht mein, Was redest du von meiner Frauen, ja Frauen? Und frchtest nicht mein' braunen Schild, Zu Stcken will ich dich hauen, Vor meinen Augen!" 10

"Euern braunen Schild, den frcht' ich klein,[35] Der lieb' Gott wird Euch wohl behten, behten." Da schlug der Knecht sein' Herrn zu Tod, Das geschah um des Fruleins[36] Gte, Ja Gte. 15

"Nun will ich heimgehn landwrts ein, Zu einer wunderschnen Frauen, ja Frauen." "Ach Frulein, gebt mir's Botenbrot, Eu'r edler Herr und der[37] ist tot, So fern auf breiter Heide, 20 Ja Heide."

"Und ist mein edler Herre tot, Darum will ich nicht weinen, ja weinen; Der schnste Buhle, den ich hab', Der sitzt bei mir daheime, 25 Mutteralleine.

Nun sattle mir mein graues Ross! Ich will von hinnen reiten, ja reiten." Und da sie auf die Heide kam, Die Lilien tten sich neigen,[38] 30 Auf breiter Heide.

Auf band sie ihm sein' blanken Helm Und sah ihm unter die Augen, ja Augen; "Nun muss es Christ geklaget sein, Wie bist du so zerhauen 35 Unter dein' Augen.

Nun will ich in ein Kloster ziehn, Will den lieben Gott bitten, ja bitten, Dass er dich ins Himmelreich woll' lan,[39] Das gescheh' durch meinen Willen![40] 40 Schweig stille!"[41]

[Notes: 34: Erk and Bhme, I, 374. Imagine the story thus: A faithless wife instigates her husband's squire to kill him. When the murder is reported to her she is at first pleased, then touched with remorse. She rides forth to find the body of her husband, and the lilies—symbols of purity—bow in shame as she passes. At sight of her dead husband's face, she resolves to enter a convent. 35: Wenig. 36: Frulein here in the sense of 'young wife'; um des Fruleins Gte, 'to gain the young wife's favor.' 37: Und der is pleonastic. 38: Tten sich neigen, 'did bow'; tten being indicative. 39: Lan, for lassen. 40: Durch meinen Willen, 'for my sake.' 41: Addressed to the husband; he is not to accuse her before God.]

6

Tannhuser.[42]

Nun will ich aber heben an Von dem Tannhuser singen, Und was er Wunders hat getan Mit Venus, der edlen Minne.

Tannhuser war ein Ritter gut, 5 Wann er wollt' Wunder schauen, Er wollt' in Frau Venus Berg, Zu andern schnen Frauen.

"Herr Tannhuser, Ihr seid mir lieb, Daran sollt Ihr gedenken! 10 Ihr habt mir einen Eid geschworn, Ihr wollt von mir nit wenken."

"Frau Venus, das en[43] hab ich nit, Ich will das widersprechen; Und red't das jemands mehr denn Ihr,[44] 15 Gott helf' mir's an ihm rchen!"

"Herr Tannhuser, wie red't Ihr nun? Ihr sollt bei mir beleiben;[45] Ich will Euch mein' Gespielin geben Zu einem stten Weibe." 20

"Und nhm' ich nun ein ander Weib, Ich hab' in meinem Sinne: So msst' ich in der Hlle Glut Auch ewiglich verbrinnen."

"Ihr sagt mir viel von der Hlle Glut, 25 Habt es doch nie empfunden; Gedenkt an meinen roten Mund, Der lacht zu allen Stunden."

"Was hilft mich Euer roter Mund? Er ist mir gar unmre;[46] 30 Nun gebt mir Urlaub, Frulein zart, Durch aller Frauen Ehre!"

"Herr Tannhuser, wollt Ihr Urlaub han, Ich will Euch keinen geben; Nun bleibt hie, edler Tannhuser, 35 Und fristet Euer Leben."

"Mein Leben das ist worden krank, Ich mag nit lnger bleiben; Nun gebt mir Urlaub, Frulein zart, Von Eurem stolzen Leibe!" 40

"Herr Tannhuser, nit reden also, Ihr tut Euch nit wohl besinnen; So gehn wir in ein Kmmerlein Und spielen der edlen Minne."

"Eu'r Minne ist mir worden leid, 45 Ich hab' in meinem Sinne: Frau Venus, edle Fraue zart, Ihr seid ein' Teufelinne."

"Herr Tannhuser, was red't Ihr nun, Und dass Ihr mich tut schelten? 50 Nun, sollt Ihr lnger hierinnen sein, Ihr msst' es sehr entgelten."

"Frau Venus, das en will ich nit, Ich mag nit lnger bleiben. Maria Mutter, reine Maid, 55 Nun hilf mir von dem Weibe!"

"Herr Tannhuser, Ihr sollt Urlaub han, Mein Lob das sollt Ihr preisen, Wo Ihr in dem Land umfahrt; Nehmt Urlaub von dem Greisen!"[47] 60

Da schied er wieder aus dem Berg, In Jammer und in Reuen: "Ich will gen Rom wohl in die Stadt Auf eines Papstes Treuen.

Nun fahr' ich frhlich auf die Bahn, 65 Gott mss' sein immer walten! Zu einem Papst, der heisst Urban, Ob er mich mcht' behalten."

"Ach Papste, lieber Herre mein, Ich klag' Euch hie mein' Snde, 70 Die ich mein' Tag' begangen hab', Als ich Euch's will verknden.

Ich bin gewesen auch ein Jahr Bei Venus, einer Frauen. So wollt' ich Buss' und Beicht' empfahn, 75 Ob ich mcht' Gott anschauen."

Der Papst hat ein Stblein in seiner Hand, Das war sich also drre: "Als wenig das Stblein grnen mag, Kommst du zu Gottes Hulde!" 80

"Und sollt' ich leben nur ein Jahr, Ein Jahr auf dieser Erden, So wollt' ich Beicht' und Buss' empfahn Und Gottes Trost erwerben."

Da zog er wied'rum aus der Stadt 85 In Jammer und in Leiden: "Maria Mutter, reine Magd, Muss ich mich von dir scheiden!"

Er zog nun wied'rum in den Berg Und ewiglich ohn' Ende: 90 "Ich will zu meiner Frauen zart, Wo mich Gott will hin senden."

"Seid gottwillkommen, Tannhuser! Ich hab' Eu'r lang entboren;[48] Seid gottwillkommen, mein lieber Herr, 95 Zu einem Buhlen auserkoren."

Das whret an den dritten Tag, Der Stab hub an zu grnen. Der Papst schickt' aus in alle Land: Wo der Tannhuser wr' hinkommen? 100

Da war er wieder in den Berg Und hatt' sein Lieb erkoren; Des muss der vierte Papst Urban Auf ewig sein verloren!

[Notes: 42: Erk and Bhme, I, 40. The Venus of the folk-song represents the German Frau Holde, a love-goddess who holds her court in a mountain and infatuates men to the peril of their souls. Just how and when the saga attached itself to the historical minnesinger Tannhuser is not known. Urban IV, referred to in the last stanza, was pope from 1261 to 1265. 43: A form of the old negative particle; en nit = nicht. 44: Jemands ... Ihr, 'any one but you.' 45: Bleiben. 46: Equivalent to gleichgltig. 47: The legendary old man, faithful Eckart, who warns of danger and rebukes sinners. 48: For entbehrt.]



XXXIX. LATE MEDIEVAL RELIGIOUS PROSE

Prior to Luther the most noteworthy prose is found in the sermons of Berthold von Regensburg, the great 13th century preacher, and in the somewhat later writings, largely sermons, of the mystics Eckhart, Seuse, Tauler and Meerschwein. Their interest is rather more religious than literary. The earliest example of imaginative prose is the so-called Farmer of Bohemia, written in 1399, in which a bereaved husband discourses of his lost wife with Death. The 15th century shows a considerable body of prose literature in the form of sermons, chronicles, translations, paraphrases, but nothing of great artistic distinction.

1

From a Sermon of Berthold von Regensburg 'On the Angels.'[1]

Wir begehen heute das Fest der grossen Frsten, der heiligen Engel, die der ganzen Welt ein beraus grosses Wunder sind, und an denen der allmchtige Gott viele Wunder und grosse Wunder geschaffen hat. Und wollte ein Mensch nicht aus anderm Grunde in den Himmel kommen, so knnte er doch gerne darum in den Himmel kommen, nur damit er she, was fr Wunder und Wunder da sind. Und des Wunders kann niemand zu Ende kommen, das Gott in den heiligen Engeln an den Tag gelegt hat. Und sie sind unseres Herrn Boten, denn Engel heisst auf Griechisch ein Bote. Unser Herr hatte grosse Freude, da er ohne Anfang war, wie er auch auf immer ohne Ende ist. Ich rede von der Gottheit, von der Krone; ehe er etwas erschuf, wie wir jetzt sind, da hatte er gar grosse Freude in sich selbst und mit sich selbst. Da gedachte er zu machen, er wollte zwei Kreaturen machen, zweierlei Kreaturen, damit diese seiner Freude teilhaftig wrden, er selbst aber darum nicht weniger Freude htte. Und wie grosse Freude er auch ihnen gab, hatte er doch selbst darum nicht mindre Freude, recht wie der Sonnenschein. Wie viel die Sonne uns auch alle Tage ihres Lichtes gibt, hat sie selbst um nichts weniger. Und also machte Gott zwei Kreaturen: das waren der Mensch und der Engel. Da machte Gott ein Ding,[2] und das war das allerbeste Ding unter allen Dingen, die Gott je gemacht hat. Und nie machte er ein Ding so gut unter allen Dingen, die Gott gemacht hat, [wie dieses, das er machte,] damit Mensch und Engel seiner Freude teilhaftig wrden, da es so ntze und so gut war. Und also machte es Gott, dass Menschen und Engel davon immermehr Freude haben sollten. Und wie ausserordentlich ntze das Ding auch war, und wie viel Ehre und Seligkeit auch daran liegt, so waren doch etliche Engel im Himmel, die das Ding nicht behalten wollten, und diese wurden verstossen aus den ewigen Freuden und wurden in die ewige Marter geworfen. Und alle, die das Ding behielten, die blieben bei dem allmchtigen Gott in den ewigen Freuden, weil sie das Ding behielten, das so gut ist, unter allen Dingen das beste....

Und also begeht man heute das Fest der Engel, die bei Gott blieben und aushielten, dass sie nicht fielen. Und also begeht man heute das Fest Sankt Michaels und der heiligen Engel. Und dass man das Fest der heiligen Engel nicht oft im Jahre begeht, daran tat unser Herr gar weislich und wohl; wie billig es auch wre, dass man ihr Fest dreimal im Jahre beginge, so tat unser Herr gar weislich und wohl daran, und es ist besser, dass man es nicht oft begeht. Warum? Seht, aus diesem Grunde. Wenn man ihr Fest mit Singen und Lesen beginge, msste man auch von ihnen predigen. Und wenn wir also oft von den Engeln predigen mssten, so kme vielleicht ein Frevler und wrde vielleicht so frevelhaft sein, dass er von den heiligen Engeln Ketzerei predigen knnte. Denn unser Herr hat so viel Wunders an den Engeln gemacht, dass wir es nicht alles sicherlich wissen. Er hat etliche Wunder an den Engeln gemacht, wovon wir nicht genau wissen sondern nur vermuten. Und wer ein Ding vermutet, der weiss es nicht sicherlich. So hat auch unser Herr manches Ding an ihnen gemacht, das wir wohl wissen. Wer daher die Dinge predigen wollte, die wir vermuten, der knnte vielleicht Ketzerei predigen. Also soll niemand etwas predigen als das, was man sicherlich weiss.

[Notes: 1: Pfeiffer's edition of Berthold von Regensburg, Vienna, 1862, vol. ii, page 174. 2: The 'thing,' as explained further on, is die Tugend.]

2

From Eckhart's tractate 'On the Nature and Dignity of the Soul.'[3]

Die Seele hat zwei Fsse, das Verstndnis und die Minne; und je mehr sie versteht, desto mehr minnet sie. Und wer kann sie fllen, da der sie erhlt, der alle Kreaturen erhlt? Denn die Gnade reizet die Begierde und ziehet die Seele aus sich selber heraus, so dass sie mit der Gnade und in der Gnade in Gnade kommt, und ber die Gnade in Gott, ihren ersten Ursprung kommt, wo es ihr wohler als je wird in wonnesamer Einigung. Denn da verstummen alle Sinne, und der Seele Wille und der Wille Gottes fliessen ineinander, so dass die zwei Willen sich minnesam umfangen in rechter Einigung. Und da kann die Seele weder mehr noch minder denn gttliche Werke hervorbringen, und zwar deshalb, weil an ihr nichts mehr als Gott lebet. Darum spricht die Seele in dem Buch der Minne: Ich habe den Kreis der Welt umlaufen und konnte nicht zu dessen Ende kommen; deshalb habe ich mich in den einzigen Punkt meines einzigen Gottes versenkt, weil er mich verwundet hat mit seinem Anblicke. Und wen dieser Anblick nicht verwundet hat, dessen Seele ist von der Minne Gottes nie verwundet worden. Darum sagt Sankt Bernhard: Welcher Geist den Anblick empfunden hat, der vermag ihn nicht zu beschreiben, und wer ihn nicht empfunden hat, der vermag nicht daran zu glauben. Denn da wird ein Pfeil ohne Zorn geschossen, und man empfindet es ohne Schmerzen; denn da wird der lautere und klare Brunnen der Arzenei der Gnade aufgetan, der die inneren Augen erleuchtet, so dass die Seele mit einem wonnesamen Anschauen den Wollust der gttlichen Heimsuchung empfindet, in dem man unerhrte Dinge geistlichen Gutes gewahrt, die nie gehrt noch gepredigt wurden und in keinem Buche geschrieben stehen.

[Notes: 3: Pfeiffer's edition of Meister Eckhart, Leipzig, 1857, page 401.]

3

From Seuse (Suso): The Prelude to the Silent Mass.[4]

Er ward gefragt, was er damit meinte, als er Messe sang und vor der stillen Messe das Prludium anhub: Sursum corda. (Denn nach ihrer gewhnlichen Bedeutung meinen die Worte auf Deutsch: Saust auf in die Hhe, alle Herzen, zu Gott!). Die Worte kamen recht begehrlich aus seinem Munde, so dass die Menschen, die sie hrten, auf einen sonderbaren Andacht haben daraus schliessen knnen. Auf diese Frage antwortete er mit einem minniglichen Seufzer und sprach also:

"Wenn ich diese lobreichen Worte sursum corda in der Messe sang, geschah es gewhnlich, dass mein Herz und meine Seele zusammenflossen von gttlicher Qual und Begierde, die mein Herz sofort aus sich selbst entrckten; denn es erhoben sich gewhnlich drei hochentzckende Vorstellungen, in denen ich zu Gott aufgeschwungen ward, und durch mich alle Kreaturen. Die erste einleuchtende Vorstellung war also: Mich selbst nach allem, was ich bin, nahm ich vor meine inneren Augen mit Leib und Seele und allen meinen Krften und stellte um mich herum alle Kreaturen, die Gott je erschuf im Himmel und auf Erden und in den vier Elementen, waren es Vgel der Luft, Tiere des Waldes, Fische des Wassers, Laub und Gras des Erdreiches, oder der unzhlige Sand am Meer, und dazu all das kleine Gestube, das im Glanz der Sonne schimmert, und alle die Wassertrpflein, die vom Tau oder vom Schnee oder vom Regen je gefallen sind oder fallen werden, und wnschte, es htte deren jegliches ein ssses, aufdringendes Saitenspiel, wohlgenhrt vom Safte meines innigsten Herzens, und dass also ein neues, hochherziges Lob dem geminnten, zarten Gott aufklnge von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und dann zertrennten und zerteilten sich auf eine frhliche Weise die minnereichen Arme der Seele gegen die unsgliche Zahl aller Kreaturen, und es war ihr Gedanke, sie alle darin eifrig zu machen, recht wie ein freier, wohlgemuter Vorsnger die singenden Gesellen anspornt, frhlich zu singen und ihre Herzen zu Gott aufzubieten: Sursum corda!"

"Die zweite Vorstellung," sprach er, "war also: Ich nahm in meine Gedanken mein Herz und aller Menschen Herzen und berlegte, welche Lust und Freude, was fr Glck und Frieden die geniessen, die ihr Herz Gott allein geben, und dagegen was fr Schaden und Leiden, was fr Qual und Unruhe vergngliche Minne ihren Untertanen eintrgt, und ich rief dann mit grosser Sehnsucht zu meinem Herzen und den andern Herzen, wo sie auch sein mchten in allen Enden dieser Welt: Wohlauf, ihr gefangenen Herzen, aus den engen Banden vergnglicher Minne! Wohlauf, ihr schlafenden Herzen, aus dem Tode der Snde! Wohlauf, ihr ppigen Herzen, aus der Lauheit eures trgen, lssigen Lebens! Hebt euch auf mit einer gnzlichen ledigen Umkehr zu dem minniglichen Gott: Sursum corda!"

[Notes: 4: Krschners Deutsche National-Litteratur, Vol. 12{2}, page 210.]

4

From the 'Farmer of Bohemia,' Chapter 3: A bereaved husband expostulates with Death for taking away his wife.[5]

Ich bin genannt ein Ackermann; von Vogelweid' ist mein Pflug.[6] Ich wohne im Bhmer Land. Gehssig, widerwrtig und widerstrebend soll ich Euch [o Tod] immer mehr sein, denn Ihr habt mir den zwlften Buchstaben,[7] meiner Freuden Hort, gar grausam aus dem Alphabet entrckt. Ihr habt meiner Wonne lichte Sommerblume mir aus des Herzens Anger auf ewig ausgerodet. Ihr habt meines Glckes Inbegriff, meine auserwhlte Turteltaube, arglistig entfremdet; Ihr habt unwiederbringlichen Raub an mir getan. Erwgt es selber, ob ich nicht billig zrne, wte und klage; bin ich doch von Euch freudenreichen Wesens beraubt, tglicher guter Lebtage verlustig gemacht, und aller wonnebringenden Freuden benommen. Froh und freudig war ich ehemals zu jeder Stunde; kurz und lustig war all meine Zeit Tag und Nacht in gleichem Mass, beide freudenreich, berschwenglich reich. Jedes Jahr war fr mich ein gnadenreiches Jahr. Nun wird zu mir gesagt: Vorbei! bei trbem Getrnk, bei drrem Ast, betrbt, schwarz und zerstrt, bleib' und heul' ohne Unterlass! Also treibt mich der Wind; ich schwimme durch des wilden Meeres Flut; die Wogen haben berhand genommen, mein Anker haftet nirgends. Darum will ich schreien ohne Ende: Tod, seid verflucht!

[Notes: 5: Krschners Deutsche National-Litteratur, Vol. 12{2}, page 145, with comparison of Knieschek's edition, Prag, 1877. The work consists of thirty-two chapters in which, alternately, the widower complains and Death replies. Then God, as judge, decides in favor of Death: the body must die that the soul may live. The whole ends with a fervid and eloquent prayer for the repose of the dead wife's soul. 6: It is conjectured that the author was a schoolmaster who chose to call himself symbolically an Ackermann, that is, a 'sower of seed.' Hence he says that his 'plow' comes from the birds; in other words, it is a pen. 7: The letter M with which the dead wife's name (Margareta) began.]

From the same, Chapter 12, in which Death makes reply.

Knntest du richtig messen, wgen, zhlen oder aus dem Kopfe dichten, hieltest du nicht solche Rede. Du fluchst und bittest unvernnftig und ohne alle Notdurft. Was taugt solcher Unsinn? Wir haben frher gesagt: kunstreich, edel, ehrhaft, fruchtreich, artig,—alles, was lebet, muss von unsern Hnden zu Ende kommen. Doch schwatzest du und klagst, all dein Glck sei an deinem frommen Weib gelegen. Soll nach deiner Meinung Glck an Weibern liegen, wollen wir dir wohl raten, dass du immer bei Glck bleibest. Warte nur, ob es dir nicht in Unglck gert! Sage uns: Da du zuerst dein lblich Weib nahmst, fandst du sie fromm oder machtest du sie fromm? Hast du sie fromm gefunden, so suche vernnftiglich: du findest noch viele fromme Frauen auf Erden; von denen eine dir zur Ehefrau werden mag. Hast du sie aber fromm gemacht, so freue dich: du bist der lebendige Meister, der noch ein frommes Weib und eine Frau auferziehen kann. Ich sage dir noch mehr: je mehr dir Liebes wird, desto mehr Leides widerfhrt dir. Httest du dich des Lieben enthalten, wrdest du jetzt des Leiden entbehren. Je mehr Liebes zu erfahren, desto mehr Leides in Entbehrung des Lieben. Lieb', Weib, Kind, Schatz und alles irdisch Gut muss am Anfang etwas Freude und am Ende mehr Leides bringen. Alles irdische Lieb muss zu Leide werden: Leid ist Liebes Ende; der Freude End' ist Trauer; nach Lust muss Unlust kommen; Willens Ende ist Unwillen. Zu solchem Ende laufen alle lebendigen Dinge. Lern' es besser, willst du von Klugheit prahlen.

5

From a sermon of Johann Geiler von Kaiserberg.[8]

Der Mensch, der Gott lieb hat und ihm anhngt allein darum, dass er ihm das Himmelreich gebe, der hat Gott nicht recht lieb. Warum? Darum: sein Gedanke an Gott ist nicht lauter; er denkt an sich selbst; er sucht seinen eignen Nutzen. Ich sage nicht, dass du das Himmelreich nicht begehren solltest, oder dass du Gott nicht darum bitten, ihm nicht darum dienen solltest. Nein, ich verwerfe das nicht; die Schrift ist voll davon, dass man Gott um das Himmelreich bitten sollte. Du sollst das Himmelreich begehren, sollst Gott darum bitten; aber du sollst nicht da stehen bleiben, dass du Gott allein darum dienest, und ihn allein darum liebhabest, damit er dir das Himmelreich gebe, und anders nicht. Das heisst nicht rechte Liebe; das ist Freundschaft um Freundschaft, wobei einer dem andern eine Freundlichkeit tut, damit er es ihm wiedervergelte; wie wenn du einem andern eine Wurst schenktest, damit er dir dagegen eine Seite Speck schenke. Du tust ihm eine Freundlichkeit; erwartetest du aber keine Freundlichkeit dagegen, du ttest ihm auch keine. Das heisst nicht rechte Liebe: es ist Freundschaft um Freundschaft. Aber das heisst rechte Liebe, dass einer einen lieb hat nicht um der Gabe willen, oder weil er etwas von ihm erwartet; sondern er hat ihn eben lieb; er gnnet ihm Gutes; er frdert seinen Nutzen; er wendet Schaden von ihm ab, wo er kann und mag, ohne dass er Wiedervergeltung erwartet. Der hat den andern recht lieb. Also tut der Mensch, der Gott recht lieb hat, allein um dessentwillen, weil er solch ein grosser Herr ist, dass er es wrdig wre; weil er der Hchste und das beste Gut ist.

[Notes: 8: Krschners Deutsche National-Litteratur, Vol. 12{2}, page 265.]

END OF PART FIRST



PART II

FROM THE REFORMATION TO THE CLASSICS OF THE EIGHTEENTH CENTURY

According to the Best Critical Editions



XL. MARTIN LUTHER

1483-1546. Some of the cardinal dates in a career that changed the course of history for the whole Germanic world are as follows: In 1517 Luther posted up the ninety-five theses at Wittenberg; 1520, burned the papal bull and issued the Address to the German Nobility; 1522, attended the Diet at Worms and refused to recant; in seclusion at the Wartburg translated the New Testament, which was published that same year; 1525, married Katharina Bora, a nun, having previously renounced monasticism; 1534, published the complete German Bible. Aside from the polemics, tractates, epistles, commentaries, and sermons, whereby he provoked, defended, and organized the Protestant revolt, Luther wrote a few short poems, mostly hymns for worship, also fables and aphorisms. But his great work was his translation of the Bible.

Of the selections below, No. 1 follows the Weimar edition of Luther, VI, 406; No. 3, the reprint in Mller's German Classics, I, 488; Nos. 4 and 5, Krschner's Nationalliteratur, Vol. 15.

1

From the Address to the Nobility.

Die Romanisten haben drey mauren, mit grosser behendickeit,[1] umb sich zogen, damit sie sich bissher beschutzt, das sie niemant hat mugenn[2] reformierenn, dadurch die gantz Christenheit grewlich gefallen ist. Zum ersten, wen man hat auff sie drungen mit weltlicher gewalt, haben sie gesetzt und gesagt,[3] weltlich gewalt habe nit recht ubir sie, sondern widderumb,[4] geystlich sey ubir die weltliche. Zum andern, hat man sie mit der heyligen schrifft wolt straffen,[5] setzen sie da kegen,[6] Es gepur[7] die schrifft niemant ausstzulegenn, den dem Bapst. Zum dritten, drewet[8] man yhn[9] mit einem Concilio, szo ertichten sie, es muge niemant ein Concilium beruffen, den der Bapst. Alsso haben sie die drey rutten[10] uns heymlich gestolen, das sie mugen ungestrafft sein, und sich in sicher befestung disser dreyer maur gesetzt, alle buberey und bossheit zutreyben, die wir dan itzt sehen, und ob sie schon ein Concilium musten machen, haben sie doch dasselb zuvor mat[11] gemacht, damit, das sie die fursten zuvor mit eyden vorpflichten,[12] sie bleyben zulassen, wie sie sein, dartzu dem Bapst vollen gewalt geben ubir alle Ordnung des Concilii, alsso das gleich gilt, es sein vil Concilia odder kein Concilia, on das[13] sie uns nur mit larven und spiegelfechten[14] betriegen, szo gar greulich furchten sie der haut fur einem rechten freyen Concilio, und haben damit kunig und fursten schochter[15] gemacht, das sie glewben, es were widder got, szo man yhn nit gehorchte in allen solchen schalckhafftigen, listigen spugnissen.[16]

[Notes: 1: Behendickeit, 'skill,' 'cunning.' 2: Mugenn = mgen in the sense of modern knnen. 3: Gesetzt und gesagt, 'proclaimed the doctrine.' 4: Widderumb = dagegen, im Gegenteil. 5: Straffen, 'refute.' 6: Da kegen = dagegen. 7: Gepur = gebhre. 8: Drewet = drohet. 9: Yhn = ihnen. 10: The three 'rods' with which Luther proposed to chastise the papists were the temporal power, scripture, and the Councils. 11: Mat, 'impotent.' 12: Vorpflichten = verpflichteten. 13: On das = ohne dass, 'aside from the fact that.' 14: Larven und spiegelfechten, 'masks and tricks.' 15: Schochter = schchtern. 16: Spugnissen, 'humbug.']

2

From the Bible of 1534: Psalm xlvi and Matthew v, 1-12.

Gott ist vnser zuuersicht vnd stercke, eine hlffe jnn den grossen nten, die vns troffen haben.

Darum frchten wir vns nicht, wenn gleich die welt vntergienge, Vnd die berge mitten jnns meer sncken.

Wenn gleich das meer wtet vnd wallet, Vnd von seinem vngestm die berge ein fielen. Sela.

Dennoch sol die stad Gottes fein lstig bleiben, mit jren brnlin, Da die heiligen wonungen des Hhesten sind.

Got ist bey jr drinnen, darumb wird sie wol bleiben, Gott hilfft jr frue. Die Heiden mssen verzagen, vnd die Knigreiche fallen, Das erdreich mus vergehen, wenn er sich hren lesst.

Der HERR Zebaoth ist mit vns, Der Gott Jacob ist vnser schutz. Sela.

Kompt her, vnd schawet die werck des HERRN, Der auff erden solch zestren anrichtet.

Der den Kriegen steuret jnn aller welt, Der bogen zubricht, spies zuschlegt vnd wagen mit fewr verbrend.

Seid stille, vnd erkennet, das ich Gott bin, Ich wil ehre einlegen vnter den Heiden, ich wil ehre einlegen auff erden.

Der HERR Zebaoth ist mit vns, Der Got Jacob ist vnser schutz.

Da er aber das volck sahe, gieng er auff einen berg, vnd satzte sich, vnd seine Jnger tratten zu jm. Und er that seinen mund auff, leret sie vnd sprach: Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himelreich ist jre. Selig sind, die da leide tragen, denn sie sollen getrst werden. Selig sind die senfftmtigen, denn sie werden das erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert vnd drstet nach der gerechtigkeit, denn sie sollen sat werden. Selig sind die barmhertzigen, denn sie werden barmhertzigkeit erlangen. Selig sind die reines Hertzens sind, denn sie werden Gott schauen. Selig sind die friedfertigen, denn sie werden Gottes kinder heissen. Selig sind, die vmb gerechtigkeit willen verfolget werden, denn das Himelreich ist jre. Selig seid jr, wenn euch die menschen vmb meinen willen schmehen vnd verfolgen vnd reden allerley vbels widder euch, so sie daran liegen. Seid frlich vnd getrost, Es wird euch im himel wol belohnet werden, Denn also haben sie verfolget die Propheten, die vor euch gewesen sind.

3

From the Epistle on Translating (1530).[17]

Ich hab mich des gefliessen[18] im dolmetschen, das ich rein vnd klar deudsch geben mchte. Vnd ist vns wol offt begegenet, das wir 14 tage, drey, vier wochen haben ein einiges[19] Wort gesucht vnd gefragt,[20] habens dennoch zuweilen nicht funden. In Hiob erbeiten[21] wir also, M. Philips,[22] Aurogallus[23] vnd ich, das wir in vier tagen zuweilen kaum drey zeilen kundten fertigen. Lieber, nu es verdeudscht vnd bereit ist, kans ein jeder lesen vnd meistern.[24] Leuft einer jtzt mit den augen durch drey oder vier Bletter, vnd stsst nicht einmal an, wird aber nicht gewar, welche Wacken vnd Kltze[25] da gelegen sind, da er jtzt vber hin gehet wie vber ein gehoffelt[26] Bret, da wir haben must schwitzen[27] vnd vns engsten, ehe denn wir solche Wacken und Kltze aus dem wege reumeten, auff das man kndte so fein daher gehen. Es ist gut pflgen, wenn der Acker gereinigt ist. Aber den Wald vnd die Stcke ausrotten, vnd den Acker zurichten, da wil niemand an. Es ist bey der Welt kein danck zu uerdienen. Kann doch Gott selbs mit der Sonnen, ja mit Himel vnd Erden, noch mit seines eigen Sons tod, keinen danck verdienen, Sie sey vnd bleibe Welt ins Teufels namen, weil sie ja nicht anders wil.

Also hab ich hie Rm. 3 fast[28] wol gewusst, das im Lateinischen vnd Griechischen Text das wort sola oder solum nicht stehet, vnd hetten mich solchs die Papisten nicht drffen[29] leren. War ists, Diese vier buchstaben sola stehen nicht drinnen, welche buchstaben die Eselskpff ansehen, wie die Ke ein new thor. Sehen aber nicht, das[30] gleichwol die Meinung des Texts in sich hat, vnd wo mans wil klar vnd gewaltiglich verdeudschen, so gehret es hinein. Denn ich habe Deudsch, nicht Lateinisch noch Griechisch reden wllen, da ich Deudsch zu reden im Dolmetschen furgenommen hatte. Das ist aber die art vnser Deudschen sprache, wenn sich ein Rede begibt[31] von zweien dingen, der man eins bekennet vnd das ander verneinet, so braucht man des worts allein neben dem wort nicht oder kein, Als[32] wenn man sagt, Der Bawr bringt allein[33] Korn, vnd kein Gelt; Item,[34] ich hab warlich jtzt nicht gelt, sondern allein Korn, Ich hab allein gessen[35] vnd noch nicht getruncken, Hastu allein geschrieben vnd nicht uberlesen[36]? Vnd dergleichen unzelige Weise[37] in teglichem brauch. In diesen reden allen, obs gleich die Lateinische oder Griechische Sprache nicht thut, so thuts doch die Deudsche, vnd ist jr art, das sie das wort allein hinzusetzt, auf das das wort nicht oder kein deste vlliger[38] vnd deutlicher sey. Denn man mus nicht die buchstaben in der Lateinischen sprachen fragen, wie man sol Deudsch reden, Sondern man mus die Mutter im hause, die Kinder auff der gassen, den gemeinen Man auff dem marckt drumb fragen, vnd denselbigen auff das Maul sehen, wie sie reden, vnd darnach dolmetschen. So verstehen sie es denn vnd mercken, das man Deudsch mit jnen redet.

[Notes: 17: In his New Testament, Luther had rendered Romans iii, 28—in the Vulgate arbitramur hominem iustificari ex fide absque operibus legis—as follows: Wir halten, das der mensch gerecht werde on des gesetzes werke, allein durch den glauben. As there is nothing in the Latin or Greek corresponding to allein, the Papists charged him with falsifying scripture. 18: Gefliessen = befleissigt. 19: Einiges = einziges. 20: Gesucht vnd gefragt, 'sought for and queried over.' 21: Erbeiten = arbeiteten. 22: M. Philips = Magister Philippus (Melanchthon). 23: Aurogallus, i.e. Goldhahn, name of a Wittenberg Hebraist. 24: Meistern, 'criticise.' 25: Wacken vnd Kltze, 'stones and stumps.' 26: Gehoffelt = gehobelt. 27: Haben must schwitzen = haben schwitzen mssen. 28: Fast = sehr. 29: Drffen, in the old sense of 'need.' 30: Das = das's, i.e. dass es; the es, referring to sola, being the object of hat, which means 'contains,' or 'implies.' 31: Sich begibt = es gibt; 'when there is talk.' 32: Als = wie, zum Beispiel. 33: Allein = modern bloss; so in the other examples. 34: Item, 'like-wise,' 'again.' 35: Gessen = gegessen. 36: Uberlesen = durchgelesen. 37: Unzelige Weise = unzhliger Weise, 'countlessly,' 'ad infinitum.' 38: Deste vlliger = desto krftiger.]

4

Ein feste Burg.[39]

Ein feste burg ist unser Gott, Ein gute wehr und waffen,[40] Er hilfft uns frey[41] aus aller not, Die uns itzt hat betroffen. Der alt bse feind 5 Mit ernst[42] ers itzt meint, Gros macht und viel list Sein grausam rstung ist, Auff erd ist nicht seins gleichen.

Mit unser macht ist nichts gethan, 10 Wir sind gar bald verloren, Es streit fr uns der rechte man, Den Gott hat selbs erkoren. Fragstu wer der ist? Er heisst Jhesus Christ, 15 Der Herr Zebaoth,[43] Und ist kein ander Gott, Das felt mus er behalten.

Und wenn die welt vol Teuffel wer Und wolt uns gar verschlingen, 20 So frchten wir uns nicht so sehr, Es sol uns doch gelingen. Der Frst dieser welt, Wie saur[44] er sich stelt, Thut er uns doch nicht[45]; 25 Das macht, er ist gericht,[46] Ein wrtlin kan jn fellen.

Das wort sie sllen lassen stan Und kein danck dazu haben; Er ist bey uns wol auff dem plan[47] 30 Mit seinem Geist und gaben. Nemen sie den leib, Gut, ehr, kind und weib, Las faren dahin; Sie habens[48] kein gewin, 35 Das Reich mus uns doch bleiben.

[Notes: 39: This famous hymn, based on Psalm xlvi and often called the battle-hymn of the Reformation, dates from 1529. 40: Waffen (das) = modern Waffe (die). 41: Frey, probably factitive rather than adverbial; 'he helps us free,' i.e. 'sets us free.' 42: Ernst, probably in the old sense of Kampf; 'he means fight.' 43: Zebaoth, 'of hosts'; a Hebrew plural. 44: Saur, 'fierce,' 'menacing.' 45: Nicht = nichts. 46: Gericht = gerichtet, 'judged.' Satan's impotence is caused ('made') by the fact that he is under doom. See Revelation xx, 3. 47: Plan, 'field' of battle. 48: Habens, i.e. haben es, the es being a genitive = 'of it,' 'from it.']

5

Frau Musica.[49]

Fr[50] allen freuden auf erden Kan niemand[51] keine feiner werden, Denn die ich geh mit meim singen Und mit manchem sssen klingen. Hie kan nicht sein ein bser mut, 5 Wo da singen gesellen gut, Hie bleibt kein zorn, zank, hass noch neid, Weichen muss alles herzeleid, Geiz, sorg und was sonst hart anleit,[52] Fert hin mit aller traurigkeit. 10 Auch ist ein jeder des wol frei,[53] Das solche freud kein snde sei, Sondern auch Gott viel bass gefelt, Denn alle freud der ganzen welt. Dem teufel sie sein werk zerstrt 15 Und verhindert viel bser mrd. Das zeugt David des knigs that,[54] Der dem Saul oft geweret hat Mit gutem sssem harfenspiel, Das er nicht in grossen mord fiel. 20 Zum gttlichen wort und warheit Macht sie das herz still und bereit; Solchs hat Eliseus bekant,[55] Da er den geist durchs harfen fand. Die beste zeit im jar ist mein, 25 Da singen alle vgelein; Himel und erden ist der vol, Viel gut gesang da lautet wol. Voran die liebe nachtigal Macht alles frlich beral 30 Mit irem lieblichen gesang; Des muss sie haben immer dank. Vielmehr der liebe Herre Gott, Der sie also geschaffen hat, Zu sein die rechte sengerin, 35 Der Musicen ein meisterin; Dem singt und springt sie tag und nacht, Seines lobs sie nichts mde macht. Den ehrt und lobt auch mein gesang Und sagt im ein ewigen dank. 40

[Notes: 49: The poem dates from 1538. In lines 1-14, and again in lines 25-40, Frau Musica speaks in her own person; but in lines 15-24 Luther speaks of her, proving the goodness of her art by scriptural instances. 50: Fr = vor; translate by 'of' or 'among.' 51: Niemand is dative; 'no joy can be more exquisite for any one.' 52: Anleit = anliegt; 'whatever lies hard upon us.' 53: Des wol frei, 'quite at ease about this.' 54: That; see I Sam. xvi, 23. 55: Bekant = erkannt; see II Kings iii, 15.]



XLI. ULRICH VON HUTTEN

1488-1523. An eminent humanist and poet laureate of knightly stock, Hutten had attacked the papacy in various Latin writings before resorting to the vernacular in support of Luther, of whose cause he became, in 1520, an ardent champion. The defeat of his friend Sickingen compelled him to flee to Switzerland, where he died on the island of Ufnau, in the Lake of Zrich.

The selections follow Krschner's Nationalliteratur, Vol. 17{2}, pages 249 ff., and pages 269 ff.

1

From the Poem 'Complaint and Admonition.'[1]

Hilf, werder Knig,[2] es ist not! Lass fliegen auss des adlers fan![3] So wllen wir es heben an. Der weingart gottes ist nit rein, Vil ungewchss ist kommen drein. 5 Der weytz des herren wicken[4] tregt; Wer do z[uo][5] nit sein arbeit legt Und hilfft das unkraut tilgen auss, Der wrt mit gott nit halten hauss. Wir reuten auss unfruchtbarkeit 10 Und th[uo]nd, als gott hatt selbs geseit, Zu dem, der solichs rauben pflegt, Do ers propheten mund[6] bewegt. Du hast beraubt all nation, Drumb dir auch werden widerston 15 All vlcker, berfallen dich, Berauben wider gwaltiglich. Frwar, das wrt ein g[uo]tte that! Ich gib all frommen Teutschen rat, Seit sich nit bessert disser stadt.[7] 20 Doch halt die frommen ich beuor,[8] Der greiff man keinem an ein hor.[9] Und die seind g[uo]tter gschrifft gelert, Ich bitt, das keiner werd versert. Und wer ein geistlich leben frt, 25 In disser sach bleib unberrt.— All ding[10] der Bapst hatt bermacht! Wer das dann hat z[uo]m bestengdacht, Den hatt er mit dem bann erschreckt. Ich hoff, es seyen schon erweckt 30 Vil teutscher hertzen, werden sich Der sachen nemen an, als[11] ich. Ich hab ye[12] g[uo]t vormanung gthan, Ich hoff, sye lassen mich nit stan! Den stolzen Adel ich beruff, 35 Ir frommen Stett, euch werffet uff! Wir wllents halten in gemein; Lasst doch nit streiten mich allein! Erbarmt euch bers vatterlandt, Ir werden Teutschen, regt die handt; 40 Yetzt ist die zeit, z[uo]heben an Umb freyheit kryegen, gott wils han! Hr z[uo]![13] wer mannes hertzen hatt! Gebt vorter[14] nit den lgen statt, Domit sye han vorkert die welt! 45 Vor hatt es an vormanung gfelt, Und einem, der euch sagt den grund, Kein ley[15] euch damals weissen[16] kund, Und waren n[uo]r die pfaffen glert. Yetzt hatt uns gott auch kunst[17] beschert, 50 Das wir die bcher auch verstan. Wollauff, ist zeyt, wir mssen dran!

[Notes: 1: The title of the poem, which comprises 1578 lines and was written in 1520, runs: Clag und Vormanung [i.e. Ermahnung] gegen dem bermssigen, unchristlichen gewalt des Bapsts zu Rom und der ungeistlichen geistlichen. 2: Knig; Karl V (1500-1558). 3: Adlers fan, the imperial eagle. 4: Wicken, 'weeds.' 5: do z[uo] = dazu, daran. In early prints, an uo, which later became ue, then u, often appears as [uo]. 6: Propheten mund; see Jer. xii, 10 ff. 7: Stadt = status, Zustand. 8: Halt beuor = nehme aus, 'except.' 9: Hor = Haar. 10: All ding, 'in all things'; gen. with bermacht. 11: Als = wie. 12: Ye = je, 'always.' 13: Hr z[uo] = herzu. 14: Vorter = frder. 15: Ley = Laie, 'layman.' 16: Weissen = weisen, 'point the way,' 'instruct,' 'warn.' 17: Kunst, 'knowledge.']

2

Ich habs gewagt.[18]

Ich habs gewagt mit sinnen[19] Und trag des noch kain rew, Mag ich nit dran gewinnen, Noch[20] m[uo]ss man spren trew[21]; Dar mit ich main[22] 5 Nit aim allain, Wen man es wolt erkennen, Dem land z[uo] g[uo]t, Wie wol man t[uo]t Ain pfaffenfeint[23] mich nennen. 10 Da lass ich ieden liegen[24] Und reden, was er wil; Het warheit ich geschwigen, Mir wren hulder vil.[25] Nun hab ichs gsagt, 15 Bin drumb verjagt,[26] Das klag ich allen frummen, Wie wol noch ich Nit weiter fleich,[27] Villeicht werd wider kummen. 20 Umb gnad wil ich nit bitten, Die weil ich bin on schult; Ich het das recht gelitten,[28] So[29] hindert ungedult, Dass man mich nit 25 Nach altem sit Z[uo] ghr hat kummen lassen; Villeicht wils got, Und zwingt sie not, Zu handlen diser massen. 30 Nun ist oft diser gleichen[30] Geschehen auch hie vor, Dass ainer von den reichen Ain g[uo]tes spil verlor, Oft grosser flam 35 Von fnklin kam; Wer waiss, ob ichs werd rechen! Stat schon im lauf, So setz ich drauf[31]: M[uo]ss gan oder brechen. 40 Dar neben mich z[uo] trsten Mit g[uo]tem gwissen hab, Dass kainer von den bsten Mir er[32] mag brechen ab, Noch sagen, dass 45 Uff ainig mass[33] Ich anders sei gegangen, Dan eren nach, Hab dise sach In g[uo]tem angefangen. 50 Wil nun ir selbs[34] nit raten[35] Dis frumme nation, Irs schadens sich ergatten,[36] Als ich vermanet han, So ist mir laid! 55 Hie mit ich schaid, Wil mengen bass die karten. Bin unverzagt, Ich habs gewagt Und wil des ends erwarten. 60 Ob dan mir nach t[uo]t denken Der curtisanen[37] list, Ain herz last sich nit krenken, Das rechter mainung ist! Ich waiss noch vil, 65 Wln auch ins spil, Und soltens[38] drber sterben: Auf, landsknecht g[uo]t Und reuters m[uo]t, Last Hutten nit verderben! 70

[Notes: 18: The song was printed separately in 1521 as Ain new lied herr Vlrichs von Hutten. The phrase ich habs gewagt, translating the Latin jacta est alea, became a sort of motto with Hutten after he had taken, in the fall of 1520, the momentous step of defending Luther and advocating a German war of liberation. 19: Mit sinnen, 'deliberately.' 20: Noch = dennoch. 21: Spren trew, 'perceive stedfastness,' 'see that I am faithful' to the decision taken. 22: Main = meine; 'I intend the weal not of one only (myself), but of the whole fatherland.' 23: Pfaffenfeind, as a term of reproach among the humanists, had a suggestion of flying at ignoble game. 24: Liegen = lgen. 25: Mir ... vil, 'many would have liked me better.' 26: Verjagt; Hutten's revolutionary writings led to a papal order that he be brought to Rome in chains. Banished on that account by his former friend, the Archbishop of Mainz, he took refuge in the castle of Franz von Sickingen at Ebernburg. 27: Fleich = fliehe. 28: Recht gelitten, 'submitted to trial.' 29: So = aber. 30: Diser gleichen = dergleichen. 31: Setz ich drauf, 'take my risk on it.' 32: Er = Ehre. 33: Uff ainig mass = irgendwie. 34: Ir selbs = sich selbst. 35: Raten = Rat schaffen, 'find means.' 36: Ergatten = erholen. 37: Curtisanen = Hflinge. 38: Soltens = sollten sie.]



XLII. THOMAS MURNER

1475-ca. 1536. An Alsatian friar of the Franciscan order, Murner traveled much and won great prestige as a scholar. His earliest German writings, the Guild of Fools and the Exorcism of Fools, are metrical satires in the vein of Sebastian Brant. Though himself a sharp critic of clerical abuses, he could not brook the thought of a rupture with the Roman church. In the Great Lutheran Fool he assailed Luther scurrilously. His verse is mostly prosaic and often coarse, but there is a certain elegiac warmth in his song of thirty-five stanzas on the Downfall of the Christian Faith, which was published in the early days of the Lutheran revolt. A part of it is given below, the text according to Krschner's Nationalliteratur, Vol. 17{1}, page 62.

Ain new Lied von dem undergang des Christlichen glaubens.

Nun hrt, ich wil euch singen, In br[uo]der Veiten ton,[1] Von ungehrten Dingen, Die laider iez[2] frgon[3]: Wie dass mit falschen listen 5 Die christenhait zergat; Wan das die frsten wisten, Sie tten z[uo] der tat.[4] Der hirt, der ist geschlagen, Die schflin sein[5] zerstreut, 10 Der bapst, der ist verjagen,[6] Kein kron er me[7] aufdrait,[8] Und ist mit kainen worten Von Christo ie erstift[9]; An hundert tausent orten 15 Ist gossen auss das gift. Der kaiser ist kain advocat, Gar hin ist sein gewalt, Den er ja zu der kirchen hat, Der schirm zu boden falt; 20 Sein gebot sein ganz verachtet, We armer christenhait, Wa undertni[10] brachtet,[11] Und herschaft niderleit! Die patriarchen alle 25 Und cardinl gemain,[12] Die bischof sein im falle, Der pfarrer bleibt allain; Ja den die gmain[13] erwelet Nach irem unverstand 30 Und fr ain hirten zelet; Ach, we der grossen schand! Die minsten sein iez all gelert, Der[14] vor nie beten kunt, Kain ler auf erden ie gehrt, 35 Dorft nie aufton sein mund: Die widerfechten alle Die zierd[15] der christenhait, Gent steur[16] z[uo] niderfalle Ir lob und herlichait. 40 Die mess, die sol nim[17] gelten Im leben noch im dot, Die sacrament sie schelten, Die seien uns nit not; Fnf[18] hon sie gar vernichtet, 45 Die andern[19] lon sie ston Der massen z[uo] gerichtet, Dass sie auch bald zergon. Wir sein all pfaffen worden, Baid, weiber und die man, 50 Wie wol wir hant kain orden, Kain weihe gnomen an. Die stiel ston auf den benken, Der wagen vor dem ross, Der glaub wil gar versenken, 55 Der grund ist bodenlos. Die pfaffen sein zerschlagen, Die mnch sein auch zertrent, Mit luter stimmen klagen, Man hab sie lang geschent:[20] 60 Uns alles fr erlogen,[21] Was sie hont ie gesait, Auss ihren fingern gsogen, Verfiert die christenhait. Wer iez z[uo] mal kan liegen, 65 Veracht all oberkait, Das evangeli biegen[22] Auf mort und herzenlaid: Dem lauft man z[uo] mit schalle, Hanthabt[23] in mit gewalt, 70 Biss unser glaub verfalle Und gar in eschen falt. Der apfel ist geworfen Der zwitracht, das ist war, In steten und in dorfen; 75 Und geben nit ain har, Ja nit ain meit[24] auf erden Umb alle oberkait; Mit listen und gefrden Erdenkt man herzenlaid. 80 Das evangeli frone,[25] Das was ein frlich mr, Von got eroffnet schone Z[uo] frid von himel her: Das hont sie iez vergiftet 85 In mort und bitterkait; Es was z[uo] freud erstiftet, Iez bringt es herzenlaid. Ich kan michs nit beklagen Ja ber gotes wort, 90 Allain dass sies vertragen Und rinklen[26] auf ain mort Das wort des ewigen leben Z[uo] aufr[uo]r und dem dot, Von Christo uns gegeben, 95 Das er auss lieb erbot.

[Notes: 1: The Bruder Veits Ton, verse-form and tune, was a popular favorite. See Erk und Bhme's Liederhort, II, 59. 2: Iez = jetzt. 3: Frgon = vorgehen. 4: Tten ... tat = wrden zur Tat schreiten, 'would do something.' 5: Sein = sind. 6: Verjagen = beseitigt, 'done away with.' 7: Me = mehr. 8: Aufdrait = auftrgt, 'wears.' 9: Erstift, 'established'; see Mat. xvi, 18. 10: Undertni, an abstract from Untertan, in the collective sense of Untertanenschaft. 11: Brachtet, from brachten = schreien, toben. The sense is: 'Where subjects revolt and rulers are powerless.' 12: Gemain = smtlich. 13: Gmain = Gemeinde. 14: Der, in the sing., as if der minste had preceded. 15: Zierd, the church. 16: Gent steur = geben Steuer, 'help on,' 'aid.' 17: Nim = nimmer (nie mehr). 18: Fnf, namely, confirmation, penance, extreme unction, order, and matrimony. 19: Andern, namely, baptism and the eucharist. 20: Geschent = geschndet, 'treated disgracefully.' 21: Fr erlogen = vorgelogen. 22: Biegen, with kan above; 'whoso can bend the gospel to murder,' etc. 23: Hanthabt, 'invests' (puts into his hands). 24: Meit, 'mite.' 25: Frone = heilig. 26: Rinklen, 'twist,' 'pervert,'—like the preceding vertragen.]



XLIII. THE REFORMATION DRAMA

The spirit of Luther—opposition to the papacy and reliance on scripture—soon found expression in the acted drama. To illustrate this phase of the new literary movement three plays have been drawn on: first, a Swiss play, performed on the streets of Bern in 1522; second, a Low German play, performed at Riga in 1527; third, a midland play, performed at Kahla in 1535. The text of No. 1 follows Bchtold's Bibliothek lterer Schriftwerke der deutschen Schweiz, II, 103; for No. 2 see Braune's Neudrucke, No. 30; for No. 3, Tittmann's Schauspiele aus dem 16. Jahrhundert, pages 21 ff.

1

From the 'Contrast between the Pope and Christ,' by Niklaus Manuel.[1]

CLIWE PFL[UO]G

Vetter Rede, was lebens ist nun vorhand? Mich dunkt, es sig[2] aber neiwas nws[3] im land. Wer ist der g[uo]t fromm biderman, Der da ein grawen rock treit an[4] Und uf dem schlechten esel sitzt 5 Und treit ein kron, von drnen gespitzt? Er ist on zwifel ein trut[5] biderman, Das sich[6] ich im wol an sim angsicht an; Es ist kein hoffart in im nit, Sin hofgesind im des zgnuss git[7]: 10 Die im nachgand,[8] hinkend und kriechen, Die armen blinden und feldsiechen.[9] Schouw, was armer lten gand im nach! Ich mein, dass er niemand verschmach.[10] Die armen stinkenden ellenden lt, 15 Sie hend doch kein gelt und gend im gar nt. Das ist doch ein ellende unlustige schar Und gand ouch so gar gottsjmerlich dahar: Der lam, der ander blind, der dritt wasserschtig! Und sitzt aber der g[uo]t man so herzlich zchtig, 20 So ganz schmig und einfeltig uf dem tier. Lieber min etter[11] Redi, wie gfalt er dir? Lieber etter, weistu, wer er ist, Ach, so sag mir's ouch durch Jesum Christ!

REDE VOGELNEST

Etter Cliwe, ich bekennen[12] in vast wol,[13] 25 Darumb ich's dir ouch billichen sagen sol! Er ist unser hchster schatz und hort, Er ist des ewigen vaters wort, Das in dem anfang was bi gott, Do er alle ding beschaffen wott,[14] 30 Himmel und erden, tag und nacht. On in ist ganz nt gemacht, Noch das firmament, noch der erdenklotz: Er ist der sun des lebendigen gotts. Es ist der sess, milt und recht demetig, 35 Trstlich, frlich, barmherzig und getig, Heilmacher der welt, herr Jesus Christ, Der am crtz fr uns gestorben ist In sinem dri und drissigsten alter, Unser schpfer, erlser und behalter, 40 Ein knig aller knig, herr aller herren, Den ouch die kreft der himel eren.

CLIWE PFL[UO]G

Verden pl[uo]st willen,[15] ist das der? Wenn er halb als hoffertig wer, Als unser kilchherr[16] und sin caplan, 45 So she er der bettler keinen an. Was gemeint der alt glatzet[17] fischer darmit, Dass er so dapfer neben im dahar tritt, Und ouch die anderen biderben lt? Weist du ouch, was doch das selb bedt? 50

REDE VOGELNEST

Der alt fischer das ist sant Peter. Der herr Jesus hat kein trumeter,[18] Blind und lam sind sin trabanten. Und die in ein sun gottes erkanten, Das warend schlecht einvaltig lt; 55 Die pfaffen schatztend in gar nt Und widerstrebtend im alle zit, So straft er sie umb iren git[19] Und ander sntlich wis und berden.[20] Er kond nie eins mit inen werden. 60 Darumb sie in allwegen verstiessend Und z[uo]letst am krtz ermrden liessend.

(Hie zwischen kam der bapst geritten in grossem triumph in harnisch mit grossem kriegszg[21] z[uo] ross und f[uo]ss mit grossen panern und fenlinen von allerlei nationen lt. —Sin eidgenossen gwardi[22] all in siner farb, trumeten, pasunen,[23] trummen, pfifen, kartonen,[24] schlangen,[25] h[uo]ren und b[uo]ben und was zum krieg gehrt, richlich, hochprachtlich, als ob er der trkisch keiser wr. Do sprach aber)

CLIWE PFL[UO]G

Vetter Rede, und wer ist aber der gross keiser, Der mit im bringt so vil kriegischer pfaffen und reiser[26] Mit so grossen mechtigen hochen rossen, 65 So mencherlei wilder seltsamer bossen,[27] So vil multier mit gold, samet beziert, Und zwen spicherschlssel[28] im paner fiert? Das nimpt mich frmbd und mechtig wunder. Wrind nit so vil pfaffen darunder, 70 So meinte ich doch, es wrind Trken und heiden. Mit denen seltsamen kappen und wilden kleiden....

REDE VOGELNEST

Das weiss ich ouch und kan dir's sagen. Man m[uo]ss in uf den achslen tragen Und wil darfr gehalten werden, 75 Dass er sig ein gott uf der erden; Darumb treit er der kronen dri, Dass er ber all herren si Und sig ein statthalter Jesu Christ, Der uf dem esel geritten ist. 80

CLIWE PFL[UO]G

Das mcht wol ein hoffertig statthalter sin! Das lit heiter am tag und ist ougenschin. Das sind doch warlich zwo unglich personen: Des ewigen gotts sun treit ein drne kronen Und ist der arm[uo]t geliebt und hold; 85 So ist sins statthalters kronen gold Und benegt sich dennocht nit daran, Er wil dri ob einandern han. So ist Christus fridsam, demetig und milt, So ist der bapst kriegsch, rumorisch und wild 90 Und ritet dahar so kriegsch und fri, Grad als ob er voller tflen si.

[Notes: 1: Niklaus Manuel (ca. 1484-1530), locally famous both as a painter and a writer, was a leader of the early Swiss Reformers. The play consisted of a procession representing the Pope, riding in pontifical splendor and attended by pompous retainers; while Christ rode an ass, wearing a crown of thorns and followed by a throng of the lame and the blind. The speakers are two Swiss peasants. 2: Sig = sei. 3: Neiwas nws = etwas Neues. 4: Treit an = antrgt. 5: Trut = traut(er). 6: Sich = sehe. 7: Des ... git = gibt Zeugnis davon. 8: Nachgand = nachgehen. 9: Feldsiechen = ausstzigen. 10: Verschmach = verschmhe. 11: Etter = vetter (Redi being familiar for Rudolf). 12: Bekennen = kenne. 13: Vast wol = sehr gut. 14: Wott = wollte. 15: Verden pl[uo]ost willen; an untranslatable oath. 16: Kilchherr = Kirchherr. 17: Glatzet, 'bald.' 18: Trumeter = Trompeter. 19: Git = Geiz. 20: Wis und berden = Weise und Gebrden, 'character and conduct.' 21: Kriegszg = Kriegsheer. 22: Gwardi = Garde, Leibwache. 23: Pasunen = Posaunen. 24: Kartonen = Cartaunen, 'heavy guns.' 25: Schlangen, '(long) cannon.' 26: Reiser = Reisiger, Krieger. 27: Bossen = Burschen, Buben. 28: Spicherschlssel, 'granary keys'; the keys of St. Peter.]

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