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[Notes: 1: Iwein is in the castle, Lunete having saved him from the vassals of the slain Askalon by giving him a ring that made him invisible.]
II
From 'Der arme Heinrich', lines 1004-1247: Poor Henry at Salerno with the maid who is eager to give her heart's blood that he may be cured of his leprosy.
So fuhr denn nach der Stadt Salern Die treue Magd mit ihrem Herrn. 1005 Es trbt des Herzens Frhlichkeit Nichts mehr, als dass der Weg so weit, Dass ihr so lang das Licht noch schien. Und als er sie gebracht dahin, Wo er den Meister wohlbekannt, 1010 Wie er gedachte, wiederfand, Ward's dem gar frhlich angesagt, Gefunden wre jetzt die Magd, Die einst er ihn gewinnen hiess. Zugleich er ihn sie sehen liess. 1015 Den duchte das unglaublich schier. Er sprach: "Mein Kind, und hast du dir Solch Willen wohl auch klar gemacht? Wie? Hat zu dem Entschluss gebracht Dich Wunsch und Drohung deines Herrn?" 1020 Die Jungfrau sprach, sie tu' es gern Aus ihrem eignen Herzen sei Der Wunsch gekommen, frank und frei. Gross Wunder ducht' ihn das, und fern Nahm er besonders sie vom Herrn 1025 Und fragt' sie auf die Seligkeit, Ob nicht ihr Herr in seinem Leid Solch Reden htt' ihr aufgedroht. Dann sprach er: "Kind, es ist dir not, Dass du dich mehr noch kmmerst drum, 1030 Was dir bevorsteht—hr', warum. Wenn du den Tod nun leiden musst Und nicht von Herzen gern es tust, So ist dein junges Leben hin Und bringt doch keinen Deut Gewinn. 1035 Verschliess' vor mir nicht deinen Mund. Was dir geschieht, tu' ich dir kund. Ich muss dich ausziehn, nackt und bloss; Da wird die Pein der Scham dir gross. Ich binde dich an Bein- und Armen; 1040 Flst du mit deinem Leib Erbarmen, Bedenke, Mdchen, diese Schmerzen! Ich schneide dich bis tief zum Herzen Und reiss' es lebend noch aus dir. Nun, Mdchen, sprich und sage mir, 1045 Wie es mit deinem Mute steh'; Geschah noch keinem Kind so weh, Als dir von mir nun muss geschehen. Dass ich es tun muss und es sehen, Das macht mir Angst und Not genug. 1050 Bedenk' nun selber bei dir klug: Gereut dich's auch nur um ein Haar, So hab' ich meine Arbeit gar Und du den jungen Leib verloren." So ward um alles sie beschworen, 1055 Dass fern sie bleibe solcher Pflicht, Wr' felsenfest ihr Wille nicht. Die Jungfrau aber lachend sprach, Da sie erfuhr, dass an dem Tag Ihr helfen sollte noch der Tod 1060 Aus aller Welt- und Erdennot: "Gott lohn' Euch, lieber Herr, dass Ihr So ganz und gar und treulich mir Die volle Wahrheit habt gesagt. Nun bin ich wahrlich doch verzagt: 1065 Ein Zweifel mir das Herz erregt; Euch sei's geklagt, was mich bewegt. Mir bangt jetzt, unser Unternehmen Mcht' Euer zager Mut noch lhmen, Dass es vielleicht gar unterbleibe! 1070 Eu'r Reden ziemte einem Weibe. Ihr seid des Hasen Spielgenoss, Und Eure Angst ist viel zu gross Um mich, dass ich nun sterben soll. Wahrhaftig, Herr, Ihr tut nicht wohl 1075 Bei Eurer grossen Meisterschaft. Ich bin ein Weib, doch hab' ich Kraft. Wagt Ihr nur mich zu schneiden, Ich wag' es wohl zu leiden. Die Angst und bittre Todesqual, 1080 Davon Ihr mir erzhlt zumal, Die hab' ich wohl von Euch vernommen; Doch wr' ich wahrlich nicht gekommen, Wsst' ich so fest nicht meinen Mut, Dass ich vergiessen knnt' mein Blut 1085 Und alle Leiden gern erdulden. Mir ist von Euren Hulden Die bleiche Farbe ganz genommen Und also fester Mut gekommen, Dass ich nicht ngstlicher hier steh', 1090 Als wenn ich froh zum Tanze geh'; Die Not kann doch so gross nicht sein, Die einen Tag nur whrt; ich mein', Dass ich frs ewige Leben Den einen Tag wohl knnte geben. 1095 Euch kann an meinem festen Willen Kein Zweifel mehr das Herz erfllen. Knnt' Ihr dem Herrn Gesundheit geben Und mir zugleich das ew'ge Leben, Um Gotteswillen, tut's beizeit. 1100 Lasst sehn, ob Ihr ein Meister seid. Ihr sollt noch reizen mich dazu. Ich weiss es wohl, um wen ich's tu'. In dessen Namen es geschieht, Der unsre guten Dienste sieht 1105 Und lsst sie ungelohnet nicht. Ich weiss wohl, dass er selber spricht, Wer grosse Dienste leiste, Des Lohn sei auch der meiste. Drum halt' ich diesen grimmen Tod 1110 Auch nur fr eine ssse Not Um solch gewissen Himmelslohn. Liess' ich die reiche Himmelskron', So wr' zu tricht doch mein Sinn, Da ich so arm geboren bin." 1115 Nun sah er, dass unwandelbar Und ohne Reu' ihr Wille war. Noch einmal fhrt' er sie sodann Hin zu dem armen, siechen Mann Und sprach zu ihrem Herren: 1120 "Dem Zweifel lasst uns wehren, Zum Werke sei die Magd nicht gut! Nun habt Vertraun und guten Mut, Ich mache bald Euch ganz gesund." Hin fhrt' der Meister sie zur Stund 1125 In sein geheimes Arbeitszimmer, Damit ihr Herr es sehe nimmer, Verschloss vor ihm sogleich die Tr Und warf noch einen Riegel fr: Er wollte nicht, dass er es seh', 1130 Wie's nun mit ihr zu Ende geh'. In einer Kemenaten, Die er gar wohl beraten Mit Arzenein fr jung und alt, Hiess er die Jungfrau alsobald 1135 Vom Leibe ziehn der Kleider Zier. Drob ward sie froh und frhlich schier. Sie riss die Nte gleich entzwei Und war bald ihrer Kleider frei. Als sie der Meister nun ansah, 1140 In seinem Herzen fhlt' er da, Wie sehr ihn dauerte die Maid, Dass Herz und Mut vor Traurigkeit Ihm beinah wren noch verzagt. Da sah die gute, reine Magd 1145 Gar einen hohen Tisch da stehn, Auf den hiess sie der Meister gehn. Alsbald er fest darauf sie band Und nahm ein Messer in die Hand, Das nahe lag, gar lang und scharf, 1150 Des man fr solches Werk bedarf. So guten Stahl das Messer trug, Dem Meister war's nicht scharf genug. Ihn jammerte die grosse Not, Er wollt' ihr lindern noch den Tod. 1155 Nun lag ein guter Wetzstein auch Ganz nahe bei, wie noch der Brauch. Auf dem hub jetzt zu streichen an Gar langsam der bedrckte Mann. Das Wetzen aber hrte, 1160 Der ihre Freude strte, Der arme Heinrich vor der Tr. Und als das Wetzen drang herfr, Da klagt' und trauert' er gar sehr, Dass er das Mgdlein nimmermehr 1165 Lebendig sollte sehen. Er hub zu suchen an und sphen, Bis endlich in der dnnen Wand Sein Aug' ein kleines Lchlein fand. Da sah er durch den schmalen Spalt 1170 Sie auf dem Tisch gebunden bald. Sie war so hold, so jung und schn, Da musst' er reuig sich ansehn, Und anders ward ihm da zu Mut. Ihn deucht', es sei wohl nimmer gut, 1175 Wie ihm bisher das Herz gesinnt. Und so verwandelt' er geschwind Den alten eigenscht'gen Sinn Und gab sich neuem Fhlen hin. Er sprach: "Das war unklug Beginnen, 1180 Dass wider den in trotz'gen Sinnen Du leben wolltest einen Tag, Dem niemand doch entrinnen mag. Du weisst frwahr nicht, was du tust, Da du doch einmal sterben musst, 1185 Dass du dies jammervolle Leben, Das Gott allein dir hat gegeben, Nicht willig willst zu Ende tragen, Zumal du sicher nicht kannst sagen, Ob dich erlst des Kindes Tod. 1190 Was dir beschert der liebe Gott, Das lass dir alles auch geschehn. Ich will des Kindes Tod nicht sehn." Sogleich war der Entschluss gefasst. Er pochte an die Wand mit Hast 1195 Und bat: "Lasst mich sogleich hinein!" Der Meister sprach: "Das kann nicht sein, Mir fehlt die Musse jetzt dazu, Dass ich Euch auf die Tre tu'." "Nein, Meister, hret nur ein Wort!" 1200 "Wie kann ich, wartet ruhig dort, Bis es geschehn." "Ach Meister, nein, Hrt mich, es muss vor dem noch sein!" "Nun sagt mir's denn durch diese Wand!" "Ach, nein, so ist es nicht bewandt" 1205 Da ffnet endlich er die Tr. Der arme Heinrich trat herfr, Wo sein Gemahl[2] gebunden lag. Zum Meister alsobald er sprach: "Dies Mgdlein ist so wonniglich, 1210 Wahrhaftig, nimmermehr kann ich Ihr jmmerliches Ende sehn. Des Ewigen Wille soll geschehn. Heisst sie vom Tische sich erheben; Das Silber will ich gern Euch geben, 1215 Das ich Euch bot fr Eure Mh'. Nur lasst, ich bitt', am Leben sie!"
[Notes: 2: Heinrich had playfully called her his 'wife.' The girl is but eight years old when the story begins.]
XXIV. WOLFRAM VON ESCHENBACH
The deepest of the three chief romancers and the most strongly marked in his individuality. His date is approximately 1170-1220. He was a Bavarian knight of humble estate, who spent some time at the court of Landgrave Hermann in Thuringia. He speaks of himself as 'ignorant of what the books contain,' which is usually taken to mean that he could not read or write. His great work is Parzival, a blend of Arthurian and Grail romance, which he says he got from a French poet Kyot. Nothing is known of any such poet, and some think him an invention. Certain it is, however, that Wolfram had some other source than Chrestien de Troyes' Conte del Graal, though he was acquainted with that, and that he invented freely. Two other narrative poems, Titurel and Willehalm, were left unfinished. The selections from Parzival below are from the translation by W. Hertz, Stuttgart, 1898.
[Transcriber's Note: In each excerpt, line numbering starts at the number given in the heading. Correspondence with the origina text or a line-for-line translation will only be approximate.]
From 'Parzival,' Book 3, lines 293-500[1]: Parzival takes leave of his mother, who has tried in vain to prevent his hearing of knighthood; the young 'fool' follows her directions all too literally.
Heut mocht' ein andrer birschen, Sein Sinn stand nicht nach Hirschen. Er rennt nach Haus zur Mutter wieder, 295 Erzhlt—und sprachlos sinkt sie nieder. Doch als sie wieder kam zu Sinn, Sprach die entsetzte Knigin: "Wer sagte dir von Rittertum? O sprich, mein Sohn! Du weisst darum?" 300 "Vier Mnner sah ich, Mutter mein, Gott selbst hat nicht so lichten Schein; Die sagten mir von Ritterschaft. Artus in seiner Knigskraft Verleiht die Rittersehren, 305 Soll sie auch mir gewhren." Da ging ein neuer Jammer an. Sie wusste keinen Rat und sann: Was sollte sie erdenken, Sein Trachten abzulenken? 310 Das einzige, was er begehrt Und immer wieder, ist ein Pferd. Sie dacht' in Herzensklagen: Ich will's ihm nicht versagen; Doch soll es ein gar schlechtes sein, 315 Da doch die Menschen insgemein Schnell bereit zum Spotte sind, Und Narrenkleider soll mein Kind An seinem lichten Leibe tragen. Wird er gerauft dann und geschlagen, 320 So kehrt er mir wohl bald zurck. Aus Sacktuch schnitt in einem Stck Sie Hos' und Hemd; das hllt ihn ein Bis mitten auf sein blankes Bein, Mit einer Gugel obendran. 325 Zwei Bauernstiefel wurden dann Aus rauher Kalbshaut ihm gemacht. Sie bat ihn: "Bleib noch diese Nacht. Du sollst dich nicht von hinnen kehren, Eh' du vernahmst der Mutter Lehren: 330 Ziehst pfadlos du durch Wald und Heiden, Sollst du die dunkeln Furten meiden; Sind sie aber seicht und rein. So reite nur getrost hinein. Du musst mit Anstand dich betragen 335 Und niemand deinen Gruss versagen. Wenn dich ein grauer weiser Mann Zucht will lehren, wie er's kann, So folg' ihm allerwegen Und murre nicht dagegen. 340 Eins achte ferner nicht gering: Wo eines guten Weibes Ring Du kannst erwerben und ihr Grssen, So nimm's; es wird dir Leid versssen. Ksse keck das holde Weib 345 Und drck' es fest an deinen Leib; Denn das gibt Glck und hohen Mut, Sofern sie zchtig ist und gut. Und endlich, Sohn, sollst du noch wissen: Zwei Lande wurden dir entrissen 350 Von Lhelins, des stolzen, Hand, Der deine Frsten berrannt. Ein Frst von ihm den Tod empfing, Indes dein Volk er schlug und fing." "Das soll er wahrlich nicht geniessen; 355 Ich werd' ihn mit dem Pfeile spiessen." Dann in der frhsten Morgenzeit War schon der Knabe fahrtbereit, Der mir vom Knig Artus sprach. Sie ksst ihn noch und lief ihm nach. 360 O Welt von Leid, was da geschah! Als' ihren Sohn sie nicht mehr sah'— Dort ritt er hin, wann kehrt er wieder?— Fiel Herzeloyd zur Erde nieder. Ihr schnitt ins Herz der Trennung Schlag, 365 Dass ihrem Jammer sie erlag. Doch seht, ihr vielgetreuer Tod, Er wehrt von ihr der Hlle Not. O wohl ihr, dass sie Mutter ward! Sie fuhr zum Lohn des Heiles Fahrt, 370 Sie, eine Wurzel aller Gte, Ein Stamm, auf dem die Demut blhte. Ach, dass die Welt uns nicht beschied Ihr Blut auch nur zum elften Glied! Drum ist so wenigen zu traun. 375 Doch sollen nun getreue Fraun Mit Segenswnschen ihn geleiten, Den wir dort sehn von dannen reiten. Es wandte sich der junge Fant Hin nach dem Wald von Breceliand.[2] 380 Er kam an einen Bach geritten, Den htt' ein Hahn wohl berschritten, Doch weil da Gras mit Blumen spross, So dass der Bach im Schatten floss, Gedacht' er an der Mutter Wort 385 Und trabte diesseits an ihm fort Unverdrossen bis zur Nacht; Die ward, wie's eben ging, verbracht. Am Morgen traf er eine Stelle, Da rann das Wasser seicht und helle; 390 Hier ritt er durch und sah ein Feld, Das schmckt' ein grosses Prachtgezelt Aus reichem Samt dreifarbig bunt, Und alle Nte in der Rund' Deckt feiner Borten Stickerei. 395 Die Lederhlse hing dabei, Die, wenn es regnen wollte, Man drber ziehen sollte. Des stolzen Herzogs von Lalander Minnige Gemahlin fand er 400 Im Zelte, Frau Jeschute, Die noch im Schlafe ruhte, Zum Ritterslieb erschaffen: Sie trug der Minne Waffen, Einen Mund durchleuchtig rot, 405 Sehnenden Ritters Herzensnot. Wie wonnig sie entschlummert war! Halb offen stand ihr Lippenpaar, Das glht von heissem Minnefeuer; So lag das holde Abenteuer. 410 Schneeweiss erglnzt' in dichten Reihn Der kleinen Zhne Elfenbein. Leicht lernt' ich kssen solchen Mund, Doch wurde mir das selten kund. Auf weichem Lager hingestreckt 415 Hat sie den Zobel, der sie deckt, Zurckgestreift bis an die Hften, Im schwlen Sommer sich zu lften, Seit einsam lag das schne Weib. Gott selbst hat an den sssen Leib 420 Seine Meisterkunst gewandt. Lang war ihr Arm und blank die Hand. Doch als der wilde Knabe da An ihrer Hand ein Ringlein sah, Sprang er ans Bett, den Reif zu holen, 425 Wie's ihm die Mutter anbefohlen. Das reine Weib in Scham erschrak, Als ihr der Knab' im Arme lag. Sie, die man keusche Zucht gelehrt, Sprach: "Wer hat mein Gemach entehrt? 430 Jungherr, Ihr waget allzuviel. Geht, suchet Euch ein andres Ziel!" Doch er, wie laut die Schne klagt, Ihn kmmert's nicht, was sie auch sagt. Er drckt' an sich die Herzogin, 435 Zwang ihren Mund an seinen hin Und nahm den Ring. Auch brach der Range Von ihrem Hemd die goldne Spange. Sie wehrt sich, doch mit Weibes Wehr; Ihr war sein Arm ein ganzes Heer. 440 "Mich hungert," klagt er, "gib mir Essen!" Sie sprach: "Ihr wollt doch mich nicht fressen? Wrt Ihr zu Nutzen weise, Ihr nhmt Euch andre Speise. Seht, dort beiseit steht Brot und Wein 445 Und zwei Rebhhnchen obendrein. Das hat ein Mgdlein hergebracht, Die's Euch doch wenig zugedacht." Er liess von ihr, indem er sass Und einen guten Kropf sich ass, 450 Wonach er schwere Trnke schlang. Ihr whrt sein Wesen hier zu lang; Sie deucht: dem Jungen fehlt's im Hirne; Der Angstschweiss stand ihr auf der Stirne. Drum sprach sie: "Jungherr, lasset mir 455 Das Ringlein und die Spange hier Und hebt Euch fort! Denn kommt mein Mann, Und trifft Euch hier im Zelte an, So msst Ihr Zorn erleiden, Den Ihr gern mchtet meiden." 460 Er sprach mit trotzigem Gesicht: "Er komme nur! Ich frcht' ihn nicht. Doch schadet's dir an Ehren, Will ich von hinnen kehren." Aufs neu' kam er ans Bett gegangen, 465 Die Schne kssend zu umfangen; Ungerne litt's die Herzogin. Dann ohne Abschied ritt er hin; Doch sprach er noch: "Gott hte dein! So lehrte mich's die Mutter mein." 470
[Notes: 1: The numbers refer to the original text, Bartsch's edition; the translation is not a line-for-line version. 2: A famous wood in Bretagne—la fort de Brchliant. Wolfram's spelling is Prizljan, Hartmann's Brezilian.]
From Book 5, lines 345-490: Parzival in the castle of the Grail.[3]
Dann kam die Knigin herein; 345 Ihr Antlitz gab so lichten Schein, Sie meinten all', es wolle tagen. Als Kleid sah man die Jungfrau tragen Arabiens schnste Weberei. Auf einem grnen Achmardei[4] 350 Trug sie des Paradieses Preis, Des Heiles Wurzel, Stamm und Reis. Das war ein Ding, das hiess der Gral, Ein Hort von Wundern ohne Zahl. Repanse de Schoye sie hiess, 355 Durch die der Gral sich tragen liess. Die hehre Art des Grales wollte, Dass, die sein wrdig pflegen sollte, Die musste keuschen Herzens sein, Vor aller Falschheit frei und rein. 360 Die Jungfraun tragen vor dem Gral Sechs Glasgefsse lang und schmal, Aus denen Balsamfeuer flammt. Sie wandeln zchtig insgesamt Mit abgemess'nem Schritte 365 Bis in des Saales Mitte. Die Knigin verneigte sich Mit ihren Jungfraun feierlich Und setzte vor den Herrn den Gral. Gedankenvoll sass Parzival 370 Und blickte nach ihr unverwandt, Die ihren Mantel ihm gesandt. Drauf teilt sich all das Gralgeleite; Zwlf Jungfraun stehn auf jeder Seite, Und in der Mitte steht allein 375 Die Magd in ihrer Krone Schein. Nun traten vor des Mahls Beginn Die Kmm'rer zu den Rittern hin, Ein jeder ihrer vier zu dienen Mit lauem Wasser, das er ihnen 380 In schwerem goldnem Becken bot, Dabei ein Jungherr wangenrot, Das weisse Handtuch darzureichen. Da sah man Reichtum ohnegleichen. Der Tafeln mussten's hundert sein, 385 Die man zur Tre trug herein, Vor je vier Ritter eine; Darauf von edlem Leine Deckten sie mit Fleisse Tischtcher blendend weisse. 390 Der Wirt in seiner stummen Qual Nahm selber Wasser; Parzival Wusch sich mit ihm zugleich die Hnde. Drauf bracht' ein Grafensohn behende Ein seidnes Handtuch farbenklar 395 Und bot es ihnen knieend dar. Ein jeder Tisch, so viel da stehn, Ist von vier Knappen zu versehn: Die einen knien, um vorzuschneiden, Aufwrter sind die andern beiden. 400 Nun rollen durch den Saal vier Wagen, Die Goldgeschirr in Flle tragen; Das wird von Rittern unverweilt An all die Tafeln ausgeteilt. Man zog im Ring sie Schritt fr Schritt, 405 Und jedem ging ein Schaffner mit, Dem dieser Hort zur Hut befohlen, Ihn nach dem Mahl zurckzuholen. Hundert Knappen traten dann Mit Tchern auf der Hand heran; 410 Voll Ehrfurcht kamen sie gegangen, Das Brot vom Grale zu empfangen. Denn wie ich selber sie vernommen, Soll auch zu euch die Mre kommen: Was einer je vom Gral begehrt, 415 Das ward ihm in die Hand gewhrt, Speise warm und Speise kalt, Ob sie frisch sei oder alt, Ob sie wild sei oder zahm. Wer meint, dass dies zu wundersam 420 Und ohne Beispiel wre, Der schelte nicht die Mre. Dem Gral entquoll ein Strom von Segen, Vom Glck der Welt ein vollster Regen. Er galt fast all dem Hchsten gleich, 425 Wie man's erzhlt vom Himmelreich. In kleinen goldnen Schalen kam, Was man zu jeder Speise nahm: Gewrze, Pfeffer, leckre Brhn. Ass einer zaghaft oder khn, 430 Sie fanden insgesamt genug, Wie man's mit Anstand vor sie trug. Wein, Maulbeertrank, Siropel rot, Wonach den Becher jeder bot, Und welchen Trank er mochte nennen, 435 Den konnt' er gleich darin erkennen, Alles durch des Grales Kraft. Die ganze werte Ritterschaft War so zu Gaste bei dem Gral. Wohl sah mit Staunen Parzival 440 Die Pracht der Wunder sich bezeigen; Jedoch aus Anstand wollt' er schweigen. Er dachte: der getreue Mann, Gurnemanz, befahl mir an, Vieles Fragen zu vermeiden. 445 Drum will ich hflich mich bescheiden Und warten, bis man ungefragt, Von diesem Haus mir alles sagt, Wie man bei Gurnemanz getan Drauf sah er einen Knappen nahn 450 Mit einem Schwerte schn und stark; Die Scheide galt wohl tausend Mark, Der Griff ein einziger Rubin. Das ward vom Wirt dem Gast verliehn: "Ich hab' es oft im Kampf getragen, 455 Bis Gott am Leibe mich geschlagen. Herr, nehmt es als Ersatz entgegen, Sollt' man Euch hier nicht wohl verpflegen." Ach dass auch jetzt er nicht gefragt! Um seinetwillen sei's geklagt, 460 Da mit dem Schwert, das er empfing, Die Mahnung doch an ihn erging. Auch jammert mich sein Wirt zumal; Denn von der ungenannten Qual Wrd' er durch seine Frage frei. 465 Damit war nun das Mahl vorbei.
[Notes: 3: The blundering Parzival has now been instructed in the ways of knighthood by the gray-haired Prince Gurnemanz, who has told him to avoid asking questions about what he sees. With this caution in mind Parzival fails to inquire into the malady of the mysterious sick man in the Grail castle—a fateful error which involves him in long wanderings during which he despairs of God. The sick man is his uncle Anfortas, whom he is destined after a lapse of years, to heal by a simple question and to succeed as king of the Grail. 4: Green silk from Arabia.]
From Book 16, lines 332-458: Parzival, as purified king of the Grail and unswervingly faithful husband, is reunited to his wife Kondwiramur.
"Geheimnisreich ist Gottes Tat," Sprach er,[5] "wer sass in seinem Rat? Wer kennt die Grenzen seiner Macht? Kein Engel hat sie ausgedacht, 335 Ja, Gott ist Mensch," so fuhr er fort, "Ist seines Vaters ew'ges Wort, Ist Vater und ist Sohn zugleich, Sein Geist an Hilfe gross und reich. Ein Wunder seltsam rtselvoll 340 Ist hier geschehn; durch Euren Groll Rangt Ihr ab dem hchsten Willen, Eures Herzens Wunsch zu stillen. Mir tat einst Eure Mhsal leid; Denn unerhrt zu aller Zeit 345 War's, mit Gewalt der Waffen Den Gral sich zu erraffen. Ich htt' Euch gern den Wunsch benommen. Doch anders ist's mit Euch gekommen: Euch ward der herrlichste Gewinn. 350 Nun kehrt an Demut Euren Sinn!" Drauf Parzival: "Mein Weib ist nah. Ich will sie sehn, die ich nicht sah Nun seit fnf langen Jahren. Da wir beisammen waren, 355 War sie mir lieb und ist es noch. Drum lass mich ziehn! Dein Rat jedoch Soll mir verbleiben bis zum Tod. Du rietest mir in grosser Not." So schied er von dem heil'gen Mann, 360 Die Nacht durch ritt er fort im Tann; Der Weg war seinen Degen kund. Am Morgen fand er lieben Fund: Manch Zelt geschlagen auf dem Plane, Vom Lande Brobarz manche Fahne, 365 Der mancher Schild gefolgt von fern. Da lagen seines Landes Herrn. Er fragte nach der Frstin Zelt; Das stand fr sich abseits im Feld, Von kleinen Zelten rings umfangen. 370 Ihr Ohm, schon frh auf, kam gegangen; Noch war der Blick des Tages grau. Da sah er halten auf der Au Ein Volk' von Rittern und von Knappen, Erkannte gleich des Grales Wappen 375 Und eilte Herrn und Degen Mit Willkommsgruss entgegen, Befahl auch, dass ein Jungherr lief Und rasch der Herrin Marschall rief, Die Gste fr den Morgen 380 Behaglich zu versorgen. Den Knig fhrt' er an der Hand Hin, da die Kleiderkammer stand, Ein klein Gezelt von Buckeram, Wo man den Harnisch von ihm nahm. 385 Noch war der Herrin nichts bewusst. Da fand er seiner Augen Lust: Im weiten Zelte schlief die Schne Und bei ihr seine kleinen Shne, Loherangrin und Kardeis, 390 Und hier und dort umher im Kreis Lagen lichter Fraun genug. Der Oheim auf die Decke schlug Und rief: "Willst du erwachen, So wirst du frhlich lachen!" 395 Aufblickend sah sie ihren Mann. Ihr Hemd nur hat die Herrin an, Die nun die Decke um sich schwang, Vom Bette auf den Teppich sprang, Und Parzival, er drckte 400 Ans Herz die Holdbeglckte. Man sagte mir, sie kssten sich. Sie sprach: "So hat das Glck mir dich Gesendet, Herzensfreude mein! Sollst Gott und mir willkommen sein! 405 Nun sollt' ich zrnen, kann es nicht. Heil sei dem Tag und seinem Licht, Der dies Umfangen mir gebracht, Das all mein Leid zunichte macht! Des Herzens Wunsch, ich halt ihn hier, 410 Und Sorge hat kein Teil an mir." Nun wachten auch die Kinderlein. Er beugt sich zrtlich zu den zwein Und ksste sie, die nackend lagen. Der Ohm hiess sie von dannen tragen, 415 Und auch die Frauen sandt' er fort. Die grssten erst mit freud'gem Wort Den Herren nach der langen Reise; Dann fhrt sie aus dem Zelte leise Der gute Ohm, der Parzival 420 Seinem holden Weib befahl. Noch war es frh; drum liessen wieder Die Kmm'rer rings die Zeltwand nieder. Hat ihn einst Blut und Schnee[6] verzckt, Im Liebesweh sich selbst entrckt, 425 Dafr—es war auf dieser Flur— Gab ihm Ersatz Kondwiramur, Die rot wie Blut und weiss wie Schnee. An keinem Ort sonst nahm er je Minnetrost fr Minnenot, 430 Den manches Weib ihm liebend bot.
[Notes: 5: The speaker is the wise old hermit Trevrizent, who has cleared up for Parzival the mystery of the Grail and led him to inward peace. 6: In Book 6 it is related that Parzival, riding away from the castle of the Grail, comes upon three drops of blood in the snow—the blood of a wild goose that had been attacked by a falcon. The red and white remind him of Kondwiramur and he sinks into a moody trance.]
XXV. GOTTFRIED VON STRASSBURG
Pre-eminent as a graceful and cunning psychologist of sensual passion. His great work—all that we have from him except some lyric poems—is the love-intoxicated romance of Tristan and Isold, which he began early in the 13th century and did not live to complete. For this his principal source was the French trouvre, Thomas of Brittany, who composed his Tristan in England about 1180. Of this French poem only a few fragments are extant. The original Tristan-saga contained elements of revolting savagery, but in Gottfried's poem, as in the fragments of Thomas, it is transformed into a courtly romance of love—an illicit love that defies conscience and the world and remains faithful unto death. The selections are from the translation by W. Hertz, 4th edition, Stuttgart, 1904.
From 'Tristan,' Book I, lines 119-242: The goodness of love and love-stories.
Ich weiss es sicher wie den Tod Und hab's erkannt in eigner Not: 120 Wer minnt mit edlem Sinne, Liebt Mren von der Minne. Drum wer nach solchen trgt Begier, Der hat nicht weiter als zu mir. Ich knd' ihm ssse Schmerzen 125 Von zweien edlen Herzen, Die Liebe trugen echt und wahr, Ein sehnend junges Menschenpaar, Ein Mann, ein Weib, ein Weib, ein Mann, Tristan Isold, Isold Tristan. 130 Treu, wie ich las die Kunde Von ihrem Liebesbunde, So leg' ich sie mit willigem Sinn Allen edlen Herzen hin, Dass sie durch Kurzweil dran genesen; 135 Das ist sehr gut fr sie zu lesen. Gut? fraget ihr. Ja, innig gut, Macht lieb die Liebe, rein den Mut, Sthlt die Treue, ziert das Leben; Wohl kann's dem Leben Zierden geben. 140 Denn wo man hret oder liest, Wie Herz sich treu zum Herzen schliesst, Da lernen die Getreuen Sich recht der Treue freuen. Liebe, Treue, steter Mut, 145 Ehre und manch andres Gut Stehn nirgends so dem Herzen nah, Sind nirgends ihm so lieb wie da, Wo man von Herzeliebe sagt Und Herzeleid von Liebe klagt. 150 Lieb' ist selig allezeit, Ein Ringen so voll Seligkeit, Dass ohne ihre Lehre Nicht Tugend ist noch Ehre. Da Liebe so das Leben weiht, 155 Da so viel Tugend sie verleiht, Ach, dass nicht alles, was da lebt, Nach rechter Herzensliebe strebt; Dass ich so wenig finde deren, Die lautres herzliches Begehren 160 Um Freundes willen mgen leiden, Nur um den armen Schmerz zu meiden, Der bei der Lieb' zu mancher Stund' Verborgen liegt im Herzensgrund. Wie litte nicht ein edler Mut 165 Ein Weh fr tausendfaches Gut, Fr grosse Freude kleinen Gram? Wem niemals Leid von Liebe kam, Dem kam auch Lust von Liebe nie: Lust und Leid, wann liessen die 170 Im Lieben je sich scheiden? Man muss mit diesen beiden Lob und Ehre sich erwerben Oder ohne sie verderben. Von denen diese Mre kndet, 175 Htten sie nicht treu verbndet Um Herzenswonne sehnend Klagen In einem Herzen einst getragen, Es war' ihr Name im Gedicht So manchem edlen Herzen nicht 180 Zum Heil und lieben Trost gekommen. Nun wird noch heute gern vernommen Und rhrt noch immer sss aufs neue Ihre innigliche Treue, Ihr Glck und Jammer, Wonn' und Not. 185 Und liegen sie auch lange tot, Ihr ssser Name lebt uns doch; Auch soll der Welt zu gute noch Lang ihr Tod und ewig leben, Den Treubegier'gen Treue geben, 190 Den Ehrbegier'gen Ehre. Die ewig neue Mre Von ihrer Treue Lauterkeit, Von ihrer Herzen Lust und Leid, Ist aller edlen Herzen Brot: 195 So lebt in uns ihr beider Tod. Wer nun begehrt, dass man ihm sage Ihr Leben, Sterben, Freud' und Klage, Der neige Herz und Ohren her: Er findet alles sein Begehr. 200
From 'Tristan,' Book 16, lines 11711-11844: The fateful love-potion.[1]
Doch als die Jungfrau und der Mann, Als nun Isolde und Tristan Den Trank getrunken, was geschah? Gleich war der Welt Unruhe da, Minne, die Herzensjgerin, 11715 Und schlich zu ihren Herzen hin. Sie liess, eh' beide sich's versehn, Ihr Siegspanier darber wehn Und unterwarf sie mit Gewalt. Eins und einig wurden bald, 11720 Die zwei gewesen und entzweit. Nun hatten sie nach langem Streit In raschem Frieden sich gefunden. Der Hass[2] Isoldens war entschwunden: Minne, die Vershnerin, 11725 Die hatte ihrer beider Sinn Von Hasse so gereinigt, In Liebe so vereinigt, Dass eins dem andern hell und klar Und lauter wie ein Spiegel war. 11730 Sie hatten nur ein einz'ges Herz: Isoldens Leid war Tristans Schmerz, Und Tristans Schmerz Isoldens Leid. Sie einten sich fr alle Zeit In Freude und in Leide 11735 Und hehlten sich's doch beide. Das tat die Scham, dass sie nichts sagten, Der Zweifel tat's, dass sie verzagten, Sie an ihm und er an ihr. Und riss auch ihre Herzensgier 11740 Nach Einem Ziel sie blindlings fort, Sie bangten vor dem ersten Wort. Drum blieb in Scheu' und Sorgen Ihr Sehnen noch verborgen. Als Tristan fhlt der Minne Bann, 11745 Da rief er Treu' und Ehre an, Und diese beiden mahnten ihn, Vor ihrer Lockung zu entfliehn. Nein, dacht' er fort und fort bei sich, Sei standhaft, Tristan, hte dich! 11750 Lass ab und schlag dir's aus dem Sinn. Doch drngte stets sein Herz dahin. Mit seinem Willen kmpft' er schwer, Begehrte wider sein Begehr: Es zog ihn ab, es zog ihn an. 11755 So wand sich der gefang'ne Mann Und suchte, aus den Schlingen Sich mhsam loszuringen, Und hielt sich tapfer lange Zeit. Es ging dabei ein zwiefach Leid 11760 Seinem treuen Herzen nah: Wenn er in ihre Augen sah, Und ihm die ssse Minne Verzehrte Herz und Sinne Mit ihrem holden Angesicht, 11765 So dacht' er an der Ehre Pflicht, Und die entriss ihn ihrem Bann. Gleich griff ihn Minne wieder an, Seine Erbeknigin, Und trieb ihn wieder zu ihr hin. 11770 Bedrngt ihn Ehr' und Treue schwer, Minne bedrngt ihn doch noch mehr; Sie tat ihm mehr zu leide Als Treu' und Ehre beide. Schaute sein Herz sie lachend an, 11775 So blickte weg der treue Mann; Doch sollt' er sie nicht sehen, Wollt' ihm das Herz vergehen. Oft, wie Gefang'ne sinnen, Oft sann er zu entrinnen, 11780 Und dachte: Sieh nach andern, Lass dein Begehren wandern Und liebe, was sich lieben lsst! Da hielt ihn stets die Schlinge fest. Oft prft' er sorgsam Herz und Sinn, 11785 Als sprt' er eine Wandlung drin; Doch fand er nur darinne Isolden und die Minne. Nicht anders war es mit Isot. Sie kmpfte mit derselben Not, 11790 Auch ihr war angst und weh zu Mut. Kaum fhlt sie in der weichen Flut Der zauberischen Minne Versinken ihre Sinne, Da—in jhem Schreck und Graus 11795 Sphte sie nach Rettung aus Und wollte schnell auf und davon; Jedoch verloren war sie schon Und haltlos sank sie nieder. Sie strubte sich dawider, 11800 Suchte nach allen Enden Mit Fssen und mit Hnden Und wandte sich bald hin, bald her; Doch so versenkte sie nur mehr Die Hnde und die Fsse 11805 Tief in die blinde Ssse Des Mannes und der Minne. Wie die gefang'nen Sinne Sich mochten drehn und regen, Auf allen ihren Wegen, 11810 Auf jedem Schritt, auf jedem Tritt, Ging Minne, ihre Herrin mit, Und alles, was sie dacht' und sann, War Minne nur und nur Tristan. Doch all das blieb verschwiegen; 11815 Entzweit in stetem Kriegen War hier das Herz, die Augen dort, Scham trieb die Augen von ihm fort; Doch Minne bracht' ihr Herz ihm dar. Und diese widerspenst'ge Schar, 11820 Scham und Minne, Mann und Magd, Die war teils mutig, teils verzagt: Die Magd begehrte nach dem Mann Und sah ihn nicht mit Augen an; Die Scham, die wollte Minne, 11825 Doch ward es niemand inne. Was mocht' es helfen? Scham und Magd Kommt leicht zu Falle, wie man sagt; Sie haben gar ein kurzes Leben Und knnen nicht lang widerstreben. 11830 Isot auch unterwarf sich bald, Und sieglos weichend der Gewalt Ergab sie Leib und Sinne Dem Manne und der Minne.
[Notes: 1: Tristan, a young embodiment of all knightly virtues, has been sent to Ireland to win the hand of the peerless Isold for his old uncle Marke, King of Cornwall. He succeeds in his mission. On the voyage to Cornwall, however, it befalls by accident that he partakes with Isold of a philter prepared by her mother and intended for her and King Marke. 2: Tristan had slain Morold, a kinsman of Isold's, wherefore she had tried, with small success, to 'hate' him.]
From 'Tristan,' Book 24, lines 15522-15748: The ordeal of God.[3]
Der Knig sprach: "Frau Knigin, Ich lass' es dabei gern beruhn. Wollt Ihr uns so Genge tun, Wie's Eure Rede zugestand, 15525 So gebt uns sich'res Unterpfand: Kommt her, gelobt mit Wort und Eid Zum Gottesurteil Euch bereit Mit dem glhenden Eisen, Wie wir's Euch werden weisen." 15530 Die Herrin weigerte sich nicht; Sie schwur, die Probe vor Gericht Zu leisten nach sechs Wochen, Wie's ihr ward zugesprochen, In der Stadt zu Karliun. 15535 Der Herr entliess die Frsten nun; Sie kehrten heimwrts insgemein. Isolde aber blieb allein Mit ngsten und mit Leide, Und es bedrckten beide 15540 Ihr Herz mit gleicher Schwere: Angst um ihre Ehre Und heimlich Leid, nicht minder schwer, Dass ihre Lge sie nunmehr Zur Wahrheit sollte bringen, 15545 In diesem heissen Ringen Wusste sie nicht aus noch ein, Und darum beides, Angst und Pein, Vertraute sie dem gnd'gen Christ, Der hilfreich in den Nten ist; 15550 Der mchte sie entlasten. Ihm mit Gebet und Fasten Befahl sie all die Angst und Not, Und eine List erfand Isot: Im stillen Herzen hoffte sie 15555 Getrost auf Gottes Courtoisie Und schrieb an Tristan einen Brief, Der ihn nach Karliun berief, Wie er's auch mglich mache, Dass, wenn der Tag erwache, 15560 An dem das Schiff dort lande, Er frhe sei am Strande Und da im Hafen ihrer warte. Nun, so geschah's: er kam und harrte Im Pilgermantel arm und schlicht; 15565 Er hatte sich das Angesicht berschminkt und aufgeschwellt Und Leib und Kleidung ganz entstellt. Als dann Isot und Marke Anhielten mit der Barke, 15570 Ersah ihn gleich die Herrin dort, Und sie erkannt' ihn auch sofort. Und als das Schiff zu Strande stiess, Isot den Waller bitten liess, Wenn er nicht frchte zu erlahmen, 15575 So mcht' er doch in Gottes Namen Sie tragen von des Schiffes Rand Hinber auf das trockne Land; Sie wollte sich in diesen Tagen Von keinem Ritter lassen tragen. 15580 Da riefen sie den Pilger an: "He, kommet nher, guter Mann, Und tragt die Herrin ans Gestad!" Der Pilger tat, wie man ihn bat: Er ging zu seiner Herrin hin 15585 Und trug Isot, die Knigin, Auf seinen Armen nach dem Port. Sie raunt ihm zu mit raschem Wort, Dass, was ihm auch draus wrde, Er unter seiner Brde 15590 Mit ihr am nahen Ziele Zur Erde niederfiele. So tat er: kaum dass am Gestad Der Waller aus dem Wasser trat Aufs trockne Land, so strauchelt' er 15595 Und fiel, als wr's von ungefhr, Und bracht' im Fallen es dahin, Dass er der schnen Knigin Im Arme lag an ihrer Seite. Da ward ein Aufruhr im Geleite: 15600 Sie kamen gleich in Haufen Mit Stecken hergelaufen, Um ihm mit blauen Malen Den Trgerlohn zu zahlen. "Nein, nein, lasst ab!" so rief Isot, 15605 "Denn es geschah ihm nur aus Not. Der Pilger ist so matt und krank, Dass er vor Schwche niedersank." Dafr erscholl ihr in der Runde Ehr' und Dank aus jedem Munde. 15610 Sie lobten's im Gemte, Dass sie mit solcher Gte Verteidigte den armen Wicht. Sie sprach mit lchelndem Gesicht: "Welch Wunder wre nun daran, 15615 Wenn dieser fremde Pilgersmann Mit mir zur Kurzweil wollte scherzen?" So gewann sie alle Herzen, Da sie so milde sich erwiesen, Und Frau Isolde ward gepriesen 15620 Und hochgerhmt von manchem Mann. Doch Marke sah das alles an Und hrte schweigend jedes Wort. Sie aber fuhr zu scherzen fort: "Nun weiss ich nicht, was draus entsteht, 15625 Dass ich doch, wie ihr selber seht, Von heut an nicht mehr schwren kann, Dass ausser Marke nie ein Mann Mir in den Arm gekommen, Noch einer je genommen 15630 Sein Lager mir zur Seiten." So scherzten sie im Reiten, Und war der arme Waller Fortan im Munde aller, Bis sie zum Stadttor zogen ein. 15635 Da waren Pfaffen viel und Lai'n, Barone, Ritterschaft in Menge, Gemeinen Volks ein gross Gedrnge, Bischfe und Prlaten auch, Die hielten da nach heil'gem Brauch 15640 Das Amt und weihten das Gericht. Gewrtig ihrer strengen Pflicht Harrten schon die Weisen; Im Feuer lag das Eisen. Die gute Knigin Isold, 15645 Die hatt' ihr Silber und ihr Gold Und was vom Schmuck ihr war zuhanden, Samt ihren Rossen und Gewanden Dahingeschenkt um Gottes Huld, Dass Gott an ihre wahre Schuld 15650 Zur Stunde nicht gedchte Und, sie zu Ehren brchte. So war zum Mnster sie gekommen Und hatte Messe da vernommen Mit inniglichem Mute. 15655 Andchtig sah die Gute Zu Gott auf, dem sie sich vertraut. Sie hatte auf der blossen Haut Ein rauhes hrnes Hemd und dann Ein wollnes Rcklein drber an, 15660 Das ihr, wenn's an ihr niederhing, Nicht auf die zarten Knchel ging. Die rmel waren aufgezogen Bis nahe an den Ellenbogen, Arm' und Fsse waren bloss. 15665 Da rhrt ihr Anblick und ihr Los Manch Herz und Auge mit Erbarmen; Wie drftig war das Kleid der Armen, Wie bleich, wie trbe sah sie drein! Hiemit kam auch der Heiligenschrein, 15670 Darauf den Schwur, sie sollte tun, Und man gebot Isolden nun, Ihre Schuld an diesen Snden Vor Gott und vor der Welt zu knden. Sie hatte Ehr' und Leben 15675 An Gottes Huld ergeben Und bot ihr Herz und ihre Hand Furchtsam, wie es um sie stand, Dem Schreine und dem Eide. Hand und Herz im Leide 15680 Befahl sie Gottes Segen Zu hten und zu pflegen. Doch war auch mancher in der Schar, Der htte, alles Hochsinns bar, Der Knigin den Eidschwur gern 15685 Vorgesagt im Kreis der Herrn Ihr zu Schaden und zu Falle. Ihr alter Feind voll Gift und Galle, Des Knigs Truchsess Marjodo, Versuchte es bald so, bald so, 15690 Und trug es ihr zum Schaden an. Doch war auch wieder mancher Mann, Der sich selbst an ihr ehrte Und ihr's zu Gute kehrte. So stritten sie sich her und hin 15695 Um den Eid der Knigin; Der war ihr gut, der bs gesinnt, Wie's immer geht, wo Menschen sind. "Herr Knig," fiel die Herrin ein, "Was sie auch reden insgemein, 15700 Der Eid muss doch vor allen Euch und nur Euch gefallen; Und darum seht nun selber zu, Was ich hier spreche oder tu'. Ob ich den Eid Euch sage, 15705 So dass er Euch behage. Der wirre Hader schweige still; Vernehmt, was ich Euch schwren will: Dass ausser Euch kein andrer Mann Kunde meines Leibs gewann, 15710 Und dass wahrhaftig, wenn nicht Ihr, Kein Lebender auf Erden mir Im Arm und an der Seite lag Als der, den ich nicht leugnen mag— Was wrd' es mir auch taugen, 15715 Da Ihr mit eignen Augen Ihn saht in meinem Arme— Der Pilgersmann, der arme: So helfe mir denn, red' ich wahr, Mein Gott und aller Heiligen Schar, 15720 So dass ich ohne Wehe Das Urteil hier bestehe. Herr, wollt Ihr mehr, gebietet nur, Und ich verbess're Euch den Schwur In jeder Weise, wie Ihr wollt." 15725 "Nein," sprach der Knig, "Frau Isold, Soweit ich das erwgen kann, Bednkt es mich genug hieran. Nun nehmt das Eisen auf die Hand, Und wie die Wahrheit Ihr bekannt, 15730 So helf' Euch Gott in dieser Not!" "Amen," sprach die Frau Isot. Sie griff es an auf Gottes Gnaden— Und trug das Eisen ohne Schaden. Da wurde deutlich wohl und klar 15735 Vor aller Augen offenbar, Dass unsern lieben Herrgott man Wie einen rmel wenden kann: Er schmiegt sich an und fgt sich glatt, Wie man es nur im Sinne hat, 15740 So weich, so handsam und bequem, Wie's artig ist und angenehm, Ist allen Herzen gleich bereit Zum Trug wie zur Wahrhaftigkeit, Zum Ernste wie zur Spielerei, 15745 Wie man's begehrt, er ist dabei.
[Notes: 3: Having become justly suspicious of his wife's fidelity, King Marke requires her to prove her innocence by the ordeal of the hot iron. She complies—in a way.]
XXVI. KONRAD VON WRZBURG
The most gifted of the romancers after the famous trio. He was born at Wrzburg about 1230, wrote some of his earliest poems there, lived afterwards at Basel, then at Strassburg, and died at Basel in 1287. He loved the good old times of knighthood and wrote of them in facile verse whose popularity is attested by several notices. His works are rather numerous. The most important of the longer romances is Engelhart; of the shorter tales, The World's Reward, Otto with the Beard, Silvester, and the Story of a Heart. This last is given below in condensed form.
Story of a Heart.
Ein Ritter und ein gutes Weib, Die hatten einmal Seel' und Leib So fest verwebt in Minneglut, Dass beider Leben, beider Mut War eins geworden ganz und gar. 5 Was je der Frau zuwider war, Das war es auch dem Ritter. Davon zuletzt ward bitter Ihr Lebensende, leider. Es war die Minne beider 10 Nun worden so gewaltig, Dass sie sehr mannigfaltig Die Herzen machte schmerzen. Gross Schmerz ward ihren Herzen Von ssser Minne kund. 15 Die hatte sie bis auf den Grund Mit ihrer Flamm' entzndet Und dergestalt ergrndet In heisser Leidenschaft, Dass Worte machtlos bleiben 20 Dieselbe zu beschreiben. Doch konnten sie nun leider nicht Zusammenkommen, um die Pflicht Der Minne nach Begehr zu ben. Denn jenes Weib, gemacht zum Lieben, 25 Hatt' einen werten Ehgemal, Der brachte beiden grosse Qual, Weil dieser, immer auf der Hut, Bewachte jenen Ritter gut, So dass er niemals konnte stillen 30 An ihr des wunden Herzens Willen, Das blutete im Busen sein. Deswegen litt er eine Pein, Die grausam war und frchterlich. Nach ihrem Leibe minniglich 35 Begann er sich gar sehr zu qulen Und konnte seine Not verhehlen Nicht mehr vor ihrem Mann. Zur Frau begab er sich sodann Bei gnstiger Gelegenheit 40 Und klagte ihr sein Herzensleid. Daraus entstand erst lang danach Fr ihn ein schweres Ungemach. Der Gatte, in verdcht'gem Mut, Bewachte sie mit strenger Hut 45 So lange, bis ihm leider klar An ihrem Tun geworden war, Dass ssse Minne beider Glck Umwickelt hielt in ihrem Strick. Das tat dem guten Herrn leid; 50 Er dachte bei sich sehr gescheit: Lass ich mein Weib also gebaren, Werd' ich an ihr nun bald erfahren, Was all mein Glck vergiftet, Wenn sie mir Schaden stiftet 55 Mit diesem werten Mann. Also, wenn ich es fgen kann, Entrck' ich sie seinem Begehr: ber das grosse wilde Meer Will ich nun mit ihr fahren 60 Und sie auf solche Art bewahren Vor ihm, bis er dann ganz von ihr Wegwendet seines Herzens Gier. Und bald denkt sie an ihn nicht mehr: Dem, hrt' ich sagen von je her, 65 Wird nach und nach sein Lieb zu Leid, Der lebt bestndig lange Zeit Von ihm getrennt. So steht mein Sinn: Ich fahre bald mit ihr dahin Und bleibe in der heil'gen Stadt, 70 Bis meine Frau vergessen hat Die Liebe, die sie berkam Von diesem Ritter lobesam. Als es dem ward bekannt, Der nach der Dame war entbrannt, 75 Beschloss der Liebende bei sich, Ihr nachzufolgen schleuniglich. Die strenge Kraft der Minne Bezwang so seine Sinne, Dass er ja um das schne Weib 80 Htte willig seinen Leib In den grimmen Tod gebracht. Drum wollt' er, wie er's ausgedacht, Nicht lang verziehen mit der Fahrt. Als nun die Dame inne ward 85 Der Absicht, die er hegte, Rief heimlich ihn, so wie sie pflegte, Zu sich das kaiserliche Weib Und sagte: "Freund und lieber Leib, Mein Mann ist auf den Plan gekommen, 90 Wie du wohl selber hast vernommen, Mich zu entfernen weit von dir. Nun, Trautgesell, gehorche mir In deiner hochholdseligen Art Und mach' zunichte diese Fahrt, 95 Die er ersann zu meinem Weh. Fahr' du alleine ber See; Und hat er dann davon vernommen, Dass du vor ihm dahin gekommen, So bleibt er hier wohl stehen, 100 Und jener Argwohn wird vergehen, Den er auf mich gelenkt. Wenn er nun bei sich denkt: 'Wr' etwas Wahres an der Snde, Der ich mein Weib fr schuldig finde, 105 Htte der Ritter solchermassen Das Land gewiss niemals verlassen.' So wird der Argwohn bald entkrftet, Den er bisher auf mich geheftet; Auch soll es dir kein Leid bereiten, 110 Dich aufzuhalten dort im weiten, Bis das Geschwtz wird einmal stumm, Das hier zu Lande luft herum. Und bringt der ssse reine Christ Dich wieder heim nach kurzer Frist, 115 So hast du's besser knftiglich Mit deiner Minne, wie auch ich, Denn das Geplapper von uns zwein Wird, hoff' ich, ausgestorben sein. Gott sei's geklagt, dass du allhier 120 Nicht immer bleiben kannst bei mir, Und ich bei dir, wie ich begehr'. Nun komm zu mir, mein lieber Herr, Und steck' dir dieses Ringlein an: Dich soll's erinnern dann und wann, 125 Wie ich hier weil' mit schwerem Sinn, Weil ich von dir geschieden bin. Jetzt ksse mich nur noch einmal Und tue, wie ich dir befahl." Der werte Ritter trennte sich 130 Von ihr und ging wehmtiglich Ans Ufer, wo ein Schiff sich fand, Und fuhr nach dem gelobten Land. Doch schwerer wurde mit der Zeit Des Liebekranken Weh und Leid, 135 Es drang bis auf der Seele Grund, Er ward von tiefer Sorge wund Und klagte fters von der Pein, Die wtete im Herzen sein. So lebt' er jammervolle Tage 140 Und trieb so lange seine Klage, Bis er am Ende kam so weit In seinem grenzenlosen Leid, Dass er nicht mehr mochte leben. Solch elend Los war ihm gegeben, 145 Dass auch sein ussres deutlich sprach Von seinem inneren Ungemach. Und als der Ritter wusste, Dass er bald sterben musste, Sprach er also zu seinem Knecht: 150 "Mein Trautgesell, vernimm mich recht! Ich sehe leider wohl, Dass ich bald sterben soll, Weil die, die ich so sehr geliebt, Grausam zu Tode mich getrbt. 155 Das ist nun meine Lage, Drum hre, was ich sage: Wenn meine allerletzte Not Vorbei ist, und ich liege tot Durch das holdselige Weib, 160 So lass aufschneiden meinen Leib Und nimm mein Herz heraus, All blutig und von Farbe graus. Sodann sollst du es salben Mit Balsam allenthalben; 165 So bleibt es frisch auf Jahr und Tag. Und hre, was ich weiter sag'. Schaff' dir ein goldnes Bchselein, Verziert mit edelem Gestein; Darein mein totes Herze tu' 170 Lege das Ringlein auch hinzu Und bring' es meiner Frauen, Damit sie mge schauen, Was ich von ihr erlitten, Und wie mein Herz verschnitten 175 Um ihretwillen. Gott beglcke Meine arme Seel' und schicke, Dass die weitentfernte Ssse Glck und Lebensfreud' geniesse, Da ich hier nun liege tot." 180 In solcher schweren Herzensnot Verschied der Ritter. Mit dem Toten Verfuhr der Knecht, wie ihm geboten: Er kehrte heim mit heissem Schmerz Und trug mit sich das tote Herz. 185 Doch als er durch die Gegend eilte, Wo jene hohe Frau verweilte, Kam ihm—es war sehr ungelegen— Ihr werter Ehgemahl entgegen, Bedrohte ihn mit scharfem Wort 190 Und nahm das Herze mit sich fort. Dem Koche liess er's berreichen, Der eine Speise sondergleichen Fr seine Herrin machen sollte. Der Koch tat, wie der Schlossherr wollte, 195 Und ganz unwissentlicher Weise Genoss die Frau die ekle Speise. Es deucht' ihr gut, sie ass es gern Und sprach also zu ihrem Herrn: "Ist dieses Essen lobesam 200 Wild gewesen oder zahm?" Der Herr erwiderte gemessen: "Du hast des Ritters Herz gegessen, Der mit so liebevollem Sinne Stets trachtete nach deiner Minne. 205 Von sehnsuchtsvoller Herzensnot Liegt er in weiter Ferne tot Und hat sein Herz in dieses Land Durch seinen Knecht zu dir gesandt." Entsetzen traf das holde Weib, 210 Das Herz erkaltet' ihr im Leib, Die Hnde fielen ihr zum Schoss, Das Blut ihr aus dem Munde goss; Zuletzt sprach sie in tiefem Schmerz: "Ass ich also des Freundes Herz, 215 Der stetig mich geliebt so sehr, So sag' ich Euch bei meiner Ehr', Dass keine andre Speise mir Von diesem Tage fr und fr Den Mund berhrt. Ich folge nach 220 Dem Freunde, der nie Treue brach; Ich weiss, ich komme bald ans Ende." Sie faltete die weissen Hnde, Es brach das Herz in ihrem Leib, Sie sank dahin ein totes Weib. 225
XXVII. LATER MINNESINGERS
During the 13th century the making of amatory verses in honor of a liege lady became a part of the ordinary fashion of knighthood. In time the 'nightingales' could be counted by the hundred. Many of them were very clever metricians, but not many found anything to express that had not been better expressed before. A few of the more noteworthy among Walter's successors are represented in the following selections, which are taken from Obermann's Deutscher Minnesang. The most original is Neidhart von Reuental, who eschewed the conventional hohe Minne and sang lustily of the plebeian maid and the rustic dance.
1
Reinmar von Zweter: Gebot an den Unendlichen.
Gott, Ursprung aller guten Ding', Gott, alle Weit' und Breite rings umschliessend wie ein Ring, Gott, aller Hh' Bedeckung, aller Tiefe endeloser Grund, O sieh aus deiner Gttlichkeit Herab auf deine teuer dir erkaufte Christenheit, Um die dein eingeborener Sohn ward an dem heil'gen Kreuze wund. Er hat sich uns vermhlt mit seinem Blute: Die Liebe komm' uns auch von dir zugute Um dessen will'n, durch den wir kamen Von Hlle los und Teufelsmacht. Ihm sei mit dir, Herr, Lob gebracht Als Einem Gotte mit dreifachem Namen.
2
Reinmar von Zweter: Kurze Lust und langes Leid.
Du ssses Weib! Im Herzen mein Sieh dich doch um, und find'st du dort noch wen als dich allein, So lass mich nur vergehn und ohne Trost bis an mein Ende leben. Doch herrschest du darin, o dann, Vielssses Weib, so nimm in Huld dich meiner mehr auch an. Mehr kann ich nicht: durch meine Augen bist du mir ins Herz gegeben. Ganz bist du, Ssse, mir hineingegangen, Ich hab' dich oftmals heimlich drin empfangen. Wenn ich so lieb dann an dich dachte, Ein wenig wohler mir geschah; Doch dann sass ich gar traurig da, Und kurze Lust mir langes Leid stets brachte.
3
Reinmar von Zweter: Der tapfere Hahn.
Preis muss ich, Hahn, Euch zugestehn! Ihr seid in Wahrheit tapfer, wie gar oft ich hab' gesehn, Denn Eure Meisterschaft ist gross bei Euern Fraun, sind's noch so viel. Nun ist nur Eine mir beschert, Die doch mir alle Freude nimmt und meinen Sinn beschwert, Sie trgt das grssre Messer, und sie zrnt, wenn froh ich werden will. Htt' ich so zwei, dann wagt' ich nie zu lachen, Htt' ich so vier, knnt' nichts mehr froh mich machen, Htt' acht ich, wrd' ich nicht mehr leben knnen, Sie brchten mir den Tod vor Leid. O Hahn, dass Ihr so tchtig seid, Ist Euer Glck,—Ihr meistert selbst zwlf Hennen.
4
Ulrich von Lichtenstein: Glck der Hoffnung.
In dem Walde ssse Tne Singen kleine Vgelein. Auf der Heide blhen schne Blumen zu des Maien Schein. Also blht auch froh mein Mut, 5 Wenn er denkt an ihre Gte, Die mir reich macht mein Gemte, Wie der Traum dem Armen tut.
Ja, zu ihrer Tugend hege Diese Hoffnung ich, 10 Dass ich endlich sie bewege, Und sie noch beglcket mich. Dieser Hoffnung bin ich froh. Gebe Gott, dass sich's vollende, Sie mir diesen Wahn nicht wende, 15 Der mich jetzt erfreut schon so.
Du viel Ssse, Wohlgetane, Frei von Truge, treu und stet, Lasse mich in liebem Wahne, Wenn es jetzt nicht anders geht, 20 Dass die Freude lange whr', Ich vor Weinen nicht erwache, Nein, dem Trost entgegenlache, Der von ihrer Huld kommt her.
Lieber Wunsch und froh Gedenken 25 Ist die grsste Freude mein. Nichts soll mir den Trost beschrnken, Lsst sie mich nur immer sein Ihr mit beidem nahe bei Und vergnnt mir, ihretwegen 30 Ssse Lust daran zu hegen, Wie beglckend sie stets sei.
Ssser Mai, auch du alleine Trstest sonst die Welt frwahr; Doch du freust selbst im Vereine 35 Mit der Welt mich kaum ein Haar. Brchtet ihr wohl Freude mir Ausser der Viellieben, Guten? Trost will ich von ihr vermuten; Ich leb' nur des Trosts von ihr. 40
5
Ulrich von Lichtenstein: Treue Liebe.
In dem duftigsssen Maien, Wenn erprangt des Waldes Trieb, Sieht man lieblich auch zu zweien, Was nur irgend hat ein Lieb. Eins ist mit dem andern froh, 5 Und mit Recht, die Zeit will's so.
Wo ein Lieb zum Lieb sich reihet, Gibt die Liebe frohe Lust, Und mit hohen Freuden maiet Es fortan in jeder Brust. 10 Liebe will, dass Trauern flieht, Wo man Lieb bei Liebe sieht.
Wo zwei Lieb' einander meinen Treulich sich von Herzensgrund, Und sich beide so vereinen, 15 Dass nie schwankt ihr Liebesbund: Fr ein Leben wonniglich Schenkte Gott die beiden sich.
Treue Liebe nennt man Minne: Eins ist Lieb' und Minne dann, 20 Dass ich sie in meinem Sinne Nimmermehr drum scheiden kann. Liebe muss im Herzen mein Immer mir auch Minne sein.
Kann ein treues Herze finden 25 Treue Liebe, treuen Mut, Muss ihm alle Trauer schwinden. Treue Liebe ist so gut, Dass sie stete Freude leiht Treuem Herzen allezeit. 30
Mcht' ich treue Liebe finden, Wollt' ich so getreu ihr sein, Dass ich damit berwinden Wollte alle Sorg' und Pein. Treue Liebe hab' ich gern, 35 Ungetreue bleib' mir fern.
6
Neidhart von Reuental: Die tanzlustige Junge.
"Der Mai, der ist so mchtig, Drum fhrt er auch so prchtig Den Wald an seinen Hnden, Der ist jetzt voll von neuem Laub, der Winter muss sich enden.
Ich freu' mich an der Heide 5 Der hellen Augenweide, Die uns jetzt aufgegangen;" So sprach ein schmuckes Mgdelein, "die will ich schn empfangen.
Lasst, Mutter, ohne Weilen Mich hin zum Felde eilen 10 Und dort im Reihen springen. Ich hrte wahrlich lange nicht die Kinder Neues singen."
"Ach nein doch, Tochter, nein doch! Dich hab' ich ganz allein doch Genhrt an meinen Brsten; 15 Drum folg' mir nur und lass dich ja nach Mnnern nicht gelsten."
"Den ich Euch will nennen, Den werdet Ihr ja kennen. Zu dem ich voll Verlangen Jetzt will, ist der von Reuental, ihn will ich jetzt umfangen. 20
Es grnt ja an den Zweigen, Dass berstend fast sich neigen Die Bume tief zur Erden. Nun wisst nur, liebe Mutter mein, der Knabe muss mir werden!
Mutter, ach schon lange 25 Verlangt er nach mir bange; Soll ich dafr nicht danken? Er sagt, dass ich die schnste sei von Bayern bis nach Franken."
7
Neidhart von Reuental: Die tanzlustige Alte.
Eine Alte fing zu springen Munter wie ein Zicklein an, sie wollte Blumen bringen. "Tochter, gib mir mein Gewand, Ich muss an des Knappen Hand, Er ist von Reuental genannt." Trara nuretum, trara nuri runtundeie!
"Mutter, bleibt doch nur bei Sinne! Dieser Knappe denkt ja nicht je an treue Minne." "Tochter, lass mich ohne Not; Ich weiss ja, was er mir entbot, Nach seiner Minne bin ich tot." Trara nuretum, trara nuri runtundeie!
8
Neidhart von Reuental: Die zwei Gespielen.
Nun ist ganz vergangen Der Winter kalt. Mit Laube steht behangen Der grne Wald. Wonniglich 5 Mit Stimmen, sss und freudiglich, So singen jetzt die Vglein Lob dem Maien. Gehn auch wir zum Reihen!
Allen im Vereine Kam froher Sinn. 10 Blumen in dem Haine Hab' nun weithin Ich gesehn; Aber ich kann nicht gestehn, Dass mir mein langer Liebesgram verschwinde, 15 Er, mein treu Gesinde.
Zwei Gespielen fragten, Wie's jedem geh'. Stille sie sich klagten Ihr Herzensweh. 20 Eine sprach: "Trauer, Leid und Ungemach, Das zehret mir am Leib und allen Sinnen, Freud' ist nicht mehr drinnen.
Es lsst mich im Gemte 25 Leid nicht in Ruh'. Ein Freund voll hoher Gte Zwingt mich dazu. Bleibt der Mann Fern doch, der mir's angetan, 30 Dass langes Liebesleid sich bei mir mehret Und mein Herz verzehret."
"Sag's nur frei von Herzen, Was fehlt denn dir? Macht dir die Liebe Schmerzen, 35 Dann folge mir: Hab' Geduld! Ist ein lieber Mann dran schuld, So trag es still im Herzen als dein eigen. Ich will gern auch schweigen." 40
"Nun, du wirst ihn kennen, Denn manches Mal Hrt'st du wohl schon nennen Den Reuental. Sein Gesang 45 Mein Gemte ganz bezwang. Der da weiss den Himmel zu verwalten, Mag ihn mir erhalten!"
9
Tannhuser: Gute Aussicht.
Hrt, lohnen will die Herrin mir, Der ich gedienet ohne Wank! Das ist gar schn getan von ihr, Drum sagt ihr alle euern Dank!
Abwenden soll ich nur den Rhein, 5 Dass er nicht mehr bei Koblenz geh', Dann will sie mir willfhrig sein. Und bring' ich Sand erst aus der See,
Da wo zur Ruh' die Sonne geht, Erhrt sie mich; doch einen Stern, 10 Der grade in der Nhe steht, Den wnscht sie auch von mir recht gern.
Doch denkt mein Mut: was sie mir tut, Es soll mich alles dnken gut. Sie nahm vor mir sich gute Hut, die Reine; 15 Ausser Gott alleine Kennt niemand ja die Liebste, die ich meine.
Nhm' ich der Elbe ihren Fall, Sagt sie, so tu' sie mir noch wohl, Dazu der Donau ihren Schall. 20 Ei ja, sie ist gar tugendvoll!
Den Salamander muss ich ihr Erst bringen aus dem Feuer her, Dann lohnet auch die Liebste mir Und tut dann ganz mir nach Begehr. 25
Kann ich den Regen und den Schnee Wegwenden, das versprach sie mir, Dazu den Sommer, samt dem Klee, So wird auch wohl viel Liebes mir.
Doch denkt mein Mut: was sie mir tut, 30 Es soll mich alles dnken gut. Sie nahm vor mir sich gute Hut, die Reine; Ausser Gott alleine Kennt niemand ja die Liebste, die ich meine.
10
Gottfried von Neifen: Die Flachsschwingerin.
Ei ja, uns jungen Mnnern mag Bei Fraun es leicht mislingen. Es war mal mitten um den Tag, Da hrt' ich eine schwingen: Sie schwang Flachs, Sie schwang Flachs, ja Flachs, ja Flachs.
Guten Morgen bot ich ihr Und sprach: "Gott mg' Euch ehren!" Die schne Jungfer dankte mir, Ich wollte ein schon kehren. Sie schwang Flachs, Sie schwang Flachs, ja Flachs, ja Flachs.
Da sprach sie: "Weiber gibt's hier nicht, Ihr seid wohl fehlgegangen. Eh' Euer Will' an mir geschicht, Sh' ich Euch lieber hangen!" Sie schwang Flachs, Sie schwang Flachs, ja Flachs, ja Flachs.
11
Steinmar: Die hbsche Buerin.
Sommerzeit, wie froh ich bin, Dass ich nun kann schauen Eine hbsche Huslerin, Krone aller Frauen! Denn ein Dirnlein, das nach Kraute 5 Geht, die ist es, die als Traute Ich ersah. Ihr zum Dienst nur bin ich da! Schau' rings um dich! Wer verstohlen minnt, der hte sich! 10
War vor mir sie winterlang Leider eingeschlossen, Geht zur Heide jetzt ihr Gang, Wo die Blten sprossen; Wo sie Blumen sich zum Kranze 15 Pflcket, den sie bei dem Tanze Trgt zur Zier. Viel noch kos' ich da mit ihr.
Ja, mich freut die Stunde schon, Wenn sie geht zum Garten, 20 Und ihr ros'ger Mund zum Lohn Mich heisst auf sie warten. Frhlich wird dann mein Gemte; Dass die Mutter sie nicht hte Fernerhin, 25 Vor der ich behutsam bin.
Da ich mich nun hten muss Vor der Mutter Tcke, Liebchen, wag' zum guten Schluss Bald mit mir dein Glcke! 30 Brich den Trotz, der dich will hten, Denn ich will's dir ja vergten; Allezeit Sei dir Leib und Gut geweiht!
Steinmar, hab' denn frohen Mut! 35 Wird dir noch die Hehre, Die so hbsch ist und so gut, Hast du an ihr Ehre. Denn vom allerbesten Teile Dessen, was zum Erdenheile 40 Dienen kann, Wird dir reich beschert ja dann! Schau' rings um dich! Wer verhohlen minnt, der hte sich!
XXVIII. POEMS OF THE DIETRICH-SAGA
More than a dozen late-medieval epics, mostly anonymous and not precisely datable, have to do with the exploits of heroes who are the same as those that appear in the Nibelungen Lay or in some way related to them. Some of the poems are written in the Nibelungen meter, or a close approximation to it, others in short rimed couplets, still others in a peculiar stanza of twelve lines. The most of them relate to Dietrich of Bern, the doughtiest and most eminent of all the saga-heroes. Of the selections below No. 3 is given in Simrock's translation, Das kleine Heldenbuch, 3rd edition, 1874.
1
From 'Laurin': Dietrich and his men encounter the dwarf-king.[1]
Sie ritten auf einander los Und trafen sich mit hartem Stoss, Der eine hoch, der andre klein, Denn Laurin hatte kurze Bein'. Fehl ging des Herrn Witeges Schuss, 5 Doch traf der Zwerg, ihm zum Verdruss, Und stach ihn nieder in den Klee. Kein Unglck tat ihm je so weh. Laurin, der khne, Sprang nieder auf das Grne; 10 Er wollte nehmen schweres Pfand, Den rechten Fuss, die linke Hand, Und wre Dietrich nicht gekommen, Er htte solches Pfand genommen. Erzrnt sprang Dieterich heran, 15 Und sprach, beschirmend seinen Mann: "He da, du kleiner Wicht, Behellige ihn nicht! Er ist mir zugesellt, Das wisse ja die Welt, 20 Und mit mir hergekommen. Wrd' ihm solch Pfand genommen, Des htt' ich immer Schande, Wenn man es mir im Lande Nachsagte, mir dem Berner; nicht 25 So leicht ertrg' ich solch Gercht." Da sprach Laurin, der kleine Mann: "Was geht mich wohl dein Name an? Die Mre von dem Berner Will ich nicht hren ferner; 30 Davon hab' ich genug vernommen. Mich freut, dass du hierher gekommen: Du musst mir geben schweres Pfand, Den rechten Fuss, die linke Hand. Du sollst mich kennen lernen, traun! 35 Den Garten hast du mir verhaun, Zertreten unter Fssen. Das sollst du mir nun bssen. Ich dnk' euch wohl nicht gross, Doch wre euer Tross 40 Dreitausend stark und mehr, Ich schlg' das ganze Heer." Herr Dietrich hatte gnug gehrt; Er sah sich um nach seinem Pferd, Erreichte es in schnellem Lauf, 45 Sprang ohne Stegereif hinauf, Ergriff den Ger mit starker Hand— Da kam sein Meister Hildebrand, Und dieser vielerfahrne Mann Rief also seinen Herren an: 50 "Mein lieber Dieterich, Sei klug und hre mich! Verwirfst du meine Lehre, Verlierst du wohl die Ehre. Verkennst du doch den Wicht! 55 Dein Reiten taugt hier nicht. Httst du die ganze Welt im Bann, Er sticht dich nieder auf den Plan; So verlierst du deine Ehr' Und darfst dann nimmermehr 60 Als Frst mit Frsten gehen. Zu Fusse sollst du ihn bestehen, Steig' ab vom Rosse auf das Feld; Das rat' ich dir, du khner Held. Und hre einen weitern Rat: 65 Durch Schmiedewerk, wie er es hat, Kommst du dem Zwerg, wie auch es sei, Mit Schneidewaffen niemals bei. Hau' mit dem Knopf[2] ihm um die Ohren Und mache ihn also zum Toren. 70 So trgst du, dir und uns zum Lohn, Mit Gottes Hilf' den Sieg davon." Des Meisters Rat war nicht verlorn, Er sprang von seinem Ross in Zorn: "Laurin, ich widersage dir; 75 Nun, rche deinen Grimm an mir." "Ja wohl," so sprach der Kleine, "Das tu' ich ganz alleine." Den Schild zu fassen er begann Und lief den Berner hastig an. 80 Er schlug ihm einen grimmen Schlag, So dass sein Schild auf Erden lag. Des Berners Zorn war gross; Er strtzte auf das Mnnlein los Und schlug auf seinen Schildesrand, 85 So dass er fiel ihm aus der Hand. Herr Dieterich von Bern Htt' ihn betubet gern; Er rannt' ihn an und mit dem Knopf Schlug er ihn grimmig auf den Kopf, 90 Dass weit und breit erklang der Ton Des Helmes und der goldnen Kron'. Es schwindelte dem Zwerg sogar, Er wusste nicht, wie's mit ihm war. Er griff in seine Tasche klein 95 Und holte sich sein Tarnkpplein, Worin er gleich unsichtbar ward. Jetzt ging's dem Berner erst recht hart. Der Kleine schlug ihm hier und dort Furchtbare Wunden fort und fort, 100 So dass dem schwergeprften Mann Dass Blut nun durch die Brnne rann. Da sprach der Held von Bern: "Ich schlge dich ja gern, Doch weiss ich nicht zur Frist, 105 Wo du zu treffen bist. Wohin bist du gekommen? Wer hat dich mir entnommen?" Der Berner holte aus und schlug In grimmem Zorn ob dem Betrug; 110 Und ellenweit die Waffe sein Biss in die Felsenwand hinein. All unverletzt der kleine Mann Lief abermals den Berner an, Der, hart bedrngt, den Streichen 115 Nicht wusste zu entweichen. Er kam in furchtbare Gefahr, Wiewohl er stark und weise war Und sich aufs Waffenwerk verstand. Da sprach der weise Hildebrand: 120 "Wirst du von einem Zwerg erschlagen, Kann ich dich nicht so sehr beklagen. Dir knnt' es bass gelingen, Wollt' er nur mit dir ringen. Ergreif' und halte fest den Butzen, 125 So ist sein Kpplein ohne Nutzen." Der Berner sprach: "Ja, km's zum Ringen, Es knnte mir doch bass gelingen." Er trug dem Zwerge grimmig Hass. Als dieser nun bemerkte, was 130 Der Held von ihm begehrte, Wie bald er's ihm gewhrte! Er schleuderte sein Schwert von sich Und strtzte auf Herrn Dieterich. Kraftvoll ergriff der Kleine 135 Des Riesen starke Beine, Und beide fielen in den Klee; Die Schande tat dem Berner weh. Da sprach—er war ja gleich zur Hand— Der weise Meister Hildebrand: 140 "Dietrich, lieber Herre mein, Zerreiss' ihm doch das Grtelein, Davon er hat Zwlfmnnerkraft; So magst du werden siegehaft." Nun ging es an ein starkes Ringen, 145 Noch wollt's dem Berner nicht gelingen. Gross war Herrn Dieterichs Bemhn: Man sah's ihm aus dem Munde sprhn, Wie Feuer aus der Esse tut; Nicht mehr vertrglich war sein Mut. 150 Zuletzt griff er ins Grtlein zh Und hob das Zwerglein in die Hh' Mit rasender Gebrde Und schmiss es auf die Erde. Ums Grtlein war es jetzt getan, 155 Dem Laurin war es bel dran; Denn als der Kleine fiel zu Hauf, Griff Hildebrand das Grtlein auf, Das jenem Riesenkraft verlieh. Jetzt kam der Zwerg in Not; er schrie 160 Und heulte, dass der Schall Ertnte ber Berg und Tal. Demtig rief er Dietrich an: "Warst du je ein guter Mann, So friste mir das Leben. 165 Ich will mich dir ergeben, Ich will dir werden untertan Mit meinem Gut von heute an."
[Notes: 1: The locus is the mountains of Tirol. Laurin, the diminutive dwarf-king, has a rose-garden the trespasser upon which must lose a hand and foot. The arrogant Witege, Dietrich's man, wantonly tramples down the roses; whereupon Laurin assails him, in knightly fashion, on horseback. 2: The 'pommel' of his sword.]
2
From the 'Lay of Ecke': Ecke's death and Dietrich's remorse.[3]
Die Schwerter warfen sie von sich Und rangen nun gewltiglich Auf freier Sttt' im Walde. Einander taten sie so weh, Dass Blut begoss den grnen Klee 5 Hinab die Bergeshalde. Gen einen Baum der Berner zwang Den riesenhaften Ecke; Das Blut ihm aus den Wunden drang, Betubet ward der Recke. 10 Der Berner drckte ihn aufs Gras Mit solcher frchterlichen Kraft, dass er kaum noch genas.
Der mcht'ge Ecke war gefllt, Und auf ihm lag der edle Held, Herr Dieterich von Berne: 15 "Dein Leben steht in meiner Hand, Gib mir sofort dein Schwert zum Pfand, Du, der du kmpfst so gerne. Tust du es nicht, musst du den Tod Von meiner Hand erdulden. 20 Drum hilf dir selber aus der Not Und komme mir zu Hulden. Du wirst gefhrt an meiner Hand Gefangen vor die Frauen drei; so werd ich dort bekannt."
Der Riese sprach, ein Recke wert: 25 "Dir geb' ich nicht mein gutes Schwert, Du lobenswerter Degen. Drei Kniginnen wohlgestalt Schickten mich her in diesen Wald, Wo ich dir jetzt erlegen. 30 Doch eher als gefangen gehn Mit dir nun nach Jochgrimme Vor jene Kniginnen schn," Rief er mit lauter Stimme, "Und deren Spott in Angst und Not 35 Aushalten zu Jochgrimme dort, erkr' ich hier den Tod."
Der lobenswerte Held von Bern Vernahm des Feigen[4] Wort nicht gern, Er sprach: "Es reut mich, Ecke. Kann es also nicht anders sein, 40 Verlierst du bald das Leben dein, Du ausgewhlter Recke. Also erweiche deinen Sinn Im Namen aller Frauen; Sonst hast du grossen Ungewinn, 45 Wie du sogleich wirst schauen. Mit wildem Hass blickst du mich an, Und stndst du einmal auf, msst' ich den Tod empfahn."
Er riss den Helm ihm zornig ab, Doch war der Schwertstich, den er gab, 50 Ein nutzloses Beginnen, Denn zhes Gold schirmt' ihm den Kopf. Er schlug ihn grimmig mit dem Knopf, Das Blut begann zu rinnen Ihm allenthalben durch das Gold, 55 Es schwanden ihm die Sinne; Der rechte Lohn war ihm gezollt. Er ffnet' ihm die Brnne, Die herrliche von Golde rot, Und stach ihn mit dem Schwerte durch; dazu zwang ihn die Not. 60
Als er den Sieg ihm abgewann, Da stand er ob dem khnen Mann Und sprach die Trauerworte: "Mein Sieg und auch dein junger Tod, Sie machen mich nun reuerot; 65 Ich muss an jedem Orte Erscheinen als der Ehre bar, Das klag' ich dir dem Feigen. Wohin ich auch im Lande fahr', Wird jeder auf mich zeigen 70 Mit starker Abscheu im Gesicht Und sagen: Seht den Berner da, der Knige ersticht.
Da diese Tat einmal getan, Bleib' ich nun ohne Lob fortan Und ohne Frstenehre. 75 Wohlan denn, Tod, nimm du mich hin, Da ich der Ungetreue bin; Wer gab mir diese Lehre? Dass ich dich, junger Held, erstach, Es muss mich ewig dauern. 80 Zu Gott klag' ich mein Ungemach Mit wehmutsvollem Trauern. Ich kann's verhehlen vor der Welt, Doch denk' ich selbst daran, ist all mein Glck vergllt."
[Notes: 3: Ecke is a redoutable young giant whose conceit leads him to seek an encounter with Dietrich of Bern. Three queens promise him the choice among them if he brings the famous man to them, so that they can see him. At first Dietrich refuses to fight, but Ecke finally goads him to it with insults. After a fierce battle Ecke is killed. 4: In the archaic sense of 'mortally wounded,' 'doomed to death.']
3
From the 'Rose-garden,' Adventure 11: The battle between Dietrich and Siegfried.[5]
Vermessentlich die Helden zwei scharfe Schwerter zogen, Dass spannenlange Scherben von ihren Schilden flogen. Um die Spne von den Schilden weinte manches Weib: "Sollen zwei Frsten milde verlieren Leben und Leib,"
Sprachen sie, "der Knigin zu lieb, das ist zu viel!" 5 "Lasst sie fechten," sprach Kriemhild, "es ist mir nur ein Spiel." Da fochten mit einander die beiden khnen Degen Mit ungefgen Sprngen, dazu mit grossen Schlgen.
Der Ksse dachte Siegfried, die er bei Kriemhild empfing; Da kam zu neuen Krften der khne Jngling, 10 Man sah ihn mordlich fechten, das will ich euch sagen. Da begann er im Kreise Dietrichen umzujagen.
Da sprach die schne Kriemhild: "Nun schaut, ihr Frauen mein, Das ist der khne Siegfried, der Held vom Niederrhein. Wie treibt er den Berner umher auf grnem Feld! 15 Noch trgt mein lieber Siegfried das Lob vor aller Welt."
Siegfried der edle war ein starker Mann, Jetzt lief er gewaltig Dietrichen an; Er schlug ihm eine Wunde durch seinen Eisenhut, Dass man hernieder rinnen ihm sah das rote Blut. 20
"Wie hlt sich unser Herre?" frug heimlich Hildebrand. "Er ficht leider bel," sprach Wolfhart allzuhand; "Eine tiefe Wunde hat er durch seinen Eisenhelm, Er ist mit Blut beronnen, er ficht recht wie ein Schelm."
"Er ist noch nicht im Zorne," sprach da Hildebrand. 25 "Nun ruf' in den Garten, du khner Weigand, Und sag' ich sei gestorben, er habe mich erschlagen;[6] Wenn das ihn nicht erzrnet, dann mgen wir wohl klagen."
Wolfhart rief in den Garten, dass weit die Luft erscholl: "O weh mir meines Leides, das ist so gross und voll! 30 Hildbrand ist erstorben, wir mssen ihn begraben. O weh, du Vogt von Berne, was hast du ihn erschlagen!"
"Ist Hildebrand gestorben," rief der Held von Bern, "So findet man an Treue ihm keinen gleich von fern. Nun hte deines Lebens, Siegfried, khner Mann, 35 Es ist mein Scherz gewesen, was ich noch stritt bis heran.
Wehr' dich aus allen Krften, es tut dir wahrlich not. Uns beide scheidet niemand als des einen Tod. Ich hab' um deinetwillen verloren einen Mann, Den ich bis an mein Ende nimmer verwinden kann." 40
Wie ein Haus, das dampfet, wenn man es zndet an, So musste Dietrich rauchen, der zornige Mann. Eine rote Flamme sah man gehen aus seinem Mund. Siegfried's Horn erweichte; da ward ihm Dietrich erst kund.
Er brannte wie ein Drache, Siegfrieden ward so heiss, 45 Dass ihm vom Leibe nieder durch die Ringe floss der Schweiss. Den edeln Vogt von Berne ergriff sein grimmer Zorn: Er schlug dem khnen Siegfried durch Harnisch und durch Horn,
Dass ihm das Blut, das rote, herabsprang in den Sand; Siegfried musste weichen, wie khn er eben stand. 50 Er hatt' ihn hin getrieben, jetzt trieb ihn Dietrich her; Das sah die schne Kriemhild, die begann zu trauern sehr.
Der Berner schnitt die Ringe, als wr' es faules Stroh; Zum erstenmal im Leben sah man, dass Siegfried floh. Da jagt' ihn durch die Rosen der Berner unverzagt; 55 Nun sumte sich nicht lnger die kaiserliche Magd.
Sie sprang von ihrem Sitze, ein Kleid sie von sich schwang, Kriemhild in grosser Eile hin durch die Rosen drang. Da rief mit lauter Stimme die Knigstochter hehr: "Nun lasst von Eurem Streite, Dietrich, ich fleh' Euch sehr. 60
Steht ab um meinetwillen, und lasst das Kmpfen sein; Euch ist der Sieg geworden zu Worms an dem Rhein." Da tat der Vogt von Berne, als htt' er's nicht gehrt, Er schlug mit seinem Schwerte, schier htt' er ihn betrt.
Er hrte nichts von allem, was die Knigstochter sprach, 65 Bis er dem khnen Siegfried vollends den Helm zerbrach. Wie viel man der Sthle zwischen die Streiter warf, Die zerhieb der Berner mit seinem Schwert so scharf.
Da warf sie ihren Schleier ber den khnen Degen; So dachte sie dem Gatten zu fristen Leib und Leben. 70 Da sprach die Knigstochter: "Bist du ein Biedermann, So lass ihn des geniessen, dass er meine Huld gewann."
Da sprach der Held von Berne: "Die Rede lasset sein; Wessen Ihr mich bittet, zu allem sag' ich nein. Euch Ritter und euch Frauen, ich bring' euch all' in Not; 75 Ihr msst vor mir ersterben, da Hildebrand ist tot."
Alles, was im Garten war, wollt' er erschlagen, Dietrich in seinem Zorne, wie wir hren sagen. Hildebrand der alte tat als ein Biedermann, Er sprang in den Garten und rief seinen Herren an. 80
Er sprach: "Lieber Herre, lasst ab von Eurem Zorn; Ihr habt den Sieg gewonnen, nun bin ich neu geborn." Dietrich der khne sah Hildebranden an, Da erweicht' ihm sein Gemte, da er stehen sah den Mann.
Der Berner liess sein Toben, er ksst' ihn auf den Mund; 85 "Gott will ich heute loben, dass du noch bist gesund; Sonst htte nicht verfangen ihr Flehen insgemein; Um Siegfried war's ergangen: das schuf das Sterben dein.
Nun lass' ich von dem Harme, da Hildbrand ist gesund." Da schlug die Knigstochter sich selber auf den Mund. 90 Da sprach Frau Kriemhild: "Ihr seid ein biedrer Mann, Dem man seinesgleichen in der Welt nicht finden kann."
Auf setzte sie dem Berner ein Rosenkrnzelein, Ein Halsen und ein Kssen gab ihm das Mgdelein. Sie sprachen einhellig: "Das mag man Euch gestehn, 95 Es ward in allen Reichen kein Mann wie Ihr gesehn."
Siegfried dem khnen man zu Hilfe kam, Sie fhrten ins Gesthle den Degen lobesam. Man zog ihm ab den Harnisch, dem khnen Weigand; Da verbanden ihm die Wunden die Frauen allzuhand. 100
[Notes: 5: Kriemhild has at Worms a rose-garden which is guarded by twelve famous champions. She challenges Dietrich and his Amelungs to invade her garden if they dare, promising to each victor a kiss and a wreath. Eleven duels, in which Kriemhild's man is either slain or barely holds his own, precede the encounter between the two invincibles. 6: In the preceding adventure we hear that Dietrich was at first unwilling to face Siegfried on account of his horny skin, his magic sword and his impenetrable armor. To provoke his master's wrath—Dietrich can only fight when enraged—the faithful Hildebrand takes him aside and calls him a coward; whereat Dietrich knocks him down—to the old man's private satisfaction.]
XXIX. MEYER HELMBRECHT
A metrical novelette written about 1250 by a man who calls himself Wernher the Gardner. The locus of the story, which is interesting as a picture of the times, is the region about the junction of the Inn and the Salzach. Its hero is a depraved young peasant, who gets the idea that the life of a robber knight would be preferable to hard work upon his father's farm. So he dresses himself in fine clothes to ape the gentry, becomes a robber and commits all manner of outrages until one day he is caught and hanged by a party of his victims. In the course of his career he revisits his former home and compares notes with his father. The selection is from Btticher's translation in Part II of Btticher and Kinzel's Denkmler.
Lines 844-986: The old knighthood and the new.
Als sie in Freuden assen, Da konnt's nicht lnger lassen 845 Der Vater, ihn zu fragen Nach hfischem Betragen, Wie er's bei Hof gelernt jetzund. "Mein Sohn, die Sitten tu mir kund, So bin ich auch dazu bereit, 850 Zu sagen, wie vor langer Zeit In meinen jungen Jahren Die Leut' ich sah gebaren." "Ach Vater, das erzhle jetzt, Ich geb' auch Antwort dir zuletzt 855 Auf alle deine Fragen Nach hfischem Betragen." "Vor Zeiten, da ich Knecht noch war Bei meinem Vater manches Jahr, —Den du Grossvater hast genannt— 860 Hat der mich oft zu Hof gesandt Mit Kse und mit Eiern, Wie's heut noch Brauch bei Meiern. Da hab' die Ritter ich betrachtet Und alles ganz genau beachtet. 865 Sie waren edel, khn und treu, Von Trug und niederm Sinne frei, Wie's leider heut nicht oft zu schaun Bei Rittern und bei Edelfraun. Die Ritter wussten manches Spiel, 870 Das edlen Frauen wohlgefiel. Eins wurde Buhurdier'n[1] genannt, Das tat ein Hofmann mir bekannt, Als ich ihn nach dem Namen fragte Des Spiels, das da so wohl behagte. 875 Sie rasten dort umher wie toll —Drob war man ganz des Lobes voll,— Die einen hin, die andern her. Jetzt sprengte dieser an und der, Als wollt' er jenen niederstossen. 880 Bei meinen Dorfgenossen Ist selten solcherlei geschehn, Wie dort bei Hof ich's hab' gesehn. Als sie vollendet nun das Reiten, Da sah ich sie im Tanze schreiten 885 Mit hochgemutem Singen; Das lsst Kurzweil gelingen; Bald kam ein muntrer Spielmann auch, Der hub zu geigen an, wie's Brauch. Da standen auf die Frauen, 890 Holdselig anzuschauen. Die Ritter traten jetzt heran Und fassten bei der Hand sie an; Da war nun eitel Wonne gar Bei Frauen und der Ritterschar 895 Ob ssser Augenweide. Die Junker und die Maide, Sie tanzten frhlich allzugleich Und fragten nicht, ob arm, ob reich. Als auch der Tanz zu Ende war, 900 Trat einer aus der edlen Schar Und las von einem, Ernst[2] genannt; Und was von Kurzweil allerhand Am liebsten jeder mochte treiben, Das fand er dort: Nach Scheiben 905 Mit Pfeil und Bogen schoss man viel; Die andern trieben andres Spiel, Sie freuten sich am Jagen. O weh, in unsern Tagen Wr' nun der Beste, das ist wahr, 910 Wer dort der Allerschlecht'ste war. Da wusst' ich wohl, was Ehr' erwarb, Eh' leid'ge Falschheit es verdarb. Die falschen, losen Gesellen, Die boshaft sich verstellen, 915 Nicht Recht und Sitte kennen,— Niemand wollt's ihnen gnnen, Zu essen von des Hofes Speise. Heut ist bei Hofe weise, Wer schlemmen und betrgen kann; 920 Der ist bei Hof der rechte Mann Und hat an Geld und Gut und Ehr' Ach, leider immer noch viel mehr Als einer, der rechtschaffen lebt Und fromm sich Gottes Huld erstrebt. 925 So viel weiss ich von alter Sitte; Nun, Sohn, tu mir die Ehr', ich bitte, Erzhle von der neuen nun." "Das, Vater, will ich treulich tun. Jetzt heisst's bei Hof nur: Immer drauf, 930 Trink, Bruder, trink, und sauf und sauf! Trink dies, so sauf' ich das: juchhe! Wie knnt' uns wohler werden je? Nun hre, was ich sagen will: Einst fand man edle Ritter viel 935 Bei schnen, werten Frauen. Heut kann man sie nur schauen, Wo unerschpflich fliesst der Wein. Und nichts macht ihnen Mh' und Pein Vom Abend bis zum Morgen, 940 Als nur das eine Sorgen, Wenn nun der Wein zur Neige geht, Ob sie der Wirt auch wohl bert Und neuen schafft von gleicher Gte. Da suchen Kraft sie dem Gemte. 945 Ihr Minnesang heisst ungefhr: Reich, Schenkin, schnell den Becher her! Komm, ssses Mdchen, fll' den Krug, 's gibt Narr'n und Affen noch genug. Die, statt zu trinken, ihren Leib 950 Elend verhrmen um ein Weib. Wer lgen kann, der ist ein Held, Betrug ist, was bei Hof gefllt, Und wer nur brav verleumden kann, Der gilt als rechter hf'scher Mann. 955 Der Tchtigste ist allerorten, Wer schimpft mit den gemeinsten Worten. Wer so altmodisch lebt wie ihr, Der wird bei uns, das glaubet mir, In Acht und schweren Bann getan. 960 Und jedes Weib und jeder Mann Liebt ihn nicht mehr noch minder Als Henkersknecht und Schinder. Und Acht und Bann ist Kinderspott."[3] Der Alte sprach: "Erbarm' sich Gott! 965 Ihm klag' ich tglich neu das Leid, Dass sich das Unrecht macht so breit. Dahin ist der Turniere Pracht, Dafr hat Neues man erdacht. Einst rief man kampfesfreudig so: 970 Frisch auf, Herr Ritter, frisch und froh! Jetzt aber schallt's an allen Tagen: Hussa, Herr Ritter, auf zum Jagen, Stich hier und schlag' zu Tode den, Und blende, wer zu gut kann sehn. 975 Dem dort hau' frisch nur ab das Bein, Den lass der Hnde ledig sein. Lass den am nchsten Baume hangen, Doch jenen Reichen nimm gefangen, Er zahlt uns gerne hundert Pfund." 980 "Mir sind die Sitten alle kund, Mein Vater, und ich knnte eben Von diesem neuen Brauch und Leben Noch viel erzhlen, doch heut nicht mehr; Ich ritt den ganzen Tag umher, 985 Und mich verlangt nach Ruhe nun."
[Notes: 1: A sham battle between two troops of mounted knights. 2: That is, Duke Ernst; see above, No. xvii. 3: That is: We pay no attention to the decrees of the courts.]
Lines 1700-1790: Helmbrecht's sad end.
Wohin er kam bei seinem Wandern, 1700 Da zeigt' ein Bauer ihn dem andern Und schrie ihn an und seinen Knecht: "Haha! Du dieb'scher Schuft, Helmbrecht, Wrst du ein Bauer noch wie ich, Man fhrte nicht als Blinden[4] dich." 1705 Ein Jahr lang litt er solche Not, Bis durch den Strang er fand den Tod. Ich sag' euch nun, wie das geschah. Ein Bauer ihn von weitem sah, Als eines Tags er durch den Wald 1710 Hinstrich um seinen Unterhalt. Der Bauer spaltete mit andern Sich Holz; da sah er Helmbrecht wandern, Der eine Kuh ihm einst genommen, Die sieben Bnder[5] schon bekommen. 1715 Gleich sprach er zu den lieben Freunden, Dass sie zur Rachetat sich einten. "Wahrhaftig," fiel gleich einer ein, "In Stcke reiss' ich ihn so klein, Wie Stubchen in dem Sonnenlicht, 1720 Nimmt ihn vorweg ein andrer nicht. Denn mir und meinem Weibe Zog er hinweg vom Leibe Das letzte Kleid, das unser war; Drum ist er mein mit Haut und Haar." 1725 Ein dritter, der dabei stand sagte: "Und wenn er aus sich drei auch machte, Ich wollt' ihn tten doch allein. Der Schuft schlug Schloss und Tren ein Und nahm aus Kch' und Keller frech 1730 Mir auch den letzten Vorrat weg." Dem vierten, der das Holz zerhieb, Vor Wut kaum noch die Sprache blieb: "Ich reisse gleich den Kopf ihm ab Und denke, dass ich Ursach' hab'. 1735 Mein Kind in einen Sack er stiess, Dieweil's noch schlummerte so sss. Mitsamt den Betten stopft' er's ein, In dunkler Nacht blieb ich allein. Und als es schrie vor Schmerz und Weh, 1740 Da schleudert' er's in kalten Schnee. Da wr' es elend umgekommen, Htt' ich's nicht schnell ins Haus genommen." Der fnfte sprach: "Ja, meiner Treu,' Wie ich mich seines Hierseins freu'! 1745 Wie soll mein Herz sich heute weiden An seinen Qualen, seinen Leiden! Er tat Gewalt an meinem Kind; Und wr' er dreimal noch so blind, Ich hngt' ihn an den nchsten Baum. 1750 Ich selber rettete mich kaum Aus seinen Hnden, nackt und bloss. Ja, wr' er wie ein Haus so gross, Es wird an ihm noch heut gerochen, Nun er sich hierher hat verkrochen 1755 In diesen tiefen, dichten Wald." "Nur nher, kommt doch nher bald!" So riefen sie, und bald ergoss Sich auf Helmbrecht der ganze Tross. Indes die Schlge auf ihn sausten, 1760 Hohnworte ihm im Ohre brausten: "Helmbrecht, die Haube[6] nimm in Acht!" Was Henkershand noch nicht vollbracht An diesem Werk voll Schmuck und Zier, Das war gar bald getan allhier. 1765 Ein grauses Bild: auch nicht ein Stck, Breit wie ein Pfennig, blieb zurck. Die Sittiche und Lerchen schn, Wie lebende fast anzusehn, Die Sperber und die Turteltauben, 1770 Und was genht sonst auf die Hauben, Das lag zerstreut nun allerorten. Hier trieben Lockenbschel, dorten Das Seidenzeug und blondes Haar. Wr' sonst keins meiner Worte wahr, 1775 Ihr knntet mir doch glauben, Was ich erzhle von der Hauben. Wie jmmerlich sie ward zerrissen! Wollt ihr von einem Kahlkopf wissen? Kein kahlerer ward je gesehn. 1780 Sein Lockenhaar, so blond und schn, Das lag verachtet und zerstreut Rings auf der Erde weit und breit. Das kmmerte die Bauern nicht, Sie liessen noch den armen Wicht 1785 Die Beichte sprechen; gleich zur Stund Schob einer Helmbrecht in den Mund Ein Brckchen Erd'[7] zu Schutz und Hut Vor Hllenfeuers heisser Glut. Dann hngten sie ihn an den Baum. 1790
[Notes: 4: Helmbrecht has had his eyes put out by a magistrate. 5: Of the 'bands' or 'rings' on the cow's horns. She was seven years old. 6: At the beginning of the poem Helmbrecht's elaborately embroidered hood is described at length. 7: This is not to be understood as a mockery of religion. A dying person might be shrived by a layman if no priest was at hand, a bit of earth or grass being substituted for the holy host.]
XXX. THOMASIN OF ZIRCLAERE
A North-Italian cleric—Zirclaere was a village in the old duchy of Friuli—who wrote a rimed treatise on manners, morals, education, etc. He wrote first in Wlsch, i.e. Italian, or more probably French, and then in German. His German title, Der wlsche Gast, was a bid for the hospitable reception of the foreigner's book in Germany. And it was well received, there being evidence that it was widely read for two centuries. The poem consists of 14,752 verses in ten books and was written in 1215. There is no poetry in it, but it is interesting as a specimen of medieval didacticism.
From the 'French Guest,' Book 3: Life's compensations; riches and poverty.
Der Bauer mchte werden Knecht, Dnkt ihm einmal das Leben schlecht; Der Knecht, der wre gern ein Bauer, Dnkt ihm einmal das Leben sauer. Der Pfaffe mchte Ritter wesen, 5 Langweilt es ihm, sein Buch zu lesen; Sehr gern der Ritter Pfaffe wr', Wenn er den Sattel rumt dem Speer. Der Kaufmann, kommt er in die Not, Sagt: "Weh und ach, o wr' ich tot! 10 Mir ist ein elend Los gegeben. Der Werkmann hat ein gutes Leben; Er bleibt zu Hause, sel'ger Mann, Da ich, der ich nicht werken kann, Muss fahren immer hin und her 15 Und leiden Mhsal hart und schwer." Der Werkmann sagt: "Wie wonniglich Lebt doch der Kaufmann! Whrend ich Mich nachts mit harter Arbeit plag', Schlft ja der Kaufmann, wenn er mag." 20 Was diesem lieb, ist jenem leid; Das macht die Unbestndigkeit. Wollte ziehen der Hund am Wagen, Und der Ochse Hasen jagen, Es deuchte uns doch wunderlich. 25 Noch schlimmer aber reimt es sich, Bei diesem oder jenem Leiden Den Stand des andern zu beneiden, Der Knecht den Bauer und umgekehrt; Das ist ja beiderseits verkehrt. 30 Wird Pfaffe Ritter, Ritter Pfaffe, So handelt jeder wie der Affe, Der, sorglos ob es ihm sei recht, Ein jedes Amt bekleiden mcht'. Die Sach' ist trglich ganz und gar; 35 Ich sage euch, und es ist wahr: Das seine wrde keiner geben, Kannt' er nur des andern Leben. Des Armen Mhen und des Reichen, Die beiden sich vollstndig gleichen. 40 Wer hat Verstand, der deutlich sieht, Dass Armut nicht den krzern zieht. Dem Armen weh die Armut tut, Der Reiche qult sich um sein Gut. Ist man mir schuldig, tut's mir leid, 45 Dass keine Barschaft steht bereit; Bin ich der Schuldige, leid' ich Qualen, Weil ich nichts habe zu bezahlen. Man sieht ja, zwischen arm und reich Ist alles abgewogen gleich. 50 Der arme Mann sehnt sich nach Gut, Der reiche Mann bedarf der Hut. Gut wnschen ist des Armen Plage, Und wer es hat, kommt in die Lage, Dass er um Hilfe bitten muss; 55 Auf gleicher Stufe geht ihr Fuss. Der Arme plagt sich nach dem Gute, Dem Reichen ist es schlecht zu Mute, Weil er noch ungesttigt bleibt; Besitz die Sorgen nie vertreibt. 60 Wer hat genug und mehr noch will, Dem hilft sein Gut genau so viel, Als Rauch den Augen ntzlich ist; Das ist nun wahr zu jeder Frist. Der ist sehr arm bei grossem Gut, 65 Der mehr begehrt in seinem Mut. Der hat an kleinen Dingen viel, Der hat genug und nichts mehr will. Hat jemand einen reichen Mut, Er ist nicht arm bei kleinem Gut. 70 Wem nicht genget, was er hat, Fr dessen Armut ist kein Rat: Des bsen Mannes kargem Mut Gengt ja nicht das grsste Gut. Der Geiz'ge htte stets die Flle, 75 Wre nur nicht sein bser Wille. Wer nicht mit wenigem kann leben, Muss seinen Leib zu eigen geben. Der brave Mann weiss stets Bescheid In Reichtum und in Drftigkeit. 80
Wir wenden mehr der Mh' und List An das, was uns nicht ntig ist, Als an das Ntige sogar: Ist doch die Art sehr wunderbar. Man lsst zu Hause Kind und Weib 85 Und plagt mit Arbeit seinen Leib, Und der Gewinn ist manchmal klein; Es wrd' also viel besser sein, Wenn man mit nur geringer Mh' Nach Tugend wrbe; so gedieh' 90 Uns Reichtum und ein grosses Gut (Ich meine in dem reichen Mut). Man gibt sehr oft den eignen Leib, Freiheit, Seele, Kind und Weib Um weniges, und wenn zur Stund' 95 Wir's kaufen sollten fr ein Pfund, Wir liessen es ganz unberhrt. Der tr'chte Mensch zu Markte fhrt Sein eignes Selbst und weiss nicht wie, Um lauter Sorge, Reu' und Mh', 100 Mit seinem Selbst kauft er was ein, Und meint, das Ding nun wre sein; Doch mit der Zeit wird er belehrt, Dass er vielmehr dem Ding gehrt. Er wre sein, wr' nicht sein Gut; 105 Dermassen hat er seinen Mut, Und seinen Sinn dem Gut gegeben Und muss als ein Leibeigner leben. Der, der verkauft den freien Mut, Erhlt niemals ein gleiches Gut. 110 Wem sein Reichtum lufet vor, Der folget nach ihm wie ein Tor. Wer mit dem Gute unrecht tut, Der unterwirft ihm seinen Mut, Und wer es nicht beherrschen kann, 115 Der ist des Pfennigs Dienstemann. Jetzt von der Unbestndigkeit: Von grosser Lieb' kommt grosses Leid. Was man erwirbt mit grosser Not, Man lsst es doch zurck im Tod. 120 Der Reichtum macht niemand gesund, Der ruft ihn in der Krankheit Stund'. Wer da ihn liebt mit grossem Neid, Verlsst ihn auch mit grossem Leid; Und wie er sich mag wenden, 125 Es muss mit ihm doch enden. Und Leid von Lieb' entstehen mag, Sogar auch vor dem Todestag: Feind, Feuer, Spiel und Tod und Diebe, Die knnen machen Leid aus Liebe. 130 Drum mein' ich, dass der Reiche tut Das beste, wenn er gibt sein Gut Um ein viel besseres, das heisst, Um Gottes Huld, die allermeist Eintrglich ist und ihm gewhrt 135 Den Reichtum, der sich ewig mehrt, Den kauft des Armen reiner Mut; Drum haben sie ein gleiches Gut. Der Arme kommt zu seinem Ziel Geschwinder, wenn er es nur will. 140 Der Reiche fhrt in seiner Wrde, Der Arme mit geringer Brde Und ohne Sorge, wie's ihm passt; Der Reiche mit des Reichtums Last, Dazu mit Angst und argem Wahn. 145 Hrt er nur etwas, hlt er an. Rhrt sich irgendwo 'ne Maus, Er meint, es wre in sein Haus Ein Dieb gekommen, und schreit "Diebe!" Das macht doch nur des Geldes Liebe. 150 Indessen dringt der Arme vor Dem Reichen zu des Herren Tor. Wer stets behalten will sein Gut, Der geb' es in des Armen Hut; Denn dieser bringt es an den Ort, 155 Wo es ihm bleibt als ew'ger Hort. Wer seine Kammer hier will machen, Er mag sie, wie er will, bewachen, Verliert den Schatz, das Wort ist wahr, So hier wie dort auf immerdar. 160 Der Karge bleibt ein Nimmersatt: Solch Wesen auch die Hlle hat; Drum sollten beide, meine ich Zusammenhalten ewiglich. Wer sich erweist der Hlle gleich, 165 Gehrt nicht hin in Gottes Reich.
XXXI. DER STRICKER
The assumed name of a thirteenth century writer whose real name is unknown. Der Stricker probably means 'the composer,' 'the poet.' He wrote a long epic, Karl the Great, an Arthurian romance, Daniel of the Blooming Vale, and several short tales of which the best is Pfaffe Ameis. The hero is a peripatetic rogue and practical joker who plays tricks on people and makes much money. The selection is from the translation by Karl Pannier in the Reclam library.
From 'Pfaffe Ameis', lines 805 ff: Ameis as doctor.
Als nun Ameis durch diesen Schlich 805 Gar vieles Gut erworben sich Dort an dem Hof zu Karolingen,[1] Ritt er hin nach Lotharingen Und fragete da unverwandt, Bis er des Landes Herzog fand. 810 Dem meldete er eine Mre, Dass nach dem Herrgott keiner wre, Der besser heilen knnt' als er. "So hat Euch Gott gesendet her," Hat da das Wort der Herzog nommen; 815 "So bin ich froh, dass Ihr gekommen. Ich hab' Verwandt' und Dienstleut' hier, Von deren Leiden Kummer mir Ersteht; siech ist ein grosser Teil Verleiht Euch Gott ein solches Heil, 820 Dass Ihr sie machen knnt gesund, Ihr werdet reich zur selb'gen Stund'." Ameis zu sprechen da begann: "Ich bin ein Arzt, der solches kann. Die von dem Aussatz sind befreit 825 Und nicht durch Wunden haben Leid, Die haben Krankheit nicht so schwer— Und wren's tausend oder mehr,— Dass ich sie nicht gesunden macht', Bevor der Tag entweicht der Nacht; 830 Geschieht dies nicht, nehmt mir das Leben. Drum bitt' ich Euch, mir nicht zu geben Geschenke oder Lohn, bevor Ihr nicht gehrt mit eignem Ohr, Dass sie gesagt, sie sei'n gesund. 835 Dann tut mir Eure Gnade kund." Des freute sich der Herzog sehr: "Ihr redet wohl," erwidert' er Und rief die Kranken unverweilt. An zwanzig kamen da geeilt; 840 Die fhrt' der Pfaff' in ein Gemach. "Bald hab' ich," er zu ihnen sprach "Von eurer Krankheit euch befreit, Wenn ihr mir schwret einen Eid, Erst nach Verlauf von sieben Tagen 845 Von meiner Red' etwas zu sagen. Nicht anders ich euch heilen kann." Als er mit solcher Red' begann, Da liessen sie sich bald besiegen. Sie schworen, dass sie es verschwiegen, 850 Und er zu ihnen nun begann: "Nun gehet ohne mich hindann Und wollt besprechen euch dabei, Wer unter euch der krnkste sei. Ist er gefunden, tut's mir kund— 855 Bald sollt ihr werden dann gesund. Den krnksten will ich nmlich tten, Um euch zu helfen aus den Nten Mit seinem Blute allsogleich. Mein Leben sei zum Pfande euch." 860 Darob erschraken alle Siechen, Und wer da kaum vermocht' zu kriechen Vor seiner Krankheit grimmer Not, Der frchtete, es sei sein Tod, Wenn seine Not gemerkt man hab', 865 Und ging dahin gar ohne Stab, Wo sie die Unterredung hatten. Vernehmet jetzo, wie sie taten. Es dachte da ein jeder Mann: "Wie klein ich auch behaupten kann, 870 Dass meiner Krankheit Leiden sei, So redet einer doch dabei, Das seine sei noch kleiner; Dann redet wieder einer, Das seine sei zweimal so klein. 875 Dann sprechen alle insgemein, Ich sei der allerkrnkste hie. So sterbe ich, geheilt sind sie. Drum will ich mich behten eh'r Und sagen, dass gesund ich wr'." 880 So dachte er bei sich allein, So dachten alle insgemein. Und alle gaben zu verstehn, Dass ihnen Gnade wr' geschehn; Sie wren munter und gesund. 885 Das taten sie dem Meister kund. Er sprach: "Ihr wollt betrgen mich." Da schwor ein jeder feierlich Bei seiner Treu', es wre wahr, Nichts tt' ihm weh, auch nicht ein Haar. 890 Da ward der Meister hoch erfreut. "Geht hin nun," sprach er, "liebe Leut', Und saget es dem Herzog an." Das wurde unverweilt getan: Sie gingen hin und sagten an, 895 Sobald sie ihren Herren sahn, Es wr' ein heil'ger Mann gekommen; Der Krankheit wren sie benommen. Darob zu staunen er begann Und fragte alle Mann fr Mann, 900 Ob sie durch Lug ihn tuschten nicht. Da zwang sie ihres Eides Pflicht, Den sie Ameis, dem Pfaffen, taten, Dass keine andre Red' sie hatten, Als die: "sie wren ganz gesund." 905 Da liess an Silber zu der Stund' Dem Pfaffen hundert Mark er geben. Und dieser kannt' kein Widerstreben, Liess ab sich schnell das Silber wgen Und forderte den Reisesegen; 910 Dann eilt' hinweg er unverwandt.
[Notes: 1: Paris.]
XXXII. FREIDANK.
The assumed name of a popular gnomic poet who lived in the first half of the 13th century. His fame rests on his Bescheidenheit, which means the 'wisdom' or 'sagacity' that comes of experience. The book is a miscellaneous collection of proverbial and aphoristic sayings. The titles of those given below were supplied by the translator.
1
Geheimnis der Seele.
Wie die Seele geschaffen sei, Des Wunders werd' ich hier nicht frei. Woher sie komme, wohin sie fahr', Die Strass' ist mir verborgen gar. Hier weiss ich selbst nicht, wer ich bin; Gott gibt die Seel', er nehme sie hin: Gleichwie ein Hauch verlsst sie mich, Und wie ein Aas da liege ich.
2
Unentbehrlichkeit der Toren.
Der Weisen und der Toren Streit Hat schon gewhret lange Zeit Und muss auch noch viel lnger whren; Man kann sie beide nicht entbehren.
3
Borniertheit der Toren.
Der Tor, wenn er 'ne Suppe hat, Kmmert sich gar nicht um den Staat.
4
Nachahmungssucht der Toren.
Findet ein Tor eine neue Sitt', Dem folgen' alle Toren mit.
5
Selbstgeflligkeit.
Uns selbst gefallen wir alle wohl; Drum ist das Land der Toren voll.
6
Selbstberschtzung.
Wer whnt, dass er ein Weiser sei, Dem wohnt ein Tor sehr nahe bei.
7
Alter und Jugend.
Haben alte Leute jungen Mut, Und junge alten, das ist nicht gut; Singen, springen soll die Jugend, Die Alten wahren alte Tugend.
8
Grenzen der Frstenmacht.
Und sollte es der Kaiser schwren, Der Mcken kann er sich nicht wehren; Was hilft ihm Herrschaft oder List, Wenn doch ein Floh sein Meister ist. |
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