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Lines 3394-3488: The preparations for the battle. (Deceived by Genelun, Kaiser Karl has returned to Germany, leaving Roland with a small force in Spain.)
Als die Helden vernahmen, Dass die Heiden sich sammelten, 3395 Baten sie ihre Priester Sich fertig zu machen; Diese griffen ihr Amt an. Den Leib Gottes empfingen sie, Sie fielen zum Gebet nieder, 3400 Sie riefen zum Himmel Viele Stunden hindurch. Sie beschworen Gott bei den Wunden, Wodurch er die Seinen erlste, Dass er sie trste, 3405 Dass er ihnen ihre Snden vergebe Und selbst ihr Zeuge sei. Mit Beichte machten sie sich fertig, Zum Tode rsteten sie sich, Und waren jedoch gute Knechte, 3410 Zum Mrtyrtum bereit Um ihrer Seelen willen. Sie waren Gottes Degen, Nicht wollten sie entfliehen, Sie wollten wieder gewinnen 3415 Unsere alte Erbschaft. Danach strebten die Helden, Ja fhrten die edlen Herren Ein christliches Leben. Alle hatten Eine Gesinnung, 3420 Ihre Herzen waren mit Gott. Sie hatten Zucht und Scham, Reinheit und Gehorsam, Geduld und Minne; Sie brannten wahrlich im Innern 3425 Nach der Ssse Gottes. Sie sollen uns helfen, Dieses arme Leben zu vergessen; Denn jetzt besitzen sie Gottes Reich. Als die Degen Gottes 3430 Mit Psalmen und Segen, Mit Beichte und Glaube, Mit trnenden Augen, Mit grosser Demut, Mit mancherlei Gutem, 3435 Sich zu Gott gewendet, Ihre Seelen gelabt Mit Himmelsbrote, Mit dem Blute des Herrn, Zum ewigen Leben, 3440 Da waffneten sie sich; Gott lobten sie jetzt, Sie waren allesamt froh, Wie zu einem Brautlauf. Sie heissen alle Gottes Kinder, 3445 Die Welt verschmhten sie, Sie brachten das reine Opfer. Mit dem Kreuze geschmckt Eilten sie gern zum Tode; Sie kauften das Reich Gottes. 3450 Sie waren einander treu; Was dem einen deuchte gut, Das war die Meinung aller. David der Psalmist Hat von ihnen geschrieben, 3455 Wie Gott, mein Herr, die belohnt, Die brderlich zusammenhalten. Er gibt ihnen selbst seinen Segen; Sie sollen immer frhlich leben. Eine Zuversicht und Eine Minne, 3460 Ein Glaube und Eine Hoffnung, Eine Treue war in ihnen allen. Keiner liess den andern im Stiche, Fr alle war Eine Wahrheit; Des freut sich die Christenheit. 3465 Die verbrecherischen Heiden, Die Gott nicht frchteten, Hoben ihre Abgtter empor, Mit grosser Hochfahrt kamen sie, Sie fielen vor Mahmet nieder; 3470 Es war ihr ganzes Gebet, Dass er ihnen erlaube, Roland zu enthaupten, Und, wenn sie ihn erschlagen, Sein Haupt vor sich zu tragen. 3475 Sie versprachen ihn zu ehren, Sein Lob immer zu mehren Mit Tanz und Saitenspiel; Des bermuts war da viel. Sie vertrauten ihrer Kraft, 3480 Sie wussten nicht recht, Dass wer gegen Gott strebt, Der ohne Gott lebt. Sie verschmhten ihren Schpfer, Unsern wahren Heiland, 3485 Den obersten Priester, Der keinen ohne Trost lsst, Wenn er mit Demut Suchet das Gute.
Lines 6053-6113: Having fought a great fight and slain many heathen, Roland and his men are about to be overwhelmed by numbers; in desperate straits he blows his horn, and it is heard by the far-away emperor.
Roland fasste mit beiden Hnden Den guten Olivant Und setzte ihn an den Mund. 6055 Er begann zu blasen; Der Schall ward so gross, Es lrmte so unter den Heiden, Dass keiner den andern hren konnte. Sie verstopften selbst die Ohren. 6060 Die Hirnschale barst ihm, Dem guten Weigande; Alles nderte sich an ihm, Er konnte kaum noch sitzen, Sein Herz zerbrach innen. 6065 Seine bekannte Stimme Vernahmen sie allesamt, Der Schall flog ins Land. Bald kam zu Hof das Mre, Dass des Kaisers Blser 6070 Bliesen alle zugleich. Dann wusste man wahrlich, Dass die Helden in Not waren. Da gab es ein grosses Jammern. Der Kaiser schwitzte vor Angst, 6075 Er verlor zum Teil die Fassung, Er ward sehr ungeduldig. Das Haar riss er von der Haut; Da machte starke Vorstellungen Genelun der Verrter; 6080 Er sprach: "Dieses Ungestm Geziemt nicht einem Knig. Du betrgst dich ungebhrlich. Was hast du dir vorzuwerfen? Den Roland, wie er im Grase schlief. 6085 Hat wohl eine Bremse gebissen, Oder er jagt wohl einen Hasen; Dass das Blasen eines Hornes Dich so ausser Fassung bringt!" Der Kaiser sprach zu ihm: 6090 "Weh dass ich dich je gesehen, Oder Kenntnis von dir gewonnen! Das beklage ich immer vor Gott. Von dir allein Muss Frankreich immer weinen. 6095 Wegen des grossen Schatzes, Den Marsilie dir gab, Hast du den Mord vollbracht. Ich rche ihn, wenn ich's vermag. Was trieb dich dazu?" 6100 Auf sprang der Herzog Naimes, Er sprach: "Du Teufels Mann, Du hast schlimmer als Judas getan, Der unsern Herrn verriet. Nie verwindest du diesen Tag. 6105 Dies hast du gebraut, Du sollst es wahrlich trinken." Er htte ihn gern erschlagen, Der Kaiser hiess ihn abstehen; Er sprach: "Eine andre sei seine Strafe. 6110 Ich will hernach ber ihn richten; Und wenn das Urteil ergeht, Er stirbt wohl einen schlimmeren Tod."
XVI. KING ROTHER
A poem of 5302 verses, written about 1150 in a mixture of Middle Frankish and Bavarian. It belongs to the order of Spielmannspoesie, or secular minstrelsy; but the author makes frequent reference to what 'the books' say, and evidently meant his work to be read. (The earlier gleemen, so far as known, could not read or write, got their material from oral tradition and composed their poems to be sung or recited to musical accompaniment.) Rother is a king of Italy who sends twelve envoys to Constantinople to win for him the hand of the emperor's daughter. She favors her unknown suitor, but the irate Constantine throws the envoys into a dungeon. Rother takes the name of Dietrich and sails with many retainers to liberate them. By a waiting-maid he presents the princess with a gold and a silver shoe, both made for the same foot, and retains the mates. The princess, already interested in the distinguished stranger, sends for him to put on the impossible shoes.
Lines 2177-2315: Rother, called Dietrich, woos the willing princess.
Am Fenster stand die Prinzessin, Bald kam der junge Held ber den Hof gegangen. Da ward er wohl empfangen 2180 Von zweien Rittern ehrlich. Dann ging der Recke Dietrich, Wo die Kemenate offen stand; Darein ging der wohlgestalte Held. Den hiess die junge Prinzessin 2185 Selber wilkommen sein Und sagte, was er da bitte, Das wrde sie gerne tun Nach ihrer beider Ehre. "Ich habe dich gern, o Herr, 2190 Wegen deiner Tchtigkeit gesehn; Aus anderm Grund ist's nicht geschehn. Diese niedlichen Schuhe, Die sollst du mir anziehen." "Sehr gerne," sprach Dietrich, 2195 "Da du es von mir verlangst." Der Herr setzte sich ihr zu Fssen, Sehr schn war sein Gebaren. Auf sein Bein setzte sie den Fuss, Nie wurde Frau besser geschuht. 2200 Da sprach der listige Mann: "Nun sage mir, schne Herrin, Bescheid auf deine Treue, Wie du eine Christin bist,— Es warb um dich mancher Mann,— 2205 Hing' es von deinem Willen ab, Welcher unter ihnen allen Hat dir am besten gefallen?" "Das sag' ich dir," sprach die Dame, "In allem Ernst und in Treue, 2210 O Herr, auf meiner Seele, Wie ich getaufte Christin bin: Kmen aus allen Landen Die teuren Weigande Mit einander zusammen, 2215 Da wre kein Mann darunter, Der dein Genoss sein knnte. Das nehm' ich auf meine Treue, Dass nie eine Mutter gebar Ein Kind so liebenswrdig, 2220 Dass es mit Fug, Dietrich, Neben dir stehen knnte. Du bist ein ausgezeichneter Mann. Sollte ich aber die Wahl haben, Nhme ich den Helden gut und khn, 2225 Dessen Boten her ins Land kamen Und jetzt wahrlich liegen In meines Vaters Kerker. Er heisst mit Namen Rother Und sitzt im Westen bers Meer. 2230 Ich will immer Magd bleiben, Bekomm' ich nicht den Helden schn." Als Dietrich das vernahm, Da sprach der listige Mann: "Willst du Rother minnen, 2235 Den will ich dir bald bringen. Es lebt keiner auf Erden, Der mir mehr Gutes getan htte; Des soll er noch geniessen. Ehe ihn der Hochmut meisterte, 2240 Half er mir oft in der Not; Wir genossen frhlich das Land Und lebten glcklich zusammen. Der gute Held war mir stets gndig, Wie wohl er mich jetzt vertrieben." 2245 "In Treue," sprach die Prinzessin, "Ich verstehe deine Rede; Ist der Rother dir so lieb, Hat er dich nicht vertrieben. Von wannen du fhrst, khner Held, 2250 Bist du als Bote her gesandt. Dir sind des Knigs Mannen lieb. Nun verhehle es mit Worten nicht; Was mir heute gesagt wird, Das wird immer wohl verschwiegen 2255 Bis an den jngsten Tag." Der Herr sprach zu der Dame: "Jetzt berlass' ich meine Sache Der Gnade Gottes und der deinen; Es stehen ja deine Fsse 2260 In Knig Rothers Schosse." Die Dame erschrak sehr; Sie zog den Fuss weg Und sprach zu Dietrich Sehr bescheidentlich: 2265 "Nie ward ich so ungezogen; Mein bermut hat mich betrogen, Dass ich meinen Fuss Setzte auf deinen Schoss. Und bist du der grosse Rother, 2270 Kannst du, Knig, nimmermehr Einen besseren Ruhm gewinnen. Der ausserordentlichen Dinge Bist du ein listiger Meister. Welches Geschlechts du auch seist, 2275 Mein Herz war unglcklich; Und htte dich Gott hergesandt, Das wre mir inniglich lieb. Ich mag doch nicht glauben, Dass du mir Unwahres sprichst. 2280 Und wr's dann aller Welt leid, Ich rumte sicherlich Zusammen mit dir das Reich. So bleibt es aber ungetan. Doch lebt kein Mann so schn, 2285 Den ich vorziehen wrde, Wrest du der Knig Rother." Darauf sprach Dietrich (Sein Sinn war sehr listig): "Nun hab' ich keine Freunde 2290 Als die armen Herren, Die in dem Kerker sind. Knnten mich diese sehen, Httest du an ihnen den Beweis, Dass ich dir Wahres gesprochen." 2295 "In Treue," sprach die Prinzessin, "Dir werd' ich beim Vater mein Irgendwie erwirken, Dass ich sie herauskriege. Aber er wird sie keinem geben, 2300 Er hafte denn mit seinem Leben, Dass niemand entkomme, Bis alle zurckgebracht In den Kerker wrden, Wo sie in der Not waren." 2305 Drauf antwortete Dietrich: "Ich will es auf mich nehmen Vor Constantin, dem reichen, Und morgen sicherlich Werde ich zu Hofe gehn." 2310 Die Jungfrau so schn Ksste den Herrn. Da schied er mit Ehren Aus der Kemenate.
Lines 2819-2942: Having become friendly with Constantine and won for him a great battle against the heathen invader Ymelot, Rother perpetrates a hoax.
Dietrich der Weigand Nahm Ymelot bei der Hand, 2820 Fhrte ihn zu Constantin, Und bergab ihn diesem. Dann sprach der listige Mann: "Wir sollten einen Boten haben, Der den Frauen sagte, 2825 Was wir hier vollbracht." "In Treue," sprach Constantin, "Der Bote sollst du selbst sein Um meiner Tochter willen; Und sage du der Knigin 2830 Und den Frauen allesamt, Dass wir nach Hause reiten Mit sehr frhlichen Herzen. Einen Teil deines Volkes Lass du mit mir bleiben." 2835 Da sprach der listige Mann, Dass er gerne tte, Was der Knig verlange. Dietrich ging von dannen Mit seinen Heimatsmannen, 2840 Die andern schickte er zum Knig; Der bat sie grossen Dank haben. Zu sich nahm er seine Leute, Die bers Meer mitgefahren, Und erklrte den Khnen, 2845 Was er beabsichtige; Die teuren Weigande Wollten gern nach Hause. Dietrich fuhr von dannen. Ein Mrchen, das war herrlich, 2850 Brachte er zu Constantinopel, Der berhmten Burg: Er sagte, er sei entflohen Mit allen seinen Mannen. Da weinte die Frau Knigin: 2855 "Ach weh, wo ist Constantin Und die Weigande Aus manchem Lande? Dietrich, lieber Herr, Sollen wir sie wiedersehen?" 2860 "Nimmermehr, das weiss Gott! Erschlagen hat sie Ymelot Und reitet her mit Heereskraft; Er will die Stadt zerstren, Ich kann mich ihm nicht wehren 2865 Und muss fliehen bers Meer. Die Weiber und die Kinder, So viel ihrer in der Burg sind, Denen wird zuteil der Tod: Es erschlgt sie Ymelot." 2870 Da nahm Constantins Weib Ihre Tochter, die herrliche, Und sie baten Dietrich Beide sehr ernsthaft, Sie von den Heiden zu retten, 2875 Die mit einem Heere kmen. Da hiess der listige Mann Die schnen Zelter Der Knigin fortziehen; Er fhrte sie zu den Schiffen. 2880 Da gab es, knnt ihr glauben, Von manchen schnen Frauen Weinen und Hnderingen; Sie konnten sich nicht fassen. Es kam eine grosse Gesellschaft 2885 Zu Dietrich aus der Stadt. Sie wollten alle aufs Meer, Um sich vor Ymelot zu retten. Da trstete sie der schlaue Mann; Er hatte es aus List getan. 2890 Dietrich hiess seine Mannen Sofort in die Schiffe gehen. Asprian, der gute Held, Trug den Kammerschatz darein, Sie eilten alle aufs Meer. 2895 Da hiess Knig Rother Die Mutter am Gestade bleiben, Die Tochter in ein Schiff gehn. Es gab ein grosses Weinen. Sie sprach: "Ach, Herr Dietrich, 2900 Wem willst du, tugendhafter Mann, Uns armen Weiber berlassen?" So sprach die gute Knigin: "Nun nimm mich mit ins Schiff Zu meiner schnen Tochter." 2905 Da sprach der listige Mann: "Ihr sollt Euch wohl gehaben; Constantin ist nicht geschlagen, Ymelot haben wir gefangen, Constantin ist's wohl ergangen. 2910 Er reitet hierher ins Land Mit guten Nachrichten; Er kommt ber drei Tage. Ihr knnt ihm wahrlich sagen, Seine Tochter sei mit Rother 2915 Westwrts gefahren bers Meer. Nun befehlt mir, herrliche Frau; Ich heisse ja nicht Dietrich." "Wohl mir," sprach die Knigin, "Dass ich je ins Leben trat. 2920 Nun lasse Gott, der gute, In seiner grossen Gnade, Dich meine Tochter schn Recht lang in Freude haben! Es ist wahr, teurer Degen, 2925 Sie wre dir leichter gegeben, Als du sie gewonnen hast, Htte es in meinem Willen gestanden. Wie Constantin das Leben Des jungen Weibes qulte, 2930 Das ist mir das mindeste, Da du nun Rother bist. Nun fahre, teurer Degen, Und Sankt Gilge segne dich!" Da sprach das schne Mgdlein: 2935 "Gehabt Euch wohl, Mutter mein!" Die Frauen so liebsam Gingen lachend von dannen Zu Constantins Saal Und gnnten es dem Rother wohl, 2940 Dass Gott ihn bringe Mit Ehren ins Heimatland.
XVII. DUKE ERNST
Another example of the secular minstrelsy brought into vogue by the crusading spirit. The poem originated in the 12th century, but the only complete versions known to us are of the 13th. It contains 6022 verses in the dialect of the Middle or Lower Rhine. The saga is of unusual psychological interest. Ernst is a brave and upright Bavarian whom a base calumny deprives of the favor of the emperor Otto. For a while he maintains himself in a bitter feud with the empire, but finally gives up the hopeless fight and sets out, with a few loyal followers, for Jerusalem. In the Orient he has many wonderful adventures, one of which is related below, and so deports himself that on his return the emperor receives him back into favor.
Lines 3915-4199: The magnetic rock in the Curdled Sea.
Die Helden weilten da nicht mehr, 3915 Sie fuhren auf der wilden See Mit frhlichem Gemte. Jetzt meinten die guten Helden, Es msse ihnen wohl gehen. Da stieg nun ein Schiffsmann 3920 Zu oberst auf den Mastbaum; Die Meeresstrmung trieb sie Schnell nach jenem Hafen zu. Und nun erschrak er sehr darber, Als er den Berg erkannte; 3925 Es ward ihm leid und bange. Hinunter in das Schiff Rief er also zu den Recken: "Ihr Helden so schmuck, Nun wendet euch geschwind 3930 Hin zu dem ewigen Wesen! Es kostet uns das Leben, Bleiben wir hier stecken. Der Berg, den wir gesehen, Der liegt auf dem Lebermeer![1] 3935 Es sei denn, dass Gott uns rettet, Wir sterben hier allzusammen. Wir fahren gegen den Stein zu, Von dem ihr mich reden hrtet. Jetzt sollt ihr euch hinkehren 3940 Zu Gott in wahrer Reue Und aus dem Herzen tilgen, Was ihr wider ihn getan. Ich will euch, Helden, wissen lassen Von der Kraft des Felsen 3945 Und von der Herrschaft, Die er in seiner Art hat: Treibt ein Schiff ihm entgegen Innerhalb dreissig Meilen, So hat er in kurzer Zeit 3950 Es an sich gezogen; Das ist wahr und nicht erlogen. Haben sie irgendwelches Eisen, Das darf niemand weisen; Sie mssen gegen ihren Willen dran. 3955 Wo ihr die Schiffe liegen seht, Vor dem dunkeln Berge dort Gleich an des Steines Kante, Da mssen wir auch sterben Und vor Hunger verenden— 3960 Es ist nicht abzuwenden,— Wie alle anderen getan haben, Die hierher segelten. Nun bittet Gott, dass er Uns helfe und gndig sei. 3965 Wir sind nahe dem Felsen." Als der Herzog das vernahm, Sprach der Frst lobesam Zu den Herren sonderlich: "Jetzt sollt ihr inniglich, 3970 Meine lieben Notgesellen, Zu unserm Herrn flehen, Dass er uns gndiglich In sein Reich empfange Wir gehn an diesem Stein zugrunde. 3975 Nun lobt ihn allzusammen Mit Herzen und mit Zungen. Es ist uns wohl gelungen, Sterben wir auf dieser wilden See: Wir sind geborgen auf immerdar 3980 Bei Gott in seinem Reich. Nun freut euch allzugleich, Dass wir ihm so nah gekommen." Als sie das vernahmen, Behielten sie es im Herzen. 3985 Nun taten die guten Helden, Wie der Frst ihnen geraten: Ordneten ihre Sachen schnell, Gaben alles Gott anheim, Und beherzigten sein Gebot 3990 Mit Beichte und mit Busse Mit sehr grossem Eifer, Wie man Gott gegenber sollte. Also machten sie sich bereit. Als die unglcklichen Mnner 3995 Ihre Gebete verrichteten Und ihre Sachen ordneten, Gab es ein jmmerlich Rufen, Das sie zu Gott erhoben. Ihren Schpfer sie baten, 4000 Dass er ihre Seelen bewahre. Jetzt waren die Helden gefahren So nahe dem Felsen, Dass sie deutlich sehen konnten Die Schiffe mit hohen Masten. 4005 Der Fels zog die Helden So geschwinde zu sich, Seine Kraft brachte das Schiff So krftiglich heran, Dass die andern Schiffe 4010 Diesem entweichen mussten. Es kam so gewaltsam Dem Steine zugefahren, Dass die Schiffe allesamt Auf einander stiessen. 4015 Auch gaben die Mastbume Sich manchen harten Stoss. Die Stsse waren so stark, Dass manches Schiff zerbrach. So ward mancher Gast empfangen, 4020 Der seitdem verendete Und niemals wiederkehrte. Es ist auch wirklich ein Wunder, Dass diese nicht erschlagen wurden Durch die hohen Mastbume, 4025 Die, alt und morsch geworden, Von andern Schiffen fielen Auf ihr Schiff mit Gewalt. Als diese herabstrzten, Konnte nichts mehr bestehn, 4030 Was um das Schiff lag. Dass das Schiff sich erhielt, War ein grosses Wunder; Es musste alles und jedes Fallen in das Meer. 4035 Der Herzog und seine Mnner Mussten unerhrte Not leiden, Da sie einen schrecklichen Tod fters vor sich sahen. Doch kamen die khnen Mnner 4040 Mit dem Leben davon; Gottes Hilfe erschien ihnen. Als das Schiff stehen blieb, Taten sie, wie Leute noch tun, Die lange in einer Sttte gelegen 4045 Und etwas Neues sehen mgen: Die zieren Helden sprangen Schnell aus dem Schiffe Und gingen allesamt, Um das mannigfache Wunder 4050 In den Schiffen zu besehen. Sie standen dicht wie ein Wald Um den Berg auf dem Meer. Weder frher noch spter Sah jemand so grossen Reichtum, 4055 Als die mutigen Helden In den Schiffen fanden, So dass sie in langen Stunden Ihn nicht berschauen konnten. Sie sahen den grssten Schatz, 4060 Den jemand haben knnte. Nie hat der weise Mann gelebt Der ihn je in Acht nehmen Oder vollauf beschreiben knnte. Silber, Gold und Edelsteine, 4065 Purpur, Sammet, glnzende Seide, Lag dort so mannigfaltig, Dass niemand es beachten knnte. Als sie das Wunder beschaut, Begannen sie weiter zu gehen. 4070 Der Herzog und seine Mnner Stiegen auf den Felsen, Ob sie irgendwo Land shen. Kein Auge konnte ersphen, Dass sie zu Lande kmen; 4075 Das war den Recken leid. Der Berg lag im weiten Meer; Da mussten die Helden hilflos Hchst jmmerlich ersterben Und am Hunger zugrunde gehen; 4080 Den Recken war schwer zu Mute. Da mussten die Helden Vor dem Steine Angst erleiden. Sie sagten allesamt, Sie wrden es gtlich erdulden, 4085 Da ihnen der mchtige Gott Das harte Geschick verhngt, Wie auch den andern allen, Die vor ihnen gekommen waren Und das Leben verloren hatten. 4090 Da sie die Not nicht meiden wollten, Wrden sie gerne den Tod Um seine Huld erleiden, Und wrden die grosse Not Als Sndenbusse betrachten. 4095 Der Herzog und seine Mnner Hatten Trost beim Kinde der Maid. Nun schwebte das Gesinde So lange Zeit auf dem Meer, Dass frher oder spter im Leben 4100 Sie nie solches Weh ertrugen, Da es ihnen an Speise gebrach Und an der guten Nahrung, Die sie mitgebracht hatten Von dem Lande Grippia, 4105 Woselbst die Weigande Dieselbe tapfer erworben. Am Hunger starben sie, Die auf dem Schiffe waren, So dass keiner am Leben blieb 4110 Von der ganzen Mannschaft Ausser dem Herzog allein Und sieben Mann mit ihm. Die andern trug ein Greif fort, Wie sie nacheinander starben. 4115 Die Lebenden handelten so: Wen jeweilig der Tod nahm, Den trugen die Helden lobesam Bald aus dem Schiffsraume; Ihn legten die zieren Degen 4120 Oben aufs Verdeck. Das habt ihr nun fters Als Wahrheit sagen hren: Die Greife kamen geflogen Und trugen sie ins Nest. 4125 Auf diese Weise ward zuletzt Dem Herzog und seinen Mnnern Von den Greifen geholfen; Also retteten sie sich. Die andern wurden zu Aase 4130 Den Greifen und ihren Jungen. Diesen war es schon gelungen, Menschen in grosser Anzahl Von dannen in ihre Neste Nach Gewohnheit zu tragen; 4135 Davon die mutigen Helden, Der Herzog und seine Mannen, Wieder ans Land kamen. Der Frst litt Ungemach, Als er seine Gefhrten sah 4140 Vor Hunger verbleichen Und so jmmerlich sterben, Und er ihnen nicht helfen konnte. Darum musst' er manche Stunde Erleiden Jammersnot, 4145 Indem sie der Tod Vor seinen Augen hinwegnahm, Bis der Recke lobesam Nur sieben Mann brig hatte. Auch diese behielten das Leben 4150 Kaum vor Hungersnot: Sie hatten nur ein halbes Brot, Das teilten die Helden unter sich. Es war jmmerlich genug, Da sie nichts mehr hatten. 4155 Da ergaben sie sich dem Herrn, Mit Leib und Seele Gottes Hnden; Dann fielen die tapfern Helden Zum Gebet nieder und baten Vor allem inniglich den Herrn, 4160 Dass er ihnen gndig sei Und helfe aus der grossen Not; Sie frchteten sehr den Tod. Als diese Unglcklichen Ihr Gebet verrichtet hatten, 4165 Was spter ihnen zu statten kam, Sprach der Graf Wetzel also: "Ich habe in diesen Stunden Uns eine List erfunden, Wie sie nicht besser sein knnte. 4170 Sollen wir je gerettet werden, Muss es gewiss davon kommen, Dass wir suchen und sphen Und gar nicht aufhren. Bis wir in den Schiffen finden 4175 Irgendwelche Art Hute; Dann schlpfen wir armen Leute In unsre gute Rstung. Hat man uns dann eingenht In die Hute," sprach der Degen, 4180 "So wollen wir uns legen Oben auf das Schiffsverdeck. So nehmen uns da die Greife Und tragen uns von dannen. Sie knnen uns nichts anhaben, 4185 Die Greife, wegen der Rstung, Die uns oft beschirmt hat; Die mag uns noch einmal helfen. Und haben wir uns versichert, Dass die alten auf Beute fort sind, 4190 So schneiden wir uns aus Und steigen zur Erde nieder. Soll es aber anders werden, Will es Gott, dass wir nicht entkommen, So mag es uns doch lieber sein, 4195 Dass wir dort redlich tot liegen, Als dass wir hier diese starke Not So jmmerlich erleiden."
[Notes: 1: The Liver Sea, called also das geronnene Meer, or the Curdled Sea; in Latin mare pigrum et concretum. For the literature of the curious saga see Bartsch, Herzog Ernst, Wien, 1869, p. cxlv.]
XVIII. THE LAY OF THE NIBELUNGS
The most important poetic production of medieval Germany. It embodies legends that date back, in part, to the 5th century and were handed down from age to age by oral tradition. The different versions known to us point back to a lost original which probably took shape toward the end of the 12th century and was the work of an Austrian poet of whom nothing is known. The form is a four-line strophe, with masculine rimes paired in the order aa bb. Each line is divided into two parts by a cesura, which regularly falls after an unstressed syllable. The first seven half-lines usually have three accents each, the eighth four.
Reasoning from incongruities in the text, the famous scholar Lachmann concluded that the poem consists of twenty old songs, or ballads, pieced together with new matter in the shape of introductions, transitions, and amplifications. This theory gave rise to a great controversy which still divides scholarship to some extent, with opinion tending more and more to the confirmation of Lachmann's general view, but to the rejection of his specific conclusions. That is to say: The poem is a working-over of old songs; but just how many of these there were, where the dividing lines come, and how much merit of originality may rightly be claimed for the nameless 12th century poet, cannot be definitely settled.
The most popular modernization is that of Simrock, 56th edition, 1902, from which the selections below are taken. It has its defects, but none of the many attempts to improve upon it has met with a generally recognized success.
From Adventure 1:[1] Kriemhild and her dream.
Es wuchs in Burgunden solch edel Mgdelein, Dass in allen Landen nichts Schn'res mochte sein. Kriemhild war sie geheissen und ward ein schnes Weib, Um die viel Degen mussten verlieren Leben und Leib.
Es pflegten sie drei Knige, edel und reich, 5 Gunter und Gernot, die Recken ohnegleich, Und Geiselher der junge, ein auserwhlter Degen; Sie war ihre Schwester, die Frsten hatten sie zu pflegen.
Die Herren waren milde, dazu von hohem Stamm, Unmassen khn von Krften, die Recken lobesam. 10 Nach den Burgunden war ihr Land genannt: Sie schufen starke Wunder noch seitdem in Etzels Land.
Zu Worms am Rheine wohnten die Herren in ihrer Kraft. Von ihren Landen diente viel stolze Ritterschaft Mit rhmlichen Ehren all ihres Lebens Zeit, 15 Bis jmmerlich sie starben durch zweier edeln Frauen Streit.
In ihren hohen Ehren trumte Kriemhilden, Sie zg' einen Falken, stark-, schn- und wilden, Den griffen ihr zwei Aare, dass sie es mochte sehn; Ihr konnt' auf dieser Erde grsser Leid nicht geschehn. 20
Sie sagt' ihrer Mutter den Traum, Frau Uten; Die wusst' ihn nicht zu deuten als so der guten: "Der Falke, den du ziehest, das ist ein edler Mann; Ihn wolle Gott behten, sonst ist es bald um ihn getan."
"Was sagt Ihr mir vom Manne, vielliebe Mutter mein? 25 Ohne Reckenminne will ich immer sein; So schn will ich verbleiben bis an meinen Tod, Dass ich von Mannesminne nie gewinnen mge Not."
"Verred' es nicht so vllig," die Mutter sprach da so, "Sollst du je auf Erden von Herzen werden froh, 30 Das geschieht von Mannesminne; du wirst ein schnes Weib, Will Gott dir noch vergnnen eines guten Ritters Leib."[2]
"Die Rede lasst bleiben, vielliebe Mutter mein. Es hat an manchen Weiben[3] gelehrt der Augenschein, Wie Liebe mit Leide am Ende gerne lohnt; 35 Ich will sie meiden beide, so bleib' ich sicher verschont."
Kriemhild in ihrem Mute hielt sich von Minne frei. So lief noch der guten manch lieber Tag vorbei, Dass sie niemand wusste, der ihr gefiel zum Mann, Bis sie doch mit Ehren einen werten Recken gewann. 40
Das war derselbe Falke, den jener Traum ihr bot, Den ihr beschied die Mutter. Ob seinem frhen Tod Den nchsten Anverwandten wie gab sie blut'gen Lohn! Durch dieses Einen Sterben starb noch mancher Mutter Sohn.
[Notes: 1: Some of the manuscripts divide the poem into sections, each one of which is called an aventiure, or 'adventure.' 2: M.H.G. lp, modern Leib, meant 'body,' 'person,' 'self.' With a genitive it is often pleonastic and untranslatable. Eines guten Ritters Leib = einen guten Ritter. 3: Archaic for Weibern for the sake of the medial rime with bleiben. Now and then a stanza has medial as well as final rimes.]
From Adventure 5: Having lived a whole year at Worms as the guest-friend of King Gunter, Siegfried at last sees the maid he came to woo.
Da liess der reiche Knig mit seiner Schwester gehn Hundert seiner Recken, zu ihrem Dienst ersehn Und dem ihrer Mutter, die Schwerter in der Hand: Das war das Hofgesinde in der Burgunden Land.
Ute die reiche sah man mit ihr kommen, 5 Die hatte schner Frauen sich zum Geleit genommen Hundert oder drber, geschmckt mit reichem Kleid; Auch folgte Kriemhilden manche waidliche[4] Maid.
Aus einer Kemenate sah man sie alle gehn. Da musste heftig Drngen von Helden bald geschehn, 10 Die alle harrend standen, ob es mchte sein, Dass sie da frhlich shen dieses edle Mgdelein.
Da kam die Minnigliche, wie das Morgenrot Tritt aus trben Wolken. Da schied von mancher Not, Der sie im Herzen hegte, was lange war geschehn. 15 Er sah die Minnigliche nun gar herrlich vor sich stehn.
Von ihrem Kleide leuchtete gar mancher edle Stein, Ihre rosenrote Farbe gab minniglichen Schein. Was jemand wnschen mochte, er musste doch gestehn, Dass er hier auf Erden noch nichts so Schnes gesehn. 20
Wie der lichte Vollmond vor den Sternen schwebt, Des Schein so hell und lauter sich aus den Wolken hebt, So glnzte sie in Wahrheit vor andern Frauen gut; Das mochte wohl erhhen den zieren Helden den Mut.
Die reichen Kmmerlinge schritten vor ihr her, 25 Die hochgemuten Degen liessen es nicht mehr: Sie drngten, dass sie shen die minnigliche Maid; Siegfried dem Degen war es lieb und wieder leid.
Er sann in seinem Sinne: "Wie dacht' ich je daran, Dass ich dich minnen sollte? das ist ein eitler Wahn. 30 Soll ich dich aber meiden, so wr' ich sanfter[5] tot." Er ward von Gedanken oft bleich und oft wieder rot.
Da sah man den Sieglindensohn so minniglich da stehn, Als wr' er entworfen auf einem Pergamen Von guten Meisters Hnden; gern man ihm zugestand, 35 Dass man nie im Leben so schnen Helden noch fand.
Die mit Kriemhilden gingen, die hiessen aus den Wegen Allenthalben weichen; dem folgte mancher Degen. Die hochgetrag'nen Herzen freute man sich zu schaun; Man sah in hohen Zchten viel der herrlichen Fraun. 40
Da sprach von Burgunden der Knig Gernot: "Dem Helden, der so gtlich Euch seine Dienste bot, Gunter, lieber Bruder, dem bietet hier den Lohn Vor allen diesen Recken. Des Rates spricht man mir nicht Hohn.
Heisset Siegfrieden zu meiner Schwester kommen, 45 Dass ihn das Mgdlein grsse; das bringt uns immer Frommen. Die niemals Recken grsste, soll sein mit Grssen pflegen, Dass wir uns so gewinnen diesen zierlichen Degen."
Des Wirtes Freunde gingen, dahin wo man ihn fand; Sie sprachen zu dem Recken aus dem Niederland: 50 "Der Knig will erlauben, Ihr sollt zu Hofe gehn. Seine Schwester soll Euch grssen; die Ehre soll Euch geschehn."
Der Rede ward der Degen in seinem Mut erfreut; Er trug in seinem Herzen Freude sonder Leid, Dass er der schnen Ute Tochter sollte sehn. 55 In minniglichen Zchten empfing sie Siegfrieden schn.
Als sie den Hochgemuten vor sich stehen sah, Ihre Farbe ward entzndet. Die Schne sagte da: "Willkommen, Herr Siegfried, ein edler Ritter gut." Da ward ihm von dem Grusse gar wohl erhoben der Mut. 60
Er neigte sich ihr minniglich, als er den Dank ihr bot; Da zwang sie zu einander sehnender Minne Not. Mit liebem Blick der Augen sahn einander an Der Held und auch das Mgdlein; das ward verstohlen getan.
Ward da mit sanftem Drucke geliebkost weisse Hand 65 In herzlicher Minne, das ist mir unbekannt. Doch kann ich auch nicht glauben, sie htten's nicht getan. Liebebedrft'ge Herzen tten Unrecht daran.
[Notes: 4: M.H.G. wtlch, 'beautiful.' 5: 'Better.']
From Adventure 7: The strenuous games at Isenstein[6]; Brunhild is fraudulently vanquished for Gunter by the invisible Siegfried.
Brunhildens Strke zeigte sich nicht klein, Man trug ihr zu dem Kreise einen schweren Stein, Gross und ungefge, rund dabei und breit; Ihn trugen kaum zwlfe dieser Degen khn im Streit.
Den warf sie allerwegen, wie sie den Speer verschoss; 5 Darber war die Sorge der Burgunden gross. "Wen will der Knig werben?" sprach da Hagen laut; "Wr' sie in der Hlle doch des beln Teufels Braut!"
An ihre weissen Arme sie die rmel wand, Sie schickte sich und fasste den Schild an die Hand; 10 Sie schwang den Spiess zur Hhe: das war des Kampfs Beginn. Gunter und Siegfried bangten vor Brunhildens grimmem Sinn.
Und wr' ihm da Siegfried zu Hilfe nicht gekommen, So htte sie dem Knig das Leben wohl benommen. Er trat hinzu verstohlen[7] und rhrte seine Hand; 15 Gunter seine Knste mit grossen Sorgen befand.
"Wer war's, der mich berhrte?" dachte der khne Mann, Und wie er um sich blickte, da traf er niemand an. Er sprach: "Ich bin es, Siegfried, der Geselle dein; Du sollst gar ohne Sorge vor der Knigin sein." 20
Er sprach: "Gib aus den Hnden den Schild, lass mich ihn tragen Und behalt' im Sinne, was du mich hrest sagen: Du habe die Gebrde, ich will das Werk begehn." Als er ihn erkannte, da war ihm Liebes geschehn.
"Verhehl' auch meine Knste, das ist uns beiden gut; 25 So mag die Knigstochter den hohen bermut Nicht an dir vollbringen, wie sie gesonnen ist. Nun sieh doch, welcher Khnheit sie wider dich sich vermisst."
Da schoss mit ganzen Krften die herrliche Maid Den Speer nach einem Schilde, mchtig und breit, 30 Den trug an der Linken Sieglindens Kind; Das Feuer sprang vom Stahle, als ob es wehte der Wind.
Des starken Spiesses Schneide den Schild ganz durchdrang, Dass das Feuer lohend aus den Ringen sprang. Von dem Schusse fielen die kraftvollen Degen; 35 War nicht die Tarnkappe, sie wren beide da erlegen.
Siegfried dem khnen vom Munde brach das Blut. Bald sprang er auf die Fsse, da nahm der Degen gut Den Speer, den sie geschossen ihm hatte durch den Rand; Den warf ihr jetzt zurcke Siegfried mit kraftvoller Hand. 40
Er dacht': "Ich will nicht schiessen das Mgdlein wonniglich." Des Spiesses Schneide kehrt' er hinter den Rcken sich; Mit der Speerstange schoss er auf ihr Gewand, Dass es laut erhallte von seiner kraftreichen Hand.
Das Feuer stob vom Panzer, als trieb' es der Wind, 45 Es hatte wohl geschossen der Sieglinde Kind. Sie vermochte mit den Krften dem Schusse nicht zu stehn; Das wr' von Knig Guntern in Wahrheit nimmer geschehn.
Brunhild die schne bald auf die Fsse sprang: "Gunter, edler Ritter, des Schusses habe Dank!" 50 Sie whnt', er htt' es selber mit seiner Kraft getan; Nein, zu Boden warf sie ein viel strkerer Mann.
Da ging sie hin geschwinde, zornig war ihr Mut, Den Stein hoch erhub sie, die edle Jungfrau gut; Sie schwang ihn mit Krften weithin von der Hand, 55 Dann sprang sie nach dem Wurfe, dass laut erklang ihr Gewand.
Der Stein fiel zu Boden von ihr zwlf Klafter weit, Den Wurf berholte im Sprung die edle Maid. Hin ging der schnelle Siegfried, wo der Stein nun lag; Gunter musst' ihn wgen, des Wurfs der Verhohl'ne pflag. 60
Siegfried war krftig, khn und auch lang, Den Stein warf er ferner, dazu er weiter sprang; Ein grosses Wunder war es, und knstlich genug, Dass er in dem Sprunge den Knig Gunter noch trug.
Der Sprung war ergangen, am Boden lag der Stein, 65 Gunter war's, der Degen, den man sah allein; Brunhild die schne ward vor Zorne rot, Gewendet hatte Siegfried dem Knig Gunter den Tod.
Zu ihrem Ingesinde sprach die Knigin da, Als sie gesund den Helden an des Kreises Ende sah: 70 "Ihr, meine Freund' und Mannen, tretet gleich heran; Ihr sollt dem Knig Gunter alle werden untertan."
[Notes: 6: The home of Brunhild, far out over the North Sea. She is an athletic maid who kills her suitors unless they vanquish her in certain sports. Gunter has come to woo her, Siegfried promising to help him. Siegfried's reward is to be the hand of Kriemhild. 7: Siegfried has put on his Tarnkappe, or hiding-cloak, which makes him invisible.]
From Adventure 16: Siegfried is treacherously slain by Hagen.[8]
Die hf'sche Zucht erwies da Siegfried daran: Den Schild legt' er nieder, wo der Brunnen rann; Wie sehr ihn auch drstete, der Held nicht eher trank, Bis der Knig getrunken; dafr gewann er beln Dank.
Der Brunnen war lauter, khl und auch gut, 5 Da neigte sich Gunter hernieder zu der Flut. Als er getrunken hatte, erhob er sich hindann; Also htt' auch gerne der khne Siegfried getan.
Da entgalt er seiner hf'schen Zucht; den Bogen und das Schwert Trug beiseite Hagen von dem Degen wert, 10 Dann sprang er zurcke, wo er den Wurfspiess fand, Und sah nach einem Zeichen an des Khnen Gewand.
Als der edle Siegfried aus dem Brunnen trank, Er schoss ihm durch das Kreuze,[9] dass aus der Wunde sprang Das Blut von seinem Herzen hoch an Hagens Gewand; 15 Kein Held begeht wohl wieder solche Untat nach der Hand.
Den Gerschaft im Herzen liess er ihm stecken tief. Wie im Fliehen Hagen da so grimmig lief, So lief er wohl auf Erden nie vor einem Mann! Als da Siegfried Kunde der schweren Wunde gewann, 20
Der Degen mit Toben von dem Brunnen sprang; Ihm ragte von der Achsel eine Gerstange lang. Nun whnt' er da zu finden Bogen oder Schwert, Gewiss, so htt' er Hagnen den verdienten Lohn gewhrt.
Als der Todwunde da sein Schwert nicht fand, 25 Da blieb ihm nichts weiter als der Schildesrand, Den rafft' er von dem Brunnen und rannte Hagen an; Da konnt' ihm nicht entrinnen Knig Gunters Untertan.
Wie wund er war zum Tode, so krftig doch er schlug, Dass von dem Schilde nieder wirbelte genug 30 Des edeln Gesteines; der Schild zerbrach auch fast, So gern gerochen htte sich der herrliche Gast.
Da musste Hagen fallen von seiner Hand zu Tal, Der Anger von den Schlgen erscholl im Wiederhall. Htt' er sein Schwert in Hnden, so wr' es Hagens Tod. 35 Sehr zrnte der Wunde, es zwang ihn wahrhafte Not.
Seine Farbe war erblichen, er konnte nicht mehr stehn, Seines Leibes Strke musste ganz zergehn, Da er des Todes Zeichen in lichter Farbe trug; Er ward hernach betrauert von schnen Frauen genug. 40
Da fiel in die Blumen der Kriemhilde Mann, Das Blut von seiner Wunde stromweis nieder rann; Da begann er die zu schelten, ihn zwang die grosse Not, Die da geraten hatten mit Untreue seinen Tod.
Da sprach der Todwunde: "Weh, ihr bsen Zagen, 45 Was helfen meine Dienste, da ihr mich habt erschlagen? Ich war euch stets gewogen, und sterbe nun daran; Ihr habt an euren Freunden leider bel getan.
Die sind davon bescholten, so viele noch geborn Werden nach diesem Tage. Ihr habt euern Zorn 50 Allzusehr gerochen an dem Leben mein; Mit Schanden geschieden sollt ihr von guten Recken sein."
Hinliefen all die Ritter, wo er erschlagen lag, Es war ihrer vielen ein freudeloser Tag. Wer Treue kannt' und Ehre, der hat ihn beklagt; 55 Das verdient' auch wohl um alle dieser Degen unverzagt.
Der Knig der Burgunden klagt' auch seinen Tod. Da sprach der Todwunde: "Das tut nimmer Not, Dass der um Schaden weine, von dem man ihn gewann; Er verdient gross Schelten, er htt' es besser nicht getan." 60
Da sprach der grimme Hagen: "Ich weiss nicht, was euch reut; Nun hat doch gar ein Ende, was uns je gedrut. Es gibt nun nicht manchen, der uns darf bestehn; Wohl mir, dass seiner Herrschaft durch mich ein End' ist geschehn."
"Ihr mgt Euch leichtlich rhmen," sprach der von Niederland; 65 "Htt' ich die mrderische Weis' an Euch erkannt, Vor Euch behtet htt' ich Leben wohl und Leib. Mich dauert nichts auf Erden als Frau Kriemhild, mein Weib.
Nun mg' es Gott erbarmen, dass ich gewann den Sohn, Der jetzt auf alle Zeiten den Vorwurf hat davon, 70 Dass seine Freunde jemand meuchlerisch erschlagen; Htt' ich Zeit und Weile, das msst' ich billig beklagen."
"Wohl nimmer hat begangen so grossen Mord ein Mann," Sprach er zu dem Knig, "als Ihr an mir getan; Ich erhielt Euch unbescholten in grosser Angst und Not; 75 Ihr habt mir schlimm vergolten, dass ich so wohl es Euch bot."
Da sprach in Jammer weiter der todwunde Held: "Wollt ihr, edler Knig, noch auf dieser Welt An jemand Treue pflegen, so lasst befohlen sein Doch auf Eure Gnade Euch die liebe Traute mein. 80
Es komm' ihr zu Gute, dass sie Eure Schwester ist; Bei aller Frsten Tugend helft ihr zu jeder Frist. Mein mgen lange harren mein Vater und mein Lehn; Nie ist an liebem Freunde einem Weib so leid geschehn."
Er krmmte sich in Schmerzen, wie ihm die Not gebot, 85 Und sprach aus jammerndem Herzen: "Mein mordlicher Tod Mag euch noch gereuen in der Zukunft Tagen; Glaubt mir in rechten Treuen, ihr euch selber habt erschlagen."
Die Blumen allenthalben waren vom Blute nass. Da rang er mit dem Tode, nicht lange tat er das, 90 Denn des Todes Waffe schnitt ihn allzusehr. Da konnte nicht mehr reden dieser Degen khn und hehr.
[Notes: 8: The two queens have quarreled, and Hagen, as the faithful liegeman of Brunhild, seeks the life of Siegfried, who is invulnerable except in one spot on his back. At the end of a day's hunt in the Odenwald (across the Rhine from Worms) the thirsty Siegfried races with Gunter and Hagen to a spring. 9: The silken cross which the unsuspecting Kriemhild has sewn upon her husband's corselet, in order that Hagen may protect him from the spears of the enemy.]
From Adventure 39: The end of the Nibelungs.[10]
Den Schild liess er fallen, seine Strke, die war gross; Hagnen von Tronje mit den Armen er umschloss. So ward von ihm bezwungen dieser khne Mann; Gunter der edle darob zu trauern begann.
Hagnen band da Dietrich und fhrt' ihn, wo er fand 5 Kriemhild die edle, und gab in ihre Hand Den allerkhnsten Recken, der je Gewaffen trug; Nach ihrem starken Leide ward sie da frhlich genug.
Da neigte sich dem Degen vor Freuden Etzels Weib: "Nun sei dir immer selig das Herz und auch der Leib; 10 Du hast mich wohl entschdigt aller meiner Not, Ich will dir's immer danken, es verwehr' es denn der Tod."
Da sprach der edle Dietrich: "Nun lasst ihn am Leben, Edle Knigstochter; es mag sich wohl begeben, Dass Euch sein Dienst vergtet das Leid, das er Euch tat. 15 Er soll es nicht entgelten, dass Ihr ihn gebunden saht."
Da liess sie Hagnen fhren in ein Haftgemach, Wo niemand ihn erschaute, und er verschlossen lag. Gunter der edle hub da zu rufen an: "Wo blieb der Held von Berne? Er hat mir Leides getan." 20
Da ging ihm hin entgegen von Bern Herr Dieterich. Gunters Krfte waren stark und ritterlich; Da sumt' er sich nicht lnger, er rannte vor den Saal. Von ihrer beider Schwertern erhob sich mchtiger Schall.
So grossen Ruhm erstritten Dietrich seit alter Zeit, 25 In seinem Zorne tobte Gunter so im Streit, Er war nach seinem Leide von Herzen feind dem Mann; Ein Wunder musst' es heissen, dass da Herr Dietrich entrann.
Sie waren alle beide so stark und mutesvoll, Dass von ihren Schlgen Palast und Turm erscholl, 30 Als sie mit Schwertern hieben auf die Helme gut. Da zeigte Knig Gunter einen herrlichen Mut.
Doch zwang ihn der von Berne, wie Hagnen war geschehn, Man mochte durch den Panzer das Blut ihm fliessen sehn Von einem scharfen Schwerte, das trug Herr Dieterich; 35 Doch hatte sich Herr Gunter gewehrt, der mde, ritterlich.
Der Knig ward gebunden von Dietrichens Hand, Wie nimmer Kn'ge sollten leiden solch ein Band. Er dachte, liess er ledig Guntern und seinen Mann, Wem sie begegnen mchten, die mssten all den Tod empfahn. 40
Dietrich von Berne nahm ihn bei der Hand, Er fhrt' ihn hin gebunden, wo er Kriemhilden fand. Ihr war mit seinem Leide des Kummers viel benommen. Sie sprach: "Knig Gunter, nun seid mir hchlich willkommen."
Er sprach: "Ich msst' Euch danken, vieledle Schwester mein, 45 Wenn Euer Gruss in Gnaden geschehen knnte sein; Ich weiss Euch aber, Knigin, so zornig von Mut, Dass Ihr mir und Hagen solchen Gruss im Spotte tut."
Da sprach der Held von Berne: "Knigstochter hehr, So gute Helden sah man als Geisel nimmermehr, 50 Als ich, edle Knigin, bracht' in Eure Hut; Nun komme meine Freundschaft den Heimatlosen zu Gut."
Sie sprach, sie tt' es gerne. Da ging Herr Dieterich Mit weinenden Augen von den Helden tugendlich. Da rchte sich entsetzlich Knig Etzels Weib: 55 Den auserwhlten Degen nahm sie Leben und Leib.
Sie liess sie gesondert in Gefngnis legen, Dass sich nie im Leben wiedersahn die Degen, Bis sie ihres Bruders Haupt hin vor Hagen trug. Kriemhildens Rache ward an beiden grimm genug. 60
Hin ging die Knigstochter, wo sie Hagen sah. Wie feindselig sprach sie zu dem Recken da: "Wollt Ihr mir wiedergeben was Ihr mir habt genommen, So mgt Ihr wohl noch lebend heim zu den Burgunden kommen."
Da sprach der grimme Hagen: "Die Red' ist gar verloren, 65 Vieledle Knigstochter. Den Eid hab' ich geschworen, Dass ich den Hort nicht zeige; so lange noch am Leben Blieb' einer meiner Herren, wird er niemand gegeben."
"Ich bring' es zu Ende," sprach das edle Weib. Dem Bruder nehmen liess sie Leben da und Leib. 70 Man schlug das Haupt ihm nieder, bei den Haaren sie es trug Vor den Held von Tronje; da gewann er Leids genug.
Als der Unmutvolle seines Herrn Haupt ersah, Wider Kriemhilden sprach der Recke da: "Du hast's nach deinem Willen zu Ende nun gebracht, 75 Es ist auch so ergangen, wie ich mir hatte gedacht.
Nun ist von Burgunden der edle Knig tot, Geiselher der junge, dazu Herr Gernot. Den Hort weiss nun niemand als Gott und ich allein; Der soll dir Teufelsweibe immer wohl verhohlen sein." 80
Sie sprach: "So habt Ihr ble Vergeltung mir gewhrt; So will ich doch behalten Siegfriedens Schwert. Das trug mein holder Friedel, als ich zuletzt ihn sah, An dem mir Herzensjammer vor allem Leide geschah."
Sie zog es aus der Scheide, er konnt' es nicht wehren, 85 Da dachte sie dem Recken, das Leben zu versehren. Sie schwang es mit den Hnden, das Haupt schlug sie ihm ab; Das sah der Knig Etzel, dem es grossen Kummer gab.
"Weh!" rief der Knig: "wie ist hier gefllt Von eines Weibes Hnden der allerbeste Held, 90 Der je im Kampf gefochten und seinen Schildrand trug! So feind ich ihm gewesen bin, mir ist leid um ihn genug."
Da sprach Meister Hildebrand: "Es kommt ihr nicht zu Gut, Dass sie ihn schlagen durfte; was man halt mir tut, Ob er mich selber brachte in Angst und grosse Not, 95 Jedennoch will ich rchen dieses khnen Tronjers Tod."
Hildebrand im Zorne zu Kriemhilden sprang, Er schlug der Knigstochter einen Schwertesschwang. Wohl schmerzten solche Dienste von dem Degen sie; Was konnt' es aber helfen, dass sie so ngstlich schrie? 100
Die da sterben sollten, die lagen all umher, Zu Stcken lag verhauen die Knigstochter hehr. Dietrich und Etzel huben zu weinen an Und jmmerlich zu klagen manchen Freund und Untertan.
Da war der Helden Herrlichkeit hingelegt im Tod; 105 Die Leute hatten alle Jammer und Not. Mit Leid war beendet des Knigs Lustbarkeit, Wie immer Leid die Freude am letzten Ende verleiht.
Ich kann euch nicht bescheiden, was seither geschah, Als dass man immer weinen Christen und Heiden sah, 110 Die Ritter und die Frauen und manche schne Maid; Sie hatten um die Freunde das allergrsseste Leid.
Ich sag' euch nicht weiter von der grossen Not. Die da erschlagen waren, die lasst liegen tot. Wie es auch im Heunland hernach dem Volk geriet, 115 Hier hat die Mr' ein Ende. Das ist DAS NIBELUNGENLIED.
[Notes: 10: The widowed Kriemhild has married Etzel and lived several years at the Hunnish court, always nursing plans of vengeance against Hagen, who has not only killed her husband but robbed her of her Nibelungen hoard. At last she invites her brothers to visit her. In the fierce fights that take place at Kriemhild's instigation all the Burgundians have fallen except Gunter and Hagen. The death of his liegemen at the hands of the Burgundians constrains the mighty Dietrich of Bern to interfere.]
XIX. GUDRUN
A ballad epic of the Lowlands, in which ancient viking tales of bride-stealing and sea-fighting have been worked over under the influence of Christianity and chivalry. Although the only extant manuscript dates from the early years of the 16th century, the poem was probably composed about 1200,—not long after the Nibelungenlied, the style of which it to some extent imitates. There are in all 1705 four-line strophes. The strophe is like that of the Nibelungenlied save that the rimes bb are feminine, and the final half-line has five accents. This last feature gives to the verse a dragging effect which is unpleasant to the modern ear.
The locus of the poem is the coast of the North Sea from Jutland to Normandy. The story consists of a Hilde-saga and a Gudrun-saga, the whole being preceded by an introductory account of Hilde's lineage. She is the daughter of 'wild Hagen,' King of Ireland, and is abducted, not much against her will, by envoys of Hetel, King of the Hegelings. Gudrun is the daughter of Hetel and Hilde. She betroths herself to Herwig of Seeland, but is violently abducted, during the absence of her father's fighting men, by Hartmut of Normandy. The Hegelings pursue, and a great fight takes place on the Wlpensand (near the mouth of the Scheldt). King Hetel and many of his men are killed, and the Normans sneak away in the night with the captured women. For fourteen years (while a new generation of Hegelings is growing up) Gudrun lives as exile in Normandy, faithful to her absent lover Herwig, and cruelly treated by the fiendish mother of Hartmut because she refuses to take the Norman for a husband. Then come rescue and revenge.
There are several translations, the most popular being, again, that of Simrock. To illustrate the meter the first of the selections below is given in Simrock's rendering; the others are in the smoother translation of Lschhorn, who ruthlessly amputates the two extra feet in the last half-line.
From Adventure 6: Horand the Dane, one of Hetel's envoys, does some wonderful singing, which captivates the princess Hilde.
Als die Nacht ein Ende nahm und es begann zu tagen, Horand hub an zu singen, dass ringsum in den Hagen Alle Vgel schwiegen vor seinem sssen Sange. Die Leute, die da schliefen, lagen in den Betten nicht mehr lange.
Sein Lied erklang ihm schner und lauter immerdar, 5 Herr Hagen hrt' es selber, der bei Frau Hilde war. Aus der Kemenate mussten sie zur Zinne, Der Gast war wohl beraten; die junge Knigin ward des Sanges inne.
Des wilden Hagen Tochter und ihre Mgdelein Sassen da und lauschten, wie selbst die Vgelein 10 Auf dem Knigshofe vergassen ihr Getne; Wohl hrten auch die Helden, wie der von Dnenlanden sang so schne.
Als er schon das dritte Lied zu Ende sang, Allen, die es hrten, whrt' es nicht zu lang. Es duchte sie in Wahrheit nur spannenlange Weile, 15 Wenn er immer snge, whrend einer ritte tausend Meilen.
Als er gesungen hatte und von der Stelle ging, Die Knigstochter morgens wohl nie so froh empfing, Die ihr die Kleider brachten, die sie sollte tragen. Das edle Mgdlein schickte sie alsbald nach ihrem Vater Hagen. 20
Der Knig ging zur Stelle, wo er die Tochter fand. In traulicher Weise war da des Mgdleins Hand An ihres Vaters Kinne; sie wusst' in ihn zu dringen. Sie sprach: "Liebes Vterlein, heiss ihn uns noch neue Lieder singen."
Er sprach: "Liebe Tochter, wenn er zur Abendstund' 25 Dir immer singen wollte, ich gb' ihm tausend Pfund. Doch sind so hochfhrtig des fremden Landes Shne, Dass uns hier am Hofe nicht so leicht erklingen seine Tne."
Was sie bitten mochte, der Knig blieb nicht mehr. Nun fliss sich wieder Horand, dass er nie vorher 30 So wundersam gesungen; die Siechen und Gesunden Konnten nicht vom Platze, wo sie da wie angewurzelt stunden.
Die Tier' im Walde liessen ihre Weide stehn; Die Wrme, die da sollten in dem Grase gehn, Die Fische, die da sollten in dem Wasser fliessen, 35 Verliessen ihre Fhrte; wohl durft' ihn seiner Knste nicht verdriessen.
Was er da singen mochte, das duchte niemand lang, Verleidet in den Chren war aller Pfaffen Sang. Auch die Glocken klangen nicht mehr so wohl als eh'; Allen, die ihn hrten, war nach Horanden weh. 40
Da liess ihn zu sich bringen das schne Mgdelein; Ohn' ihres Vaters Wissen, gar heimlich sollt' es sein. So blieb es ihrer Mutter, Frau Hilden, auch verhohlen, Dass der Held so heimlich sich zu ihrem Kmmerlein gestohlen.
From Adventure 15: The abduction of Gudrun by the Normans.
Ludwig und Hartmut drangen in das hohe Tor, Viel todeswunde Streiter liessen sie davor. Eine edle Jungfrau zu weinen drob begann; Viel Schaden ward von Feinden in Hetels Burg getan.
Von Ormanie der Knig gewann da frohen Mut. Seine Zeichen trugen er und die Helden gut 5 Bis an den Saal der Feste. Da liess man von den Zinnen Die lichten Fahnen flattern; Weh traf die Kniginnen.
Hartmut, der schnelle Degen, zur schnen Kudrun geht. Er spricht: "Edle Jungfrau, Ihr habt mich stets verschmht; 10 Drum werden wir's verschmhen, ich und die Freunde mein, Dass wir Gefangene machen. Man hngt sie, gross und klein."
Nichts mehr gab sie zur Antwort als: "Wehe, Vater mein! Knntest du es wissen, dass man die Tochter dein Gewaltsam wagt zu fhren hinweg aus deinem Lande, 15 Du spartest der Verlass'nen den Schaden und die Schande."
Gern wsst' ich, was wre den Fremden wohl geschehn, Wenn der grimme Wate htte zugesehn, Wie Hartmut der khne durch den Saal geschritten kam, Und mit ihm Knig Ludwig Kudrun gefangen nahm. 20
Wate und auch Hetel htten es ihm verwehrt Und manchen Helm zerhauen mit ihrem guten Schwert, Wr's ihnen nur verraten! Man she nimmermehr Gefhrt die schne Kudrun gefangen bers Meer.
Es standen alle Leute in trbem Sinn und Mut; 25 Nicht anders wr' es heute. Man nahm da Hab' und Gut Mit Raub den armen Brgern und trug es fort zugleich. Glaubt mir, es wurde jeder von Hartmuts Recken reich.
Als sie genommen hatten Schtze und Gewand, Fhrte man Frau Hilde hinaus an ihrer Hand. 30 Gern htte auf die Zinnen man roten Brand gesetzt; Dass einst die Rache folgte, wer dachte daran jetzt?
Hartmut befahl, es bleibe die Feste unversehrt. Schnell das Land zu rumen hat der Frst begehrt, Eh' man die ble Kunde htt' Hetel berbracht, 35 Der noch in Waleis kmpfte mit stolzer Heeresmacht.
"Auch sollt ihr Raub nicht nehmen," sprach der Held Hartmut, "Sind wir daheim, so zahl' ich mit meines Vaters Gut. Auch fahren wir um so leichter ber die weite See." Ludwigs grimmes Wten tat Kudruns Herzen weh. 40
Die Burg, die war gebrochen; die Stadt, die war verbrannt. Da hatte man gefangen die besten, die man fand; Zweiundzwanzig Frauen, minnigliche Maide, Fhrten sie von dannen zu Hildes Herzeleide.
Wie traurig stand im Saale die edle Knigin! 45 Sie schritt betrbten Herzens zu einem Fenster hin, Zu grssen die Gefangenen mit einem letzten Blick; Es blieb manch edle Fraue klagend bei ihr zurck.
From Adventure 17: The battle on the Wlpensand.
Es war ein breiter Werder, der Wlpensand genannt, Da hatten Ludwigs Recken aus Normannenland Fr sich und ihre Rosse geschafft willkommne Rast. Wie bald bedrngt' die Frohen der grimmen Sorge Last!
Man fhrte aus den Schiffen auf den den Strand 5 Die minniglichen Mdchen aus Hegelingenland. Wie sie das Herz es lehrte, so klagten da die Frauen Und liessen ihre Trnen die Feinde reichlich schauen.
Da sah der Schiffer einer auf den Wogen nahn Ein Schiff mit vollen Segeln; dem Knig sagt' er's an. 10 Und als sie es erblickten, rief Hartmut und die Seinen: "Pilger sind es. Sehet das Kreuz im Segel scheinen!"
Bald erschaute jeder drei Kiele fest und gut, Dabei neun volle Kocken; die fhrten durch die Flut Manchen, der noch nimmer zu Gottes Ruhm und Ehr' 15 Ein Kreuz getragen hatte![1] Der Normann griff zur Wehr.
Bald waren sie so nahe, dass man die Helme sah Auf dem Verdecke glnzen. Viel Not erhob sich da Und mancher arge Schaden fr Ludwig und sein Heer. "Auf!" rief Hartmut, "uns suchen die Feinde ber Meer." 20
Nicht trge waren die Fremden, nah kamen sie dem Land, Dass man schon knarren hrte die Ruder an dem Strand. Dort standen zum Empfange in hellem Waffenkleid Die Alten und die Jungen am Ufer schon bereit.
Laut rief der Knig Ludwig, den Seinen zugewandt: 25 "Ein Kinderspiel nur war es, was je im Kampf ich fand! Heut gilt's zum ersten Male mit guten Helden Streit. Wer meiner Fahne folget, dem lohn' ich's alle Zeit."
Hartmuts Feldzeichen trug man auf den Sand. So nah schon waren die Schiffe, dass man mit der Hand 30 Die Speere konnte stossen zum Bord vom Ufer wild; Nur wenig Musse gnnte Herr Wate seinem Schild.
So grimmig ward verteidigt niemals zuvor ein Land. Die Hegelingenrecken drangen an den Strand, Sie schwangen ohn' Ermden die Speere und das Schwert, 35 Sie tauschten scharfe Hiebe,— die keiner doch begehrt.
Da galt es Speere werfen! Es dauerte gar lang, Bis sie das Land gewannen. Der alte Wate sprang Voll Ingrimm auf die Feinde und griff sie hurtig an; Was er im Sinne hatte, bald ward es kund getan. 40
Es drang der Knig Ludwig auf Waten ein voll Wut. Mit einem scharfen Speere traf er den Recken gut, So dass die Stcke sprangen hoch auf in alle Winde. Stark war der Knig Ludwig. Da kam das Ingesinde.
Auf den Helm des Knigs das Schwert Herr Wate schwang, 45 Dass die scharfe Schneide bis auf das Haupt ihm drang. Trg' er nicht unter der Brnne ein dichtes Hemd, geschnitten Aus Abalier Seide, den Tod htt' er erlitten.
Wider den Degen Irolt der khne Hartmut sprang. Ihrer beider Waffe auf dem Helm erklang, 50 Es hallte das Schwertgetse weit ber die Schar dahin. Wacker hielt sich Irolt, Hartmut war stark und khn.
Herwig von Sewen, ein Held berhmt und gut, Verfehlt' im Sprung' das Ufer; so sprang er in die Flut, Dass er bis an die Achsel tief in dem Wasser stand, 55 Ein harter Dienst um Minne ward Herwig da bekannt.
Den edlen Recken wollten ertrnken in der Flut Seine grimmen Feinde. Viele Schfte gut Mussten an ihm splittern, er eilte auf den Sand Entgegen seinen Feinden; nicht ruhte seine Hand. 60
Grssere Kampfesmhe ward niemals Helden kund. Nie hat man so viel Recken gedrngt zum tiefen Grund. Die ohne Wunden starben, versenkt ins wilde Meer, Ihrer war von beiden Seiten ein ganzes Kriegesheer.
Als sie den Strand gewannen, sah man die Wasserflut 65 Aus tiefen Todeswunden gefrbt ringsum wie Blut. Aus Freunden und aus Feinden ein purpurroter Fluss, So breit—sein End' erreichte nicht eines Speeres Schuss.
[Notes: 1: Hetel and his men have taken possession of some ships belonging to a party of pilgrims. A Kocke was a wide, blunt-pointed convoy.]
From Adventure 21: The hard fate of Gudrun in Normandy.
Da bot man Hetels Tochter Burgen an und Land. Weil keines sie begehrte, musste sie Gewand Alle Tage waschen vom Morgen bis zur Nacht. Drum sah man spter Ludwig sieglos vor Herwigs Macht.
Es ging der Degen Hartmut, wo er die Seinen fand, 5 Er befahl in ihre Obhut die Leute und das Land, Dann zog er in die Ferne. Er dacht' in Sorgen schwer: "Mich drngen viele Feinde; drum setz' ich mich zur Wehr."
Da sprach mit Wolfessinne die bse Frau Gerlind: "Nun will ich, dass mir diene der stolzen Hilde Kind. 10 Weil sie in ihrer Bosheit sich dnkt so gut und treu, Soll sie als Magd mir dienen; leicht wr' vom Schmach sie frei."
Darauf die edle Jungfrau: "Was ich leisten kann, Das sei mit diesen Hnden frh und spt getan; Mit Fleiss und gutem Willen tu' ich es immerdar, 15 Da mich mein herbes Schicksal schuf aller Freude bar."
Da sprach die bse Gerlind: "Du sollst mein Gewand Jeden Morgen tragen nieder an den Strand; Du sollst die Kleider waschen mir und dem Ingesinde. Und hte dich, du Stolze, dass man dich mssig finde." 20
Darauf die edle Jungfrau: "Fraue, hrt mich an! Nun lasst mich unterweisen, dass ich lernen kann, Wie ich die Kleider wasche unten an dem Meer. Ich mag nicht Freude haben, ja, qult mich nur noch mehr!"
Da hiess sie eine Wscherin nieder an den Strand, 25 Dass sie es Kudrun lehrte, tragen das Gewand. Die Frstentochter diente in harter Pein und Not; Niemand konnt' es wehren; es war Gerlinds Gebot.
From Adventure 28: The Hegelings take revenge; King Ludwig's end.
Laut rief der edle Herwig: "Wer ist der Alte da? Von seinen starken Hnden schon vieles Leid geschah. Er schlgt so tiefe Wunden mit seiner grossen Kraft, Dass er daheim den Frauen viel Not und Wehe schafft."
Das hrte Knig Ludwig, der Held von Normandie. 5 "Wer ist's, der im Getmmel dort so gewaltig schrie? Ich heisse Knig Ludwig und Normandie mein Reich. Wer mich zum Kampfe fordert, dem achte ich mich gleich."
Er sprach: "Ich heisse Herwig, und du stahlst mir mein Weib. Das sollst du wieder geben, oder tot liegt hier ein Leib— 10 Der meine oder deine— und dazu mancher Held." Herr Ludwig drauf: "Mit Drohen hast du dich mir gestellt.
Doch sprachst du deine Beichte wahrhaftig ohne Not. Ich schlug schon manchem andern die Anverwandten tot Und nahm ihm seine Habe. Du, prahle nicht so sehr; 15 Die Gattin, die du forderst, kssest du nimmermehr."
Kaum war das Wort gesprochen, da sprengten sie heran, Beide aneinander. Mancher khne Mann Sprang an des Herren Seite aus des Getmmels Drang; Es musste heiss sich mhen, wer da den Sieg errang. 20
Wohl war Herr Herwig wacker und seiner Strke froh, Doch schlug Herrn Hartmuts Vater den jungen Knig so, Dass er begann zu sinken vor Ludwigs rauher Hand; Gern htt' er ihn auf ewig getrennt vom Vaterland.
Wre nicht so nah gewesen Herrn Herwigs gutes Heer, 25 Das vor dem Feind ihn schtzte, er wre nimmermehr Von Ludwig geschieden anders als im Tod; Den jungen Herren brachte der Held in grosse Not.
Sie halfen, dass das Fechten kein bses Ende nahm. Als er von seinem Falle nun wieder zu sich kam, 30 Da hat nach einer Zinne[2] er schnell emporgeschaut, Ob er darin erblickte wohl seines Herzens Traut.
Er dacht' in seinem Herzen: "Ach, wie ist mir geschehn! Wenn meine Herrin Kudrun hat meinen Fall gesehn, Und wenn ich einst zum Weibe die Knigin gewinne, 35 So wird sie mich drum schelten und weigern mir die Minne.
Dass mich der greise Recke hier hat zu Fall gebracht, Muss billig mich beschmen." Da hiess zu neuer Schlacht Er seine Zeichen tragen dahin, wo Ludwig stand; Nach drngten seine Helden mit Speer und Schildesrand. 40
In Ludwigs Rcken tobte der Hegelinge Heer; Er kehrte sich zum Feinde und setzte sich zur Wehr. Da rasselten die Hiebe, da krachte mancher Schaft; Die in der Nhe standen, erprobten Ludwigs Kraft.
Es traf Kudruns Geliebter unterm Helm und berm Rand 45 Den alten Knig Ludwig mit heldenstarker Hand. Er schlug ihm eine Wunde, dass man nicht lnger stritt; Da war's, wo Knig Ludwig den grimmen Tod erlitt.
[Notes: 2: The fight takes place before the Norman castle.]
From Adventure 29: The fate of Queen Gerlinde.
Da trat dahin auch eilend die bse Frau Gerlind; Demtig fiel zu Fssen sie Hildes schnem Kind. "Nun schtze uns, o Herrin, vor Wate," war ihr Flehn; "Denn du nur kannst es wenden, sonst ist's um uns geschehn."
"Dass Ihr um Gnade bittet, erhabene Knigin, 5 Das hre ich nicht ungern; doch steht nicht so mein Sinn. Wann durfte ich Euch bitten? Wann winktet Ihr Gewhr? Ihr waret mir nie gndig. Drum trifft mein Zorn Euch schwer."
Als nun der alte Wate Herrn Ludwigs Knigin sah, Wie knirscht' er mit den Zhnen! Nher trat er da, 10 Ihm funkelten die Augen, sein Bart war ellenbreit, Vor dem von Strmen bebte im Saale Mann und Maid.
Er fasste ihre Hnde und zog zur Tr sie hin, Da hub sie an zu jammern, die arge Knigin. Er sprach in blindem Zorne: "Frstin stolz und hehr! 15 Fr Euch wscht meine Herrin die Kleider nimmermehr."
Als er hinaus die Frstin zog aus dem Gemach, Da schaute manches Auge ihm voller Neugier nach. Er fasste ihre Haare, wer hatt' ihm das erlaubt? Sein Zrnen war gewaltig, er schlug ihr ab das Haupt. 20
XX. THE EARLIER MINNESINGERS
'Early' means, roughly, from 1150 to 1190. The lyric poets of this period were for the most part Austrian and Bavarian knights who lived remote from the French border and were little influenced by the now well-developed art of the troubadours and trouvres. They got their impulse rather from the simple love-messages and dance-songs which had long been current in Latin, probably also in artless German verses. These trifles were now translated, so to speak, into the terms of chivalrous sentiment. The art of the minnesingers culminated in the fascinating songs of Walter von der Vogelweide, and then, as their numbers increased, it gradually degenerated toward conventional inanity.
Of the selections below, the first five are by unknown authors. No. 1 is preserved in a girl's Latin letter to her lover; see Des Minnesangs Frhling, by Lachmann and Haupt, page 221. No. 2 is found at the end of a Latin poem; see Vogt and Koch's Geschichte der deutschen Literatur, 2nd edition, page 87. The translations of Nos. 6, 8, and 9 are also from Vogt and Koch; the others are those of Kinzel as found in Btticher and Kinzel's Denkmler.
1
Mein.
Du bist mein, ich bin dein: Des sollst du gewiss sein. Du bist beschlossen In meinem Herzen. Verloren ist das Schlsselein, Du sollst immer drinnen sein.
2
Tanzlust des Mdchens.
Alles Trauern werf' ich hin, Auf die Heide steht mein Sinn; Kommt, ihr Trautgespielen mein, Dort zu sehn der Blumen Schein. Ich sage dir, ich sage dir, Meine Freundin, komm mit mir.
Minne sss, Minne rein, Mache mir ein Krnzelein: Tragen soll's ein stolzer Mann, Der wohl Frauen dienen kann. Ich sage dir, ich sage dir, Meine Freundin, komm mit mir.
3
Frhlingswonne.
Noch keinen Sommer sah ich je, Der so lieblich deuchte mich. Mit wie viel schnen Blumen hat Die Heide heut gezieret sich! Der Wald ist eitel Sanges voll, Die Zeit, die tut den kleinen Vgeln wohl.
4
Gruss.
Der aller Welten Meister ist, Der geb' der Lieben guten Tag, Von der ich wohl getrstet bin. Sie hat mir all mein Ungemach Durch ihre Freundlichkeit genommen, Hat mich vor Untreu wohl bewahrt: In ihre Gunst bin ich gekommen.
5
Zum Reihen!
Lasst springen den Reihen Uns, Fraue mein, Uns freuen des Maien, Uns kommet sein Schein. Der vordem der Heide Bracht' schmerzliche Not, Der Schnee ist zergangen, Und sie ist umfangen Von Blumen so rot.
6
Herr von Krenberg: Der Falke.
Ich zog mir einen Falken lnger denn ein Jahr. Da er nach meinem Wunsche nun gezhmet war, Und ich ihm sein Gefieder mit Golde schn umwand, Hoch stieg er in die Lfte und flog dahin in fremdes Land.
Und nun hab' ich ihn wieder in stolzem Flug erblickt, Es hlt die seidne Fessel ihm noch den Fuss umstrickt, Ganz rot ihm das Gefieder vom goldnen Schmucke scheint: Gott sende die zusammen, die in Liebe wren gern vereint!
7
Dietmar von Eist: Erinnerung.
Oben auf der Linde Ein kleiner Vogel lieblich sang, Vor dem Wald es hell erklang. Da flog mein Herz geschwinde An einen wohlbekannten Ort; Viel Rosenblumen sah ich stehn. Die mahnen die Gedanken mein Dass sie zu einer Jungfrau gehn.
8
Dietmar von Eist: Der Falke.
Es stand eine Frau alleine Und blickte ber die Heide, Blickt' aus nach ihrem Lieben. Einen Falken sah sie fliegen: "Wie glcklich, Falke, du doch bist! Du fliegst, wohin dir's lieb ist. Du erwhlest in dem Walde Einen Baum dir nach Gefallen.
Also hab' auch ich getan: Ich selbst erwhlte mir den Mann, Der wohlgefiel den Augen; Das neiden andre Frauen. Ach, liessen sie mir doch mein Lieb, Da mich zu ihren Trauten nie Verlangen trieb!"
9
Dietmar von Eist: Tagelied.
"Schlfst du, holder Liebling du? Man weckt uns, ach, nach kurzer Ruh': Schon hrt' ich, wie mit schnem Sang Ein Vglein auf der Linde Zweig sich schwang."
"Von Schlafes Hlle sanft bedeckt, Werd' ich durch dein 'Wach auf!' geschreckt: So folgt auf Liebes stets das Leid; Doch, was du auch befiehlst, ich bin bereit."
Aus ihrem ug' die Trne rann: "Du gehst, verlassen bin ich dann. Wann kehrst du wieder her zu mir? Ach, meine Freude fhrst du fort mit dir."
10
Heinrich von Veldeke: Vogelsang.
So in den Aprillen Die Blumen entspringen, Sich lauben die Linden Und grnen die Buchen, So mgen nach Willen Die Vgelein singen. Denn Minne sie finden, Allda sie sie suchen, Bei ihrem Genoss. Ihr Frohsinn ist gross; Des nie mich verdross. Denn sie schwiegen all den Winter stille.
Da sie an dem Reise Die Blumen sahn prangen Und Bltter entspringen, Da hrte man schne Oft wechselnde Weise, Wie vordem sie sangen. Sie hoben ihr Singen Mit lautem Getne Niedrig und hoch. Mein Sinn steht also: Bin heiter und froh. Recht ist's, dass ich laut mein Glck preise.
11
Reinmar der Alte: Glcksverkndigung.
Froh bin ich der Mre, Die ich hab' vernommen, Dass des Winters Schwere Will zu Ende kommen. Kaum erwart' ich noch die Zeit, Denn ich hatte nichts als Leid, Seit die Welt rings war verschneit.
Hassen wird mich keiner, Wenn ich frhlich bin; Weiss Gott! tt' es einer, Wr's verkehrter Sinn. Niemand ich ja schaden kann. Wenn sie Gutes mir tut an, Was geht's einen andern an?
Sollt' ich meine Liebe Bergen und verhehln, Msst' ich ja zum Diebe Werden und gar stehln. Nein, das kommt mir nicht zu Sinn, Weil ich gar zu frhlich bin, Geh' ich hier, geh' dort ich hin.
Spielt sie mit dem Balle, In der Mgdlein Chor: Dass sie nur nicht falle, Da sei Gott davor! Mdchen, lasst eu'r Drngen sein! Stosset ihr mein Mgdelein, Halb dann ist der Schade mein.
12
Friedrich von Hausen: Zwiespalt.
Es will mein Herze und mein Leib sich scheiden; So lange waren innig sie gesellt! Mein Leib will einzig kmpfen mit den Heiden, Doch hat mein Herz ein andres sich erwhlt Vor aller Welt. Wie qult es mich so sehr, Dass Herz und Leib sich nicht mehr folgen beide! Viel taten meine Augen mir zu Leide. Entscheiden kann den Streit allein der Herr.
Von solchen Nten glaubt' ich mich errettet, Da ich das Kreuz annahm zur Ehr' des Herrn, Mein Herze enger nur mit mir verkettet; Doch bleibt bestndig es in weiter Fern. Welch reiches Leben sollte mir erstehn, Liess fahren nur mein Herz sein tricht Streben. Doch fragt es, merk' ich, nichts nach meinem Leben, Und wie es mir am Ende soll ergehn.
Doch, da ich, Herz, es nimmermehr kann wenden, Dass du mich traurig lsst und einsam hier, So bitt' ich Gott, dass er dich wolle senden, Dahin, wo man sich freundlich neiget dir. O weh! Wie wird sich enden doch dein Wahn! Wie durftest du entfliehen meinen Hnden? Wer soll dir deinen Kummer helfen enden So treulich, wie ich sonst es hab' getan?
13
Spervogel: Weibes Tugend.
Ob auch ein reines Weib nicht reiche Kleidung trgt, Doch kleidet ihre Tugend sie, wer's recht erwgt, Dass sie so schn geblmet geht, So wie die lichte Sonne steht An einem Tag mit vollem Glanz, Erstrahlend hell und reine.— So viel die Falsche sich mit Kleidern schmckt, Ihre Ehre bleibt doch kleine.
14
Spervogel: Priamel.[1]
Wer einen Freund will suchen, Wo er niemand traut, Und sprt des Wildes Fhrte, Wenn der Schnee schon taut, Kauft ungesehn der Ware viel, Und hlt noch aufgegebenes Spiel, Und dient nur bei geringem Mann, Wo ohne Lohn er bleibet: Den wird es einmal noch gereun, Wenn er's zu lange treibet. 10
[Notes: 1: From Latin praeambulum; a gleeman's 'prelude.']
XXI. WALTER VON DER VOGELWEIDE
The greatest of medieval lyrists. He was an Austrian, of knightly rank but poor, and was born about 1170. He led a wandering life, visiting many courts, taking a deep interest in public affairs and distinguishing himself by his matchless songs and Sprche. In 1215 Emperor Friedrich II gave him a small estate near Wrzburg. He died about 1230.
There are many translations of Walter, the best being by Simrock (1832), Panier (1878), Kleber (1894), and Eigenbrodt (1898). The translations below are from the sumptuous work of J. Nickol, Dsseldorf, 1904, which is itself eclectic and aims to give, for each poem, the best translation that could be found. No. 1 is by Pfaff, No. 2 by Simrock, 3 by Eigenbrodt, 4, 5, 6, 10 by Nickol, 7, 9, 11 by Panier, 8, 12 by Kleber.
1
Maienlust.
Wollt ihr schauen, was dem Maien Wunders ist beschert? Seht die Pfaffen, seht die Laien, Wie das alles fhrt! Gross ist sein' Gewalt: 5 Hat er Zauber sich ersonnen? Wo er kommt mit seinen Wonnen, Da ist niemand alt.
Uns soll alles wohl gelingen, Frhlich woll'n wir sein. 10 Lasst uns tanzen, lachen, singen, Doch in Zchten fein. Weh! Wer wr' nicht froh, Seit die Vglein also schne Singen ihre besten Tne? 15 Tun wir auch also!
Wohl dir, Maie, dass du leidest Weder Hass noch Streit! Wie du schn die Bume kleidest Und die Heide weit! 20 Die hat Farben viel. "Du bist kurzer, ich bin langer:" Also streiten auf dem Anger Blumen sich im Spiel.
Roter Mund, sollst dich bezhmen, 25 Lass dein Lachen sein! Ach, es kann dich nur beschmen, So zu spotten mein. Ist das wohl getan? Wehe der verlornen Stunde, 30 Soll von minniglichem Munde Unminn' ich empfahn!
Was mir alle Freude stret, Seid Ihr, Frau, allein. Ihr nur habt mich ja betret, 35 So erbarmt Euch mein. Wie steht Euch der Mut? Wollt Ihr mir zu allen Tagen Eure Gnade ganz versagen, So seid Ihr nicht gut. 40
Lasst die Sorgen von mir scheiden, Macht mir lieb die Zeit! Sonst muss ich die Freude meiden, Dass Ihr selig seid. Wollt Ihr um Euch sehn? 45 Alles freut sich im Vereine, Lasst von Euch auch eine kleine Freude mir geschehn!
2
Frhling und Frauen.
Wenn die Blumen aus dem Grase dringen, Gleich als lachten sie hinauf zur Sonne, Des Morgens frh an einem Maientag, Und die kleinen Vglein lieblich singen Ihre schnsten Weisen: welche Wonne 5 Hat wohl die Welt, die so erfreuen mag? Man glaubt sich halb im Himmelreiche. Wollt ihr hren, was sich dem vergleiche, So sage ich, was wohler doch Schon fter an den Augen tat 10 und immer tut, erschau' ich's noch.
Denkt, ein edles, schnes Frulein schreite Wohlbekleidet, wohlbekrnzt hernieder, Sich unter Leuten frhlich zu ergehn, Hochgemut im frstlichen Geleite, Etwas um sich blickend hin und wieder, 15 Wie Sonne neben Sternen anzusehn: Der Mai mit allen Wundergaben Kann doch nichts so Wonnigliches haben Als ihr viel minniglicher Leib; Wir lassen alle Blumen stehn 20 und blicken nach dem werten Weib.
Nun wohlan, wollt ihr Beweise schauen: Gehn wir zu des Maien Lustbereiche, Der ist mit seinem ganzen Heere da. Schauet ihn und schauet edle Frauen, Was dem andern wohl an Schnheit weiche. 25 Ob ich mir nicht das bessre Teil ersah. Ja, wenn mich einer whlen hiesse, Dass ich eines fr das andre liesse, Ach, wie so bald entschied' ich mich: Herr Mai, ihr msstet Jnner sein, 30 eh' ich von meiner Herrin wich'.
3
Schnheit und Tugend.
Heil sei der Stunde, da sie mir erschienen, Die mir den Leib und die Seele bezwungen! Alle Gedanken ihr einziglich dienen; Das ist mit Gte der Guten gelungen. Dass ich nicht lassen und meiden sie kann, Hat ihre Schnheit und Gte vollbracht Und ihr roter Mund, der so wonniglich lacht.
Seele und Sinne, die hab' ich gewendet Auf die Vielreine, die Liebe, die Gute. Werde uns beiden noch lieblich vollendet, Was zu gewhren sie hold mir geruhte! Was ich an Freude auf Erden gewann, Hat ihre Schnheit und Gte vollbracht Und ihr roter Mund, der so wonniglich lacht.
4
Das Trstelein
In einem zweifelvollen Wahn War ich gesessen und gedachte Zu lassen ihren Dienst fortan, Als mich ein Trost ihr wiederbrachte. Trost mag es wohl nicht heissen, denn zur Stund' Ist es ja kaum ein kleines Trstelein, So klein, wenn ich's euch sag', ihr spottet mein. Doch Freude ist erlaubt auch aus geringem Grund.
Mich hat ein Halm gemachet froh, Der sagt, ich solle Gnade finden. Ich mass dasselbe kleine Stroh, Wie ich zuvor es sah bei Kinden. Nun hret denn und merket wohl, ob sie es tu': "Sie tut, tut's nicht, sie tut, tut's nicht, sie tut." Wie oft ich mass, so war noch je das Ende gut. Das trstet mich, doch da gehret Glaube zu.
Wie lieb sie mir von Herzen sei, So kann ich es gar wohl noch leiden, Zhlt sie mich nur den Besten bei; Ich darf ihr Werben ihr nicht neiden. Wie ich es kann erkennen, glaub' ich nicht, Dass sie ein andrer wankend machen mge; Ich wollte, die Getuschten shn, dass Wahn sie trge, Denn allzulange schon hrt sie auf jeden Wicht.
5
Wert der Minne.
Was soll ein Mann, der nicht begehrt Zu werben um ein reines Weib? Bleibt er von ihr auch unerhrt, Es hebt ihm Seele doch und Leib.
Er tu' um Einer willen so, 5 Dass er den andern wohlbehagt, Dann macht ihn wohl die Eine froh, Wenn sich die Andre ihm versagt.
Des achte, wenn er liebt, der Mann, Viel Glck und Ehre liegt daran. 10 Wer guten Weibes Minne hat, Der schmt sich keiner Missetat.
6
Doppelzngigkeit.[1]
Gott gibt zum Knig, wen er will; Darber wundr' ich mich nicht viel: Uns Laien wundert nur der Pfaffen Lehre, Was sie gelehrt vor wenig Tagen, Dass woll'n sie heut schon anders sagen. Nun denn, bei Gott und eurer eignen Ehre, So sagt uns denn in Treue, Mit welcher Red' ihr uns betrogen. Erklret uns die eine recht von Grunde, Die alte oder neue. Uns dnket, eines sei gelogen; Zwei Zungen stehen schlecht in einem Munde.
[Notes: 1: Pope Innocent III was at first a partisan of Otto the Saxon and consecrated him as emperor. But when Otto invaded Italy in 1210 the Pope turned against him and excommunicated him.]
7
Glckes Ungunst.
Frau Glck verteilet rings um mich Und kehret mir den Rcken zu. Sie will nicht mein erbarmen sich; Ich weiss nicht, was ich dazu tu'. Sie zeigt nicht gern ihr Antlitz mir, Lauf ich um sie herum, bin ich doch hinter ihr Denn ihr beliebt's nicht mich zu sehn; Ich mcht', dass ihr die Augen an den Nacken stnden, dann msst's ohn' ihren Wunsch geschehn.
8
Das Lehen.
Ich hab' ein Lehen, alle Welt, ich hab' ein Lehen! Jetzt frcht' ich weder mehr den Hornung an den Zehen, Noch will die bsen Herrn um ihre Gunst ich flehen. Der edle Herr, der milde Herr hat mich beraten, Dass ich im Sommer Luft, im Winter Wrme haben kann. Die Nachbarn sehn mich jetzt mit andern Augen an, Sie sehn nicht mehr den Butzemann in mir, wie sie es taten. Zu lange war ich arm, das weiss ich keinem Dank; Ich war so voll des Scheltens, dass mein Atem stank. Den hat der Knig rein gemacht, dazu auch meinen Sang.
9
Morgengebet.
Mit Segen lass mich heut erstehn, Herr Gott, in deiner Obhut gehn Und reiten, wo hinaus mein Fuss sich kehre. Herr Christ, lass sichtbar an mir sein Die grosse Kraft der Gte dein 5 Und schtze mich um deiner Mutter Ehre. Wie ihrer Gottes Engel pflag Und dein, der in der Krippe lag, Jung als Mensch und alt als Gott, Demtig vor dem Esel und dem Rinde, 10 Und dennoch schon in fester Hut Hielt Joseph sie und dich so gut Wohl mit Treuen sonder Spott: So schtz' auch mich, dass man gehorsam finde Mich deinem gttlichen Gebot. 15
10
Die drei Dinge.
Ich sass auf einem Steine Und deckte Bein mit Beine. Darauf setzt' ich den Ellenbogen; Ich hatt' in meine Hand gezogen Das Kinn und eine Wange. 5 Da dachte ich gar bange, Wie man auf Erden sollte leben; Doch keinen Rat konnt' ich mir geben, Wie man drei Ding' erwrbe, Dass keins davon verdrbe. 10 Die zwei sind Ehr' und fahrend Gut, Das oft einander Schaden tut; Das dritt' ist Gottes Segen, Daran ist mehr gelegen. Die wnscht' ich gern in einen Schrein. 15 Ja, leider mag das nimmer sein, Dass Gut und weltlich' Ehre Und Gottes Huld, die hehre, Je wieder in Ein Herze kommen. Ihnen ist Weg und Steg benommen: 20 Untreue liegt im Hinterhalt, Und auf der Strasse fhrt Gewalt; Friede und Recht sind beide wund, Die dreie finden kein Geleit, die zwei denn werden erst gesund.
11
Abschied von der Welt.
Frau Welt, Ihr sollt dem Wirte sagen, Dass ich ihn ganz bezahlet habe; All meine Schuld sei abgetragen, Dass er mich aus dem Schuldbrief schabe. Wer ihm was soll, der mag wohl sorgen; Eh' ich ihm lange schuldig blieb, eh'r wollt' ich bei den Juden borgen. Er schweiget bis auf einen Tag, Dann aber nimmt er sich ein Pfand, wenn jener nicht bezahlen mag.
12
Elegie.
O weh, wohin entschwunden sind alle meine Jahr! Ist mir mein Leben getrumet, oder ist es wahr? Was ich je wirklich whnte, war's nur ein Traumgesicht? So hab' ich denn geschlafen, und ich weiss es nicht! Jetzt bin ich erwacht, und ist mir unbekannt, 5 Was mir vordem war kundig, wie meine rechte Hand. Leut' und Land, da ich von Kindheit an erzogen, Die sind mir fremd geworden, als ob es sei erlogen; Die mir Gespielen waren, die sind trg' und alt, Geackert ist das Feld, gehauen ist der Wald. 10 Wenn nicht das Wasser flsse, wie es weiland floss, Frwahr, ich whnte, mein Unglck es wr' gross. So kalt grsst jetzt mich mancher, der einst mich wohl gekannt; Voll Not und Trbsal ist die Welt in Stadt und Land. So ich gedenk' an manchen wonniglichen Tag, 15 Die sind mir entfallen, recht wie ins Meer ein Schlag. Immermehr o weh!
O weh, wie jmmerlich doch junges Volk jetzt tut, Dem ehmals nie verzagte in der Brust der Mut! Die tragen sich mit Sorgen, weh, was tun sie so! 20 Wohin ich immer blicke, keinen seh' ich froh. Tanzen, Lachen, Singen, vergeht vor Sorgen gar; Nie sah man unter Christen so jmmerliche Schar. Seht nur der Frauen Schmuck, der einst so zierlich stand; Die stolzen Ritter tragen burisches Gewand. 25 Uns sind ungndige Briefe[2] her von Rom gekommen; Uns ist erlaubt zu trauern, und Freude gar benommen. Das schmerzt mich tief im Herzen—wir lebten einst so wohl— Dass ich nun fr mein Lachen Weinen tauschen soll. Die Vglein in dem Walde betrbet unsre Klage, 30 Was Wunder, wenn auch ich darber schier verzage? Doch, ach, was sprech' ich Tor in meinem sndigen Zorn? Wer dieser Wonne folget, der hat jene dort verlorn. Immermehr o weh!
O weh, wie ward uns Gift mit Sssigkeit gegeben! 35 Die Galle seh' ich mitten in dem Honig schweben. Die Welt ist aussen lieblich, weiss und grn und rot, Doch innen schwarzer Farbe, finster wie der Tod. Wen sie verleitet habe, der suche Trost bei Zeit; Er wird mit leichter Busse von schwerer Schuld befreit. 40 Daran gedenket, Ritter, es ist euer Ding! Ihr tragt die lichten Helme und manchen harten Ring, Dazu die festen Schilde und das geweihte Schwert; Wollte Gott, ich wre fr ihn zu streiten wert! So wollt' ich armer Mann verdienen reichen Sold; 45 Nicht mein' ich Hufen Landes, noch der Herren Gold. Ich mchte jene ewigliche Krone tragen, Ein Sldner knnte sie wohl mit seinem Speer erjagen. Knnt' ich die teure Reise fahren ber See, So wollt' ich wieder singen "wohl" und nimmermehr "o weh," 50 Nimmermehr o weh!
[Notes: 2: The pope's excommunication of Emperor Friedrich II, in September, 1228.]
XXII. HEINRICH VON VELDEKE'S ENEID
A Low German poem of 13,528 verses, completed between 1184 and 1190. Its author was a Netherlander of knightly rank who finished his poem in Thuringia and was regarded by his successors as the father of the riming love-romance. His chief source was an Old French Roman d'Enas, but he dealt very freely with his French text, omitting much, adding much and making some use, possibly, of the Latin original.
Lines 1450-1534: The love-smitten Dido confides in her sister Anna.
Sie ging in ihre Kemenate, 1450 Wo ihre Frauen lagen. Als die sie kommen sahen, Waren sie all' in Sorgen: Es war doch frh am Morgen. Sie hatte grosses Ungemach; 1455 Bedeutungsvoll sie sprach Zu ihrer Schwester Annen; Die fhrte sie von dannen In ihre Kemenate wieder. Sie fiel am Bette nieder 1460 Und klagte ihr ihr Ungemach, Wie sie die ganze Nacht Schlaflos geblieben war. Sie seufzte tief frwahr, Gar traurig war ihr Sinn, 1465 Sie sprach: "Mein' Ehr' ist hin." "Fraue Schwester Dido," Sprach Anna, "wie denn so? Sagt, was ist Eure Not?" "Schwester, ich bin fast tot." 1470 "Erkranktet Ihr? Zu welcher Stund'?" "Schwester, ich bin ganz gesund, Doch kann ich nicht genesen." "Schwester, wie mag das wesen? Ich meine, Frau, 's ist Minne." 1475 "Ja, Schwester, zum Wahnsinne." "Warum betragt Ihr Euch also, Liebe Fraue Dido? Was wollt Ihr so verderben? Ihr drft nicht an Minne sterben. 1480 Ihr mgt sehr wohl genesen Und nachher glcklich wesen. Es ist kein Mann auf Erden, Der nicht Euer knnte werden, Der nicht froh wr' Eurer Minnen; 1485 Ihr sollt Euch bass besinnen." Da versetzte Frau Dido: "Es steht mir nicht also. Wahr ist es in der Tat, Ich sollte finden andern Rat; 1490 Ich tt' es, wr's in meiner Wahl. Ihr wisset, dass ich dem Gemahl Sicheus gelobte und verhiess, Der mir ein gross Gut hinterliess Und auch grosse Ehr', 1495 Dass ich nun nimmermehr Einen Mann wrde nehmen, Was fr Freier immer kmen." Da sprach aber Anna: "Ihr redet von dem Manne 1500 Allzuviel und ohne Not. Er ist seit vielen Tagen tot. Wo steht denn Euer Sinn? Wie htte er Gewinn, Wenn Ihr jetzt verdrbet 1505 Und trichterweise strbet? Ihr braucht nicht Euer Leben Seinetwegen zu vergeben. Er knnt' es Euch nicht lohnen. Ihr sollt Euch selber schonen. 1510 Die Rede, die Ihr tut, Sie ist ja gar nicht gut. Lasst solche Rede sein Und folgt dem Rate mein; Das ist grssere Weisheit. 1515 Sagt mir nur die Wahrheit: Wer ist der selige Mann, Dem Gott es gnnen kann, Dass Ihr ihn wollt minnen? Das gebt mir zu besinnen. 1520 Ich will Euch raten dann So gut, wie ich es kann, Weil ich Euch Gutes gnne. Ob ich so raten knne, Dass Ihr damit gedienet seid? 1525 Nun sagt es mir, es ist ja Zeit." Sie sprach: "Ich will's nicht hehlen. Ich will Euch jetzt befehlen Ehre so wohl als Leben. Ihr sollt mir Rat drauf geben. 1530 Es ist," sprach sie, "ein Mann, Dem keiner gleichen kann. Ich muss verraten seinen Nam' Trotz meiner grossen Scham; Das Nennen tut mir weh. 1535 Er heisset," sprach sie, "E"— Und nach dem NE ward es gar lang, So sehr die Minne sie bezwang, Bevor sie deutlich sagte AS;— Dann wusste Anna, wer er was. 1540
Lines 9735-9820: Pending the fight between Eneas and Turnus, Lavinia hears of Minne from her mother.
Da nun zwischen beiden 9735 Der Zweikampf sollt' entscheiden, Recht war es ihrer Tapferkeit. Sie machten sich bereit Mit mannlichem Sinn. Da ging die Knigin 9740 Eines Abends spat In ihre Kemenat Und rief die Tochter zu sich, Eine Jungfrau minniglich. Zu reden sie begonnte, 9745 Wie sie es wohl konnte, Mit sehr klugem Sinn. Es sprach die Knigin: "Lavine, schnes Mgdelein, Du liebe Tochter mein, 9750 Vielleicht es nun so endet, Dass der Vater dir entwendet Grosses Gut und grosse Ehr': Turnus, der edle Herr, Der deine Minne stark begehrt, 9755 Ist deiner durchaus wert; Des hab' ich sichere Kunde. Und wrest du zur Stunde Tausendmal so schn und gut, Du knntest billig deinen Mut 9760 Dem tapfern Mann zukehren; Ich gnne dir die Ehren. Ich will, dass du ihn minnest, Und dabei auch erkennest, Dass er ein edler Herr. 9765 Drum lob' ich dir so sehr Den Helden wonnesam. Sei doch Eneas gram, Jenem Trojaner schlecht, Der ihn erschlagen mcht', 9770 Der dich im Herzen trgt Dir ist's ja auferlegt, Ihm Ungunst zu erzeigen Und stetiges Abneigen, Ihm keine Ehr' zu zollen, 9775 Ihm Gutes nicht zu wollen. Du sollst ihm bleiben kalt, Weil er dich mit Gewalt Nun whnet zu gewinnen. Er strebt nach deiner Minnen 9780 Nur wegen deines Gutes: Was er bestrebt, er tut es, Damit er dich erwerbe Und mit dir nun als Erbe Gewinne auch zugleich 9785 Deines Vaters Reich. Du ttest, wie ich wollt', Wrdest du Turnus hold." "Womit soll ich ihn minnen?" "Mit Herzen und mit Sinnen." 9790 "Soll ihm mein Herze geben? Wie knnte ich dann leben?" "Unwissend bist du, wie man sieht." "Was, wenn es nicht geschieht?" "Was, wenn's geschehen tut?" 9795 "Wie kann ich meinen Mut Einem Manne zukehren?" "Die Minne wird's dich lehren." "Um Gotteswillen, was ist Minne?" "Sie ist vom Urbeginne 9800 Der Erde Herrscherin Und bleibt's auch fernerhin Bis zu dem jngsten Tag. In keiner Weise mag Ein Mensch ihr widerstehen, 9805 Denn sie kann niemand sehen Noch betasten mit der Hand." "Die hab' ich, Fraue, nie gekannt." "Du sollst sie kennen lernen noch." "Wann erwartet Ihr es doch?" 9810 "Ich erwart' es, wie ich mag. Vielleicht erleb' ich noch den Tag, Da du ungebeten minnest. Und wenn du es beginnest, Wirst du empfinden Lust dazu." 9815 "Ich weiss, dass ich's nicht tu'." "Es kommt, so sicher du auch bist." "Dann sagt mir, was die Minne ist." "Ich kann sie nicht beschreiben." "Dann lasst es doch noch bleiben." 9820
Lines 10031-79: Lavinia's first glimpse of Eneas.
Als der Held dahin kam, Und die Jungfrau wonnesam Ihre Augen kehrte dar Und sein da unten ward gewahr Von ihrer hohen Zinne, 10035 Durchschoss sie nun Frau Minne Mit einem scharfen Pfeil; Drum ward ihr Qual zuteil Auf manche lange Stunde. Sie empfing eine Wunde, 10040 In ihrem Herzen drinnen, So dass sie musste minnen Und konnte nichts dafr. Gram ward die Mutter ihr, Deren Huld sie ganz verlor, 10045 Denn sie brannte und sie fror Fast in derselben Stunde. Die Art und Weis' der Wunde, Das bel war ihr unbekannt. Sehr bald sie nun verstand 10050 Ihrer Mutter Geheiss. Sie ward unmssig heiss Und danach wieder kalt, Sie kam in Ungewalt, Unangenehm sie lebte, 10055 Sie schwitzte und sie bebte, Wurde bleich und wurde rot; Sehr gross war ihre Not Und ihres Leibes Ungemach, Da fand sie Kraft und sprach. 10060 Als das Herz ihr wiederkam, Sprach die Jungfrau wonnesam Jmmerlich sich selber zu: "Ich weiss nicht leider, was ich tu'; Ich weiss nicht, was mich schiert, 10065 Dass ich bin so verwirrt. Nie ward mir solches kund; Ich war bisher gesund Und bin nun jetzt fast tot. Wer hat in kurzen Stunden 10070 Das Herz mir festgebunden, Das frher ledig war und frei? Mir ahnt, es sei das Ungemach, Von dem vorher die Mutter sprach. Zu frh hat's mir passiert! 10075 Wr' ich doch ungeniert Von—Minne, wie ich sie verstand, Ja, Minne hat sie es genannt!"
XXIII. HARTMANN VON AUE
The first in order of the three great romancers who interpreted the French tales of chivalry for medieval Germany. They were adapters rather than translators, just as were the French poets themselves in relation to their Keltic sources. Hartmann was born in Swabia about 1165, took part in a crusade, probably that of 1197, and died before 1220. His chief works are the two Arthurian romances Erec and Iwein, and the two pious 'legends' Gregorius and Der arme Heinrich. The selection from Der arme Heinrich is given in Btticher's translation, as found in Btticher and Kinzel's Denkmler, II, 2.
I
From 'Iwein', lines 2073-2338: The enterprising maid Lunete persuades her mistress to marry Iwein, who has just slain her husband.
Dass sie der Magd je Hartes sprach, Davon litt sie solch Ungemach, Dass sie es sehr bereute. 2075 Als sich der Tag erneute, War jene noch einmal gekommen Und wurde besser aufgenommen Als sie entlassen ward vorher. Die Frau ermunterte sie sehr 2080 Mit gtigem Empfange. Es dauerte nicht lange, Bevor sie nun also begann: "Du lieber Gott, wer ist der Mann, Den du mir gestern lobtest? 2085 Ich glaube nicht, du tobtest, Denn der war nicht von Herzen matt, Der meinen Herrn erschlagen hat. Hat er Geburt und Jugend Und sonst etwa 'ne Tugend, 2090 So dass er mir zum Herren ziemt, Und dass die Welt, wenn sie's vernimmt, Mir's nicht zu sehr verdenken kann, Dass ich genommen hab' den Mann, Der mir den Herrn erschlagen? 2095 Kannst du mir von ihm sagen, Was mir in seiner Tugend Licht Dem blen Ruf die Spitze bricht? Und rtst du mir sodann, Ich nhme ihn zum Mann?" 2100 Sie sprach: "Es dnkt mich gut. Mich freut, dass Ihr den Mut So schnell habt umgekehret. In ihm seid Ihr geehret; Zu frchten wre keine Scham." 2105 Sie sprach: "Was ist also sein Nam'?" "Er nennt sich Herr Iwein." Gleich stimmten sie nun berein. Sie sprach: "Der Nam' ist mir doch kund Seit mancher langen Stund'. 2110 Er ist gewiss vom hohen Stamm Des Knigs Vrin lobesam. Nun ist die Sache klar zum Teil, Und krieg' ich ihn, so hab' ich Heil. Aber, Gesellin, weisst du recht, 2115 Ob er mich auch haben mcht'?" "Es wr' ihm lieb, wr's schon geschehn." "Und sage mir, wie bald wird's gehn?" "In ungefhr vier Tagen." "Ach Gott, was willst du sagen! 2120 Zu lang machst du die Frist. Bedenke dich, ob's mglich ist, Dass ich ihn morgen—heute—sehe." "Wie wollt Ihr, Frau, dass das geschhe? Zu denken wre nicht daran: 2125 Es lebt auf Erden nicht der Mann, Er habe denn Gefieder, Der kme hin und wieder In solcher kurzen Frist; Ihr wisst, wie fern es ist." 2130 "So berlass es meinem Witz. Mein Garon luft ja wie der Blitz; Zwei Tag' ein andrer reiten muss, Er macht's in einem Tag zu Fuss. Der Mondschein ihm auch helfen mag: 2135 Er mache ja die Nacht zum Tag. Auch sind die Tag' unmssig lang; Sag' ihm, es lohnt sich hoch sein Gang, Und dass es ihm recht lange frommt, Wenn er schon morgen wiederkommt. 2140 Er rhre tchtig nur die Bein' Und mache die vier Tag' zu zwein. Er soll sich sputen sehr Und ausruhen nachher, So lang er eben ruhen mcht'. 2145 Nun, Trautgesellin, mach's ihm recht!" Sie sagte: "Frau, es soll geschehn; Doch eines sei nicht bersehn: Befragt doch Eure Leute Gleich morgen oder heute; 2150 Denn paart Ihr Euch ohn' ihren Rat, Es wre eine ble Tat. Wer sich bert in diesen Dingen, Dem kann es nimmermehr mislingen. Was man alleine tut, 2155 Wird es nachher nicht gut, Bringt bses Leid in Doppelmass: Den Schaden und der Freunde Hass." Sie sprach: "O weh Gesellin traut, Wie mir vor diesem Schritte graut! 2160 Man wird vielleicht dagegen sein." "Nur nichts vom Bangen, Fraue mein! Es ist gewiss kein andrer Held, Und sucht Ihr durch die ganze Welt, Der wahrte Euch wie er den Bronn; 2165 So wird die Meinung sein davon. Mit Freude, zweifelt nicht daran, Wird jederman in Eurem Bann Solch Landeshut begrssen; Man wirft sich Euch zu Fssen 2170 Und bittet Euch, hat man's erfahren, Geschwinde Euch mit ihm zu paaren." Sie sprach: "Nun lass den Garon ziehn! Indessen will ich mich bemhn, Botschaften auszusenden; 2175 Wir wollen die Rede enden." Leicht htte sie ihn fortgesandt, Denn er befand sich gleich zur Hand. Der Garon auf den Wink der Maid Verbarg sich mit Geschwindigkeit; 2180 Schnell fasste ja der flinke Knapp, Was man ihm auszufhren gab. Er konnt ihr helfen bei dem Lgen Und ohne jede Bosheit trgen. Eh' ihre Herrin hatte Zeit, 2185 Zu trumen von der Mglichkeit, Der Knabe sei schon auf dem Wege, Nahm sie den Ritter in die Pflege,[1] Wie Gott allein sie lohnen kann. Mit schnster Bitte ging sie dran. 2190 Es lagen Kleider da bereit In dreifacher Vortrefflichkeit, Grau, hermelin und bunt; Ging doch der Wirt zu jeder Stund' Gekleidet wie ein Hofgalan, 2195 Der viel auf Leibespflege sann Und nie am Prunk es fehlen liess. Das schnste sie ihn whlen hiess Und kleidete ihn damit an. Am nchsten Abend ging sie dann, 2200 Wo sie die Frau alleine fand, Und machte sie gleich vor der Hand Von Freude bleich und rot. Sie sprach: "Gebt mir das Botenbrot! Der Garon ist gekommen." 2205 "Hast schon etwas vernommen? Ist's gute Mre? Sprich doch! Wie? Also ist Herr Iwein hie? Wie ist es ihm so frh geglckt?" "Die Liebe hat ihn hergeschickt." 2210 "Ach Gott! Doch sprich! Wer weiss davon?" "Es weiss bisher kein Muttersohn Als Euer Knab' und wir." "Wann fhrst du ihn zu mir? Geh stracks zu ihm, ich bitte dich." 2215 Die flinke Magd entfernte sich Und machte mit verstellter Mien', Als vor dem Ritter sie erschien, Als ob mit bser Mre Sie ihm gesendet wre. 2220 Sie hing den Kopf und sah ihn an Und trauriglich also begann: "Ach, lieber Gott, mit mir ist's aus! Die Herrin weiss, dass Ihr im Haus. Fr mich hat sie nun nichts als Zorn; 2225 Ich habe ihre Huld verlorn, Weil ich Euch barg im Schlosse hier. Doch sagt sie, es beliebe ihr Euch einmal nher anzusehen." "Und sollte das nun nicht geschehen, 2230 Ich liess ihr eher meinen Leib." "Sie sollt' Euch tten? Sie, ein Weib?" "Sie hat ja doch ein starkes Heer." "Oh, Ihr genest wohl ohne Wehr. Ich hab's von ihr mit Sicherheit, 2235 Dass Euch in keiner Weise leid Von ihren Hnden soll geschehen; Sie wnscht Euch nur allein zu sehen. Ihr msst Euch nur gefangen geben; Es geht Euch anders nicht ans Leben." 2240 Er sagte: "Sie holdseliges Weib! Ich will es gern, dass dieser Leib Auf immer ihr Gefangener sei, Und dass mein Herz sei auch dabei." Jetzt stand er auf und ging dahin, 2245 Ein seliger Mann mit frohem Sinn, Und ward khl aufgenommen. Als er vor sie gekommen, Begrsst' ihn weder Wort noch Neigen. Ihr langes, langes Stilleschweigen 2250 Begann ihm endlich sauer zu werden; Er wusste nicht sich zu gebrden. Er blieb in weiter Fern' zurck Und sah sie an mit scheuem Blick. Da beide schwiegen, sprach die Magd: 2255 "Herr Iwein, warum so verzagt? Lebt Ihr und habt Ihr einen Mund? Ihr redetet vor kurzer Stund'; Jetzt werdet Ihr ganz stumm. In Gottes Namen, sagt warum 2260 Ihr meidet ein so schnes Weib. Weh dessen unglcksel'gem Leib, Der ohne Dank je einen Mann, Der doch gelufig sprechen kann, Zu einer schnen Frau geleitet, 2265 Die er dann anzureden meidet! Rckt ihr nur nher ohne Scheu! Ich sage Euch bei meiner Treu, Sie wird Euch doch nicht beissen! Traun! Fgt man dem andern solches Graun, 2270 Wie ihr von Euch geschehen, Und will man Gnade sich versehen, Dazu gehrt ein besserer Lohn. Ihr habt den Knig Askalon, Den ihr so lieben Herrn erschlagen: 2275 Knnt Ihr auf Gunst zu hoffen wagen? Ihr steht in grosser Schuld; Nun werbt um ihre Huld! Wir wollen sie beide bitten, Dass sie, was sie erlitten, 2280 Geruhe zu vergessen." Jetzt ward nicht mehr gesessen. Er warf sich ihr zu Fssen Und bat um holdes Grssen Als schuldbelad'ner Mann. 2285 Er sprach: "Ich mag und kann Euch Besseres nicht bezeigen An Ehr' und treuem Neigen Als wenn ich sage: Richtet mich! Was Ihr mgt wollen, das will ich." 2290 "Wollt Ihr denn alles, was ich will?" "Ja wohl; es dnkt mich nicht zu viel." "So nehm' ich Euch vielleicht den Leib." "Wie Ihr gebietet, holdes Weib." "Nun ja, was soll ich reden lang? 2295 Da Ihr Euch ohne jeden Zwang In meine Macht ergeben, Nhm' ich nun Euch das Leben, Es ziemte nicht dem Weibe. Glaubt aber nicht bei Leibe, 2300 Dass es aus Wankelmut geschehe, Wenn ich Euch jetzt, wie ich gestehe, Nur allzu frh empfang' in Gnade. Von Euch entstand mir solcher Schade, Dass, stnd' es mir um Ehr' und Gut, 2305 Wie es den meisten Frauen tut, Ich sicherlich nicht wollte, Wie ich es auch nicht sollte, So jh Euch Gnad' erteilen. Nun gilt es aber eilen; 2310 Denn da es zu erwarten steht, Dass mir mein Land verloren geht Gleich heute oder morgen, Muss ich mich schnell versorgen Mit einem Mann zur Landeswehr. 2315 Ihn find' ich nicht in meinem Heer, Seit mein Gemahl erschlagen ist; Drum muss ich nun in kurzer Frist Mir einen Mann erkren Oder mein Land verlieren. 2320 Nun sollt Ihr mir aufrichtig sagen: Da Ihr den Herrn mir habt erschlagen, So seid Ihr wohl ein tchtiger Mann; Und wenn ich Euch gewinnen kann, Bin ich mit Euch doch wohl bewahrt 2325 Vor fremdem Hochmut jeder Art. Und glaubt, was ich Euch nun erklre: Eher als dass ich Euch entbehre, Glt' ich sogar als ungesittet; Obwohl das Weib den Mann nicht bittet, 2330 Bitt' ich zuerst und bitte sehr. Bedrngen will ich Euch nicht mehr, Ich will Euch gerne. Wollt Ihr mich?" Er sagte: "Frau, verneinte ich, So wr' es um mein Glck geschehen. 2335 Der liebste Tag, den ich gesehen, Der ist mir heute widerfahren, Und mge Gott mein Heil bewahren!" |
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